Fernbus Simulator (Steam) im Test – Eine rollende Katastrophe

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Ein Fernbus Simulator – Mit echten Flixbussen! Auch wenn ich mit Deutschlands Fernbussen mangels vernünftiger Routen von Leipzig aus bisher kaum etwas anfangen kann, freute ich mich als kleiner Simulatorenfreund wirklich sehr auf den Titel – An eine Mischung aus Euro/American Truck Simulator und Bus Simulator 2016 dachte ich, und das hätte mir, ordentlich umgesetzt, wohl das Spiel geliefert, was ich seit diesen beiden Titeln spielen wollte. Dass mein bisher einziger Versuch mit einem Spiel der Erfurter TML Studios aufgrund unterirdischer Technik mit einer Steam-Rückgabe nach gut zwei Stunden endete, blendete ich geflissentlich aus: Das Videomaterial zum Fernbus Simulatorsah einfach zu gut aus. Nach dem ersten Spielstart schaltete ich meinen inneren Fanboy ruck, zuck wieder aus. Der kritische Spieletester sah dann das bisher schrottreifste Modell überhaupt…

Ach so… Das ist wohl „Arkade“?

Ich habe extra bis zum einige Tage nach dem Launch veröffentlichten Patch gewartet, bis ich noch einmal eine ausführliche Probefahrt mit dem Fernbus Simulator gemacht habe… Und auch wenn der Patch an allen Ecken und Enden irgendwelche Dinge geändert, eingebaut und umgebaut hat, kann ich an vielen Stellen immer noch keine klare Struktur zwischen den ganzen Bugs und all dem Chaos erkennen. Und von „Bedienungsfreundlichkeit“ haben die Mannen beim Entwicklerstudio offensichtlich gleich noch gar nichts gehört…

Wenn man ein „Neues Spiel“ – mittlerweile eine „Neue Route“ – startet, wird man nun beispielsweise nach der gewünschten Steuerungsart gefragt. Realistisch oder Arkade? Was das zu bedeuten hat, ist mir schon ganz klar. Doch was sind die Unterschiede? Tja, finde es selbst heraus. Erklärungen dazu braucht man ja nicht. Natürlich geht es hier um Dinge wie manuelle Gangschaltung und Co., aber für die Entwickler war diese Auswahlmöglichkeit mit einem tristen Dialogfeld erledigt. Ebenso kann man eine „Check-In-Dauer“ festlegen. Fragt nicht…

Entscheiden kann man sich im Hauptmenü zwischen der „Freien Fahrt“ und einer Route im Rahmen der Karriere, wo man eben auch Fahrgäste befördert und (im Einklang mit dem Fahrplan!) eine Route fahren muss, die man völlig frei selbst festlegen darf. Dazu wählt man eine Heimatstadt aus, mit mehr besuchten Städten erweitert sich dann der Radius drumherum, auf dem man Routen erstellen darf. Eventuell kommt sich das Spiel hier selbst in die Quere, denn als Flixbus-Fahrer hätte man sich auch eine „echte“ Karriere erwarten können, wo einem Routen zugeteilt werden, oder aber man baut eher frei ein eigenes Unternehmen auf. In dieser Form bietet der Fernbus-Simulator ein Zwischending, welches auch den wirtschaftlichen Anspruch auf ein 0 herunterschraubt.

So richtig geht der Spaß dann los, wenn man mal auf der Strecke ist. Wie üblich spielte ich den Fernbus Simulator mit dem Xbox 360 Controller bzw. der hier nötigen Kombination aus Controller und Maus/Tastatur… Doch noch niemals zuvor habe ich dermaßen bockige, sinnlose und nicht funktionierende Steuerungseinstellungen erlebt, wie hier. Vor allem bei der Einstellung der Achsen hat mich der Fernbus Simulator über Stunden hinweg zur Weißglut getrieben. Wer auch immer auf die Idee kam, dass in allen möglichen Standardeinstellungen der sog. „Minimalausschlag“ bei mindestens 1 stehen muss, d.h. die Lenkung zieht beispielsweise dauerhaft voll nach rechts, scheint sich über ebenjene Einstellungen keinerlei Gedanken gemacht zu haben. Selbst wenn man also mit dem völlig gewöhnlichen Xbox 360 Controller spielt, muss man unnötige Zeit in die Einstellung der Steuerung stecken, wobei mir das Spiel bis heute (funktionierende) Sensitivitätseinstellungen für die Lenkung schuldig geblieben ist. Dem entsprechenden Menü fehlt es zudem nicht nur an Übersichtlichkeit, sondern auch an Erklärungen…

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Check-In-Dauer? Express? Ach, keine Ahnung!

