Herdling (Xbox) im Test – Eine Reise zur Zukunft

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Mit Herdling hat Okomotive einen Titel veröffentlicht, der die Reise eines namenlosen, stummen Helden inszeniert – die Hauptfigur begleitet eine Gruppe der fiktiven Calicorns auf dem Weg in ein neues Zuhause. Herdling präsentiert sich als stilistisch sicheres, gut spielbares Game, dem es jedoch etwas an Vielfalt und Alleinstellungsmerkmalen mangelt. Mein Test zur Xbox Series X Version des Spieles.

Herdling erzählt seine Geschichte ohne Worte – und auch der Beginn des Spieles lässt die Reise unmittelbar starten. Die Hauptfigur erwacht, in einer ruhigen, anscheinend zerstörten Stadt, und schon geht es los. Statt anderer Menschen triffst du schnell auf die ersten Calicorns, die sich ohne Weiteres zähmen lassen. Unser Held ist geboren in die Rolle des Herdling, der die Calicorns auf einer mysteriösen Reise begleitet.

Die Darstellung der Welt, das Auftauchen der Calicorns sowie das Ziel der Reise finde ich stimmig und stilistisch landet Herdling eine Punktlandung. Vor allem der Anfang und das Ende des Spieles regen mich zum Nachdenken an – dass meine Hauptfigur aber derart blass bleibt und bei all den Ereignissen keinerlei Regungen, noch Verwunderung zeigt, finde ich etwas schade. Das bleibt alles dem Spielenden überlassen. Tatsächlich hätte ich mir eine Figur mit etwas Charakter gewünscht, in deren Rolle ich schlüpfe – doch die Figur auf dem Bildschirm ist einzig und allein die ausführende Kraft meiner Controllereingaben.

Herdling erzählt ansonsten in einigen Gemälden, was ich durchaus stimmig finde. Und ja, hier wird dann deutlich: Tatsächlich erinnert das Spiel in vielen Belangen sehr deutlich an Journey, das trifft auf das Worldbuilding, die Erzählweisen, und sogar den Ablauf des Spieles zu. Zudem solltest du wissen: Herdling ist ein recht kurzes Abenteuer. Ich habe gut drei Stunden gebraucht, um das Spiel durchzuspielen. Einen Wiederspielwert sehe ich für mich ehrlicherweise nicht – zwar gibt es da noch einige Erfolge, die es zu holen gibt, doch die finde ich teilweise unpassend, teilweise stelle ich mir ihre Erfüllung eher frustrierend vor.

Schon das erste Calicorn, das du im Spiel triffst, lässt sich ohne Weiteres zähmen.

Zentrales Spielelement in Herdling ist das Befehligen der Herde, was manchmal auch etwas Fingerspitzengefühl erfordert, da entweder bestimmte Objekte nicht getroffen werden dürfen oder sollten und auch Abgründe warten, in die einzelne Calicorns hineinfallen können. Das Steuern der Calicorns funktioniert an vielen Stellen gut, an einigen ist es aber etwas zu frickelig und bisweilen frustrierend. Es ist mir im Verlauf der drei Stunden eine Handvoll Male passiert, dass sich einzelne Calicorns irgendwo verhakt haben oder zurückgeblieben sind – oder aber die Steuerung war durch das tatsächliche Verteilen einzelner Tiere in der Herde nicht so präzise möglich, dass ich Unfälle ganz vermeiden konnte. Insgesamt habe ich auf meiner Reise zwei Calicorns verloren – eins durch Unachtsamkeit, eins jedoch auch dadurch, dass eins einfach nicht so gelaufen ist, wie es laufen sollte.

Jederzeit kann man der Herde auch befehlen, auf der Stelle stehen zu bleiben. Das kann man dann auch dafür nutzen, nur mit der Hauptfigur allein die Spielwelt zu erkunden. Allzu weit entfernen kann man sich nicht – richtig viel zu erkunden gibt es aber auch nicht. Der Weg durch die Spielwelt in Herdling ist relativ linear, während es immerhin etwas Schmuck für die Calicorns sowie zusätzliche Tiere für die Herde zu entdecken gibt. Alle gefunden habe ich meinem Durchgang nicht – irgendwo in der Spielwelt muss also doch zumindest ein relativ gutes Versteck eines Tieres gewesen sein.

