Beinahe drei Jahre hatte die Trackmania-Reihe nun Pause, nachdem Nadeo und Publisher Ubisoft den zweiten großen Ableger in Episodenform veröffentlicht haben. Geballter denn je kommt die Reihe nun mit Trackmania Turbo zurück und enthält gleich vier verschiedene Rennumgebungen, in denen gebaut und um die beste Zeit gefahren werden darf. Zudem ist ein längst überfälliges Debüt erfolgt: Abgesehen vom Wii-Ableger hat die Reihe mit Trackmania Turbo den ersten Auftritt auf Heimkonsolen, jedoch nur auf PS4 und Xbox One. Wir haben alle Einzelteile auf der PS4 auf Straßentauglichkeit untersucht und berichten euch im Test die Ergebnisse.
Der Fokus: Klar gesetzt
Der Fokus ist in Trackmania Turbo klar gesetzt: Es geht darum, Spaß beim Fahren zu haben – Wobei es ausgerechnet deshalb so viel Spaß macht, weil man bei Trackmania Turbonichts geschenkt bekommt. Im Wesentlichen bietet das Spiel genau eine Rennart: Zeitrennen! Es geht immer darum, am Ende die beste Zeit auf der Strecke zu fahren, egal, ob ihr Einzelspielerkampagne, Multiplayer, Onlinemodus oder Double Driver Modus spielt.
Doch Vielfalt gibt es in Trackmania Turbo sehr wohl, denn es handelt sich keineswegs um trockene Zeitrennen, die in anderen Rennspielen ja eher verhasst sind. Dabei gibt es nicht mal verschiedene Autos! Die Vielfalt entsteht alleine dadurch, dass es vier verschiedene Umgebungen gibt, die den Fokus auf jeweils leicht andere Fahrkünste legen, und dass die einzelnen Strecken völlig anders ausfallen – So kann es extrem kurze Strecken geben, wo dafür jede noch so kleine Abweichung bei der Lenkung entscheidend sein kann, oder Rennen über mehrere Runden, wo man dauerhaft konzentriert sein muss, da ein kleiner Fehler in der letzten Runde wertvolle Sekunden kostet.
Trackmania Turbo bietet eine äußerst umfangreiche Einzelspielerkampagne, die auch geübte Spieler herausfordert – Auch wenn der Schwierigkeitsgrad der einzelnen Strecken schwankt, und damit ist nun gemeint, wie leicht sich die Goldmedaille verdienen lässt, so bekommt man schon ab der zweiten von fünf Stufen nichts mehr geschenkt – Übung macht den Meister, jede Strecke muss für sich genommen perfektioniert werden. Das hat auch etwas mit Auswendiglernen zu tun. Auch ein echter Trackmania Turbo Profi kann auf einer unbekannten Strecke immer noch schwerwiegende Fehler machen, zumal es keine Minimap oder Ähnliches gibt, der einen den Streckenverlauf im Vorfeld erahnen lässt.
Ein Fest für Rennspielfreunde und deren Freunde
Soll lokal an einer Konsole geblieben werden, kommt Trackmania Turbo mit mehreren Mehrspielermodi daher – Eine Freude für Koopfreunde dürfte der Double Driver Modus sein: Zwei Spieler übernehmen die Kontrolle über ein einziges Auto, dieses wählt sich den Mittelweg aus den Steuerungseingaben. Nur bei perfekter Präzision besteht hier eine Chance, überhaupt Goldmedaillen zu verdienen. Beide Spieler sollten also definitiv (Arcade-)Rennspiele mögen!
Doch auch für mehrere Spieler hat Trackmania Turbo so Einiges an Bord – Bis zu 16 Spieler an einer Konsole, die nacheinander die gleiche Strecke fahren sind da möglich oder auch ein Splitscreen für bis zu vier Spieler – Diese Möglichkeiten sind sauber umgesetzt und eignen sich gut für eine ausgelassene Partystimmung. Zu ernst sollte man dieses Zusammenspiel vielleicht nicht nehmen, sonst finden Auseinandersetzungen á la Assassin’s Creed mal nicht auf dem TV-Bildschirm statt.
Ich bau mir meine eigene Strecke!
Trackmania Turbo legt mit einer größeren Auswahl an von Nadeo selbst gebauten Strecken vor als jemals ein Serienableger zuvor. Diese Strecken sind allesamt gelungen, abwechslungsreich und decken alle Schwierigkeitsgrade ab – Genug, um lange zu beschäftigen und für spannende Wettkämpfe zu sorgen, auch im Onlinemodus. Trotzdem war der Trackbuilder schon immer ein Herzstück von Trackmania, denn die von Spielern kreierten Strecken spielen eben gerade bei den Onlinerennen eine wichtige Rolle.
