WipEout, F-Zero – Beides traditionsreiche Serien unter den Futuracern, bei denen die Fans seit Jahren auf neue Ableger warten – Bisher vergeblich. Kleinere Reihen und einige Indie-Titel haben in den letzten Jahren bereits mit schwankendem Erfolg versucht, das Genre wiederzubeleben. Mit Redout des spanischen Studios 34BigThings ist nun ein Titel verfügbar, der das Ganze nicht nur in beeindruckender Unreal Engine 4 Optik umsetzen will, sondern das Genre auch VR-bereit macht. Die VR-Fassung konnte ich zwar nicht ausprobieren, trotzdem habe ich mich in die rasanten Schiffe geschwungen, um den aktuellsten Anwärter auf den Futuracer-Thron zu testen.
Power auf der Strecke
Der Fokus von Redout liegt klar auf den rasanten Strecken und deren beeindruckender Inszenierung, und somit fallen die Spielmenüs generell und auch die Präsentation des sehr umfangreichen Karrieremodus eher trocken aus. Vor allem der Karrierebildschirm ist mitunter unübersichtlich, denn beispielsweise die Auswahl des nächsten Events oder die Anpassung der Schiffsupgrades sind jeweils nur einen Klick entfernt, und da man mitunter nicht so richtig erkennt, was man eigentlich gerade ausgewählt hat, löst man schon mal die falsche Aktion aus. Für paar Karrierefunktionen wie Schiffsverwaltung, Upgrades und Eventauswahl wäre ein insgesamt ansprechenderes Menü wünschenswert gewesen.
Auch die Karriere an sich ist nicht spannend inszeniert: Während die rund 80 Events in vier Geschwindigkeitsklassen mit vielen verschiedenen Rennarten aufwarten, reiht sich sonst nur Event an Event. Genretypische Elemente wie die Zugehörigkeit zu Teams und das Schließen von Verträgen sind nur oberflächlich gegeben: Alle paar Rennen erhaltet ihr ein Vertragsangebot, das ihr annehmen oder ablehnen könnt. Bedingungen beispielsweise: Absolviere zwei Rennen in einem bestimmten Schiff oder mit einem bestimmten Upgrade und erhalte eine Medaille. Belohnung: Zumeist Geld, manchmal auch ein bestimmtes Power-Up.
Der von den Entwicklern versprochene umfangreiche Kontext und somit eine Hintergrundgeschichte ist also nur auf dem Papier erkennbar – Und natürlich an der Streckengestaltung. Dass wir eigentlich Rennen in den nur zur Belustigung der reichen Menschen fahren, die es sich leisten konnten, längst von der ausgebeuteten Erde zu verschwinden, hätte man noch nie irgendwie anders kenntlich machen können.
Unreal Engine 4 Power – Alles nur Grafikblenderei?
Redout versucht für die Versäumnisse bei der Aufmachung mit einer bombastischen Inszenierung der Strecken zu entschädigen – Und das macht es auch ziemlich gut. Von der Unreal Engine 4 befeuert landen hier nicht nur optisch herausragende und vor allem effektreiche Erlebnisse auf dem Bildschirm, sondern darüber hinaus bietet Redout auch ein irres Geschwindigkeitsgefühl. Die Performance auf unserem Testsystem, welches die vom Entwickler vorgeschlagene Optimalkonfiguration nicht ganz erreicht, ist auf höchsten Einstellungen bereits zufriedenstellend. Erstaunlicherweise nahmen Framerateeinbrüche nach einem von den Entwicklern ausgelieferten Update spürbar zu – Eventuell kann hier in Zukunft mit ein bisschen Feinschliff auch wieder Verbesserung erreicht werden.
Ein Spiel wie Redout muss sich bei oberflächlicher Betrachtung natürlich schnell den Vorwurf gefallen lassen, nur ein Grafikblender zu sein. Davon ist Redout weit entfernt, doch ebenso wie bei der trockenen Aufmachung hat man es spielerisch nicht ganz geschafft, die anfängliche Begeisterung bezüglich der tollen Optik aufrecht zu erhalten oder vielleicht sogar das Genre der futuristischen Racer ein Stück nach vorne zu bringen.
