ArcaniA: The Complete Tale (PS4) im Test – Namenloser Held, solides Abenteuer

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Falls ihr es immer noch nicht mitbekommen haben solltet: Ja, ArcaniA gibt es auch für die PS4! Das Ganze mal mit offizieller Meldung anzukündigen oder gar PR dafür zu betreiben, hielten Publisher Nordic Games und Entwickler Black Forest Games aber offensichtlich nicht für nötig. Zwei Wochen vor dem Witcher erschien der Titel also sang- und klanglos, dabei braucht sich ArcaniA im Grunde vor einigen anderen RPG-Kollegen wirklich nicht zu verstecken. Unser Test verrät mehr.

Rache für Feshyr!

ArcaniA: The Complete Tale auf der PS4 enthält das 2010 erschienene Hauptspiel, welches seinerzeit noch unter dem Namen ArcaniA: Gothic 4 erschien, sowie das Add-On Fall of Setarrif, welches mit seiner knappen Spielzeit von einigen Stunden den Gegenwert des Pakets nochmal ein wenig erhöht. Zum Preis von 30€ kann man also bei diesem Paket erstmal nicht meckern.

Da das Spiel zunächst noch in der Tradition der Gothic-Reihe stand, ein Zusatz, der nach JoWoods Pleite entfernt wurde, schlüpft ihr in die Rolle eines namenlosen Helden, dessen Ziel es innerhalb des Abenteuers ist, Rache für seine Heimat Feshyr zu nehmen, eine Insel, die durch den verrückten König Rhobar III zerstört wurde.

Nach Ansicht vieler Gothic-Fans hörten mit dem namenlosen Helden die Gemeinsamkeiten zwischen ArcaniA und vorherigen Ablegern auch schon auf, was größtenteils auch richtig ist: Der Schwierigkeitsgrad ist sogar auf „Gothic“ eher niedrig angesetzt und darüber hinaus sind auch die RPG-Elemente eher etwas schwach aufgestellt: Die Charakterentwicklung des Helden funktioniert über einige einfache Schieberegler, die aber immerhin die Ausrichtung auf Nah-, Fern- oder Magiekampf erlauben, ebenso wie die Verbesserung diverser andere Boni – Zum Beispiel der Ausdauer, der verfügbaren Lebensenergie oder der „Heimlichkeit“.

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Das Inventar ist komplexer als die Charakterentwicklung.

Die Welt ist derbe

Während Hardcore-RPG-Fans also mit ArcaniA: The Complete Tale dauerhaft eher unterfordert sind, so lebt das Spiel durchaus von zahlreichen anderen Qualitäten. Zum einen überzeugt die Spielwelt als eine sehr gelungene Kulisse, zum anderen ging dem Spiel auch der recht derbe Gothic-Humor nicht verloren und einige wirklich denkwürdige Figuren sind mit von der Partie. Die einzige große Schwäche ist hier, dass die Entwickler seinerzeit nicht davor zurückgeschreckt haben, sogar Story-NPCs gnadenlos zu recyclen: Gefühlt gibt es in ArcaniA nur fünf Charaktermodelle. An diesem Mangel hat man auch in der PS4-Fassung nicht gearbeitet.

ArcaniA ist ansonsten ein Spiel, welches die belohnt, die sich gerne Zeit nehmen: Die Quests sind in der Regel schnell erledigt und die Questziele lassen sich bei Bedarf auf der Karte markieren. Doch gleichzeitig erfordert das Erledigen der Hauptquests nur die Erforschung eines Bruchteils der Map: Wer sich umschaut, der findet unzählige Pflanzen, die man mit den alchemistischen Rezepten nicht mal ansatzweise verbraten kann, sowie weitere Rezepte für die Herstellung von Tränken und Waffen sowie natürlich weitere Gegenstände. Wer sich ordentlich umsieht, kann sich den Besuch eines Händlers in ArcaniA dauerhaft sparen, zumal die meisten Gegenstände auch in großer Anzahl „versteckt“ sind – Den Händler besucht man am Ende also nur, um jedes Mal Hunderte Goldstücke durch Verkäufe zu kassieren.

Das Erkunden der Spielwelt bietet sich natürlich auch deshalb an, da doch die eine oder andere anspruchsvolle Gegnertruppe dort lauert, und das heißt de facto: Erfahrungspunkte! Wer schneller levelt, dem fällt das Spiel hinterher gleich nochmal leichter. Gleichzeitig sind Gebiete geleert, wenn sie geleert sind: Die Auswirkungen auf die Spielwelt sind gering, mehr als die Gegner und Items beseitigen ist nicht drin. Somit ist auch die Verfügbarkeit von Ressourcen und Erfahrungspunkten irgendwo beschränkt, aber trotzdem wie erwähnt sehr einfach gehalten.

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Die Kulissen sind toll und in der Regel kann man alles erreichen, was man sieht.