Wer sich ganz schnell eigene Strecken bauen möchte, dem steht ein Zufallsgenerator zur Verfügung – Die damit kreierten Strecken dürfen im Nachhinein noch bearbeitet werden. Wer sich jedoch ernsthaft verwirklichen und fiese Kreationen schaffen möchte, sollte gleich zum „fortgeschrittenen Modus“ greifen, der die umfassendsten Möglichkeiten bietet, eigene Strecken zu bauen.
Der Streckeneditor ist mächtig und ermöglicht unzählige Kreationen in den vier Umgebungen, die quasi nur durch die eigene Kreativität begrenzt werden – Egal ob waghalsige Sprünge, unebene Strecken oder Offroad-Ausflüge oder unterirdische Tunnelsysteme, quasi alles ist möglich. Nur darauf zu achten, regelmäßig Checkpoints zu setzen ist wichtig, sonst fangen die Spieler im Onlinemodus an, illegale Abkürzungen zu benutzen, sofern möglich.
Trotz allem ist die Zugänglichkeit des Editors nicht gerade hoch und die Bedienung vor allem am Anfang verwirrend – Erstaunlicherweise finden wir den fortgeschrittenen Modus noch am intuitivsten, da man beispielsweise im normalen Modus zwar optional den Cursor frei bewegen kann, aber nicht einfach ein beliebiges Teil wieder entfernen kann, sondern immer nur von hinten her die Strecke wieder abbauen kann. Im fortgeschrittenen Modus kann man auch ein Teil in der Mitte problemlos austauschen und zudem auch Aspekte wie die Höhe der Strecke und Ähnliches einfach verändern – Nach einiger Eingewöhnung geht dann auch die Bedienung mit dem DualShock 4 ziemlich gut von der Hand, auch wenn man teilweise immer noch falsche Tasten drückt. Dummerweise lässt sich die Tastenbelegung nicht dauerhaft anzeigen, sondern wird nur in vom Spiel ausgewählten Situationen angezeigt – Ebenso wie die Tutorials, die nicht immer unbedingt hilfreich sind.
Kleiner technische Schluckauf
Spätestens beim ersten Betreten des Streckeneditors fallen die langen Ladezeiten auf, die Trackmania Turbo teilweise aufweist – Auch wenn sie hier noch halbwegs verständlich sind, da ja auch ein komplexes Tool geladen wird, so treten sie auch bei jeder neuen Strecke in der Kampagne auf und können so den Spielfluss ziemlich stören. Immerhin klappt ein Neustart der Strecke aber auch nach dem Abschluss derselben verzögerungsfrei. Wenn man gerade auf den Strecken unterwegs ist, kann man sich übrigens jederzeit auf Knopfdruck zum Streckenbeginn oder zum letzten Checkpoint zurücksetzen lassen – Ein unerlässliches Feature, startet man die Strecken ja wirklich oft neu, wenn auch nur nach einem ganz kleinen Fehler.
Auch im Onlinemodus, in dem es mit bis zu 100 Spielern auf der Strecke (nur als Geister unterwegs, sonst wäre das Chaos ja vorprogrammiert!) richtig zur Sache geht, fallen die Ladezeiten zwischen den Strecken teilweise negativ auf. Doch gerade hier kommen auch noch mehr technische Mängel zum Tragen, wie zum Beispiel das teilweise recht stark ausgeprägte Tearing, also Bildzeilenrisse. Während sich das in Trackmania Turbovermutlich nicht vermeiden lässt, da man unmöglich alle Streckenkombinationen abschätzen kann und auch die Vielzahl der Spielergeister durchaus eine Herausforderung für die Hardware ist, so tritt das Tearing auch schon im Einzelspielermodus auf den Nadeo-Strecken ziemlich häufig auf. Definitiv hätte Trackmania Turbo also noch besser optimiert werden können.
Viel Leidenschaft, strenger Fokus
Trackmania Turbo will ein internationales Rennsportevent inszenieren und macht das hervorragend, indem beispielsweise zum Rennbeginn in verschiedenen Sprachen heruntergezählt wird. Wie schon eingangs erwähnt liegt Nadeos Fokus bei Trackmania Turbo ganz klar auf dem Spaß am Fahren und am Bauen der Strecken. Gerade im Hinblick auf die Langzeitmotivation kann man sich aber fragen, ob die Entwickler nicht bestimmte Möglichkeiten ungenutzt gelassen haben, wie zum Beispiel wöchentliche Herausforderungen, Events o.Ä. – Diese Dinge werden alle von den Spielern kreiert, aber ob das auf Dauer wirklich aktiv genutzt wird, sei mal dahingestellt.
Dafür, dass der Fokus bei Trackmania Turbo eben genauso eng ausfällt, wären auch noch mehr Einführungen wünschenswert gewesen – Was es genau mit verschiedenen Typen des Onlinemodus auf sich hat, findet man erst nach einer ganzen Weile heraus. Während die meisten Spieler beim Erstellen ihrer Räume ohnehin auf klassische Zeitrennen zurückgreifen, wo auf jeder Strecke fünf Minuten lang um die beste Zeit gewetteifert wird, gibt es auch andere Modi, zu denen Trackmania Turbo keine Worte verliert, beispielsweise ein Modus, in dem max. 30 getrennte Runden auf einer Strecke gefahren werden und man für jede Einzelplatzierung Punkte sammelt – Am Ende gewinnt der, der zuerst 30 Punkte hat.
