New Pokemon Snap – Die Kommunikation des Professor Mirror

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Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich Pokemon Snap auf dem N64 gespielt habe, doch trotzdem war New Pokemon Snap für mich jetzt so, als hätte ich nie etwas anderes in der Zwischenzeit gespielt. Sogar die Kommunikation seitens des Professor ist fast identisch zum Original. Da ich mittlerweile jedoch nicht mehr die Schulbank drücke, sondern vor allem kommunikativ einiges an Erfahrung gewonnen habe, habe ich mir seine Aussagen einmal etwas genauer angesehen.

Die Abstrusität mancher Aussagen

Eines gleich vorweg: Ja, Professor Mirror versucht sehr wertschätzend zu kommunizieren, verfällt jedoch in klassische Muster, die ich selbst als Teamleiterin häufig bei meinen Mitarbeiter:innen beobachte. Durch vorprogrammierte Standardsätze werden manche seiner Aussagen sogar sehr abstrus und verlieren ihren Sinn.

Professor Mirror verwendet keine Ich-Botschaften, was negative Kritik für mich ein wenig gefährlicher macht. Dabei kombiniert er häufig Aussagen zum Bild mit einem Hinweis für das nächste Mal, meistens um das Bild beim nächsten Mal besser werden zu lassen. Mich persönlich reizen Aussagen wie „Es frisst gerade. Mit etwas besserem Timing wäre das ein schönes Foto geworden“. Auf diese Weise wird zunächst signalisiert, dass etwas Tolles passiert, gleichzeitig sagt er aber auch, dass ich ein mieses Foto gemacht habe, entweder weil ich zu einem anderen Zeitpunkt hätte abdrücken sollen, manchmal auch wenn das Pokemon nicht mittig ist, nicht in die Kamera guckt oder zu klein/groß ist.

Spannend sind in New Pokemon Snap jedoch Aussagen über Bilder, die laut Professor Mirror nichts Auffälliges zeigen. „Es benimmt sich wie immer. Sehr schön! Es ist nicht leicht, so ein Foto zu machen.“ Wenn ich also ein Pokemon fotografiere, wenn es sich ganz normal verhält, dann ist das nicht einfach, ein solches Foto zu bekommen. Aha. Welcher Logik folgt diese Aussage? Gleichzeitig wertet er mich und meine Fotos jedoch ab, wenn ich etwas Anderes mache.

Diese Aussage habe ich auch häufig erhalten: „Dieses Verhalten sieht man nicht oft. Beobachte es nächstes Mal genau und warte den richtigen Moment ab.“ Das ist eine Denunzierung meiner Arbeit, die Professor Mirror in New Pokemon Snap so wahrscheinlich nicht hervorrufen wollte – zumindest versucht er ja sonst, eine wertschätzende Kommunikation zu verwenden. Doch hier lobt er mich erst dafür, dass ich ein seltenes Verhalten fest gehalten habe – und sagt dann, dass ich das nächste Mal auf den richtigen Moment warten soll.

Hier halte ich es für angebracht, die Sätze anders zu kombinieren. Ein „Es benimmt sich wie immer. Beobachte es nächstes Mal genau und warte den richtigen Moment ab“ und ein „Dieses Verhalten sieht man nicht oft. Sehr schön! Es ist nicht leicht, so ein Foto zu machen“ klingen deutlich freundlicher und wertschätzen tatsächlich meine Arbeit. Ich empfehle Professor Mirror an der Stelle einen Workshop im Geben von Feedback.

Mein alter Feind: Der Konjunktiv

Seitdem ich für einen Kommunikationsdienstleister arbeite, achte ich mehr denn je auf meine Kommunikation und bereits in meinen ersten Wochen habe ich gelernt: Der Konjunktiv ist Teil einer unverbindlichen Sprache. Er wurde in den vergangenen Jahrzehnten als Höflichkeitsformel eingeführt – und wir kämpfen regelmäßig im Kundenservice dagegen an. Ein Konjunktiv macht eine Aussage, besonders im Kundenservice, unverbindlich und verleiht dem Gesagten nicht die Aussage, die es benötigt. Ein „Ich würde Ihnen das jetzt zuschicken“ ist anders als ein „Ich schicke Ihnen das jetzt sehr gerne zu“.

Das sind Nuancen, die dem normalen, ungeschulten Ohr zumeist nicht auffallen. In anderen Situationen ist jedoch deutlich auffälliger. Beispielsweise bei Sätzen wie „Wenn Sie das SEPA-Mandat einreichen, sollten Sie anschließend Zahlungen tätigen können“ sind solche Sätze, die bei dem oder der Empfänger:in Unwohlsein auslösen und häufig zu der Frage führen: „Sollte?“. Gerade hierbei merkt man die Unverbindlichkeit der Sprache.

Professor Mirror verwendet in New Pokemon Snap regelmäßig Konjunktive in Verbindung mit meinen Bildern, sodass ich regelmäßig eine ganz bestimmte Frage in meinem Kopf stelle. Meine Teammitglieder kennen diese Frage bereits, aber es ist eine gute Weise, um die Konjunktive nur zu verwenden, wenn sie auch angebracht sind. Professor Mirror sagt häufig zu mir „Als nächstes hätten wir ein…“ und mein Kopf stellt die Frage: „Hätten wir eins oder ist da tatsächlich eins abgebildet?“. Mit einem „Als nächstes haben wir ein…“ ist die Aussage deutlich verbindlicher – es kann natürlich auch sein, dass sich Professor Mirror bei diesen Bildern nicht sicher ist und deswegen auf den Konjunktiv wechselt.

Zudem nutzt Professor Mirror auch sehr gerne Wir-Formulierungen, obwohl er eigentlich von sich redet. Das verbrüdernde Wir ergibt jedoch nur dann Sinn, wenn wir wirklich was zusammen machen. In einigen Fällen wir im genannten Konjunktivsatz „Als nächstes hätten wir ein…“ passt die Wir-Formulierung, in anderen Fällen ist sie jedoch unangebracht und unterstreicht meine vorherige Vermutung, dass Professor Mirror eine sehr unsichere Person ist – die er gar nicht zu sein braucht.

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Beatrice Eichhorn
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