Sieht man sich die letzten Spiele des Pariser Studios Spiders an, so sind sie ein Ausdruck kontinuierlicher Entwicklung. Erkennbar wurden die Spiele immer größer und umfassender und zielten darauf ab, mit den großen RPGs auf dem Markt mitzumischen. Mit The Technomancer stagnierte das Ganze 2016 etwas, denn nicht genutzte Möglichkeiten und technische Probleme trübten das Gesamtbild. GreedFall machte seit seiner Ankündigung einen sehr ambitionierten Eindruck – mehr als drei Jahre nach dem letzten Spiel kann es nun beweisen, was in ihm steckt. Ob es überzeugt, verrät der Test.
Eine bekannte Handschrift
GreedFall trägt von Anfang an die Handschrift des Studios, das auch schon für Of Orcs and Men, Bound by Flame und The Technomancer zuständig war. Eine Charakterentwicklung, die klar auf verschiedene Spielstile abzielt, ein Rufsystem mit verschiedenen Fraktionen, eine Spielwelt, die offen ist, aber irgendwie auch nicht, und das optische Erscheinungsbild: Viele Elemente und Spielsysteme werden sich für Spieler bisheriger Spiders Titel bereits vertraut anfühlen. Es ist hier ähnlich wie bei Spielen von Ubisoft oder anderen bekannten Entwicklern, wenn Elemente des Titels eine klare Sprache sprechen.
Dennoch ist bei GreedFall auch von Anfang an erkennbar, dass es das mit Abstand ambitionierteste Spiel von Spiders ist, und sicherlich auch das, hinter dem das meiste Budget steht. Bis der Titel das aber wirklich unter Beweis stellen kann, vergehen dennoch etwa zweieinhalb bis dreieinhalb Stunden, denn nach anfänglicher Begeisterung folgt schon ein kleines Tief: Vor der großen Abreise in die fremde Welt Teer Fradee, in der GreedFall eigentlich angesiedelt ist, ist man noch in der Heimatstadt des Protagonisten De Sardet unterwegs – und lernt Quests kennen, die zwar schon verschiedene Vorgehensweisen erlauben, allerdings hauptsächlich aus Hin- und Herlaufen durch die Stadt bestehen. Irgendwann verzaubert da auch die Kulisse nicht mehr, wenn man wieder und wieder durch die gleichen Straßen läuft.
Kommt man allerdings erst einmal in Teer Fradee an, sieht das Ganze schon anders aus: Spiders hat, ähnlich wie schon in den vorherigen Spielen, eine der schönsten Rollenspielwelten geschaffen, die ich in den letzten Monaten und Jahren gesehen habe. Zuletzt hatte das antike Griechenland aus Assassin’s Creed Odyssey für mich viele starke Momente, aber ich muss wirklich sagen, dass ich Teer Fradee noch ein Stück faszinierender und atmosphärischer finde. Es gibt viele faszinierende Orte, wunderschöne Landschaften und vor allem eine gute Atmosphäre, die auch durch den Soundtrack unterstrichen wird. Spiders baut hier auf seinen gewohnten Qualitäten auf: Welten bauen kann man definitiv, zumal hier der Besuch verschiedener Städte wirklich einen Unterschied macht, optisch wie auch atmosphärisch, eine Qualität, die vielen anderen Spielen mittlerweile verloren gegangen ist.
Nichts ändert sich leider daran, dass viele Quests spielerisch nicht besonders spannend sind. Etwas zu oft bestehen die Quests „nur“ aus langen Laufwegen, mehreren Dialogen und einem abschließenden Kampf. Das ist schade, da sie inhaltlich absolut abwechslungsreich und auch gut gelungen ist. Es gibt so gut wie kein sinnloses „hole, bringe, töte“, sondern jede Quest erzählt wirklich eine eigene Geschichte, die etwas zum großen Ganzen beiträgt, nur spielerisch hat man einfach nicht alles rausgeholt. Nicht einmal ein Rätsel der ganz seichten Form gibt es in GreedFall zu entdecken. Den oftmals guten Geschichten steht spielerisch simples Knöpfchendrücken gegenüber.