Wuhu… Ich fliiiieeege!

Resultat aller Anstrengungen: Die Steuerung per Controller lässt sich nicht nur nicht vernünftig einstellen, sondern ist auch auf der Straße Mist. Ein „Simulator“, der im grundsätzlichen Aufgabenfeld „Steuerung“ schon von Anfang an gänzlich versagt, hat seine ganzen Sympathien eigentlich schon verspielt. Noch schlimmer ist, dass das im Fernbus Simulator erst der Anfang aller Probleme ist…

Fangen wir mal am Anfang einer Tour an: Die Fahrt zum ersten Sammelpunkt für die Fahrgäste geht irgendwo noch, aber schon fällt auf, dass sich der Bus irgendwie komisch steuert. Die Beschleunigung ist meines Erachtens irre und ich komme mit Tausend Sachen durch die meisten Kurven… Ja, ich war immer zu schnell unterwegs, aber da solche Dinge wie Blitzer und Co. gefühlt fast eh nur zufällig ausgelöst werden und sowieso kaum etwas von meiner Fahrerbewertung am Ende abziehen, ist mir das egal. Das Gemeckere der Fahrgäste muss ich sowieso pausenlos ertragen, aber dazu gleich mehr.

Cool ist, dass man beim Check-In der Fahrgäste auch mit verschiedenen Tickettypen konfrontiert wird. De facto beschränkt sich aber die Kontrolle der Tickets nur auf das Abgleichen des Fahrgastnamens mit denen auf meiner eigenen Liste, die ich auf meinem virtuellen Smartphone mitführe. Trotzdem scheint man hier auf Realismus und Details geachtet zu haben, auch wenn ich noch nie ein echtes Flixbus-Ticket gesehen habe. Auf den Tickets befindet sich sogar der Hinweis, dass „MeinFernbus“ und „Flixbus“ nun ein Unternehmen sind… Ob das noch aktuell ist, weiß ich nicht.

Wenn dann alle eingestiegen sind, gehen die Sperenzchen des Fernbus Simulator schon wieder los: Gang in neutrale Position legen, okay, geht, jedoch funktioniert hier meine Controllertaste nicht. Gut, Tastatur. Jetzt soll ich den Motor starten. Äh… bitte? Eigentlich hatte ich eingestellt, dass das Spiel das automatisch machen soll, aber das hat der Fernbus Simulator zwischenzeitlich vergessen. Natürlich funktioniert es manuell deswegen nun aber nicht. Also: Vom Fahrersitz aufstehen und nochmal probieren. Ah! Der Motor startet…

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Dieses Menü kann euch in den Wahnsinn treiben!

Und alle so: Mimimi!

Dann fahre ich los und schon geht das Gemeckere der Fahrgäste los. WLAN hier. Klimaanlage da. Okay, ich bin als Fahrgast in der Deutschen Bahn ja selbst anspruchsvoll. Flixbus ist ja schon recht fortschrittlich, denn da gibt’s Klimaanlage und WLAN. Die verschiedenen Serviceeinrichtungen und Türen steuert man (theoretisch) über das Steuerkreuz des Controllers. So richtig funktioniert hat das bei mir nur mit der Klimaanlage, die man zuerst aktivieren muss, bevor man die Temperatur steuern kann. Erst war es meinen Fahrgästen dauerhaft zu kalt… Ich so: Bis 28° Celsius hochgestellt. Gewartet. „Es ist soooo kalt hier… Mimimi!“ Ich so: Ich ignoriere… weiter gefahren. Einige Minuten später: „Es ist sooooo heiß hier!“ Aha. Immerhin sind die Cockpits realistisch gestaltet, sodass die Instrumente nicht nur hübsch aussehen, sondern auch auf die Eingaben reagieren.

