Stell dir vor, du bist auf hoher See und machst die Kreuzfahrt deines Lebens und plötzlich… Plötzlich steckst du in einem wiederkehrenden Albtraum fest und es gibt kein Entrinnen. Ich habe mir für euch Dread Nautical auf der PlayStation 4 angesehen und verrate euch in meiner Review, ob sich das Hochseeabenteuer lohnt oder ob es doch eher in seichten Gewässern fischt.
All inclusive?
Ich war bereits im Intro in Dread Nautical ziemlich gebannt, denn es erzählt im Grunde die Geschichte vom schicken Kreuzfahrtschiff, das in den gefürchteten Gebieten der sieben Meere, wie beispielsweise das Bermuda Dreieck, verlorengeht und auf ewig gefangen ist. Vom schönen Urlaub kann definitiv keine Rede mehr sein. Die Atmosphäre allein in diesem Intro war ziemlich dicht und packend – leider kann ich das vom Rest des Spiels nicht behaupten.
Zu Beginn wähle ich einen von vier Charakteren aus – natürlich entscheide ich mich für das Gamermädchen – und erwache in einer seltsamen Lobby, in der wohl mein Bett steht. Warum? Das wird mir nicht erklärt. Dafür soll ich auf Deck 1 und eben ein bisschen Ressourcen suchen, hier und da Nahrung. Auf dem verfluchten Schiff stoße ich dabei in einem strategischen Ablauf auf Thralls, irgendwelche verfluchten Menschen. Diese bekämpfe ich, denn ich mag sie nicht und sie mögen mich nicht.
Das Ziel meiner Erkundung ist fast immer, dass ich Ressourcen oder andere überlebende Menschen finden soll, die irgendwo auf dem Schiff herumgeistern. Jeder Überlebender will jedoch, dass ich etwas für ihn erledige, bevor er sich mir anschließt – obwohl dir einige von ihnen wirklich die Ohren volljammern, dass es so schwierig ist, hier zu überleben. Das ist alles ein bisschen mühselig. Noch dazu ist Dread Nautical übrigens ein Roguelite Spiel, sodass nach jedem Tod alles wieder anders ist und mit viel Pech, verlierst du mehr, als dir lieb ist. Spannenderweise verändern sich die Decks des Schiffs mit dem jedem Besuch – und ich habe hierfür nur die logische Schlussfolgerung treffen können, dass das alles mit dieser verfluchten Übermacht zusammenhängt. Warum sich nämlich sonst die festen Etagen eines sehr festen Schiffes ändern sollten, ist mir schleierhaft.
Strategie, und dann?
Ich habe bereits das Wort Strategie in den Mund genommen und das Kampfsystem ist hierbei sehr an Strategiespiele angelehnt. Es ist rundenbasiert und versucht zumindest vom Äußeren an eben diese Spiele anzuknüpfen, doch es ist nichts anderes als jedes andere Rollenspiel mit rundenbasierten Kämpfen. So habe ich also meine Protagonistin Vi Nussbaum, deren Attacken ich festlege. Spannend hierbei ist, dass ich jedoch darauf achten muss, welche Waffe ich über das Steuerkreuz ausgewählt habe, denn es macht einen Unterschied, ob ich 8 Schadenspunkte oder 42 beim Gegner mache. Logisch.
So richtig geht im Kampf aber kein Flow aus. Er ist eher schwerfällig und zum Teil frustrierend, denn die Waffen, die ich bei mir tragen kann, haben eine gewisse Haltbarkeit. Jeder Schlag zieht einen Haltbarkeitspunkt ab, was bei meiner Lieblingswaffe zu Beginn bedeutet, dass ich damit viermal schlagen kann. Im Laufe der Zeit schaltet ihr eine Werkbank frei, mit der ihr die Waffen verbessern könnt, um so mehr Schaden oder eine höhere Haltbarkeit zu schaffen. Doch auch das fühlt sich so unpassend.
Die Überlebenden, die ich auf dem Schiff treffe, kann ich übrigens – sofern ich genug Betten habe und sie Teil meines Teams sind – mit auf die Reise aufs Schiff nehmen. Ab da wird auch alles deutlich einfacher und ich sterbe nicht mehr ganz so häufig.
Ich habe dennoch das Gefühl, dass Dread Nautical sein Potential besonders im Kampfsystem und im generellen Gameplay absolut nicht ausschöpft. Hier geht noch mehr, denke ich. Ein bisschen mehr Tiefgang und vielleicht hier und da doch noch ein bisschen mehr. Leider kann ich dieses „bisschen mehr“ gar nicht so richtig greifen, aber es fühlt sich definitiv zu wenig an.
