Im Oktober 2022 erschien ein kleines, unabhängiges Spiel sowohl auf der Nintendo Switch als auch bei Steam. In diesem Spiel bist du eine magische Katze, die Pakete ausliefern soll und zwar auf ihrem fliegenden Besen. Ich war fasziniert von der Idee, doch was wholesome und entspannend klingt und vielleicht Vibes von Lake verpacken könnte, entpuppte sich als frustrierendes Flugabenteuer voller unschöner Flugmanöver. Getestet habe ich Flying Neko Delivery auf der Nintendo Switch. !B
Du bist eine miese Hexenkatze
Flying Neko Delivery hat mich direkt zu Beginn vor den Kopf gestoßen: Während andere Spiele, die mit dem Label wholesome versehen sind, versuchen den Spielenden ein Refugium zu ermöglichen und sie freundlich aufnehmen, zweifelt das Spiel direkt am Anfang an meinen Fähigkeiten. Onigiri, unser:e Protagonist:in im Spiel soll ihre/seine Abschlussprüfung als magische Katze absolvieren. Dem Brief, der dazu bei uns eintrudelt, mangelt es an gewaltfreier Sprache und ich fühle mich direkt schlecht. Das hat schon lange kein Spiel mehr bei mir ausgelöst.
Unabhängig davon geht es natürlich erstmal in Flying Neko Delivery mit einem Tutorial los, in dem ich die Grundlagen vom Pakete abholen und bringen sowie die Kunst des Fliegens lerne. Irgendwie schaffe ich das Tutorial und ich bin mir nicht mal ganz sicher, wie: Die Steuerung ist miserabel. Sowohl wenn ich die Steuerung des Besens in der Standardeinstellung nutze, als auch wenn sie invertiert ist. Es ist einfach ein Graus und passt wiederum zu der nicht wertschätzenden Kommunikation, die hier an den Tag gelegt wird.
Häufig fliege ich zu schnell, um Pakete zu liefern oder zu langsam. In beiden Geschwindigkeiten ist es durchaus wahrscheinlich, dass mehrere Anläufe gebraucht werden, um die Pakete wirklich zuzustellen. In Flying Neko Delivery kannst du zudem zu einigen Charakteren Beziehungen aufbauen. Diese steigen ganz automatisch, je öfter du ihnen Pakete bringst – herausfordernd wird es da an keiner Stelle. Nur das Pakete zustellen, macht die Steigerung der Beziehung fast schon lächerlich. Relativ am Anfang soll man Aka beliefern, die in einem Baum lebt. Mit dem Besen da hin zu kommen, gestaltet sich jedes Mal als mittelschwere Katastrophe. Immerhin sind die Leute mal nett, wenn ich ihnen etwas zustelle. !B
Lebt hier denn keiner?
Wie es der Name schon sagt, bringe ich in Flying Neko Delivery Sendungen zu Leuten. Mal sind es nur Häuser, die ich beliefere, mal echte Charaktere, die mich in Gespräche verwickeln. Diese Gespräche sind irgendwie inhaltslos, aber nett und manchmal auch witzig. Ich mag es, dass zu jedem Charakter auch gleich das gewünschte Pronom angezeigt wird. Das ist schön und macht es für mich inklusiver. Zumindest bei der Sprache, doch bei dem Rest entdecke ich wenig.
Während ich so durch die Welten fliege, fällt mir auf, dass niemand unterwegs ist. Keine Ahnung, ob wir es hier mit einer Welt wie in Death Stranding zu tun haben, wo die Menschen gezwungen sind, in ihren Bunkern zu leben. Doch sie wirkt nicht so. Ich fühle mich einsam, wenn ich durch die Gegend fliege und niemandem begegne. Grund, andere Charaktere einfach so anzusprechen, habe ich ohnehin nicht, da ich nur Pakete ausliefern soll. Aber es wäre schön gewesen, wenn die Welt lebendiger wäre. Wenn ich einfach das Gefühl hätte, wirklich Teil einer lebenden Welt zu sein.
Generell ist die Welt recht leer. Jeder Ort besteht aus einer Handvoll Häuser, die alle ähnlich aussehen und deren Dorfstruktur ähnlich aufgebaut ist. Hier fehlt mir definitiv Persönlichkeit. Apropos. Ich kann mein Haus mit verschiedenen Möbeln bestücken und diese auch färben und anpassen, allerdings ist das Menü dazu mehr als unlogisch aufgebaut. Es entpuppt sich manchmal schon fast als Wissenschaft, wenn ich versuche, mein Haus irgendwie anzupassen. Und apropos Steuerung am Boden: Im Haus kann ich laufen, da muss ich nicht auf dem Besen fliegen, aber auch das Laufen wirkt teilweise von der Steuerung her ziemlich unrund.
