Potion Permit schickt dich als Apotheker:in in ein Dorf, das von Medizin aus der Großstadt nicht viel hält, doch du zeigst dort, dass diese Medizin durchaus funktionieren kann. Potion Permit ist einer unserer am meisten erwarteten September-Releases. Und fast ist Potion Permit auch das erhoffte wholesome game, doch ein Fehler im Spieldesign trübt den Gesamteindruck. Unsere Review verrät mehr.
Aller Anfang ist schwer
Unsere Hauptfigur hat es in Potion Permit zu Beginn des Spieles wirklich nicht leicht: Wenn du in Moonbury ankommst, bist du dort absolut nicht willkommen. Überhaupt führt uns der Weg nur in das Dörfchen, da die Tochter des Bürgermeisters krank ist. Eigentlich setzt Moonbury auf seinen eigenen Heiler, doch der kommt hier an seine Grenzen. Doch seitdem ein „Alchemiegenie“ vor einiger Zeit einen schrecklichen Unfall verursachte, ist das ganze Dorf höchst misstrauisch, wenn es um die Medizin aus der Großstadt geht. Und so kommt es, dass wir erst mal geflissentlich ignoriert werden.
So kann Potion Permit eins seiner zentralen Spielelemente in den Fokus rücken: Wie man es schon aus ähnlichen Spielen kennt, ist der Aufbau von Freundschaften zu den Bewohner:innen des Dorfes ein sehr wichtiger Teil des Spieles. In Potion Permit ist er sogar sehr eng verzahnt mit dem eigentlichen Fortschritt: Durch bessere Beziehungen zu den Bewohner:innen erhältst du Rezepte, neue Interaktionsmöglichkeiten, ja sogar die Stadt entwickelt sich weiter, weil zum Beispiel Bereiche aufgeräumt werden.
Die Inszenierung des „Dorflebens“ ist eine große Stärke von Potion Permit, weil auch die Geschichten der Leute untereinander ordentlich verzahnt sind und man mehr oder weniger nur alles erreichen kann, wenn man versucht, sich wirklich mit jedem zu vertragen. Konkretes Beispiel: Um einer Figur die Liebe zu gestehen, benötigt man die Mondbrosche als besonderen Gegenstand, den man dann erhält, wenn man sich mit der Schneiderin ziemlich gut versteht.
Im Gegenzug ist das Aufbauen und Festigen der Beziehungen in Potion Permit auch sehr einfach gestrickt: Einfach täglich mit den Leuten sprechen und ihnen Geschenke überreichen. Hier wird’s dann etwas platt: Die Zweizeiler der Bewohner:innen wiederholen sich leider sehr oft, besondere Tiefe haben die täglichen Gespräche dadurch nicht. Bei den Geschenken ist es ähnlich einfach: Die Leute in Moonbury wollen einfach nur mit Mondnelken glücklich gemacht werden, die man zum Beispiel als Questbelohnung oder für das Heilen von Patient:innen erhält. Diese Belohnungen werden dann einfach verschenkt, um einen Freundschaftsboost zu verdienen. !B
Apotheker oder Holzfäller?
Bei all dem Dorfleben, Nebenquests und Beziehungsthemen in Potion Permit treten die Patient:innen fast schon etwas in den Hintergrund, und tatsächlich ist die eigentliche Behandlung der Patient:innen in der Klinik lange Zeit der kleinste und unspektakulärste Teil des Spieles. Das liegt gar nicht an der spielerischen Umsetzung, sondern viel mehr daran, dass ein andere Pflichtelement von Potion Permit einen so großen Teil einnimmt.
Das Behandeln an sich ist recht cool, wenn auch nicht anspruchsvoll: Symptome werden mit recht leichten Minispielen erforscht und dann mit einem bestimmten Heilmittel behandelt. Die Herstellung von Tränken, Salben und sonstigen Mittelchen basiert nicht direkt auf bestimmten Zutaten, sondern jeweils auf einem Puzzle, das gelöst werden muss. Ein bestimmtes Muster muss mit den Zutaten ausgefüllt werden, wobei jede Zutat eine bestimmte Form mitbringt und so das Muster befüllt. Dann gibt’s noch eine maximale Anzahl von Zutaten und sie sind in vier Elemente unterteilt, sodass es nicht zu einfach wird. Wirklich knifflig ist es dennoch selten: Wichtig ist nur, dass du möglichst alle Zutaten, die du grade in Potion Permit sammeln kann, auch vorrätig hast. Doch du brauchst nicht alles zu jeder Zeit, da Heilmittel quasi nie auf eine bestimmte Zutat angewiesen sind.
Andere Rohstoffe in Potion Permit braucht man dagegen sehr oft und in riesiger Menge: Holz und Stein. Für jegliche Upgrades und auch Freischaltungen in der Spielwelt benötigt man diese beiden Rohstoffe, die es neben den Kräutern für die Heilmittel auch in der Welt zu finden gibt. Doch man benötigt sie so viel, dass man einen großen Teil der Spielzeit einfach nur mit Bäumefällen und Steine zerhacken verbringt. Und da sind wir bei dem Teil von Potion Permit, der mich von Anfang an genervt hat.
Der tägliche Grind
In so vielerlei Hinsicht ist Potion Permit ein echtes wholesome game: Auch wenn nicht jede Interaktion in Moonbury wirklich zufriedenstellend ist, liebe ich dieses Dorf, seine Atmosphäre und die vielen kleinen Quests auf dem Weg zum beliebtesten Apotheker. Das Erarbeiten eines Rufs macht hier wirklich Spaß und vor allem mit den Figuren, mit denen man eine engere Beziehung führt, sind die Begegnungen wirklich nett gestaltet. Doch davon ab muss ich jeden Spieltag durch die gleichen Gebiete rennen, um Holz und Steine zu sammeln.