Gut gereift
Nicht verabschiedet hat man sich mit GreedFall damit, dass man es nicht mit einer „echten“ Open-World zu tun bekommt. Auch wenn das Setting der (von den Kolonisten) unerforschten Insel nur so danach schreit, ist nicht die ganze Insel in GreedFall am Stück frei begehbar. Stattdessen ist Teer Fradee in verschiedene Regionen unterteilt, die nicht nur per Schnellreise, sondern mit einem echten Reisesystem voneinander getrennt sind. Das heißt, es vergeht eine bestimmte Zeit, wenn ihr von A nach B reist, und diese Reise kann sogar nur von bestimmten (allerdings zahlreich platzierten) Orten wie Lagerfeuern oder Dörfern aus gestartet werden. Das Ganze ermöglicht auch spannende Situationen im Spiel, denn manche Aufträge gibt es mit einem bestimmten Zeitlimit – auch wenn ich wahrlich kein großer Fan davon bin, ergibt die Implementierung in dieser Form in GreedFall voll und ganz Sinn. Mit ein paar Inkonsequenzen in seinen Designentscheidungen kommt man mir damit irgendwo sogar zugute: Während man ein paar Quests selbst abwarten muss – mit einem Schläfchen im Lager oder indem man was anderes erledigt – werden bei anderen Quests automatische Zeitsprünge durchgeführt. Schade eigentlich.
Im Vergleich zum letzten Titel The Technomancer verzichtet man auf allzu lineare Abschnitte, was mir sehr gut gefällt. Man wird nie irgendwo „eingesperrt“ und kann so auch jederzeit was anderes machen. Das bietet sich auch sehr gut an, denn während der eine oder andere beim Gedanken an abgetrennte Areale bei immer größer werdenden Open-Worlds die Nase rümpfen dürfte, sind auch diese Gebiete jeweils groß genug zum Erkunden. Neben den Questzielen gibt es immer genügend entdecken, erkunden und auch zum Kämpfen – dazu gleich noch etwas mehr.
Eingebettet ist das alles in eine Handlung, die auch wirklich erwachsen ist. Teer Fradee ist eine mysteriöse Welt voller Magie und Geheimnisse, aber auch voller Intrigen und schlechter Menschen. Wie sollte es auch anders sein, ein Großteil der Konflikte wurde durch die Kolonisten auf die Insel gebracht, die auf Teer Fradee eigentlich eine Heilung für den Malichor suchen, eine Blutkrankheit, die auf dem alten Kontinenten die Menschen dahinrafft. Doch jetzt stehen nicht nur die kolonialen Fraktionen teils in Konflikt miteinander, sondern sie alle gebündelt natürlich auch mit den Eingeborenen. Bald findet ihr eine von ihnen allerdings auch als Verbündete – und könnt ständig eure diplomatischen Fähigkeiten oder auch euer Charisma unter Beweis stellen, sofern euer Charakter über dieses Talent verfügt. GreedFall präsentiert eine erwachsene, gut dargestellte Geschichte, die auch jede Menge Überraschungen und Emotionen bereithält. Mich hat die Geschichte mehr gefesselt als in den meisten anderen Rollenspielen der letzten Zeit, zumal sie sehr vielschichtig ist und verschiedene Aspekte der Welt zeigt, und sich nichts wirklich wiederholt. Ich schiele da wieder einmal auf das Familiendrama in der Griechischen Welt, in der es eigentlich ständig nur im irgendwelche Banditen ging – GreedFall macht das mit vielen verschiedenen Facetten der Geschichte, Entscheidungsfreiheit und den Fraktionen deutlich besser, zumal Spiders immer wieder daran denkt, kleine Nuancen der Geschichte zu verändern – zum Beispiel in Abhängigkeit davon, welchen Begleiter ihr gerade in eurer Gruppe habt.
