Windscape (Xbox One) im Test – Abenteuer mit (zu) vielen Ecken und Kanten

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Im September 2016 habe ich euch eine Vorschau zum Indie-RPG Windscape geliefert. Ziemlich genau zweieinhalb Jahre später ist der Titel nicht nur aus dem Early Access bei Steam, sondern wurde auch für die Konsolen veröffentlicht. Diesmal bin ich auf der Xbox One in die Rolle von Ida geschlüpft und habe mich mit ihr ins Abenteuer gestürzt. Ob das fertige Spiel die gleiche Faszination auslösen konnte wie damals die erste Fassung, erfahrt ihr im Test.

Während mich Optik und Atmosphäre von Windscape schon 2016 begeistert haben, sagte ich damals, dass Setting, Story und Erzählung nicht die Stärken des Spieles sind – daran hat sich auch jetzt nichts geändert. Dass wir in die Rolle einer Protagonistin schlüpfen, die ihre Welt durch eine unsichtbare Macht zerbröckeln sieht, ist wahrlich nicht revolutionär – auch nicht unbedingt, dass wir als scheinbar einfaches Bauernmädchen die Reise antreten, mehr herauszufinden.

Auch diesmal hat mir die Spielwelt in Windscape immer Lust auf mehr gemacht – alleine durch die comicartige Optik ist sie einfach schön anzusehen, auch wenn das Spiel auf Xbox One technisch wahrlich keine Bäume ausreißt – die können wir höchstens im Spiel mit einer Axt fällen. Anpassungen für die Xbox One X gibt es auch nicht. Zumindest subjektiv hat die PC Fassung damals einen deutlich besseren Eindruck hinterlassen.

Vor allem am Anfang wird man in Windscape sehr stark geführt, während man die erste Insel erkundet und die ersten Aufträge erledigt. Schön: Eine Minimap mit markierten Wegen gibt es nicht, stattdessen gibt einem ein Kompass nur grobe Richtungen vor. Da die Spielwelt eher überschaubar ist, sind Ziele niemals schwierig zu finden. Es lohnt sich allerdings, immer mal vom direkten Weg abzuweichen, um versteckte Items und Gegnergruppen zu finden, die wiederum Items bei sich haben.

Am Anfang sammeln wir noch ganz entspannt ein paar Zwiebeln.

Zu große Ambitionen?

In der Early Access Fassung, die ich 2016 von Windscape gespielt habe, waren viele Grundsteine gelegt, die mich davon ausgehen ließen, dass wir es einmal mit einem richtig epischen Rollenspiel zu tun bekommen. Da es sich um ein Ein-Mann-Projekt handelt, war freilich klar, dass wir hier mit keinem 100-Stunden-Titel zu rechnen hatten, allerdings kamen zur tollen Atmosphäre eben auch viele Elemente wie das Rohstoffesammeln und das Herstellen von Dingen hinzu.

Dass die Stärken des Entwicklers Dennis Witte nicht unbedingt im erzählerischen Bereich liegen, ist nicht weiter schlimm, denn in seinen Ansätzen bietet Windscape extrem viel, das einen über die holprige Erzählung und die Grammatikfehler, die sich sogar in die deutschen Texte eingeschlichen haben, hinwegsehen lassen. Festhalten muss man aber auch, dass viele der ausgelegten Features auf große Ambitionen hindeuten, die sich wohl als einzelner Entwickler mit vorhandener Zeit und Budget einfach nicht in ausreichend umfangreichem Maße umsetzen ließen.

Das Crafting-System beispielsweise entpuppt sich beispielsweise als relativ platt und irgendwo so, als habe man viel mehr damit vorgehabt, als man schließlich umsetzen konnte. Pro besuchter Insel wird im Bereich der Ausrüstung im Prinzip ein neues Set an Waffen und Rüstungen verfügbar – und wenn man so alles mitnimmt, was auf dem Weg liegt, kann man sie auch herstellen, bzw. hat sogar einen riesigen Überschuss an Rohstoffen wie Holz – und es gibt nichts Sinnvolles, was man damit tun kann.

Auch bei diversen gesammelten Früchten heißt es im Beschreibungstext, dass man damit wunderbare Gerichte zaubern kann, bis zum Ende bleibt es aber bei den beiden gleichen Eintöpfen, die man aus Zutaten kochen kann. Obwohl nicht alles überall vorhanden ist, gibt es Windscape aber auch nie den Zeitpunkt, zu dem man irgendwo hin zurückkehren müsste, um fehlende Rohstoffe zu beschaffen. Ein Schnellreisesystem gibt es aber auch nicht.

Alles in allem ist es cool, dass man unterwegs Dinge sammeln und daraus an den geeigneten Stationen etwas herstellen kann. Durch Resistenzen der Gegner wird den unterschiedlichen Ausrüstungsstücken in der zweiten Spielhälfte auch ein Sinn verliehen – dennoch ist das ganze Craftingsystem eher eine müde Beigabe als etwas Fesselndes, worauf zunächst alles hindeutet. Im Spiel gesammelte Münzen sind gleich ganz nutzlos, denn einen Händler habe ich kein einziges Mal gebraucht.

Ausgewogene Gameplaymischung

Seine Stärken spielt Windscape in anderen Bereichen aus. Was sich für mich persönlich als Highlight erwiesen hat ist einmal mehr, dass der Titel von der Größe her gar nicht mit den ganzen anderen aktuellen Spielen konkurrieren kann und will. Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß wie mit den ‚Dungeons‘, die euch in Windscape erwarten.

