Anima: Gate of Memories (Xbox One) im Test – Vielschichtiges (Old-School-)RPG

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Bei Anima: Beyond Fantasy handelt es sich um eine Reihe von Spielbüchern, die bisher ansonsten hauptsächlich noch ein (physisches!) Sammelkartenspiel hervorgebracht hat. Nun hat sich das nur dreiköpfige Team von Künstlern und Autoren mit einigen Videospielentwicklern zusammengetan, um das Anima-Universum auf PC und Konsolen zu bringen. Erfolgreich war man damit unter anderem bei Kickstarter – Nun ist das Endprodukt Anima: Gate of Memories erhältlich. Ob es überzeugen kann, verrät unser Test.

Fokus auf Vielfalt

Die ersten Minuten des Spieles inszenieren bereits eindrucksvoll, was euch dauerhaft in Anima: Gate of Memories erwartet. Es handelt sich um ein relativ actionreiches Rollenspiel, in dem ihr durchaus recht häufig kämpfen müsst, doch es ist erstaunlich, wie viele verschiedene sonstige Elemente die Entwickler eingebaut haben, die auch für sich genommen sehr abwechslungsreich sind: Anima: Gate of Memories bietet eine gelungene Mischung aus Erkundung, Kämpfen, Platforming und Rätseln.

An ausgewählten Stellen wechselt das Spiel sogar nahtlos in eine 2D-Ansicht – Und bis zum Schluss gibt es immer wieder kleinere spielerische Überraschungen. Was in vielen anderen Spielen so wirkt, als wollten die Entwickler möglichst viele spektakuläre oder pseudo-anspruchsvolle Elemente unter einen Hut bringen, wirkt in Anima: Gate of Memories wie aus einem Guss: Inhalt, Gameplay und die wunderschöne Spielwelt sind gut miteinander verknüpft.

Obwohl Anima: Gate of Memories technisch gesehen keine echte Open-World bietet, weil die einzelnen überschaubaren Areale durch Ladebildschirme getrennt sind, wird euch inhaltlich und spielerisch viel mehr Open-World als in manchen anderen Spielen geboten. Anima: Gate of Memories schafft es, eine Fokussierung auf die Geschichte und Freiheit unter einen Hut zu bringen. Bei eurer Aufgabe, mehrere dunkle Bedrohungen auszuschalten, die die Spielwelt bedrohen, werden euch keine Vorschriften gemacht – Wenn ihr irgendwo nicht weiterkommt, dann entweder, weil die Gegner dort zu stark sind, oder weil ihr über eine bestimmte Fertigkeit noch nicht verfügt. In den meisten Gebieten ist es aber eure Entscheidung, ob ihr euch durchbeißt.

Für besonders viele Erfolgserlebnisse sorgen die Rätseleinlagen, die Anima: Gate of Memories immer wieder einstreut und die euch auch erstaunlich lange begleiten. Dass ihr auf Krampf eine bestimmte Sache lösen müsst, um weiterzukommen, ist auch hier eher nicht der Fall. Stattdessen bestehen viele Rätsel daraus, dass ihr Informationen in der Spielwelt sammeln und diese nach und nach umsetzen müsst um entweder Türen zu öffnen oder an versteckte Objekte zu gelangen. Anima: Gate of Memories erklärt wenig und verrät von sich aus nichts – Darauf, dass man beispielsweise gefundene Erinnerungen (Sammelobjekte) tatsächlich aufmerksam lesen muss, um dann in der Villa eines verrückten Künstlers die zugehörigen Fragen beantworten zu können, muss man selbst kommen… Direktere Auswirkungen auf euer Spiel und eure Interaktionsmöglichkeiten hat die Befreiung von Gefangenen aus einem Gefängnis: Mit gefundenen Schlüsseln müsst ihr euch entscheiden, wen ihr befreit und wen ihr noch einsitzen lassen wollt. Letztlich sind die Anzahl der Gefangenen natürlich überschaubar und die Effekte vorhersehbar, aber dennoch ist das ein weiteres gelungenes Element, das nicht nur Aufmerksamkeit fordert, sondern euch auch direkten Einfluss auf die Spielwelt nehmen lässt.

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Was hat es mit diesen Symbolen auf sich? Tja, findet es heraus!