Geheimnisse wollen entdeckt, Bedrohungen besiegt werden
GreedFall macht, wie ihr vielleicht schon herausgelesen habt, doch Einiges anders, als die Konkurrenz. Zum Teil mag das daran liegen, dass Spiders das Budget und die Manpower für irgendwelche hippen Systeme fehlt, zum anderen vielleicht aber auch daran, dass man ein eher traditionelles RPG auf die Beine stellen wollte, das vor allem durch seine Welt und die Handlung besticht – soweit funktioniert das aus meiner Sicht alles wunderbar. Was in GreedFall auch anders ist: Hier levelt nichts automatisch mit. Während ihr so manchmal einfach überpowert seid, seid ihr genau deshalb unterm Strich auch nie dauerhaft ein übermächtiges Monster, sondern auf Teer Fradee gibt es noch echte Geheimnisse, echte Bedrohungen.
So gesehen hätte in manchen Situationen ein linearerer Ansatz GreedFall doch gut getan. Dass man von Anfang an auf Teer Fradee viele Wege offen lässt, bedeutet, dass euch als Spieler die Wahl bleibt, welches der Gebiete ihr zuerst besucht. Um eine gewisse Abwechslung sicherzustellen, hat man viele der initialen Quests einfach direkt über einige Gebiete verteilt. Da nun wie schon erwähnt nichts erkennbar mitlevelt, sind viele der Gegner auf dem Hauptweg mitunter viel zu einfach für euch und nach einer Weile gleichen die Pflichtkämpfe eher nur noch einer Fließbandarbeit – sie stellen kaum eine richtige Gefahr dar, vor allem, wenn man die Ausrüstung seiner Gefährten auch noch auf dem aktuellen Stand hält und am Werktisch oder beim Schmied mit Erweiterungen versieht.
Anders sieht es aus, wenn man wirklich den Geheimnissen von Teer Fradee auf den Grund gehen will: In jedem Gebiet gibt es mindestens eine Herausforderung, zum Beispiel ein magisches Wesen, eine Banditengruppe oder Ähnliches, die knallhart zur Sache gehen. Besonders harte Gegner, die ihr höchstens mit viel Geschick und/oder Glück meistern könnt, werden in GreedFall mit einem roten Totenkopf markiert, sonst verzichtet das Spiel komplett auf Levelanzeigen. In so einem Fall wisst ihr, dass ihr später noch einmal zurückkehren müsst. Mitunter verliert man hier, da Kartenmarkierungen auch nicht besonders reich gesät sind, leichter als in anderen Spielen den Überblick über die Spielwelt. Vor allem auf der Oberweltkarte könnt ihr nicht erkennen, was ihr in einem Gebiet schon erledigt habt oder nicht. Besonders unübersichtlich ist aber das Reisesystem: Wenn ihr schon mal in einem Gebiet wart, könnt ihr das genaue Reiseziel nur anhand des Namens auswählen. Ist dort eine Quest aktiv, wird der nächste Reisepunkt immerhin markiert, wollt ihr aber selbst zu einer bestimmten Stelle zurückkehren, zum Beispiel, weil ihr nun eine Stelle erreichen könnt, wo ihr vorher noch nicht hin kamt, müsst ihr euch im besten Fall an den Namen erinnern, oder könnt nur auf gut Glück in das Gebiet reisen, müsst dann laufen oder nochmal innerhalb des Gebiets reisen, nachdem ihr auf die Karte gesehen habt. Immerhin: Das Reisen innerhalb eines Gebiets läuft komplett ohne Ladezeiten ab. Juhu!
Dass man sich in GreedFall generell nie zu mächtig fühlt, liegt aber auch daran, dass man nie alle Geheimnisse in der Spielwelt entdecken wird – weil man es nicht kann. Die Charakterentwicklung setzt sich aus vielen verschiedenen Zügen zusammen: Stärke, Intuition, Wissenschaft – was teilweise Fertigkeiten im Kampf freischaltet oder unterstützt, ist auch, und vor allem, für die Interaktion mit und in der Spielwelt verantwortlich. Ein guter Teil aller Kisten in GreedFall wird euch verwehrt bleiben, wenn ihr nicht das Schlösserknacken der entsprechenden Stufe beherrscht, doch wenn ihr dieses gelevelt habt, könnt ihr vielleicht aufgrund fehlender Stärke nicht den Sprung oder das Klettern zur Kiste schaffen. Könnt ihr absehen, worauf ich hinaus will? Beim einen oder anderen Spieler, der, so wie ich, gern alles erkunden möchte, kann das mitunter auch zum Gefühl führen, etwas zu verpassen. Doch dadurch, dass man nicht jedem jede Belohnung zur Verfügung stellt, fallen diese unterm Strich auch klein aus – die besten neuen Waffen warten daher doch an Stellen, die man gut erreichen kann. Oder sogar als Questbelohnung. Für mich hat daher am Ende das – positive – Gefühl überwiegt, einmal nicht die komplette Macht über die Welt zu haben. Für mich war das eine schöne Abwechslung zu vielen anderen RPGs der letzten Zeit.