Von Anfang an kann es ziemlich demotivierend sein, wenn man sieht, wie viele Rohstoffe zum Beispiel ein Upgrade der Klinik oder eine Verbesserungen für die Axt und den Hammer benötigen – zwei Werkzeuge, die fürs Bäume fällen und Steine sammeln gebraucht werden! Doch richtig wild wurde es, als ich in Potion Permit endlich die Welt zum ersten und schließlich zum zweiten Mal erweitern konnte. Ich hatte schon jeweils länger fürs Freischalten gebraucht, weil ich mich vorher etwas in den persönlichen Quests verrannt hatte. Dabei hatte ich aber schon jeden Spieltag Bäume gefällt, bis die Ausdauer alle war – und dann reichte es dennoch nicht. Bei weitem nicht.
Ich weiß nicht, wofür es gut ist, dass man Holz und Stein in so großen Mengen braucht – die einzige logische Erklärung für mich ist, dass mit diesem Mittel die Spielzeit strecken wollte. Eigentlich hat Potion Permit auch so viel zu bieten, doch wenn man es sich genau anschaut, kommt man an vielen Stellen auch recht schnell sehr weit, zumal die Spieltage ziemlich lang sind. Man kann viel schaffen in kurzer Zeit – würde man nicht vom mangelnden Holzvorrat oder zu wenig Steinen ausgebremst werden. !B
Zu Nebenwirkungen befragen Sie bitte die Entwickler:innen
Diese riesigen Anforderungen an die Rohstoffe halte ich vor eine große Fehlentscheidung im Spieldesign von Potion Permit – teils fühlt sich das Spiel einfach eher wie ein Holzfäller-Simulator an als danach, dass ich als Apotheker in Moonbury bin. Tatsächlich tritt die eigentliche Behandlung dadurch an vielen Stellen im Spiel in den Hintergrund, da ich zehn Minuten am Tag einen Patienten behandele, aber sieben Stunden Bäume tot hacke. Ich glaube, ich habe es nun oft genug geschrieben – dennoch ist es einfach schade, weil Moonbury eigentlich so viel mehr zu bieten hat. Was ich trotzdem sagen kann: Potion Permit macht dauerhaft Spaß und eine nach der anderen Stunde geht vorbei, ohne dass es wirklich nervig ist.
Einige nervige Bugs an allen möglichen Stellen gibt es aber auch. Mit dem Beginn und Abschluss von Quests geht oft nicht alles glatt, oder ich bekomme morgens den Alarm, dass jemand in der Klinik liegt, obwohl dort niemand ist. Eigentlich erklärt mir Potion Permit auch, dass Events mit kranken NPCs deaktiviert sind, dann steht aber morgens jemand voller Elan vor meiner Haustür, der mich kurz darauf erkrankt in der Klinik erwartet.
Verliebt hatte ich mich darüber hinaus nicht nur in Xiao, sondern auch in die Interaktionen mit ihm, um die Beziehung mit ihm aufzubauen. Doch ausgerechnet die Zwischensequenz, die unsere Beziehung offiziell machte, ließ sich nicht korrekt abspielen und musste übersprungen werden. Potion Permit braucht an vielen Stellen noch Feinschliff, um überall gut zu funktionieren. Zu kompletten Abstürzen ist es aber nicht gekommen, auch der Spielfortschritt wurde nie blockiert. Wünschenswert ist aber für mich, dass sich immer im Spiel speichern lässt und nicht nur beim Tageswechsel gespeichert wird.
Letztlich ist auch noch etwas technischer Feinschliff auf Nintendo Switch angebracht, da Potion Permit ganz gerne mal hängt oder ruckelt. Optisch und von der Musik her konnte mich das Spiel dagegen dauerhaft trotz der geringen Auflösung wirklich abholen und auch der Stil hat mir sehr gut gefallen. Was aber noch gefixt werden muss: Die deutsche Übersetzung ist noch etwas lückenhaft.
Fazit: Eigentlich ist es ganz schön in Moonbury
In vielerlei Hinsicht ist Potion Permit genau das wholesome game, das ich mir gewünscht habe: Moonbury ist großartig, mit vielen kleinen Geschichten und Elementen, die gut miteinander verzahnt werden. Jemandem meine Liebe zu gestehen, hat mich hier sogar mehr berührt als in irgendeinem Spiel zuvor. Doch dann gibt es auch die Teile, die mich nerven und mit denen sich Potion Permit fast selbst zerfrisst. Zum einen sind da die vielen seltsamen Bugs an allen möglichen Stellen, die vermutlich noch gelöst werden können. Zum anderen gibt es da aber auch den riesigen Fokus auf die Rohstoffe Holz und Stein, die in unglaublichen Mengen benötigt werden. Ich bin viel öfter Holzfäller als Apotheker, die Behandlung der Patient:innen ist mein kleinstes To-Do am Spieltag. Das ist schon fast absurd. Und dennoch macht mir Potion Permit über Stunden Spaß und die Zeit verfliegt grade so – wegen Moonbury und den Geschichten, die dort warten.
Pro | Contra |
---|---|
+ Moonbury ist großartig | – Riesiger Fokus auf Holz und Stein – ständiger Grind! |
+ Viele kleine Geschichten | – Viele nervige Bugs |
+ Beziehungsaufbau ist zentrales Element | – Bildratenprobleme auf Nintendo Switch |
+ Sehr schöner Soundtrack | – Behandlung von Patient:innen rückt zeitweise zu sehr in den Hintergrund |
+ Spaß für viele Spielstunden | – Lückenhafte deutsche Übersetzung |
Offenlegung
Wir haben einen Reviewkey zu Potion Permit erhalten.
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