Die britischen Rocksteady Studios schicken Batman zum dritten Mal in den Einsatz. In Batman: Arkham Knight hat er nicht nur zahlreiche neue Aufträge und einen ominösen Widersacher, sondern auch einen ganz neuen Begleiter bei sich: Das Batmobil. Wie sich Rocksteadys wahrgewordene Vision des „Next-Gen“ Arkham-Titels auf Xbox One schlägt, verrät unser Test.
Toll inszeniert
Es ist keine Frage: Batman: Arkham Knight ist genial inszeniert. Die Handlung ist flott, die Sequenzen überzeugend, die Figuren unglaublich griffig. Nur Batman bleibt hin und wieder ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Auch nach der emotionalsten Szene in der Geschichte kehrt Gothams Beschützer wieder ein wenig zu schnell zur souveränen Routine zurück, was aber nicht zuletzt dem linearen und gescripteten Charakter vieler Spielelemente geschuldet ist.
Kritik an deutschen Übersetzungen kann man gerade im Comic-Bereich immer üben, doch wir halten die deutsche Synchronisierung für phänomenal. Noch dazu ist Rocksteady eines der wenigen Studios, die eine herausragende Soundabmischung auch auf TV-Lautsprechern vorweisen können, sofern die richtigen Einstellungen zu Spielbeginn getroffen werden.
Ein klein wenig zu kurz kommt in Batman: Arkham Knight Batmans innerer Kampf gegen den Joker – Spieler des Vorgängers wissen bereits, dass Batman Jokers Gene in sich trägt. Somit tritt dieser im Spiel dauerhaft in Erscheinung, echte Konsequenzen von Batmans Aussetzern gibt es aber nicht. Umso überzeugender sind aber an sich Jokers Auftritte, die gekonnt in die ohnehin flotte und verflochtene Handlung eingewoben werden und hin und wieder auch für Überraschungen gut sind. Fraglich bleibt derweil dauerhaft, wieso eigentlich zahlreiche Figuren auch zum Zeitpunkt der Ereignisse bereits über diverse Aspekte von Batmans Schicksal Bescheid wissen – Offensichtlich soll hier direkt auf ein offensichtliches „Finale“ zugesteuert werden. Direkter hierauf eingehen wollen wir nicht, um Spoiler zu vermeiden.
Best of Batman
Während die Story ruckzuck an Fahrt aufnimmt und Gotham als detaillierten Schauplatz etabliert, braucht das Gameplay erschreckend lange, um da mitzukommen. Was sich Rocksteady in den ersten Stunden leistet wirkt wie ein gewolltes, aber nicht gekonntes „Best of Batman Arkham“, in dem man die Spieler von einem Highlight zum nächsten scheucht. Die komplette Handlung scheint darauf ausgelegt zu sein, möglichst viele Highlights in kurze Zeit zu packen. Wesentliches Problem darin: Die Tiefe fehlt.
Während so bestimmte Dinge wie „Explosivgel 1x einsetzen“ auf der Checkliste der Entwickler wohl einfach abgehakt wurden, ist diese Schwäche insbesondere in Bezug auf das Batmobil ärgerlich. In dieser schwachen Anfangsphase muss man ständig in den mobilen Begleiter einsteigen oder dessen Fernsteuerung aktivieren, um dann irgendeine kleine Winde zu bewegen oder Ähnliches. Und all diese Dinge wirken wirklich „gemacht“, teilweise beinahe so, als ob das Level schon längst fertig war, aber dann der Designer um die Ecke kam und anwies, dass noch eine Batmobil-Szene benötigt wird.
Nach einigen Stunden in Batman: Arkham Knight kommt dann endlich der Punkt, an dem das alles besser wird: Die Elemente werden vielfältiger, auch durch die Einführung immer neuer Nebenmissionen, und darüber hinaus komplexer und tiefgehender. Dann findet auch das nach wie vor coole Freeflow-Kampfsystem endlich zu alter Stärke und die Kämpfe erreichen die Schwierigkeit und Tiefe, die wir von ihnen erwarten.