Ein Sortiment an Unübersichtlichkeiten
Gern hätte ich meinen Charakter in GreedFall schneller gelevelt und ihm die richtigen Attribute an die Hand gegeben. Doch sowohl das Leveln als auch das Ausbauen der Fertigkeiten ist in GreedFall ein langwieriger Prozess. Darüber hinaus auch ein komplizierter: Wie schon aus den vergangenen Spielen gewohnt, setzt Spiders gleich auf drei Menüs, in denen man Punkte verteilen kann. Etwas unübersichtlich ist das Ganze schon, zumal es „Stärke“ als Talent und Attribut gibt. Was das soll, fragt ihr euch? Tja, frage ich mich auch. Während ich die Komplexität begrüße und froh bin, dass in GreedFall einmal nicht bestimmte Werte pro Levelaufstieg automatisch gesteigert werden und ihr eure Charakterentwicklung mit einer anfänglichen Entscheidung festlegt, machen solche Aspekte die Zugänglichkeit des Titels nicht gerade größer.
Attribute liefern Vorteile im Kampf, zum Beispiel mehr LP, höhere Regeneration oder mehr Lebenspunkte, Talente dagegen sind die Vorteile in der Spielwelt: Mehr Stärke bei den Talenten ermöglicht weitere Sprünge oder höheres Klettern. Fähigkeiten dagegen sind dann, was ihr tatsächlich im Kampf nutzen könnt und mittels Fähigkeitenpunkten ausbauen. Ja, das ist alles irgendwie furchtbar kompliziert und zunächst auch unübersichtlich. Nicht nach jedem Level gibt es zudem für alles einen Punkt – wie diese Punkte genau verteilt werden, ist zwar ersichtlich, aber nicht unbedingt nachvollziehbar. Fakt ist, dass es in GreedFall ziemlich lange dauert, seine Figur auszubauen, und durch diesen langsamen Ausbau wird man mehr oder minder dazu gezwungen, sich zu spezialisieren – denn vor allem, wenn ihr zum Beispiel Nahkampf und Magie ausbauen wollt, ist das entweder gar nicht wirklich möglich oder würde einfach viel zu lang dauern.
Einen großartigen Job machen dagegen eure Begleiter. Manches Mal sind mitkämpfende NPCs in Rollenspielen ja wirklich nutzlos, in GreedFall sind sie allerdings echte Kämpfe und würden die Auseinandersetzungen in vielen Situationen sogar ohne euch bestehen. Mir hat das viel Spaß gemacht – ich finde es in einer Welt wie Teer Fradee toll, nicht allein unterwegs zu sein. Die Gefährten, von denen es mehrere verschiedene gibt und die jeweils mit ihre eigenen Fertigkeiten mitbringen, kämpfen völlig autonom, ihr könnt auch keine Befehle geben. Ihre Attacken und Fertigkeiten setzen sie sinnvoll ein und helfen euch damit auch. Als Nahkämpfer habe ich mich im Kampf dauerhaft für Siora und einen wechselnden anderen Gefährten entschieden – Siora verfügt nämlich über eine Spezialfähigkeit, die sie selbst und ihre Gruppenmitglieder heilt.
