Die Jungs von Haemimont Games, die, die Tropico gemacht haben, bringen echt ein Hack’n’Slay? Das dachten wohl viele, als Victor Vran im Februar angekündigt wurde. Denn irgendwie denkt man ja auch: „Naja, halt ‘n Diablo-Abklatsch.“ Doch nun schon Schluss mit den Vorurteilen, auf der gamescom hatten wir erst die Gelegenheit, die Entwickler bei einem netten Treffen kennenzulernen und nun konnten wir uns endlich auch einen ausführlichen Eindruck von Victor Vran verschaffen, das nach vorbildlicher Early Access Phase ausschließlich für PC verfügbar ist. Unser Test verrät mehr.
Willkommen in Zagoravia
Victor ist ein Jäger – Ein Jäger der Kreaturen, die Zagoravia heimgesucht haben. Im Spielverlauf trifft man auch andere Jäger, aber ziemlich viel bleibt natürlich an Victor hängen: Spinnen, Skelette und weitere Monster wollen beseitigt werden. Und Hack’n’Slay typisch gibt’s natürlich auch jede Menge Loot als Belohnung für die Mühen!
Die Story ist selbstredend nicht eines Literaturpreises verdächtig, denn auf der Mission, in Zagoravia verschwundene Jäger zu finden, muss sich Victor mal wieder seinem eigenen Schicksal stellen und Informationen über sich selbst gewinnen. Dennoch wird man in Victor Vran sehr, sehr gut, bisweilen sogar sehr belustigend unterhalten, denn eine Stimme aus dem Off belästigt den Protagonisten häufig mit ihren gepfefferten Kommentaren. Victor wird von Martin Keßler gesprochen, der deutschen Stimme von Nicholas Cage, während „die Stimme“ von Torsten Michaelis besetzt ist. Eine tolle Mischung, und auch die restlichen Sprecher leisten sehr gute Arbeit, während die Story sonst eher tröge über Standbilder inszeniert ist. Bei der Synchro nervt nur, dass sich die Dialoge beim erneuten Besuchen eines Gebiets häufig wiederholen – Damit geht der Gag schnell flöten!
Letztlich ist Victor Vran damit von der Story und Inszenierung her für ein Hack’n’Slay schon ziemlich stark. Die Spielwelt leistet dazu jedoch einen wesentlichen Tei, denn all die Gebiete in der Spielwelt verfügen über eine herausragende Atmosphäre, die insbesondere durch die tolle Musikuntermalung unterstrichen wird. Optisch wird zudem einige Abwechslung geboten, jedoch müssen die Gebiete hier auch ein wenig zurückstecken, denn manches Mal wirken die Umgebungen wie direkt dem Baukasten entsprungen und sind zudem etwas zu statisch. Etwas mehr Leben hätte hin und wieder ganz gut getan.
Hack’n’Slay vom Feinsten
Damit meinen wir Leben dann, wenn wir die Spielwelt von all den Kreaturen gesäubert haben, denn Gewusel gibt es natürlich mehr als genug. Victor Vran setzt nicht auf eine offene Spielwelt, sondern auf streng voneinander abgetrennte Gebiete. Genau das hilft dem Spiel jedoch bei der Umsetzung seiner Vision deutlich weiter.
In jedem Gebiet gibt es unterschiedliche Herausforderungen zu meistern, die mal mehr, mal weniger anspruchsvoll sind. Einige davon kann man meist auf Anhieb lösen, andere sind ziemlich fies, wie zum Beispiel, 80 Gegner zu besiegen ohne getroffen zu werden oder Ähnliches. Die Herausforderungen erfordern auch eine gewisse Dynamik des Spielers, denn hin und wieder wird die Verwendung eines bestimmten Waffentyps gefordert.
Für den besonderen Kick sorgen die auf freiwilliger Basis einsetzbaren Flüche, die den Schwierigkeitsgrad von Victor Vran modifizieren, gleichzeitig aber mit Belohnungen wie mehr Erfahrungspunkten winken. Flüche können beispielsweise bedeuten, dass Gegner mehr Schaden austeilen und Victor gleichzeitig ständig Gesundheit einbüßt, aber auch viele andere Dinge. Durch Herausforderungen und Flüche ist Victor Vran einerseits nicht nur unheimlich motivierend und belohnend, sondern andererseits wird auch der Wiederspielwert der einzelnen Maps stark erhöht. Es gibt nur wenige Umgebungen, die man nur einmal sehen wird.
