Tiny Bookshop (PC) im Test – Für Bibliophile geeignet

()

Ich liebe Bücher. Wenn ich nicht gerade spiele oder arbeite, lese ich ein Buch. Deswegen war es gar nicht so abwegig, dass ich Tiny Bookshop auf dem Schirm habe, vor einigen Monaten habe ich sogar die Demo ausprobiert und war begeistert. Nun habe ich in der PC-Version des Games meinen kleinen eigenen Buchladen eröffnet und verrate in meiner Review, ob ich zufrieden war oder ob ich das eine oder andere Verbesserungspotential gefunden habe.

Tiny Bookshop ist ein cozy Game, das bedeutet, es bietet wenig Stress oder Zeitdruck und folgt einem ganz klassischen Story-Muster: Mein Leben in der Stadt ist mir zu stressig, weswegen ich mir meinen kleinen Bauwagen schnappe, ihn an mein Auto anhänge und an die Küste in einen malerischen Ort fahre, in dem es viele Menschen gibt, die, wie ich, bibliophil sind, also eine starke Vorliebe für Bücher haben. Ich liebe die Charaktere im Spiel, die ich nach und nach an den unterschiedlichen Stellplätzen für meinen Buchladen, kennenlerne. Jede:r bringt dabei eine ganz eigene Geschichte mit sich: Ob es Tilde ist, der die Hüfte zu schaffen macht, oder Klaus, der an einem neuen Musikstück für seine Band arbeitet. Es sind ganz viele verschiedene Geschichten, die mich zum Weiterspielen animieren.

Auf der einen Seite habe ich in Tiny Bookshop also diesen ganz entspannten Part: Ich lerne Leute kennen, kaufe über die Anzeigen in Zeitung wahllose Buchpakete, um meinen Laden aufzustocken, und nehme am Leben im Ort teil. Das ist ziemlich cool, denn so werde ich Teil der Nacht der Geister oder nehme am großen Sommerlagerfeuer teil. Ich fühle mich tatsächlich als Teil der Gemeinschaft – gleichzeitig habe ich aber auch keine Wahl. Ich muss ein Teil der Gemeinschaft sein, obwohl ich vielleicht auch lieber eine einsame Steppenwölfin sein würde.

Auf der anderen Seite ist Tiny Bookshop aber auch eine sehr, sehr, sehr seichte Managementsimulation: Ich kaufe und verkaufe Bücher, um sowohl genug Bestand als auch genügend Geld zu haben, um meinen Laden zu dekorieren, habe jedoch keinen Einfluss auf verschiedene Aspekte. Zum Beispiel kann ich die Preise für meine Bücher nicht festlegen. Egal, welches Werk es ist, es geht anfänglich für 3 $ über die Ladentheke. Und da es sich selbst als Managementsim verkauft, fehlt mir dieser Aspekt schon sehr stark im Spiel. Gerade wenn ich dadurch auch mein Überleben als Buchladen rechtfertigen muss, will ich auch die Preise anpassen können.

Tiny Bookshop kommt mit sehr, sehr, sehr vielen Büchern daher, die allesamt in sieben verschiedene Genre einsortiert sind: Von Klassik über Drama bis hin zu Krimi kann man alle Bücher irgendwo auch reinpacken, allerdings finde ich die Wahl der Genre nicht sonderlich gut gewählt. Sicherlich bei Büchern und auch bei Videospielen könnte man schier unendliche Kategorien wählen, um alles irgendwo unterzubringen, aber warum Tiny Bookshop keine Horror- oder Romantikkategorie hat, ist mir nicht begreiflich. Sogar bei den Büchern aus der Zeitung gibt es manchmal Pakete, die sagen, dass sie die gruseligsten Horrorbücher beinhalten – und dann sind es fast nur Bücher der Kategorie Krimi, bei denen dann trotzdem The Shining oder Es dabei sind. Ich bin mir sicher, dass niemand Es als Krimi einstufen würde, selbst Wikipedia spricht von Horror.

Und gerade Romantik: Das gehört zu dem am stärksten wachsenden und gefragtesten Genre derzeit. Es gibt sogar ganze Buchläden in Europa, die sich speziell auf diese Bücher fokussieren und dann gibt es das nicht als Genre im DEM Videospiel über Bücher. Das ist schwach. Auch sind manche Bücher ein bisschen wild einsortiert. Manche gehören mehreren Kategorien an (was zwar richtig ist, aber auch verwirrend) und je nach Situation ist dann ein Buch mal bei Reiseliteratur und mal bei Klassiker einsortiert.