Und wenn ich einmal wirklich beim Meckern bin: Flying Neko Delivery fühlt sich für mich vollständig an. Ich habe nichts anderes zu tun, als zu einer Poststelle zu fliegen, dort eine Sendung zu holen, sie zuzustellen und dann dasselbe wieder zu tun. Ganz grob zusammengefasst. Es scheint schlicht und ergreifend an sinnvollen Inhalten zu fehlen, die dafür sorgen, dass man sich wirklich die Zeit nimmt, die Welt von Onigiri zu erkunden – abgesehen davon, dass es nichts zum Erkunden gibt. Teilweise weiß ich auch absolut nicht, was meine Aufgabe im Spiel ist, wann ich fertig bin. !B
Wo ist die Magie?
Flying Neko Delivery sagt selbst, dass ich eine Hexenkatze spiele. Ich kann auch verschiedene Dinge zaubern oder Tränke herstellen, aber mit echter Magie hat das wenig zu tun. In den meisten Fällen kann ich nur dafür sorgen, dass meine Geschwindigkeit besser ist oder ich leichter navigieren kann. So wirklich viel zaubern und Dinge verändern kann ich nicht. Es fühlt sich an, als wollte man hier einfach nur auf den aktuellen Trendzug der Magiespiele aufspringen und dabei gleich zwei Spieletrends miteinander kombinieren.
Generell fehlt mir in Flying Neko Delivery ein bisschen auch der Sinn. Es stachelt mich nicht an, weiter zu spielen. Es motiviert mich nicht, mich mit der schrecklichen Steuerung des Besens auseinanderzusetzen, nur um irgendwelche Pakete zuzustellen und mir dann irgendwelches Zeug für mein Haus zu kaufen, in dem ich mich fast nie aufhalte, weil ich ununterbrochen Pakete zustelle. Onigiri hat auch keinen Tagesrhythmus und schläft nicht, sodass ich auch nicht auf die Uhrzeiten achten muss. Gefühlt sind die Tageszeiten sowieso nur ein nettes Gimmick. Bewusst fiel mir nicht auf, dass ich mich an irgendwelche Zeiten halten muss, um beispielsweise Pakete zuzustellen.
Dafür kann ich sagen, dass der Soundtrack im Hintergrund ganz schön war und der Mond hin und wieder atmosphärisches Licht auf die leblosen Weiten der Spielwelt warf. Ansonsten ist es noch gut, dass der Titel auf deutsch übersetzt ist, viel mehr Positives finde ich jedoch nicht wirklich. !B
Fazit: Lieber zu Fuß ausliefern
Ich bin in Flying Neko Delivery eine magische Hexenkatze namens Onigiri, die Pakete auf dem Besen ausliefert. Davon, dass ich eine Hexenkatze bin, bekomme ich wenig mit, denn sinnvoll zaubern kann ich nicht. Dafür stelle ich Pakete zu und zwar jede Menge, aber auch nur dann, wenn der Besen mitmacht. Die Steuerung des störrischen Holzteils ist wirklich mehr als bockig, kommt an keiner Stelle befriedigend rüber und sorgt eher dafür, dass ich jedes Mal vor Wut die Spielsitzung beende. Ich habe selten so eine frustrierende Steuerung DES Hauptgameplayelements eines Spiels gesehen, sodass es mir schlichtweg keinen Spaß macht, in der ohnehin kahlen und leeren Spielwelt Pakete auszuliefern. Flying Neko Delivery fühlt sich einfach nur an, als wäre es der Prototyp einer Idee, der noch sehr viel Feinschliff und Arbeit benötigt.
Pro | Contra |
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+ Mondlicht sehr schön | – Steuerung des Besens miserabel und frustrierend |
+ Viele Möglichkeiten der Dekoration… | – … die man selten sieht, weil man selten im Haus ist |
+ Stimmiger Soundtrack | – Dekorationsmenü nicht intuitiv |
+ Pronomen der Charaktere angezeigt | – Welt sehr leer und leblos, Pakete zustellen fast sinnfrei |
+ Deutsche Übersetzung | – Kommunikation von Schuldirektor nicht wertschätzend |
Offenlegung
Ich habe mir Flying Neko Delivery selbst auf der Nintendo Switch bestellt.