Schade finde ich, dass man das Gefährtensystem nicht völlig umfassend genutzt hat. Während die Gruppe immer wieder Dialoge beeinflusst und mitunter auch die Quests, hat man leider nichts von ihren zusätzlichen Boni. Ebenso wie bei euch selbst kann die Ausrüstung mit Erweiterungen versehen werden, wodurch euer Begleiter zum Beispiel über die Schlossknacken-Fertigkeit verfügt. Das bringt euch aber nichts – Siora, Kurt oder Vasco würden kein Schloss für euch knacken, diese Fertigkeit benötigt ihr dann schon selbst, entweder erlernt oder über die Ausrüstung. Da es in GreedFall auf absehbare Zeit kaum möglich ist, alles zu beherrschen, und einem eben so dauerhaft Elemente der Spielwelt verwehrt bleiben, hätte ich es sehr begrüßt, wenn man das Gefährtensystem hier voll konsequent genutzt hätte.
Kleinigkeiten durchbrechen die Faszination
Es sind immer wieder solche Kleinigkeiten, die meine Faszination für GreedFall etwas ausgebremst haben. Dabei ist es insgesamt absolut faszinierend, was Spiders mit seinem verhältnismäßig kleinen Team hier auf die Beine gestellt haben: Vor allem die Spielwelt hat es mir bis zum Schluss angetan. Die Atmosphäre ist einfach wahnsinnig gut, und auch grafisch macht GreedFall vor allem draußen in der Natur Einiges her. Die Städte überzeugen dagegen weniger – an manchen Stellen wirken sie in ihrem Design etwas trist und leblos, manchmal gar unfertig. Trotzdem haben sie alle ein unterschiedliches Erscheinungsbild und auch eine eigene Atmosphäre, was Lob verdient.
Besonders gut gefallen hat mir in GreedFall der Soundtrack. Die Musik ist toll, wenn auch nicht allzu vielfältig, aber eine ganz besondere Aufmerksamkeit haben die Soundeffekte der Umgebung für sich verdient: Lauft ihr durch einen Wald, sind diese anders als außerhalb oder in der Nähe von Wasser, man hört Frösche, die Geräusche der rumlaufenden Tiere oder auch mal einen Specht – und dabei wirken die Soundeffekte keinesfalls aufgesetzt, sondern unterstreichen allenfalls die Atmosphäre.
Auch technisch ist GreedFall auf der PS4 Pro das bisher rundeste Erlebnis aus dem Hause Spiders – insgesamt wirkt das Spiel sogar sehr gut optimiert. Nur ein einigen Situationen kam es im Testverlauf zu kleineren Slowdowns der Bildrate, das Spielerlebnis hat das allerdings nie beeinflusst. Besorgniserregender waren kleinere Aussetzer, die in den Zwischensequenzen oder beim Navigieren durch die Menüs aufgetreten sind. Hier wirkte es immer kurz so, als stürze das Spiel ab. Passiert ist das nie – aber vermutlich konnte die PS4 einfach die Menüs nicht mehr so richtig ertragen. An deren Struktur, Bedienung und der Durchschaubarkeit der Charakterentwicklung müsste Spiders wirklich mal feilen. Einerseits ist das System vielfältiger und komplexer als in anderen Spielen, was wirklich gut ist, doch viel zu oft klicke ich sinnlos durch die Menüs, weil ich mich immer wieder frage, wo ich eigentlich hin muss. Und was genau muss ich upgraden, damit ich dies und jenes kann? Und dabei darf man nicht vergessen, dass man nicht nur die eigene Figur, sondern auch noch die Gefährten verwalten muss…
Wieder einmal etwas merkwürdig ist der Umgang mit Ressourcen in GreedFall. Nach The Technomancer habe ich das fast schon so erwartet – im Endeffekt gibt es einfach viel zu viele Ressourcen in der Welt, und überhaupt spawnen Kisten in Städten viel zu oft wieder. Die Suche und das Sammeln von Ressourcen in der Spielwelt ist einfach kaum nötig, wenn man bei Händlern die meisten Ressourcen für ein Goldstück pro Stück kaufen kann – sogar das Roheisenerz, das erst wie Mangelware wirkt, sich dann dank eines günstigen Einkaufs aber schnell im Inventar stapelt. Im Endeffekt ist das so aber gut: So steht der Herstellung (oder dem Herstellenlassen) von Ausrüstungserweiterungen nur selten etwas im Weg, die Effekte sind deutlich spürbar.