Und täglich grüßt der Thrall
Was ich euch bisher noch gar nicht so wirklich erzählt habe, ist das Gameplay an sich. Ja, ihr sucht jeden Tag nach weiteren Ressourcen und Überlebenden, doch das ist noch nicht alles: Jedes Deck verfügt über ein Nebelhorn, mit dem ihr versucht, Kontakt nach draußen aufzunehmen, damit ihr vielleicht alle gerettet werden könnt. Das bedeutet, dass ihr euch über die Decks kämpft, um dann das Nebelhorn zu drücken. Immer und immer wieder. Das macht die ersten fünf oder sechs Decks noch Spaß, wird aber dann viel zu repetitiv. Obwohl sich das verfluchte Schiff die ganze Zeit und mit jedem Deck vollends umstellt.
Die einzige Abwechslung besteht dann fast schon nur in den verschiedenen Monstern, die ihr Unwesen treiben und die ganz nette Namen wie „Roller“ haben. Dread Nautical wird ziemlich schnell ziemlich einschläfernd und langweilig, weil ich das Gefühl habe, immer nur dasselbe zu machen und keinen wirklichen Fortschritt zu erleben. Das ist schade, doch auch hier greift wieder „ein bisschen mehr“, von irgendwie allem und es wäre bestimmt eine gute Erfahrung gewesen. Ganz bestimmt.
Zusätzlich ist Dread Nautical immerhin auf Deutsch übersetzt, allerdings hätte man es vielleicht an bestimmten Stellen lassen sollen. Da wurde „Trash!“ (wenn Vi Nussbaum getroffen wird) tatsächlich mit „Müll!“ übersetzt. Klingt zwar witzig, würde aber kein vernünftiger Protagonist in dieser Situation sagen. Ansonsten wirkt die Übersetzung auch so ganz schwammig und ich bin mir fast sicher, dass die Übersetzer nicht wussten, welcher Satz an welcher Stelle im Spiel gesprochen wird. So was ist immer schade und schmälert eben den Spielcharakter.
Doch nicht nur die Übersetzung von Dread Nautical ist ein bisschen schwammig, sondern auch die Steuerung auf der PlayStation 4 selbst. Mit dem linken Stick kann ich regelmäßig nicht die Felder anwählen, die ich anwählen will, sodass mit der Cursor immer wieder woanders hinspringt. Das mag bei normalen Feldern okay sein, nervt aber definitiv bei Gegnern oder Loot, das ich einsammeln will. Schade,
Fazit: Ich bleibe dann doch lieber an Land
Dread Nautical könnte ein spannendes und gutes Spiel sein, wenn es denn „ein bisschen mehr“ hätte. Es versetzt euch auf ein Schiff, das auf hoher See verloren gegangen ist und nun von einer unbekannten Macht und Monstern heimgesucht wird. Dabei ist es eure Aufgabe, Ressourcen zu sammeln und das Nebelhorn ertönen zu lassen, um vielleicht doch jemanden zu finden, der euch retten kann. Aber irgendwie springt der Funke nicht über.
Dread Nautical ist einfach zu repetitiv. Ich mache immer wieder dasselbe und entdecke mich nach fünf Decks, die sich auf magische Weise immer wieder verändern – was ich bei einem festen Schiffskörper doch sehr seltsam finde – dabei, dass ich mich langweile, weil ich eben immer wieder dasselbe machen muss. Es fehlt an Tiefgang und Abwechslung. Und an einer gelungenen Übersetzung, denn nicht immer lässt sich alles wirklich Wort für Wort übersetzen. Immerhin ist der Roguelite Charakter ein bisschen amüsant, wird aber auch ziemlich schnell frustrierend.
Dread Nautical könnte so viel sein, wenn es denn nur ein bisschen mehr von etwas hätte, das ich gar nicht so richtig in Worte fassen kann. Es fehlt irgendwie überall an dem gewissen Etwas, um den Funken wirklich überspringen zu lassen.
Pro | Contra |
---|---|
+ Interessantes Setting | – Immer wieder dasselbe Gameplay |
+ Roguelite ist zu Beginn ganz nett… | – … verliert aber schnell seinen Reiz |
+ Charaktere interessant | – Schwammige Steuerung |
– Zum Teil schlechte deutsche Übersetzung | |
– Zufällig generierte Decks ergeben keinen Sinn auf einem festen Schiffskörper |
Technik: 64
Grafik: 60
Sound: 65
Umfang: 54
Gameplay: 68
KI: 72
Spielspaß: 42
- Story: Auf einem verfluchten Schiff versucht ihr, das Nebelhorn erklingen zu lassen, in der Hoffnung, das euch jemand retten kommt.
- Frustfaktor: Vorhanden. Definitiv. Durch das Roguelite, durch die Steuerung, durch die Übersetzung, durch das Repetitive…
- Wiederspielwert: Eher nicht gegeben. Es sei denn, man steht auf das Genre.
- Design/Stil: Hmmmm, nicht hübsch, aber auch nicht hässlich. Nicht herausragend.
- Musik: Die ist auch irgendwo da.
Offenlegung
Wir haben uns Dread Nautical vom Entwickler erhalten.