Im August 2020 fand ein sogenannte Wholesome Snack statt, der das gewaltfreie und beruhigende Land of Screens von Serenity Forge vorstellte. Schon damals fand ich den Titel mehr als interessant. Wenige Monate später gab es auch eine Demo, die mich auf Großes hoffen ließ. Nun ist Land of Screens tatsächlich erschienen und zwar für die Nintendo Switch und den PC via Steam. Grund genug, mich also mit Holland auf einen Roadtrip ohne digitale Geräte zu begeben. Wie sehr mich das Konzept fasziniert, erfährst du hier. !B
Einfach mal offline bleiben
In unserer heutigen Zeit ist es nicht immer einfach, „Social Media“ oder generell die Technik einfach mal Technik sein zu lassen. Das erleben Manuel und ich gerade am eigenen Leib, denn wir haben uns ein sogenanntes Offline Hobby gesucht und puzzlen jetzt regelmäßig. Land of Screens hat sich jedoch genau der Online-Offline-Geschichte verschrieben, denn durch einen unglücklichen Missstand findet Holland, die Protagonistin, heraus, wie viel sie eigentlich verpasst, wenn sie die ganze Zeit am Handy hängt.
Holland hat zu Beginn des Spiels eine Trennung erlebt und überlegt, wie sie es am besten in den Social Medias teilen kann, damit sie weder zu needy noch zu unselbstständig wirkt – während ihr einfach ihr Ex die Mühe abnimmt und selbstständig postet. Kurz darauf explodiert ihr Handy mit Nachrichten, Likes, Dislikes und Retweets. Sie ist sowieso auf dem Weg zu einer Konferenz und hält deswegen kurzer Hand bei ihrer ehemaligen besten Freundin an. Die wiederum ist so aus dem Häuschen, dass sie für Holland eine Party schmeißt.
Holland hat jedoch ihre Ladekabel vergessen, als sie losfuhr, und steht nun auf dieser Party, während alle nur auf ihre Handy starren. Zeit für uns also, die Sache in die Hand zu nehmen und zu schauen, ob man die Leute von ihrer Technik lösen kann. In der etwa zweistündigen Spielzeit von Land of Screens nehmen Holland und ich an den verschiedensten Dingen teil, nur um festzustellen, dass alle Leute an ihren Tablets oder Smartphones kleben. Wir sind bei einem langweiligen Konzert, auf einer stillen Familienfeier und versuchen eine Gruppe zum Wandern zu bewegen. Ja, es gibt eine Handvoll Orte zu erkunden und einige Menschen von der Realität abseits des Handys zu bewegen.
Für einige klingt das vielleicht nicht gerade schwierig, einfach mal so einige Stunden oder Tage weg von der Technik zu bleiben, für andere ist es enorm schwierig. Und alles hängt so ein bisschen damit zusammen, dass wir nicht mehr langsam sein können, sondern nur noch alles schnell erleben müssen: Der Film ist gerade langweilig? Warum also nicht nebenbei mal eben checken, was der Techblog neues geschrieben hat. Du wartest auf den Bus, den Zug oder die Straßenbahn? Nebenbei kannst du doch mal eben deinen Feed auf Twitter checken.
Wir haben verlernt, häufig einfach nur mal den Moment und die Umgebung zu genießen. Immer möchten wir unser Gehirn beschäftigen, immer suchen wir etwas Neues. Land of Screens stellt genau das dar, vielleicht manchmal ein bisschen überspitzt, aber genau dafür liebe ich die Story und das seichte Gameplay. !B
Keine Herausforderungen
Falls du ein herausforderndes Adventure suchst, bei dem man Kaugummi und Spucke kombiniert, um einen Angelköder zu entwickeln, bist du bei Land of Screens definitiv an der falschen Adresse. Im Grunde ist es einfach nur ein seichtes Adventure, bei dem es häufig ausreicht, in unterschiedlichen Reihenfolgen mit den Charakteren zu sprechen, etwas über sie zu erfahren und ihnen auch zuzuhören. Schwierige Rätsel gibt es keine, sodass man relativ schnell am Ende angekommen ist und die Credits über den Bildschirm rollen. Ich persönlich finde das gut, so kann ich einfach die Geschichten genießen und muss nicht stundenlang rätseln, was jetzt zu wem gehört.
Jemand beschrieb Land of Screens als Sidescrolling Walking Simulator und das trifft so ziemlich zu, bis auf dass es kaum Dinge gibt, mit denen ich ebenfalls interagieren kann. Das finde ich ein kleines bisschen schade und war einer der Punkte, die ich an Half Past Fate ganz nett fand (*hust* Shrubbery *hust*). Dennoch kommt Land of Screens mit seinem ganz eigenen Charme daher und allein die Aussage des Titels macht es für mich zu einem guten Spiel des Jahres 2022, denn ich bin der Meinung, dass wir durch die aktuelle globale Lage alle noch einen Tacken mehr an der Technik hängen als zuvor ohnehin schon.
Was mir zudem ziemlich gut gefällt, ist der Grafikstil. Serenity Forge hat sich ein bisschen vom vorherigen Pixelartstil verabschiedetet und einen schönen anderen Stil eingeschlagen. Ich mag irgendwie die Protagonistin sehr mit ihren großen Augen und ihrer langweiligen Strickjacke. Ich kann mich sehr gut mit Holland identifizieren.