PS4-Umsetzung ohne Mühe

An der kulissenartigen Spielwelt und dem teilweise beinahe schon linearen Spielablauf merkt man ArcaniA: The Complete Tale aus heutiger Sicht trotz einiger kleiner Entscheidungen innerhalb der Story durchaus an, dass es nicht nur bei seinem Erschienen eher ein „Light-RPG“ war, sondern auch, dass das heute so nicht mehr ganz zeitgemäß ist. Doch daran lässt sich aktuell nichts ändern, denn Tatsache ist auch: Wer auf der Suche nach einem soliden Abenteuer in einer tollen Spielwelt ist, der wird mit ArcaniA dennoch seinen Spaß haben. Das Spiel ist flott und kann ohne Probleme auch mal zwischendurch gespielt werden. Gleichzeitig wird man auch keine Hunderte von Stunden investieren.

Ärgerlicher ist, dass ArcaniA mit Minimalaufwand auf die PS4 gekommen ist. Immerhin läuft das Spiel größtenteils flüssig, auch wenn es in einigen Situationen durchaus zu Einbrüchen der Framerate kommen kann, jedoch wurden technische Mängel nicht verbessert, sondern ganz im Gegenteil exakt aus der ersten PC-Version übernommen.

Dazu gehören nicht nur Fehler in der Übersetzung, sondern auch beim Gameplay: Häufig gibt es Probleme mit der Kollisionsabfrage, die in Kämpfen teilweise ärgerlich sind, da man trotz erfolgreichen Ausweichens getroffen wird oder aber in der Spielwelt unkontrolliert in den Tod „schlittert“. Ansonsten wurden auch andere kleine Probleme wie das verbuggte Aufheben von Gegenständen und weitere Probleme bei der Fortbewegung nicht gefixt. Auch einige optische Überarbeitungen, wie beispielsweise der Texturen, hätten wir uns durchaus gewünscht.

Davon abgesehen ist die grafische Leistung von ArcaniA: The Complete Tale auf der PS4 zumindest solide, auch wenn es beispielsweise beim Wasser häufiger Darstellungsprobleme gibt. Für das Alter des Spieles ist die Leistung auf PS4 aber in Ordnung. Auch das Interface wurde ordentlich angepasst und ist gut bedienbar, teilweise etwas unkomfortabel: Beispielsweise beim Händler können kaufbare und ausgerüstete Gegenstände nicht direkt verglichen werden.

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Die Atmosphäre ist häufig sehr gut.

Fazit: Einsteiger-RPG für PS4

Die Tiefe und Komplexität von Genrekollegen wie The Witcher III: Wild Hunt erreicht ArcaniA: The Complete Tale an keiner Stelle, dennoch ist der Titel ein wirklich solides PS4-RPG, das man insbesondere Genreneulingen ans Herz legen kann. Während der Anspruch teilweise etwas zu kurz kommt und spielerische Mängel, die bereits in der Ur-PC-Version vorhanden waren, ärgerlich sind, so überzeugt insgesamt die gute Kulisse und das alles in allem spaßige Spielerlebnis dank eines derben Humors und guter Figuren, die leider am laufenden Band geklont werden. Für 20-30€ kann man mit diesem Paket nicht so viel falsch machen.

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Pro Contra
+ Einsteigerfreundliches RPG – Ärgerliche Mängel der Ursprungsfassung nicht behoben
+ Ordentliches Komplettpaket zum Budgetpreis – Zahlreiche Probleme mit Kollisionsabfrage
+ Insgesamt flüssiges Spielerlebnis – Umgebung stellenweise verbuggt (-> Tod)
+ Solide grafische Leistung – Anspruch kommt etwas zu kurz
+ Tolle Spielwelt – Stellenweise Framerateeinbrüche und Darstellungsprobleme

Technik: 74

  • Grafik: 66
  • Sound: 69
  • Gameplay: 72
  • Umfang: 82
  • KI: 82

Spielspaß: 80

Einzelspieler:

  • Story: Ein namenloser Held muss seine Heimat retten – Die Story ist etwas lasche RPG-Kost, wird aber durch Figuren und Dialoge aufgewertet.
  • Wiederspielwert: Durchaus vorhanden – Und auch wem einige RPGs schlichtweg zu riesig sind, der findet mit ArcaniA einen guten Einstieg. Der Umfang ist ordentlich, bleibt hinter anderen Genrevertretern aber etwas zurück.
  • Frustfaktor: Nur an wenigen Stellen vorhanden, teilweise eher bugbedingt.
  • Design/Stil: Eine schöne Spielwelt und gelungenes Figuren-/Monsterdesign überzeugen. Weniger gut: Zahlreiche Klon-NPCs!
  • Musik/Sound: Der Soundtrack ist solide, die Qualität von Synchro und Soundeffekten schwankt sehr stark.

Informationen zum Testgerät
Plattform: PlayStation 4 500GB
Hardware: Standard, ohne ausgetauschte Hardware
Alter des Geräts zum Testzeitpunkt: 1 Jahr, 8 Monate (PS4 Launchkonsole)

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Manuel Eichhorn
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