Ein Herz für Sammler
Freunde des Loots kommen mit Victor Vran auf alle Fälle auf ihre Kosten, gleichzeitig ist das Spiel aber in dieser Hinsicht keine ganz gewöhnliche Kost: Pausenlos überschüttet mit neuen Items wird man in Victor Vran nicht, dennoch legt die Droprate nach ungefähr zwei Stunden deutlich zu und man erhält zahlreiche Items, in erster Linie jedoch Waffen.
Victor Vran bietet keine Entwicklung des Charakter an sich, sondern mit jedem Level gibt es einerseits automatisch Belohnungen wie mehr Gesundheit oder die Möglichkeit, eine zweite Waffe auszurüsten usw., andererseits machen die Items den Unterschied: So verfügen die verschiedenen Waffentypen nicht nur über Eigenschaften hinsichtlich Schaden und Schnelligkeit, sondern legen auch eure Spezialattacken fest. Schnell kristallisiert sich zwischen Hammer, Schwert, Rapier oder Gewehr ein favorisierter Typ heraus, verfügt ihr bereits über zwei Waffen, kann zwischen diesen jederzeit ganz schnell und dynamisch gewechselt werden.
Die weitere Figurenanpassung funktioniert über Sammelkarten, mit denen Charakterwerte und Boni entsprechend des Spielstils angepasst werden können, sowie über Dämonenfertigkeiten, die ebenfalls ausgerüstet werden können. Auch diese beiden Dinge droppen in größerer Anzahl und dienen bald als sichere Einnahmequelle. Rüstungen dagegen gibt es kaum: Victor Vran setzt auf eine kleine, aber sehr feine Auswahl an Kostümen, die nicht nur die Optik des Helden verändern, sondern mit ihren Eigenschaften ebenfalls die individuelle Anpassung des Helden erlauben.
Insbesondere das Sammelkartensystem hat es uns richtig angetan, denn Victor Vranbietet zwar nicht unbedingt so viel Loot wie andere Genrevertreter, dafür ist es jedoch wieder sehr motivierend, die verschiedenen Items miteinander zu vergleichen und das Richtige auszurüsten. Und man freut sich jedes Mal, wenn man etwas Bessere findet, sei es einfach so, als Belohnungen oder in einer der in den Umgebungen versteckten Kisten.
Dynamisches Gemetzel
Auch das Bewegungs- und Kampfsystem in Victor Vranentspricht nicht üblicher Genrekost, denn Haemimont Games setzt auf viel Dynamik: Der erforderliche Einsatz von Ausweichrollen gehört ebenso zum Bewegungsrepertoire wie die Möglichkeit, zu springen, was stellenweise in kleinen Sprungeinlagen genutzt wird. Um von allen Möglichkeiten den besten Nutzen zu machen, würden wir empfehlen, Victor Vranunbedingt mit einem Gamepad zu spielen. Uns gefällt die Steuerung mit Controller am besten, denn sie ist am präzisesten und dynamischsten. Haemimont Games hat aber an alles gedacht: Man kann Victor Vran auch mit Maus und Tastatur oder nur mit der Maus spielen. Dann liegt das Rollen beispielsweise auf dem Mausrad, was eine ebenso geniale wie gewöhnungsbedürftige Belegung ist.
Die Kämpfe haben sich dank dieser Möglichkeiten auch nicht nur mit dem blinden Draufkloppen erledigt, sondern es ist wirklich notwendig, in Bewegung zu bleiben, um auszuweichen oder mögliche Positionsvorteile zu nutzen, je nachdem, mit welcher Waffe man ausgerüstet ist. Angriffe der Gegner können punktgenau beobachtet und im richtigen Moment ausgewichen werden – Das ist ziemlich cool und erinnert bisweilen vor allem an Titel wie Dark Souls oder Bloodborne, vor allem, weil man bei einigen Gegnern krassen Schaden einsteckt, wenn man nicht rechtzeitig ausweicht, vor allem bei den Bosskämpfen, die abwechslungsreich, anspruchsvoll und wirklich cool sind.
Dieser hohen Dynamik und Bewegungsfreude stehen die teils langen Laufwege gegenüber, die man manchmal absolvieren muss, wenn man wieder zum Ausgangspunkt der Mission zurückkehren muss. Da hier auch keine neuen Gegner auftauchen, ist das nochmalige Durchqueren des Gebiets nicht wirklich spannend. Das ist aber nur ein kleiner Makel angesichts der sonst runden und coolen Unterhaltung, die einem Victor Vran bietet. Zum Glück spielt wenigstens auch das Erkunden der Gebiete zum Finden der Geheimnisse eine Rolle, sodass es teilweise auch nützlich sein kann, sich das Gebiet anzusehen, ohne belästigt zu werden.