Gotham: Von der leeren Kulisse zum detaillierten Schauplatz
Apropos Schwierigkeit: Während man sich an einigen Stellen – insbesondere bei den Nebenaktivitäten – durchaus die Zähne ausbeißen kann, ist die insgesamte Schwierigkeit von Batman: Arkham Knight nicht allzu hoch angesetzt, zumindest dann, wenn man sinnvolle Fertigkeitenupgrades verwendet und auch mit diesen umzugehen weiß. Entscheidend ist hier, was man selbst benutzt, nicht, was in einem Guide steht. Durch die Vielfältigkeit an verschiedenen Werkzeugen, Einsatzmöglichkeiten und Herangehensweisen gibt es keine Lösung A, die immer klappt und auch keine Lösung B, die schief geht. Das ist cool. Wenn doch mal was schief geht, nerven die langen Ladezeiten nach dem Tod.
Im Verlaufe der Spielzeit werden jede Menge Nebenaktivitäten eingeführt und endlich hat auch der Schauplatz Gotham einen Sinn: Zunächst ist die Stadt nämlich nur eine leere Kulisse. Mit der Zeit und mit mehr Aufträgen entwickelt sie sich endlich zu einem richtigen Schauplatz, der mit überwältigenden Details aufwartet. Diese und die großartigen Effekte wie der dauerhafte Regen waren Rocksteady aber wichtiger als ein glaubwürdiges Open-World-Konzept, denn insbesondere das KI-Verhalten in der Open-World stammt bestenfalls aus der PS3-Ära. Immer gleiche und merkwürdige Reaktionen auf Batmans Erscheinen und das regelmäßige Hängenbleiben der KI an Hindernissen sorgt nicht gerade für Glaubwürdigkeit und nagt hin und wieder an der Atmosphäre.
Wie schon erwähnt sorgen dann die Nebenaufträge endlich für die Vielfalt und Tiefe, die wir von Batman: Arkham Knight erwartet haben – Aber auch nur, wenn man sie differenziert betrachtet. Bei einer Art von Nebenmission – Zum Beispiel beim Aufspüren von Waffenlagern oder beim Ausschalten bestimmter Drohnen – handelt es sich nämlich immer um ein und dasselbe Element, welches nur mehrfach zum Einsatz kommt. Hier gibt es keine Überraschungen, keine nachträglichen Finessen, nur pures Recycling.
Als Rambo durch die City
Diese fehlender Abwechslung innerhalb eines Elements fällt glücklicherweise nicht allzu stark ins Gewicht, denn nahezu alle dieser Missionen machen wirklich Spaß und man erledigt sie in einem ausreichenden Abstand, sodass nicht wirklich Langeweile aufkommen kann. Eines fällt aber dennoch immer wieder ins Auge: Das Batmobil ist eine wirklich fragwürdige Designentscheidung.
Beim Batmobil fällt das Elementerecycling stärker ins Gewicht als bei anderen Gameplayteilen, denn die Kampfszenen gegen diverse Drohnen werden wirklich häufig aus der Trickkiste gekramt, ebenso wie die Verfolgungsjagden oder das Ausschalten spezieller Drohnen, die nur von hinten erledigt werden können.
Wir müssen sagen, dass uns diese Szenen in Batman: Arkham Knight durchaus Spaß gemacht haben – Das Batmobil steuert sich flink und macht die Kämpfe gegen die Widersacher zu adrenalingeladenen Actionszenen, die brachial und visuell beeindruckend ausfallen. Doch genau das macht sie auch so schwierig: Rocksteady treibt hier das dauerhaft betriebene Effektefeuerwerk auf die Spitze, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Waffeneffekte, sondern auch durch die pausenlose Zerstörung: Batman wütet mit seinem Batmobil auf ganz schlimme Weise in Gotham und regelmäßig werden ganze Fassaden zerlegt. Natürlich bleiben diese Zerstörungen ohne Konsequenzen und sind beim nächsten Mal wieder repariert – Stichwort glaubwürdiges Open-World-Konzept – aber man fragt sich: Würde der Beschützer Gothams das tun? Muss das sein? Darüber hinaus nervt die unsägliche Slow-Motion-Kamera, durch die wir nicht nur einmal am Ziel vorbeigerauscht sind.