Prinzipiell ist das Fahrgastfeedback ein cooles System im Fernbus Simulator, welches mir u.a. im Bus Simulator 2016 sehr gefehlt hat. Doch de facto nervt es hier nur, sorgt für beherzte Lacher oder zerstört mitunter sämtliche Ansprüche darauf, dass auf diesem Spiel der Name „Simulator“ prangt… Wenn sich über mein chaotisches Lenken aufgeregt wird, verstehe ich es teilweise noch, auch wenn es durch die hektische Controllersteuerung kaum anders möglich ist, doch wenn ich – absichtlich oder unabsichtlich – einen riesen Crash mit dem Gegenverkehr baue, mein Bus 0 Schaden nimmt und sich dann jemand beschwert, er habe jetzt seinen Kaffee verschüttet, möchte ich heulend davonrennen…

Bevor es dazu kommen konnte, beendete der Fernbus Simulator bei ungefähr vier von fünf meiner ausprobierten Touren die Misere von ganz alleine. Angekommen an jeweils einer der Haltestellen hat das Spiel nämlich allzu oft gar keine Lust mehr. Dann kann ich zwar den Bus anhalten, die Handbremse ziehen und aufstehen, aber weder die Türen öffnen, noch öffnen sie sich automatisch, sofern das eingestellt ist. Ich bin in meinem Bus gefangen, die Fahrgäste ebenso, Losfahren kann ich auch nicht mehr, weil auch der Motor nicht mehr startet. Den Controller ignoriert der Fernbus Simulator dann komplett – Übrigens kommt es auch während der Fahrt immer wieder vor, dass der Fernbus Simulator kurzzeitig auf keinerlei Eingaben reagiert. Wie gesagt, macht nichts, zur Not halt ein Abstecher in die Pampa, bspw. mit Bäumen kollidieren kann man sowieso nicht…

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Gefällt auch den Fahrgästen gut!

Leipzig, bist du das?

All das reicht schon, um den Fernbus Simulator zu einem spielerischen Totalausfall zu machen. Dinge wie das Verhalten der Fahrgäste an Haltestellen, vor allem aber des KI-Verkehrs, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Viel zu oft sind Straßen verstopft, nicht, weil der Fernbus Simulator Stau simulieren möchte, sondern einfach, weil die KI-Wagen eingefroren sind, oder die Wagen tauchen aus dem Nichts auf oder verschwinden plötzlich. Spaßig: Rammt ihr mit hoher Geschwindigkeit die anderen Wagen, fliegen sie einfach davon und verschwinden schließlich… Aber Vorsicht: Irgendein Fahrgast verschüttet sicherlich seinen Kaffee dabei!

Ein Lichtblick im Fernbus Simulator ist immer wieder die gelungene Gestaltung der Autobahnen und der Umgebungen – Auch Wettereffekte und die Jahreszeiten überzeugen. Ja, es gibt sie tatsächlich! Abhängig von eurem gewählten Datum für die Tour seid ihr so auch auf verschneiten Straßen unterwegs. Auch wenn ich vom Fernbus Simulator etwas anderes erwartet hätte, lässt der hier gute Eindruck jedoch beim Besuchen von Städten schon wieder nach. Alleine schon beim ersten Besuch des virtuellen Leipzig war ich enttäuscht: Außer dem gut nachgebildeten Gebäude des Hauptbahnhofs und des Wintergartenhochhauses nebenan konnte ich nicht viel Vertrautes entdecken – Auch wenn es um die Straßenführung geht oder darum, dass insbesondere um den Hauptbahnhof herum jede Menge Straßenbahngleise verlaufen müssten. Nicht nur Leipzig, sondern auch die anderen Städte sind zudem gänzlich ausgestorben, außer an den Haltestellen, wo man neue Fahrgäste einsammeln will.

Zum Abschluss noch ein paar Worte zur Performance: Auf unserem Testsystem läuft der Fernbus Simulator weitestgehend flüssig, weist jedoch, unabhängig von den Grafikeinstellungen, schreckliches Tearing auf. Programmabstürze sind nicht aufgetreten, dafür kam es ja aber zu den Totalausfällen der Steuerung, die uns ebenfalls zum Beenden des Programmes zwangen. Durch sehr häufige Anzeigefehler in allen möglichen Formen kommt der Fernbus Simulator trotz der gerade noch so soliden Optik also auch in diesem Bereich nicht über Durchschnitt hinaus…

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Der Leipziger Hautbahnhof ist so ziemlich das Einzige, was an der virtuellen Nachbildung in Ordnung geht.