Gemeinsam jagen | Es bleibt stabil
Seit einigen Updates bietet Victor Vran auch die Möglichkeit, gemeinsam mit maximal drei Freunden auf die Jagd zu gehen. Das Hinzufügen von Freunden und das Einladen zum Spiel verlaufen problemlos, ebenso haben wir uns über das sehr stabile Mehrspielererlebnis gefreut, wobei wir maximal zu zweit unterwegs waren. Der Loot wird individuell jedem einzeln angezeigt und entspricht somit dem des Einzelspielermodus. Ansonsten hatten wir den Eindruck, weiter mit sehr fairen Gegnern konfrontiert zu werden.
Der Mehrspielermodus unterstreicht das insgesamt stabile Spielerlebnis mit Victor Vran, das zudem recht genügsam an die Hardware geht. Auf unserem Testrechner (Daten siehe unten) läuft der Titel auf höchsten Einstellung und Full HD komplett flüssig, sogar auf meinem etwas schwachen Multimedia-Notebook mit Intel-Grafikchip ist Victor Vran zumindest auf niedrigen Einstellungen halbwegs erträglich spielbar. Sehr angenehm sind die jederzeit kurzen Ladezeiten, Abstürze oder Freezes konnten wir während des Tests kein einziges Mal feststellen, das ist sehr lobenswert! Aufgefallen sind uns sonst nur fehlende Übersetzungen an einigen Stellen.
Fazit: Bloodborne, nur in cool
Victor Vran ist herausfordernd, umfangreich und motivierend und schwingt sich mit all seinen Qualitäten problemlos in die Königsklasse der Hack’n’Slays auf. Denn tatsächlich verfügt der Herausforderer von Haemimont Games über so einige Dinge abseits des süchtig machenden Lootwahns, die auch der allbekannte Genreprimus schmerzlich vermissen lässt. Herausforderungen auf den einzelnen Maps sind ebenso motivierend wie die Flüche, die den Anspruch in die Höhe treiben.
Darüber hinaus überzeugt auch die Charakterentwicklung, und zwar nicht über Schieberegler oder Attributswerte, sondern hier macht der Einsatz eines bestimmten Waffentyps einen spürbaren Unterschied, zudem wird die Figur über Sammelkarten individuell angepasst – Ein tolles Konzept! Die großartige Atmosphäre, die witzige Unterhaltung zwischendurch und die solide Technik tun ihr Übriges zu einem richtig guten Gesamtpaket. Victor Vran macht süchtig und lässt kaum mehr los. Also bitte, Haemimont Games, da die Controllersteuerung ohnehin die beste Möglichkeit ist, Victor Vran zu steuern: Sprecht noch mehr Spieler mit diesem Titel an und bringt ihn auch auf Konsolen!
Pro | Contra | ||
+ Durch Herausforderungen, Flüche und Co. extrem motivierend | – Level optisch häufig ein wenig statisch | ||
+ Toller Loot, cooles Charaktersystem | – Teils lange und tröge Laufwege | ||
+ Tolle Atmosphäre | – Stellenweise fehlende Übersetzungen | ||
+ Großartiger Soundtrack, sehr gute Synchro | – Nervige Wiederholungen der „Stimme“ | ||
+ Sehr dynamisches Gameplay | |||
+ Sehr stabil und nicht hardwarehunrig | |||
+ Unkomplizierter und stabiler Mehrspielermodus (online) |
- Grafik: 85
- Sound: 89
- Gameplay: 93
- Umfang: 87
- KI: 85
Spielspaß: 94
Einzelspieler/Koop:
- Story: Solide Hack’n’Slay-Kost über einen Jäger, der jagen und anderen Jägern beim Jagen helfen muss.
- Wiederspielwert: Durch viel Loot, Herausforderungen, Flüche und Karten quasi unbegrenzt.
- Frustfaktor: An manchen Stellen vorhanden – Meistens ist Victor Vran aber wirklich fair.
- Design/Stil: Sehr atmosphärisch, die Level leiden teilweise etwas darunter, sehr baukastenartig und statisch zu wirken.
- Musik/Sound: Ebenfalls sehr atmosphärisch und mit einer gelungenen Synchro.
- Koop: Ein sehr stabiler Mehrspielermodus überzeugt uns – Und zusammen jagt sich’s einfach schöner!
Informationen zum Testgerät
Intel Core i5-3470 (3.20Ghz)
8,0GB RAM
Radeon HD 7990 (3GB)
Titel installiert auf 2TB-Festplatte (7.200 U/min)
Windows 7 Professional (64 bit)
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