Alles in einer Nacht
Letztendlich lässt sich alles darauf zurückzuführen, dass Batman: Arkham Knight an einigen Stellen schlichtweg überambitioniert scheint. Man wollte wohl nicht nur die Vorgänger übertreffen, sondern möglichst auch noch die Errungenschaften mit der neuen Konsolengeneration deutlich machen. Das ist nur teilweise gelungen: Während einerseits das visuelle Erlebnis durch zahlreiche Effekte, dichten Regen und daraus resultierende Spiegelungen beeindruckend ist, stellt man beim genauen Hinsehen fest, dass dadurch viele technische Macken wie starkes Aliasing (Kantenflimmern) und deutliche Umgebungs-Pop-Ups gekonnt überdeckt werden. Darüber hinaus kommt es insbesondere in Batmobil-Szenen zu leichten Framerateeinbrüchen und im späteren Spielverlauf zu kurzen Freezes. Hin und wieder ist die Hardware mit Batman: Arkham Knight also überfordert.
Bei all der inhaltlichen Fülle, die auf lange Sicht durchaus beeindruckend ist, da Batman: Arkham Knight wirklich nicht allzu schnell die Puste ausgeht, fällt einem dann auch auf, wie viel Handlung und Nebenhandlung Rocksteady da in eine Nacht gepackt haben will. Und während die Story ebenso wie die Nebenaufgaben fesselt und einen nicht so schnell loslassen, fängt das dichte Gewebe bei genauerer Betrachtung an zu bröckeln, zumindest dann, wenn man gute Stories aus Büchern und Filmen gewohnt ist.
Das Alles kann nicht in einer Nacht geschehen und schon gar nicht, wenn einem überall Zeitdruck vorgegaukelt wird, den es de facto natürlich gar nicht gibt. Dazu greift Batman: Arkham Knight zu sehr auf Scripts und lineare Abläufe innerhalb seiner Open-World-Kulisse zurück. Denn auch wenn etwas noch so gefährlich scheint – Das wichtige Event wird erst dann ausgelöst, wenn wir eine bestimmte Stelle überschreiten. Schaffen wir den Kampf nicht, ziehen wir vorläufig einfach weiter. Abschließen können wir jede beliebige Aufgabe ja auch später noch.
Der Riddler ist los
Am Hinterfragen der Geschichte sollte man sich also nicht allzu lange aufhalten. Seine Gehirnzellen kann man aber lange und ausführlich mit anderen Dingen beschäftigen, nämlich den Rätseln des Riddlers. Wir möchten nur so viel sagen: Ihre Anzahl ist überwältigend und die Qualität der Herausforderungen ist hoch, aber wirklich gut lösbar. Bis man hier alles gesehen hat, geht die eine oder andere Bonusstunde für Batman: Arkham Knight drauf.
Fazit: Überambitionierter Dark Knight
Batman: Arkham Knight ist in einigen Momenten großartig, ebenso aber überambitioniert und stellenweise wirklich schwach, was Story und Inhalt angeht. Gotham entwickelt sich glücklicherweise im Verlaufe der Spielstunden von einer nutzlosen Kulisse hin zu einem brauchbaren und überaus detaillierten Schauplatz voller Beschäftigungen. Wieso der Fokus aber auf reinem Effektefeuerwerk liegt und Batman als Beschützer der Stadt mit seinem zerstörerischen Batmobil dort pausenlos herumwütet, konnten wir bis zum Ende des Spieles nicht beantworten. Die zahlreichen, teilweise zu kurz ausgefallenen Batmobil-Szenen sind ebenso brachial-spektakulär und toll spielbar wie fragwürdig und etwas abwechlungsarm.
Der Eindruck, von einem Highlight zum nächsten gescheucht zu werden, tut sich in Batman: Arkham Knight aber noch öfter auf. Insbesondere die ersten Spielstunden wirken wie eine „Best of Batman Arkham“ Sammlung der bisherigen Ableger mit dem Batmobil als Erweiterung, ohne genügend Tiefe und Substanz zu bieten. Über die Spielzeit hinweg verflüchtigt sich dieser Eindruck zum Glück größtenteils, denn mit mehr Upgrades und Fähigkeiten erreichen die meisten Komponenten endlich die Tiefe, die wir von Batman: Arkham Knight erwartet haben. Ebenso fällt aber das deutliche Recycling einzelner Spielelemente auf, was an der Atmosphäre nagt.