Im Spielverlauf häufen sich so neben den kleinen technischen Mängeln viele Kleinigkeiten wie die zunächst verwirrende Bedienung des Editors und die immer mal wieder grassierende Ratlosigkeit an, die uns zusammen mit dem Aspekt, dass Trackmania Turboauf Dauer vielleicht doch die Puste ausgehen könnte, doch etwas gemischt auf den Titel schauen lassen. Vor allem die technischen Mängel dürften eigentlich überhaupt nicht sein – Auch wenn Trackmania Turbo sonst Zeitrennen spaßiger, schöner, rasanter und aufregender (und umfangreicher!) als jedes andere Rennspiel präsentiert.
Fazit: Topmodell mit Kinderkrankheiten und Mini-Serienfehlern
Trackmania Turbo ist purer Geschwindigkeitsrausch, der den Spielspaß in den Mittelpunkt stellt – Dabei inszeniert Nadeo das umfangreichste, abwechslungsreichste und motivierendste sowie rasanteste Programm an Zeitrennen, das jemals ein Rennspiel geboten hat. Der Gesamteindruck wird leider dadurch ein wenig getrübt, dass Trackmania Turbo zwar wie ein brandneues Topmodell wirkt, welches aber noch mit einigen Kinderkrankheiten sowie kleinen Serienfehlern daherkommt. Eigentlich gibt es zwar keinen riesigen Mängel, aber es häufen sich doch einige Kleinigkeiten an: Technischer Schluckauf durch Tearing dürfte in diesem rasanten Rennspiel eigentlich nicht vorkommen, die Ladezeiten sind ein bisschen zu lang, Bedienung und Spielfunktionen gerade im mächtigen Trackbuilder bisweilen verwirrend und zu wenig erklärt. Insbesondere Rennspielenthusiasten kommen mit Trackmania Turbo dennoch gerade durch den Editor voll und ganz auf ihre Kosten und können sich mit der umfangreichen Einzelspielerkampagne ebenso lange beschäftigen wie mit dem Onlinemodus, dem die Vielfalt durch eine quasi unendliche Auswahl an Strecken nie ausgeht. Wie bei vielen anderen Spielen gilt aber auch: Ein bisschen mehr Feinschliff, und Trackmania Turbo hätte noch besser sein können, als es im jetzigen Zustand ohnehin schon ist.
Pro | Contra | ||
+ Die wohl umfangreichste Sammlung an Zeitrennen | – Schwankend starkes Tearing auf vielen Strecken | ||
+ Quasi unendliche Vielfalt an Strecken | – Ladezeiten recht lang und häufig | ||
+ Schöne Umgebungen | – Bedienung und Einführungen teilweise verwirrend | ||
+ Mächtiger Streckeneditor | – Bestimmte Möglichkeiten, bspw. Onlineevents, blieben ungenutzt | ||
+ Onlinemodus für bis zu 100 Spieler | |||
+ Mehrere lokale Mehrspielermodi | |||
+ Äußerst umfangreiche (und fiese) Kampagne |
- Grafik: 78
- Sound: 75
- Umfang: 93
- Gameplay: 90
- KI: 80
Spielspaß: 80
Singleplayer:
- Frustfaktor: Oh ja, kann es geben. Aber: In Trackmaniaist alles von euch abhängig – Übung macht den Meister!
- Wiederspielwert: Rennspielfreunde kommen über lange Zeit hinweg auf ihre Kosten – Trackmania Turbo bietet sich eher zum wiederholten Spielen als für wirklich lange Sessions an, denn dafür kann dann doch die Abwechslung ein bisschen fehlen.
- Design/Stil: Rundum stimmig und gelungen, vom kleinen technischen Schluckauf abgesehen.
- Musik: Die Soundkulisse geht insgesamt in Ordnung, die im Spiel vorhandene Musikauswahl ist vielleicht nicht jedermanns Sache, kann aber selbst abgemischt werden.
Mehrspieler:
- Matchmaking: Nicht zutreffend – Ihr sucht euch euren Raum, bekommt aber eine Info, wie hoch die Schwierigkeit ist.
- Motivation: Einfach mal der Beste sein – Großartig freizuschalten gibt’s aber nichts.
- Stabilität: Problemlos.
- Vielfalt: Die Vielfalt besteht in den Strecken, nicht in den Modi oder Fahrzeugen.
Informationen zum Testgerät
Plattform: PlayStation 4 500GB
Hardware: Standard, ohne ausgetauschte Hardware
Alter des Geräts zum Testzeitpunkt: 2 Jahre, 4 Monate (PS4 Launchkonsole)
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