Fliegender Wechsel

Bereits kurz nach der Spieleinführung könnt ihr frei zwischen zwei Figuren wechseln: Ihr steuert zunächst „The Bearer“, eine junge Frau im Auftrag des Ordens von Nathanael, die jedoch auch von „Ergo“, einem weiteren Agenten des Ordens, begleitet wird. Ergo ist jedoch in einem Buch gefangen – Bearer kann seine Gestalt annehmen.

Bald erhaltet ihr die Möglichkeit, beide Figuren mit individuellen Skilltrees auszubauen. Viele Fertigkeiten sind ähnlich, der Figurenwechsel ist aber dank einiger Unterschiede bei der Bewegung der Figuren und beispielsweise unterschiedlicher Ausweichmoves doch immerhin knapp mehr als nur eine kosmetische Angelegenheit. Ob man lieber mit Bearer oder Ergo spielt, ist in manchen Teilen des Spieles eine Frage individueller Präferenz. Hin und wieder verlangt Anima: Gate of Memories aber den Figurenwechsel von euch, beispielsweise weil bestimmte Feinde gegen Angriffe eines von beiden resistent sind oder weil bestimmte Siegel nur von einer der beiden Figuren geöffnet werden können.

Gelernte Fertigkeiten können frei auf Controllertasten gelegt werden. Cool: Innerhalb einer Combo kann die Taste anders belegt werden als beim Beginn eines Angriffs, was bei voll ausgebautem Skilltree sinnvoll ist. Mit der Zeit findet man auch einige Items – Hier sollte man jeweils bei beiden Figuren die Werte vergleichen, da die Items (Waffen und Ringe) mitunter besser zu einer von beiden Figuren passen. Was genau dahintersteckt, verrät Anima: Gate of Memories nicht – Auf Dauer spielt das Sammeln von Items aber auch keine übergeordnete Rolle und der Fluss an neuer Ausrüstung kommt gefühlt ein wenig zum Erliegen.

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Die Skilltrees ermöglichen die Anpassung der Figuren

Kleine Steuerungsabstriche, ein bisschen Frust

Bei so vielen verschiedenen Spielelementen wundert man sich hin und wieder, dass Anima Project all das in ein „kleines“ Spiel wie Anima: Gate of Memories packen konnte. Letztlich fällt der Umfang aber auch deutlich größer aus, als man zunächst annehmen könnte – Alleine mit der Erforschung des zentralen Schlosses ist man lange beschäftigt, und spätestens mit der Freischaltung des zweiten Stockwerks wird klar, dass Anima: Gate of Memories Einiges zu bieten hat. Eine genaue Spielzeit wollen wir an dieser Stelle nicht nennen, da es in diesem Spiel eben ganz darauf ankommt, wie ihr vorgeht und wie viel Zeit ihr mit dem Rätseln verbringt.

Ausgerechnet die Steuerung ist es, die uns hin und wieder geärgert hat. Im Kampf offenbart sich eine merkwürdige Mischung aus automatischem Zielen und der Möglichkeit, Gegner anzuvisieren. Insbesondere, wenn man auf Distanz bleiben möchte, ist Letzteres kontraproduktiv, da man die umstehenden Feinde aus den Augen verliert, die einen nur zu gerne mit Attacken zuknallen, was durchaus auch frustrierend werden kann. Auch bei den eigentlich abwechslungsreichen und recht coolen Bosskämpfen spielt einem die Steuerung ab und zu gerne einen Streich. Abgesehen davon ist auch die Sprungsteuerung manchmal nicht ganz so präzise, wie sie sein sollte – Muss man dann noch zwischen bewegten Plattformen umherspringen, kann’s oft ganz schön brenzlig werden.

An einigen Stellen kämpft Anima: Gate of Memories deshalb damit, mitunter doch ein wenig frustrierend zu sein. Glücklicherweise sind Checkpoints sehr fair gesetzt und ihr seid auch ohnehin nicht sofort „tot“, wenn ihr mal bei einer Sprungpassage scheitert, sondern euch wird nur ein wenig Gesundheit abgezogen. Dass Ergo Gesundheit regeneriert, während ihr als Bearer unterwegs seid, kann man sich nicht nur hier, sondern auch in den Kämpfen zunutze machen.

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Die Bosskämpfe sind abwechslungsreich und an sich gelungen, aber die Steuerung kann nerven.

