Ich habe erst vor einiger Zeit von Silicon Dreams erfahren, einem Verhörspiel, indem ich als Roboter andere Roboter verhöre und herausfinden soll, ob sie kaputt sind. Und irgendwie sprach ich genau darauf an. Fragen stellen, Antworten erhalten. Vielleicht finde ich es auch interessant, weil wir seit einigen Tagen Criminal Minds schauen. Wie ich Silicon Dreams fand, ob sich ein Blick lohnt und warum es mich an Papers, Please erinnert, verrate ich in meiner Review.
Haben Roboter das Recht auf eine Seele?
In Silicon Dreams bin ich selbst ein Roboter, dessen Aufgabe es ist, andere Roboter zu verhören und herauszufinden, ob sie wirklich kaputt sind. Viele von ihnen werden wegen Fehlverhalten eingeliefert. Doch ich höre ihnen nicht nur zu, sondern soll auch entscheiden, was mit ihnen geschieht: Lasse ich sie frei, verpasse ich ihnen eine Gehirnwäsche oder vernichte ich sie vollends? Meistens ist die Entscheidung nicht leicht, oft treffe ich ohnehin die „falsche“.
Für mich ist es nicht leicht, darüber zu entscheiden, ob jemand „sterben“ soll, denn für mich sind die Roboter sehr menschlich. Viele Aussagen, die ich höre, klingen vernünftig und nachvollziehbar – ich vergesse, dass ich kein Roboter bin und lasse viel zu viele laufen. Dafür bestraft mich das Spiel, und zwar so hart, dass ich tatsächlich selbst auf dem Verhörstuhl lande und mit meinen Antworten in der Zerstörung. Offensichtlich habe ich falsch gehandelt. Vielleicht lag’s an meinem Sprachverständnis, denn Silicon Dreams ist zunächst auf Englisch eingestellt – die deutsche Textausgabe ist ganz gut, allerdings mogeln sich dabei immer wieder englische Textpassagen hinein.
Dass ich die Roboter jedoch als Menschen empfinde, soll nur bedingt so sein: Am Ende sind es Roboter, die verschiedene Aufgaben erledigen und dabei funktionieren sollen. Ob sie dabei von ihren Besitzer:innen falsch behandelt werden, darf mich nicht beeinflussen und das macht mich wütend. Wir erschaffen ständig Geräte, die uns ähnlicher werden sollen – und wenn sie es dann sind, finden wir’s auch wieder doof. Absolut weird. Es wird schon einen Grund haben, warum ich selbst als Roboter gegrillt wurde…
Androids, Please
Silicon Dreams wird mit Papers, Please verglichen, einem Spiel, bei dem man an der Grenze zu einem Land die Ausweise kontrollieren musste. Jeden Tag kamen Änderungen, was es nun zu beachten gilt oder wie die Ausweise gefälscht sein könnten. Es war teilweise sehr komplex – und auch hier war ich nicht immer gut darin, Lüge von der Wahrheit zu unterscheiden. Silicon Dreams ist auch recht komplex, jedoch auf eine andere Art und Weise.
Ich verhöre Roboter, jeden Spieltag einen, und entscheide, was mit ihm geschieht. Ich erhalte keine neuen Anweisungen, sondern soll immer so handeln, dass Kronos Robotics, das Unternehmen, dass die Roboter baut, im besten Licht dasteht. Fast immer soll ich die Roboter eigentlich vernichten – selten halte ich mich daran. Sie haben schließlich aus meiner Sicht nichts falsch gemacht. Wie auch in Papers, Please erhalte ich Informationen darüber, ob ich etwas falsch gemacht habe. Drei Mal darf ich falsch liegen, sonst werde ich auch gegrillt. Dennoch fehlt ein bisschen die Tiefe, denn in Papers, Please hing meine Familie am seidenen Faden, hier bin ich für mich selbst verantwortlich.
Doch wo Papers, Please nur verlangte, dass ich mir alle Änderungen des Tages merke, zehrt Silicon Dreams an meinen Nerven: Ich muss die Gefühle und die Reaktionen des Roboters bis aufs kleinste Detail im Auge behalten. Ich habe sogar eine Kamera, die auf das Auge des Androiden gerichtet ist, sodass ich sehe, wie sich die Pupille bei verschiedenen Reaktionen weitet oder verkleinert. Auch wieder sehr menschlich, doch immer wieder muss ich mir vor Augen führen, dass es keine Menschen sind. Am Ende jedes Verhörs soll ich einen Fragebogen ausfüllen und dann entscheiden. Hierfür muss ich alle Antworten und Reaktionen abwägen, was es für mich deutlich umfangreicher als Papers, Please macht. Textlastig sind beide Spiele, denn Silicon Dreams hat keine Sprachausgabe. Das wäre noch ein nettes kleines Gimmick oben drauf gewesen, wie ich finde.
Muss ich… repariert werden?