Die spielerische Vielfalt von Herdling im Verlauf der drei bis vier Stunden Spielzeit hält sich sehr in Grenzen – und ich finde, ein paar der Herausforderungen, wie zum Beispiel der einzige „Feind“ im Spiel, werden eher schon etwas überstrapaziert. Daher habe ich das Ende des Spieles auch eher begrüßt. Damit will ich sagen: Die Spieldauer war in Bezug auf die gebotene spielerische Vielfalt genau richtig, ohne, dass mich irgendwas wirklich nervte. Wäre das Spiel aber eine oder zwei Stunden länger gewesen, hätte es definitiv mehr Vielfalt gebraucht. „Rätsel“ gibt es übrigens keine, nur ein, zwei Stellen, an denen man sich die Welt genau anschauen muss, um herauszufinden, wo genau man weitergehen muss.

Ich habe ja eingangs erwähnt: Stilistisch ist Herdling konsequent unterwegs, wobei mir der Stil persönlich nicht so richtig gut gefällt. Es gibt viel grau, grün und braun zu sehen, eine Gestaltung, die schon in den anderen Spielen (FAR) des Studios Okomotive erkennbar ist. Auch technisch attestiere ich dem Spiel den Status „solide“, viel mehr aber auch nicht. Am meisten begeistert hat mich der Soundtrack, denn vor allem die Musik ist im Laufe der Reise wirklich gelungen, auch die Soundeffekte passen perfekt zu der Spielwelt und den jeweiligen Szenen.

Optisch wäre hier und da mehr drin gewesen. Am meisten geärgert hat mich ein Level am Anfang, im dem es zwar ganz eindeutig regnete, weil man Regen hörte und auch der Himmel nach Regen aussah – aber es war einfach kein Regen zu sehen und die Umgebung auch nicht wirklich nass. So was gehört sich in einem kurzen Spiel wie Herdling einfach besser. Ansonsten läuft das Spiel auf der Xbox Series X stabil und ohne größere Macken – wobei sich vor allem bei der Steuerung und dem Verhaken der Calicorns alles so anfühlt, als hätte das Spiel eben doch etwas mehr Feinschliff vertragen können.

Was ich Herdling nicht absprechen kann: Es löst definitiv Emotionen aus. Ich würde auch sagen, dass das Spiel mitunter durch Stil und Inhalt belastend sein kann, je nachdem, wie die eigene geistige Verfassung im jeweiligen Moment ist. Auch dadurch, dass man Calicorns auf dem Weg verlieren kann und diese einen doch noch auf andere Weise weiterbegleiten, ist Herdling emotional definitiv nicht ganz ohne.

Der Wald ist für mich eins der hübschesten Areale im Spiel.
Gamer's Palace Score: 68 / 100

Gut drei Stunden hat meine Reise in Herdling gedauert. Auch wenn diese Spielzeit durchaus recht kurz ist, ist sie für die Art des Spieles, die Inhalte und die eher überschaubaren Spielelemente unterm Strich ein Pluspunkt. Herdling läuft haarscharf daran vorbei, ein paar der Elemente überzustrapazieren. Dabei präsentiert sich das Spiel stilistisch sicher und mit einer emotionalen Geschichte, die ohne Worte erzählt wird. Schade ist, dass Herdling erkennbar mehr Feinschliff hätte vertragen können, da das Befehligen der Herde an einigen Stellen nicht so gut funktioniert, wie es funktionieren sollte. Abseits des sicheren und etwas eigenwilligen Stils fehlt es für mich auch noch an einem übergeordneten Alleinstellungsmerkmal, sodass mir Herdling auch noch einigen Jahren in guter Erinnerung sein wird – trotz allem würde ich die Reise jederzeit wieder beginnen, am liebsten noch ein erstes Mal erleben, da für einen zweiten oder dritten Durchgang meines Erachtens nicht genug geboten wird.

ProContra
+ Stimmungsvolle und emotionale Erzählung ohne Worte– Fehlender Feinschliff, insbesondere bei der Steuerung
+ Spielzeit den Inhalten angemessen– Blasser Hauptcharakter
+ Konsequente visuelle Gestaltung– Geringer Wiederspielwert
+ Toller Soundtrack– Kleine optische Mängel (z.B. fehlender Regen)

Ich habe Herdling im Rahmen eines selbst gezahlten Xbox Game Pass Ultimate Abos heruntergeladen.

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Manuel Eichhorn
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