Design > Technik

Auch wenn die kleinen Probleme der Steuerung hin und wieder ärgerlich sind, ist Anima: Gate of Memories inhaltlich und spielerisch eines der interessantesten Action-RPGs, die man momentan auf Konsolen spielen kann. Man könnte sich jetzt darüber streiten, ob hinter den Mängeln, die ein wenig an PS2-Spiele erinnern, tatsächlich Versäumnisse der Entwickler stecken oder vielleicht auch ein bisschen Absicht zur Old-School-artigen Steuerung gehört. Letztlich ergibt das alles nämlich mit Optik und Sound ein stimmiges Gesamtbild.

Technisch ist Anima: Gate of Memories sicherlich kein Wunderwerk auf den aktuellen Konsolen – Insbesondere Texturen und Lichteffekte kosten die Leistung der Xbox One nicht mal ansatzweise aus. Dafür überzeugt Anima: Gate of Memories mit den wunderschönen und stimmungsvollen Spielwelten, die auch vom orchestralen Soundtrack stimmig unterstrichen werden. Man merkt diesen Aspekten zwar an, dass hier kein Budget von Millionen dahinterstand, dennoch ergibt sich – auch mit der immerhin soliden Synchronisierung – ein ordentliches Gesamtbild. Auf eine deutsche Lokalisierung muss man bei Anima: Gate of Memories übrigens verzichten – Das Spiel ist komplett auf Englisch.

Fazit: Tolles RPG mit erstaunlichem Tiefgang

Dass hinter Anima: Gate of Memories Entwickler stehen, die auch Spielbücher entwerfen, merkt man dem Spiel an. Vermeintlich hat man es mit einem recht beschaulichen RPG zu tun, doch Anima: Gate of Memories bietet mehr Tiefgang, Vielschichtigkeit und Abwechslung als so mancher großer Genre-Konkurrent: Insbesondere die freie Erkundung kombiniert mit den sehr ansprechenden und Aufmerksamkeit erfordernden Rätseleinlagen, mit deren Lösung ihr auch Effekte auf euer Spiel bewirkt, haben uns sehr gut gefallen. Nur selten spielt man ein Spiel, das einen immer wieder mit Neuerungen überrascht und auch geschickt für Erfolgserlebnisse sorgt. Gemeinsam mit den wunderschönen Spielwelten, den anspruchsvollen Kämpfen und dem fliegenden Figurenwechsel ergibt sich trotz der schier unglaublichen Zahl an Spielelementen ein Gesamtbild wie aus einem Guss. Damit, Anima: Gate of Memoriestechnisch eher angestaubt wirkt, hatten wir uns schnell abgefunden. Die unpräzise Kampf- und Sprungsteuerung dagegen ist ein kleiner Wehrmutstropfen am Spiel, der bisweilen auch das Frustpotential steigert. Trotzdem können wir euch Anima: Gate of Memories besten Gewissens empfehlen – Wer ein anspruchsvolles Spiel sucht, wird hier fündig.

Pro Contra
+ Sehr große spielerische Vielfalt – Kampf- und Sprungsteuerung zu unpräzise
+ Freie Erkundung, kaum Vorgaben – Stellenweise frustrierend
+ Sehr ansprechende und anspruchsvolle Rätseleinlagen – Rein grafisch nur durchschnittlich
+ Wunderschöne Spielwelten
+ Gelungener Figurenwechsel
+ Tolle Musikuntermalung

Technik: 81

  • Grafik: 67
  • Sound: 88
  • Umfang: 85
  • Gameplay: 83
  • KI: 80

Spielspaß: 88

Einzelspieler

  • Story: Unheil befällt die Welt – Soweit irgendwo eine gewöhnliche Story. Die Erzählweise, die Figuren und die Spielwelt sind aber sehr gelungen und auch ein bisschen mysteriös.
  • Wiederspielwert: Anima: Gate of Memories unterhält erstaunlich lange.
  • Frustfaktor: Stellenweise leider vorhanden, auch weil die Steuerung manchmal bockt.
  • Design/Stil: Design steht über Technik – Die Spielwelten sind wunderschön und stilistisch top, rein grafisch aber nur Durchschnitt.
  • Musik/Sound: Die Musikuntermalung ist toll, die Synchro immerhin solide.

Informationen zum Testgerät (Xbox One)
Plattform: Xbox One
Edition: Standard (500GB), ohne ausgetauschte Hardware
Hardware: Titel auf externer Festplatte (2TB, USB 3.0)
Alter des Geräts zum Testzeitpunkt: 1 Jahr, 8 Monate

Wir bedanken uns bei Anima Project für die Bereitstellung des Downloadcodes zu Anima: Gate of Memories!

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Manuel Eichhorn
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