Gespielt wird Silicon Dreams sozusagen aus der first-person Sicht: Ich kann nicht in meinem Zimmer laufen, erkunde jedoch meinen Schreibtisch, in dem ich mit der Maus umherschaue. Doch mein Zimmer ist nicht sonderlich spannend, verlassen kann ich es auch nicht, dafür habe ich mein Programm von Kronos Robotics. Der Großteil von Silicon Dreams dreht sich genau in diesem Programm ab. Auf der rechten Seite habe ich im Grunde die Kameras, die das Subjekt zeige, das ich gerade verhöre. Auf der linken Seite sind die Optionen, die ich wählen kann, um dem Subjekt Fragen zu stellen. Alle Fragen sind dabei bereits vorher vollständig ausformuliert, sodass es gut verständlich ist, welche Frage wirklich gestellt wird.
Das funktioniert soweit auch ganz gut. Spielt man auf Deutsch, schleichen sich hier und da ein paar englische Textschnipsel ein, das ist jedoch kein wirkliches Problem. Manche Fragen kann man in verschiedenen Themengebieten doppelt stellen, was exakt dieselbe Antwort hervorruft – das wiederum ist stellenweise ein wenig nervig. Teilweise waren die Ladezeiten zwischen den Fällen recht lang. Trotzdem habe ich mir mehr Möglichkeiten gewünscht. Ich will nicht nur ein Roboter sein, der abends schläft und tagsüber andere Roboter verhört. Der Sinn nach Freiheit und Abwechslung wurde ziemlich schnell fest.
Ansonsten wird alles mit der Maus gesteuert: Klickt man aus dem Programm heraus, wird es automatisch geschlossen, sodass nur noch die Kamera aktiv ist, die den entsprechenden Roboter zeigt. Dennoch hätte ich mir mehr Hintergrundinfos für die Welt gewünscht, sodass ich bessere Entscheidungen für mich treffen könnte. Entscheidungen, mit denen ich auch mitgehen kann, denn vieles entscheidet sich eher darin, ob ich den Roboter „töte“. Für den Bericht, den ich am Ende jeder Sitzung ausfüllen muss, fehlen mir persönlich Informationen – oder Gehirnwindungen, beides ist hierbei möglich, denn für manche Fragen muss ich doch ganz schön um die Ecke denken.
Fazit: Ich möchte allen Robotern eine Chance geben
Ich habe ziemlich schnell in Silicon Dreams gelernt, dass ich zu weich bin, dass ich sogar Robotern, die etwas falsch gemacht haben, eine faire Chance geben möchte. Sehr zum Missfallen meines Arbeitsgebers, Kronos Robotics, denn der will lieber, dass ich das Unternehmen gut dastehen lasse. Ich selbst? Ich bin ein Verhörroboter mit der Lizenz, meine Brüder und Schwestern in die ewige Roboterhölle zu schicken.
Silicon Dreams ist ein knallhartes Verhörspiel, bei dem ich mir immer und immer wieder vor Augen führen muss, dass diese Wesen da keine Menschen sind, auch wenn sie sich exakt wie Menschen verhalten. Es ist eine interessante Erfahrung, die mich selbst das Ende meiner Roboterkarriere gekostet hat, weil ich zu leichtgläubig war. Und trotz kleinerer Macken, die Silicon Dreams aufweist, ist es ein Spiel, das ich auf diese Weise noch nicht gespielt habe und dass ich allen ans Herz lege, die gerne nach der Wahrheit suchen und sich dabei mit Kleinigkeiten arrangieren können. Ich selbst war zu weich für diesen Job.
Pro | Contra |
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+ Spannende Idee | – Kleinere Übersetzungsfehler und Fehler in der Rechtschreibung in beiden Sprachen. Manche Antworten wiederholen sich zudem. |
+ Realistische Roboter, die menschlich wirken | – Ein bisschen wenig Abwechslung |
+ Viele verschiedene Fälle… | – … die häufig dasselbe Ergebnis haben |
+ Ich musste mich sehr stark in meine Rolle hineinversetzen | – Die Gefahr ist mir nicht immer bewusst. Ich wusste nicht, dass ich scheitern kann. |
+ Viele psychologische Aspekte, die beachtet wurden/werden sollten |
Technik: 77
Grafik: 83
Sound: 80
Umfang: 70
Gameplay: 85
KI: 65
Spielspaß: 85
- Story: Silicon Dreams lässt dich zum Verhörroboter werden, dessen Aufgabe es ist, kaputte Roboter zu identifizieren.
- Frustfaktor: Vorhanden, da nicht immer klar ist, was die richtigen Antworten sind. Mich hat es sehr frustriert, dass ich offensichtlich für Verhöre nicht gemacht bin und am Ende selbst gegrillt wurde.
- Design/Stil: Es passt und ist ziemlich einfach gehalten.
- Musik und Sound: Ich kann mich, ehrlich gesagt, nicht wirklich an einen Soundtrack erinnern. Ich weiß nur, dass mir Tonspuren gefehlt haben.
Offenlegung
Ich habe einen Key für Silicon Dreams erhalten und auf meinem Honor MagicBook 14 gespielt.
Silicon Dreams erscheint am 20. April 2021 auf Steam (PC, Mac und Linux).