Allerdings gefällt mir an Land of Screens weniger, dass ich zwar manche Entscheidungen treffen kann, aber das Ergebnis doch immer dasselbe bleibt. Egal, wie ich also antworte, irgendwann legen alle immer einfach so das Handy weg. Hier könnte ein kleines bisschen mehr Tiefgang drin sein, sodass ich vielleicht bei einer ungünstigen Frage einen anderen Weg einschlagen muss. Das ist jedoch für mich der einzige wirklich sinnhafte Minuspunkt, den Land of Screens für mich hat. Dazu kommt noch die Synchronisation im Spiel, die nur durch Geräusche dargestellt wird. Diese genutzten Geräusche unterscheiden sich kaum voneinander, was ich auch sehr schade finde. Die meisten Spiele, die auf solches „Voice Acting“ setzen, haben in den meisten Fällen ein breiteres Spektrum an Geräuschen.
Ansonsten wird Land of Screens von einem akzeptablen bis guten Soundtrack untermalt, der je nach Setting unterschiedlich ist. Dabei merke ich, dass mir elektronische Musik wirklich kaum zusagt und ich hierbei doch auf klassische Instrumente setze. Was mir jedoch manchmal auch unangenehm auffiel, ist das Verwenden von Türen in Land of Screens, denn häufig musste ich hier mehrmals drücken, bis Holland die Tür auch wirklich geöffnet hat. Meistens hat sie beim ersten Drücken immer nur die Position geändert, der Durchgang blieb jedoch verschlossen. !B
Die emotionale Seite
Vielleicht bin ich manchmal beim Schreiben von Reviews einen Tacken zu sentimental, dennoch möchte ich die emotionale Seite des Spiels nochmal in den Vordergrund heben. Besonders bewegt hat mich die Familienfeier, auf der jede/-r in einer eigenen Ecke saß. Die einen haben ein Game gezockt, andere haben ein Sportspiel verfolgt und wieder andere irgendwelche Videos auf dem Tablet oder dem Smartphone geschaut. Niemand hat sich miteinander beschäftigt, dabei scheinen alle froh gewesen zu sein, sich mal wieder alle zu sehen.
Das kenne ich von eigenen Familienfeiern, wo das eine oder andere Mal auch ein Streit darüber ausbrach, dass das Handy jetzt mal wieder beiseite gelegt werden soll. Was mich jedoch an diesem Kapitel in Land of Screens besonders mitnahm: Hollands Großeltern hatten eine schillernde Vergangenheit, was Holland über ein altes Fotoalbum herausfindet. Sie wusste nicht mal, was ihre Großeltern gemacht haben, als sie noch jung waren und ich glaube, dass das heute vielen so geht. In den meisten Fällen sind gerade ältere Generationen nicht mehr so technikbewandert, wie sie es sein könnten. Vielen ist das alles zu viel, demzufolge sind diese Generationen auch nur selten bei Snapchat und Co. und somit „langweilig“ und „unsichtbar“ für die jüngeren Leute. !B
Fazit: Ich versuche, offline zu bleiben
Holland erlebt in Land of Screens unfreiwillig, wie schön das Leben abseits von sozialen Netzwerken, Smartphones und Tablets sein kann und nimmt mich auf einen emotionalen Roadtrip zu verschiedenen Events mit. Als wunderschöner Walking Simulator mit seichtem Gameplay kommt der Titel auch ohne große Herausforderungen und schwierigen Rätseln aus, allerdings wünschte ich mir mehr Entscheidungsmöglichkeiten. Land of Screens zeigt mir, wie sehr wir wirklich an Bildschirmen hängen und kaum noch das Hier und Jetzt wahrnehmen. Ich liebe das seichte Gameplay und den schönen Grafikstil, der Soundtrack ist für mich akzeptabel, lediglich das Nutzen von Türen könnte einfacher sein. Für mich ist es eine emotionale Reise, die ich dir sehr ans Herz legen kann, wenn du Lust auf ein Adventure der ruhigen und entspannten Art hast.
Pro | Contra |
---|---|
+ Sehr schöner Zeichenstil | – Keine relevanten Entscheidungsmöglichkeiten |
+ Seichtes Gameplay ohne schwierige Herausforderungen | – Türen sind manchmal bockig |
+ Realistische, überspitzte Darstellung heutiger Gesellschaft | – Geräuschkulisse der Gespräche könnte vielfältiger sein |
+ Schöner Soundtrack… | – … der manchmal von schrecklich elektronischer Musik unterlegt ist |
+ Abwechslungsreicher Roadtrip mit verschiedenen Orten und Geschichten | |
+ Niedlicher Ladebildschirm |
Technik: 75
Grafik: 86
Sound: 68
Umfang: 75
Gameplay: 70
Spielspaß: 90
- Story: Land of Screens erzählt die Geschichte von Holland, die unfreiwillig ihr Smartphone nicht nutzen kann und dabei eine ganz wunderbare Welt abseits der Bildschirme entdeckt.
- Design/Stil: Ich liebe den Zeichenstil und Holland.
- Musik und Sound: Der Soundtrack wechselt zwischen akzeptabel und gut hin und her, wird jedoch deutlich besser, wenn die elektronischen Klänge weg sind.
- Frustpotential: Definitiv kein Frustpotential.
- Preis-Leistungs-Verhältnis: Land of Screens kostet auf der Nintendo Switch 5,99 € und auf dem PC (Steam), 4,99 €, was ich beides sehr angemessen finde für gute zwei Stunden Spielzeit.
Offenlegung
Ich habe mir Land of Screens für die Nintendo Switch selbst gekauft.