Redout erfüllt ein wichtiges Grundkriterium für vergleichbare Spiele: Es ist extrem herausfordernd, um nicht zu sagen stellenweise auch bockschwer und frustrierend. Irgendwo ab Rennklasse II zieht der Schwierigkeitsgrad mächtig an, doch ebenso wie schon aus anderen Spielen gewohnt schwankt die Schwierigkeit der Rennen teilweise beträchtlich: Während wir manchmal überhaupt keine Chance gegen KI-Kontrahenten zu haben scheinen, fahren wir ihnen ein anderes Mal problemlos davon.
Das ist teilweise natürlich auch abhängig vom Eventtyp und von der Schiffskonfiguration. Die Eventtypen sind wie schon erwähnt sehr vielfältig und Redout tut aufgrund der eher trockenen Aufmachung der Karriere auch gut daran, so viel Abwechslung zu bieten: Alleine schon neben den normalen Rennen, in denen man auch auf seine Power-Ups zugreifen kann, gibt es PURE-Rennen, wo man auf diese verzichten muss. Darüber hinaus gibt es Zeitrennen, Ausscheidungs- („Last man Standing“) sowie Arena-Events, in denen es darum geht, Runden unbeschadet zu überstehen sowie sogar Ausdauerrennen in verschiedenen Varianten: Entweder normale Rennen, in denen mehrere Strecken hintereinander gepackt werden, oder Punkte-Rennen, in denen man über eine große Anzahl an Runden hinweg Punkte für die erreichte Geschwindigkeit sammelt. In manchen Eventtypen ist dann auch noch direkt eine bestimmte Herausforderung verpackt, zum Beispiel, wenn man eine bestimmte Geschwindigkeit nicht unterschreiten darf.
Power-Ups und Strecken = Abwechslung?
Insbesondere die Ausdauerevents können zwischenzeitlich an den Nerven zehren, nicht nur wegen des Frustpotentials, sondern auch, weil es den Strecken an sich etwas an spielerischer Spannung und Abwechslung mangelt. Die Strecken sind nicht nur untereinander spielerisch recht ähnlich, sondern auch für sich genommen statisch, d.h. jede Runde läuft gleich ab. Bestimmte Streckenteile wie zum Beispiel Sprünge oder bestimmte Kurven erkennt man oft wieder. Echte Besonderheiten gibt es nicht.
Gleichwohl schöpften die Entwickler bei den Umgebungen natürlich aus dem Vollen: Egal ob Wüste, eisige Umgebungen, Küste oder Wald, grafisch wissen die Kurse rundum zu beeindrucken. Auch die Musikuntermalung ist jeweils gelungen und zusammen gibt das den Kursen wenigstens einen audiovisuell individuellen Touch, den man spielerisch leider vermisst. Da Redout standardmäßig auf die Anzeige eines HUD verzichtet, kommen die beeindruckenden Umgebungen natürlich noch besser zur Geltung. Optional kann das Interface natürlich auch angezeigt werden und zeigt dann die üblichen Informationen wie Runde, Positionierung und aktuelle Geschwindigkeit an. Hier wäre es noch schön, wenn man einzelne Elemente ein- und ausblenden könnte.
Power-Ups sammelt man in Redout übrigens nicht auf der Strecke, sondern rüstet sein Schiff direkt damit aus. Standardmäßig gibt es nur einen Turbo, der mit genügend Energie auf Knopfdruck aktiviert werden kann, wobei es Turbofelder auch auf den Strecken gibt. Ansonsten gibt es jeweils ein aktives und passives Power-Up. Passive steigen bspw. eure Schildregeneration (Schiffe reparieren sich automatisch, wenn sie eine Weile keinen Schaden mehr nehmen), die Energieaufladung oder geben euch schlichtweg mehr Geschwindigkeit, während aktive Power-Ups ein Turbo ebenso wie direkte Angriffswaffen sein können.
Problemfeld: Motivation
Eigentlich macht Redout auf dem Papier fast alles richtig, aber ich habe trotzdem ein großes Problem mit dem Spiel: Es schafft einfach nicht, mich zu motivieren. Zugegeben, die ersten Rennen sind ein echter Thrill, aber danach flaut das Spielgefühl schnell ab: Dazu ist die Präsentation der Karriere zu trocken, die Rennen auf Dauer zu eintönig und teilweise noch dazu langatmig (wie bspw. die Ausdauer-Events), und irgendwie fehlt einfach das gewisse Etwas, um mich dazu anzuspornen, weiterzumachen.