Fazit: Ab auf den Schrottplatz

Ich hatte mich wirklich auf den Fernbus Simulator gefreut… Am Ende konnte mich nicht einmal der Gedanke daran, was aus dem Spiel eventuell, mit vielen, vielen Patches, noch werden könnte, davon abhalten, dieses Machwerk ganz schnell wieder von meiner Festplatte zu verbannen. In allen meinen bisher getesteten Spielen, waren sie auch noch so ‚schlecht‘, konnte ich gleich mehrere Lichtblicke ausmachen… Im Fernbus Simulator sind es maximal eine Handvoll: Die hübsch gestalteten Umgebungen (mit Einschränkung der oftmals tristen, detailarmen und nicht realistischen Städte), das ansprechende Fahren nach Fahrplan, die freie Routenplanung,… Das war es eigentlich schon.

In fast allen entscheidenden Disziplinen versagt dieses Spiel kläglich – Sei es wegen der schrecklichen und kein bisschen intuitiven Menüs, der unbrauchbaren Steuerung und deren unnützen Einstellungen, die mit einem gewöhnlichen Controller überfordert sind, wegen der zahlreichen KI-Bugs, dem nervigen Verhalten der Fahrgäste oder den ständigen Totalausfällen bei Gameplay und Steuerung… Bevor sich die TML Studios den schon jetzt versprochenen neuen Inhalten für den Fernbus Simulator widmen, sollte man sich erst darum kümmern, zu retten, was hier noch zu retten geht. Ich habe mein Geld von Steam noch zurückbekommen – Die Bestätigung darüber war dann die einzige mit dem Fernbus Simulator verknüpfte Freude. Das Programm selbst hat höchstens für mehrere graue Haare gesorgt…

Pro Contra
+ Echte „Flixbusse“ mit MAN-Lizenzen – Menüs mangelt es an Erklärungen und Übersicht
+ Umgebungen teilweise hübsch gestaltet – Schreckliche Steuerung mit Controller
+ Jahreszeiten – Konfiguration der Steuerung kaum möglich (trotz Xbox 360 Controller!)
+ Detailreiche Gestaltung der Cockpits – Jede Menge Bugs, Totalausfälle der Steuerung,…
– Pausenloses Mimimi der Fahrgäste
– Triste und teils wenig realistische Darstellung der Städte
– Furchtbare KI des Verkehrs
– Fragwürdige Beurteilungen des Fahrverhaltens
– Frontalcrashes, Off-Road – Alles kein Problem für einen Flixbus!

Technik: 44

  • Grafik: 49
  • Sound: 69
  • Umfang: 83
  • Gameplay: 10
  • KI: 10

Spielspaß: 05

Singleplayer :

  • Story: In diesem Fall eine ganz besondere vom hoffnungsvollen Spielstart bis hin zum Warten auf die Steam-Erstattung. Ingame: Gibt es nicht, da man sich hier ja auch kein Unternehmen aufbaut o.Ä., da man eben ein Flixbus-Fahrer ist, der sich immerhin seine Routen frei heraussuchen darf, auch wenn hier ungenutztes Potential ist – Warum keine echte Karriere?
  • Frustfaktor: Bei diesem Spiel klatscht ihr euren Controller schon im Hauptmenü an die Wand… Die Konfiguration der Steuerung ist schrecklich!
  • Wiederspielwert: Prinzipiell vorhanden… Die Frage ist, wer das auch nutzt.
  • Design/Stil: Insgesamt ok und ausreichend realistisch.
  • Musik: Die Soundeffekte gehen gerade so in Ordnung, die Synchro ist zum Lachen oder Heulen.

Informationen zum Testgerät (PC)
Intel Core i5-3470 (3.20Ghz)
8,0GB RAM
Radeon HD 7990 (3GB)
Titel installiert auf 2TB-Festplatte (7.200 U/min)
Windows 10 Professional (64 bit)

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Manuel Eichhorn
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