Es mangelt ihnen zwar mitunter an Details, und auf der dritten Insel wird gleich zwei Mal das gleiche Innendesign recycelt, aber das tut den Stärken keinen Abbruch. Die Dungeons bieten nicht nur Kämpfe, sondern auch (eher seichte) Rätsel- und Geschicklichkeitseinlagen. Was mir daran besonders gut gefällt ist, dass man im Großen und Ganzen einfach aufmerksam sein muss und doch einen guten Orientierungssinn haben muss. Eine Karte der Höhlen gibt es wie gesagt nicht – aber wenn man nicht unnötig oft falsch abbiegen will, muss man sich eben merken, wo man schon war und wo nicht und welche Tür man nun als Erstes nimmt.

Das Kampfsystem ist nicht die stärkste Seite von Windscape, entfaltet aber gerade im späteren Spielverlauf doch so etwas wie taktische Ansätze, da es unterschiedliche Gegnertypen gibt – mal wehrt man Angriffe am besten mit dem Schild ab, während sich bei anderen Gegnern eher das Weglaufen („Ausweichen“) empfiehlt, mal eher eure physischen Waffen und mal eher Zauber effizienter sind. Das ist cool und positiv aufgefallen ist mir die große Präzision beim Angreifen, was aber nicht ganz auf die Verteidigung zutrifft.

Diese Viecher sehen gefährlicher aus, als sie sind.

Technisch ohne Feinschliff

Einen durchwachsenen Eindruck hinterlässt Windscape technisch – wobei die Leistung innerhalb des Spieles etwas schwankt. Alleine schon das Kantenflimmern müsste nicht sein. Während man die fehlende, plattformspezifische Optimierung hier vielleicht noch verzeihen kann, da es eben kein Spiel mit großem Budget ist, wiegen andere Dinge da schon schwerer.

Es gibt ziemlich viele Bugs in Windscape – Gegner schweben hier und da mal in der Luft oder clippen durch Wände, Aufzüge sorgen dafür, dass unsere Figur entweder einen riesigen Sprung ausführt oder einfach durch den Aufzug clippt. Angesichts der überschaubaren Features des Spieles und auch des eher geringen Umfangs mit rund fünf Stunden ist das sehr schade – zumal es sich teils auch noch um dieselben Fehler handelt, die ich 2016 feststellen konnte.

Ein Highlight des Spieles ist die Musikuntermalung, die sehr atmosphärisch ist und immer gut zur Spielwelt passt. Während die Soundeffekte eher als solche eines mäßigen Mobilspieles in Erinnerung bleiben, lädt die Musik hier und da auch mal zum Verweilen ein. Umso mehr fällt da ein Gebiet gegen Ende des Spieles auf, wo es einfach gar keine Musik zu Untermalung gibt. Da fehlt dann etwas. Dieser Eindruck der Unvollständigkeit kommt übrigens auch auf, wenn direkt nach dem Besiegen des Endgegners der Bildschirm schwarz wird und dann die Credits über den Bildschirm flimmern – kein Abschluss der Story, nichts.

Eine Bemerkung für Trophäenjäger zum Abschluss: Spielt ihr Windscape einfach nur durch, und der Schwierigkeitsgrad ist nicht gerade hoch, habt ihr auch eine Platintrophäe bzw. 1000 Gamerscore.

Gut, dass diese Mumien größtenteils einfach stecken bleiben.

Fazit: Kann man mal machen

Ich hatte recht hohe Erwartungen an Windscape. Aller Kritik zum Trotz kann ich sagen, dass mich das Spiel nicht enttäuscht hat – wirklich begeistert aber eben auch nicht. Wer ein recht entspanntes Abenteuer mit guter Atmosphäre und einfachen Erfolgen sucht, ist hier genau an der richtigen Adresse. Wer aber auf der Suche nach einem wirklich epischen Indie-RPG ist, das sich hier eingangs ankündigte, sollte sich vielleicht doch eher bei anderen Abenteuern umsehen. Der Preis von 20€ geht für das Gebotene in Ordnung, ärgerlich sind aber die vielen technischen Fehler, vor allem angesichts des überschaubaren Inhalts. Windscape ist dadurch insgesamt einfach kein ganz stimmiges Abenteuer und hinterlässt den Eindruck, das auf große Ambitionen Zeit- und Geldmangel folgten.

Technik: 69
Grafik: 64
Sound: 71
Umfang: 70
Gameplay: 70
KI: 68

Spielspaß: 69

  • Story: Einfach nichts Besonderes – und auch nicht spannend, sondern eher holprig erzählt.
  • Frustfaktor: Kaum vorhanden, Windscape hat einen sehr angenehmen Schwierigkeitsgrad.
  • Wiederspielwert: Nach dem einmaligen Durchgang sehr gering.
  • Design/Stil: Stimmungsvoll und atmosphärisch, jedoch mit technischen Macken.
  • Musik: Die Musik passt wunderbar, die Soundeffekte sind nicht besonders.
ProContra
+ Gute Atmosphäre– Erzählerisch schwach
+ Dungeons sind gut und logisch aufgebaut– Technisch unter Durchschnitt
+ Kampfsystem entfaltet Taktik– Auffällige Bugs
+ Musikuntermalung passt wunderbar– Craftingsystem bleibt weit unter Erwartungen
+ Ausgewogene Gameplaymischung– Schwache Soundeffekte

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Manuel Eichhorn
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