Beispielsweise ein Ausbau Team-Features hätte geholfen – So dass man das Gefühl hat, durch Siege und Co. auch Fortschritte zu machen, sich einen Ruf zu erarbeiten. Man hätte den Kontext, den man immer wieder betont, einfach besser ins Spiel integrieren müssen: Angeblich sind die Rennen auf der Erde Unterhaltung für die Menschen, die sich auf andere Planeten verkrümelt haben. Warum bekomme ich davon nichts mit? Warum bringen mir die unheimlich hart erarbeiteten Siege einfach nichts…? Ich weiß, dass das eine Forderung ist, die kaum ein Rennspiel erfüllen kann, doch die Entwickler von Redout lassen hier leider große Möglichkeiten ungenutzt. Und durch die erwähnten spielerischen Mängel und Längen kann man Redout letztlich leider doch auf seine zweifelsohne herausragenden grafischen Qualitäten reduzieren…
Ein erhoffter Lichtblick namens Multiplayer stellte sich für mich als herbe Enttäuschung heraus, was jedoch in erster Linie an den fehlenden Spielern liegt. Dafür kann Redout nichts, jedoch gibt es beispielsweise auch keine Unterscheidung nach Klassen. Wer also zum Beispiel noch kein Schiff auf Stufe IV hat, dann aber in einer solchen Lobby landet, tja, dem fahren die anderen Spieler davon. Hier hätten die Entwickler eventuell eine Sperre einbauen sollen, dass maximal die Klasse möglich ist, die alle Spieler haben, oder dass man sich ein Schiff leihen kann o.Ä. Bei meinen Ausflügen in den Mehrspielermodus war meistens gut eine Handvoll Spieler da, Tendenz vermutlich sinkend…
Fazit: Gold, Silber… Bronze
Redout macht es einem schwer, Goldmedaillen abzugreifen. Damit reiht es sich nahtlos in die Reihe bekannter futuristischer Rennspiele. Grafisch hebt Redout das Genre auf eine neue Ebene – Doch in sonstigen Disziplinen gelingt das leider nicht. Die Karriere ist trocken präsentiert und durch fehlenden echten Fortschritt nicht besonders spannend, spielerisch schleicht sich trotz des dauerhaften extrem hohen Schwierigkeitsgrad zu schnell zu viel Routine ein, und bisweilen werden einige Events ganz schön langatmig, da ihnen die echte Herausforderung und ein gewisser Überraschungseffekt fehlt. Dafür sind die Strecken zu statisch und spielerisch zu wenig experimentierfreudig und die einzelnen Elemente schnell vertraut. Unterm Strich sollten Fans des Genres unbedingt reinschauen – Grafisch ist dieser Titel top und noch dazu erhalten auch erfahrene Spieler eine gute Herausforderung. Ein spielerischer Hit ist Redout aber nicht geworden.
Pro | Contra | ||
+ Grafisch herausragend | – Trockene Präsentation | ||
+ Nett gestaltete Strecken… | – … denen es auf Dauer an spielerischer Spannung fehlt | ||
+ Musikuntermalung in Ordnung | – Events mitunter langatmig | ||
+ Tolles Geschwindigkeitsgefühl | – Multiplayermodus für Einsteiger unfair | ||
+ Vier Geschwindigkeitsklassen + viele Schiffe | – Von Entwicklern betontes Setting völlig unbenutzt | ||
+ Zahlreiche Einzelspieler-Events | – Fehlende Motivation (Teams, Fortschritt,…) | ||
– Hohes Frustpotential | |||
- Grafik: 95
- Sound: 80
- Umfang: 70
- Gameplay: 69
- KI: 68
Spielspaß: 61
Singleplayer:
- Story: Das von den Entwicklern hervorgehobene Setting bleibt leider ungenutzt.
- Frustfaktor: Stellenweise extrem hoch.
- Wiederspielwert: Für hartgesottene Spieler hoch, denn bis jedes Event mit einer Goldmedaille glänzt, braucht es einige Versuche.
- Design/Stil: Detailreich, effektvoll, gelungen. Grafisch herausragend.
- Musik: Die Musikuntermalung und die Soundeffekte erzeugen gemeinsam mit der Optik ein stimmiges audiovisuelles Erlebnis.
Informationen zum Testgerät (PC)
Intel Core i5-3470 (3.20Ghz)
8,0GB RAM
Radeon HD 7990 (3GB)
Titel installiert auf 2TB-Festplatte (7.200 U/min)
Windows 10 Professional (64 bit)
Wir bedanken uns bei 34BigThings für das Pressemuster zu Redout!
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