Dass Einiges dabei ein wenig zu linear und beschränkt gehalten ist und manche Gameplay- und KI-Situationen der aktuellen Konsolengeneration insbesondere in Bezug auf die Open-World nicht angemessen sind, lässt sich noch dazu nicht abstreiten. Ebenso hat die Story ärgerliche Schwächen. Es kann einem nicht in mehreren Handlungssträngen Zeitdruck vorgegaukelt werden, wenn es de facto überhaupt keinen gibt und man die Zeitkomponente in Batman: Arkham Knight am besten ohnehin ignorieren sollte. Von dem mysteriösen Wissen der Figuren über die Story fangen wir nun gar nicht nochmal an – Batman: Arkham Knight ist ein solides und spaßiges Spiel, das sich hin und wieder nicht genügend Zeit für Tiefe nimmt und in einigen Aspekten äußerst fragwürdig ausfällt.
Pro | Contra | ||
+ Nach wie vor ansprechendes Freeflow-Kampfsystem mit Tiefe | – Batmobil sinnlos auf Zerstörung ausgelegt | ||
+ Zahlreiche Herausforderungen | – Nervige und sinnlose Slowmotion-Kamera | ||
+ Ansprechende und zahlreiche Rätsel | – Leichte Framerateeinbrüche + Pop-Ups | ||
+ Vielfältige Aufgaben und Nebenbeschäftigungen | – Starkes Kantenflimmern | ||
+ Tolle Soundabmischung und sehr gute Synchro | – Storydarstellung etwas fragwürdig (“Zeitdruck”) | ||
+ Extrem detaillierter Schauplatz | – Lange Ladezeiten nach dem Tod | ||
+ Viele Upgrades und Herangehensweisen – Eigener Spielstil | – Seltene kurze Freezes | ||
+ Spektakuläre visuelle Effekte | – Open-World eher unglaubwürdig | ||
- Grafik: 81
- Sound: 88
- Umfang: 90
- Gameplay: 77
- KI: 76
Spielspaß: 79
Einzelspieler:
- Story: Toll inszeniert, ein detaillierter Schauplatz, gute Figuren, eine herausragende Synchro: Die Story fesselt und überzeugt. Bei näherer Betrachtung weist die Handlung aber ebenso starke Schwächen auf wie das Open-World-Konzept, was an der Glaubwürdigkeit nagt.
- Wiederspielwert: Sehr hoch – Batman: Arkham Knight bietet lange Unterhaltung und bis alle optionalen Dinge und Rätsel erledigt sind, vergeht einige Zeit.
- Frustfaktor: Eher gering. Nur an einigen Stellen kann man sich wirklich die Zähne ausbeißen.
- Design/Stil: Das Visuelle ist insgesamt beeindruckend – Aber Rocksteady legt zu viel Fokus auf reines Effektefeuerwerk, welches technische Mängel zwar gekonnt verschleiern, aber trotzdem nicht aus der Welt schaffen kann.
- Musik/Sound: Die Synchro und Soundabmischung sind 1a – Bei Effekten und Musik hätten wir uns ein klein wenig mehr Abwechslung gewünscht. Zudem nerven die dauerhaften Funksprüche der NPCs.
Informationen zum Testgerät
Plattform: Xbox One
Hardware: Titel installiert auf externer USB 3.0 Festplatte (2 TB)
Alter des Geräts zum Testzeitpunkt: 7 Monate
Danke an Warner Bros. Entertainment für die Bereitstellung des Pressemusters zu Batman: Arkham Knight!
- Gamer’s Palace geht in eine Pause - 21.12.2023
- Sony enthüllt das neue PS5 Modell - 10.10.2023
- Fate/Samurai Remnant (PS5) im Test – Ein intensives Abenteuer - 04.10.2023