Fazit: Ein tolles RPG in geheimnisvoller Welt
Ich habe mich seit der Ankündigung auf GreedFall gefreut und wurde nicht enttäuscht. Schon die letzten beiden Spiders RPGs haben mir wirklich gut gefallen, wurden aber immer wieder durch eben gerade genug Ärgernisse ausgebremst, dass es nicht für volle Begeisterung reichte. Mit GreedFall ist das anders: Alleine schon für die wunderschöne Spielwelt und die großartige Atmosphäre hat sich dieses Spiel meine Faszination verdient. Ganz besonderer Respekt geht dabei auch an das Entwicklerteam, die mit einem kleinen Team und höchstwahrscheinlich geringem Budget diesen Titel auf die Beine gestellt haben. Teer Fradee ist eine vielschichtige Welt, die eine spannende Geschichte mit realistischen Konflikten bietet – und sich dank des Grundkonflikts zwischen Kolonisten und Ureinwohnern auch an schwierige Themen wagt.
Spielerisch wünsche ich mir vor allem bei den Quests noch ein bisschen mehr, denn während diese inhaltlich sehr abwechslungsreich sind, bieten sie spielerisch wenig Spannendes. Auch das Gefährtensystem ist nicht ganz konsequent umgesetzt – doch dafür machen die KI-Kollegen im Kampf einen super Job und beeinflussen den Fortgang der Geschichte in den Dialogen. Es gibt in GreedFall immer wieder kleine Unzulänglichkeiten, die das gelungene Kampfsystem, die Geschichte und einfach nur die grundlegende Atmosphäre allerdings mit Bravour wettmachen. Ich bin trotz der Schwächen verliebt in GreedFall und habe glaube ich auch meinen neuen Hoffnungsträger unter den RPG Studios gefunden.
Für die Zukunft bin ich gespannt, wie sich eben dieser entwickelt – denn GreedFall wird der letzte Titel unter Focus Home Interactive gewesen sein. In diesem Jahr wurde Spiders durch bigben interactive übernommen.
Pro | Contra |
---|---|
+ Wunderschöne Spielwelt | – Charakterentwicklung etwas überladen und verwirrend |
+ Gute Atmosphäre | – Gefährtensystem nicht komplett konsequent umgesetzt |
+ Großartiger Soundtrack (Umgebung, Musik) | – Kleine technische Probleme (Bildrateneinbrüche) |
+ Vielschichtige Geschichte und realistische Konflikte zwischen Fraktionen | – Städte an manchen Stellen trist |
+ Inhaltlich vielfältige Quests… | – … die da spielerisch nicht mithalten können |
+ Gutes Kampfsystem und top Verhalten der Gefährten | – Bedienung des Inventars |
+ Echte Herausforderungen und Geheimnisse | – Kämpfe auf dem Hauptweg mitunter zu leicht |
+ Entscheidungen und Einfluss der Gefährten auf Dialoge | |
+ Reise innerhalb von Gebiet ohne Ladezeiten |
Technik: 87
Grafik: 83
Sound: 96
Umfang: 85
Gameplay: 81
KI: 90
Spielspaß: 85
- Story: Eine vielschichtige Geschichte, die viele Wendungen und Überraschungen sowie auch emotionale Momente aufweist – und dabei vor wichtigen Themen (zum Beispiel Konflikt Ureinwohner gegen Kolinisten) nicht Halt macht.
- Frustfaktor: Stellenweise vorhanden – aber eher in der Navigation durch die Menüs als wirklich im Spiel. Hier kann man sich gut auf Herausforderungen einrichten.
- Wiederspielwert: Vorhanden. Da man in GreedFall quasi gezwungen ist, sich zu spezialisieren, bietet sich das Spiel für mehrere Durchgänge an, vor allem für Trophäenjäger.
- Design/Stil: Sehr stimmig und gut gelungen.
- Musik und Sound: Die Musik ist top – besonderes Lob haben aber die Soundeffekte verdient, die auf Teer Fradee einfach für eine wahnsinnig gute Atmosphäre sorgen.
Wir bedanken uns bei Koch Media für das Pressemuster zu GreedFall.
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