Generell glaube ich, dass Tiny Bookshop keine leichte Kost ist für Leute, die nicht gerade unendlich viele Bücher gelesen haben. Alle Bücher sind einem oder mehreren Kategorien zugeordnet und haben mehr oder weniger akkurate Beschreibungen dabei. Das macht es für Menschen, die die Bücher nicht kennen, schwieriger, sie der Kundschaft zu empfehlen. Manche Beschreibungen sind auch nicht immer aussagekräftig. Zum Beispiel bei den Werken, die der Kategorie Drama zugeordnet sind: Hierbei handelt es sich zum einen um Theaterstücke aber auch um Verfilmungen von Romanen, bei nicht allen steht dabei, dass es ein Theaterstück ist. Das verwirrt sogar mich stellenweise, obwohl ich über ein sehr großes literarisches Wissen verfüge. Ich glaube, dass Gelegenheitsleser:innen hier sehr stark an ihre Grenzen kommen und vermutlich weniger Freude mit dem Spiel haben werden.

Immerhin kann ich sagen, dass die Auswahl an Büchern sehr vielfältig ist, sogar neuere Werke und ganz alte sind mit dabei. Schade finde ich, dass ich die Bücher zwar in meine Regale stellen kann, jedoch nicht entscheiden kann, welche Bücher ich mitnehme. Ich wähle einfach nur eine Kategorie aus und klicke mit der Maus, damit sie im Regal landen. Auch hier hätte ich mir ein bisschen mehr Spielraum und Entscheidungsmöglichkeiten gewünscht. Und wenn wir schonmal bei den Büchern sind: Das Game packt einfach nur Bücher in das Regal, die sind unterschiedlich dick und stimmen nicht mit der wirklichen Dicke des Buches überein. Manchmal bekommt es im Regal ein sehr dickes Buch und wenn ich drauf klicke, ist es dann einfach nur ein dünnes Theaterstück mit vielleicht 50 Seiten. Das sollte akkurater sein.

Wenn ich das ganze Gemecker mal beiseitelasse, so habe ich mit Tiny Bookshop ein wirklich entspannendes Spiel erhalten, das mich selten unter Druck setzt. Ich liebe den entspannenden und ruhigen Soundtrack, der sehr gut zum stressfreien Setting passt und mich auch mal abschalten lässt. Nur selten gibt es mal Missionen, die wirklich an feste Zeiten gebunden sind. Das macht es sehr entspannend. Und da sich das kleine Indiespiel mit den vielen Büchern tageweise spielen lässt, kommt es zudem auch noch mit einem Motivationsschub daher, sodass ich mich immer wieder dabei ertappe, noch einen Tag zu spielen, in der Hoffnung, dann vielleicht eine Mission abzuschließen oder eine bestimmte Menge an Geld zu erhalten, um mir Dekogegenstände für meinen Buchladen zu kaufen.

Das ist an sich eh ziemlich cool: Ich kann in Tiny Bookshop meinen Bauwagen so dekorieren, wie ich das möchte. Ich habe schier unendlich viele Gegenstände und Möbel, die ich im Laufe der Zeit finde, geschenkt bekomme oder kaufe, um den Shop genau so zu gestalten wie ich will. So auch farblich: Ich habe zu Beginn bereits eine Palette an verschiedenen Farben, kann mir auf dem Flohmarkt jedoch noch mehr kaufen, um den Shop und auch einige Gegenstände ganz unterschiedlich zu bemalen und das Farbkonzept meinen Vorlieben anzupassen. Pluspunkt: Für das farbliche Umdekorieren brauche ich kein gesondertes Geld, sondern darf das einfach kostenlos tun. So wird mein Shop so individuell wie meine Kundschaft und ich.

Ein wenig herausfordernd ist meine Kundschaft allerdings manchmal schon: Nicht immer sind die Wünsche klar und deutlich, die formuliert werden. Das macht es mir schwer, die richtigen Bücher vorzuschlagen. Auch weil manchmal die deutschen Texte seltsam sind – und das, obwohl Tiny Bookshop von der Film und Medienstiung NRW gefordert wurde und das entwickelnde Studio aus Deutschland kommt. Manchmal wirken die deutschen Texte so, als wären sie unglücklich vom Englischen übersetzt wurden. So bedanken sich manchmal die Leute nach einer Empfehlung mit „Ich werde es ausprobieren“ oder „Ich, große Liebe“. Das finde ich sehr unglücklich, denn die Empfehlungen sind wichtige Bestandteile des Gameplays, das auf die Weise frustrierend getrübt wird. Der Großteil des Spiels selbst ist jedoch gut übersetzt, nur bei den Empfehlungen struggled es doch sehr.

Einige der Wünsche der Kund:innen sind auch wirklich fraglisch. Beispielsweise wurde ich nach einem Happy End gefragt, also empfahl ich ihr den ersten Band von Tribute von Panem (weil ich es im Regal hatte und weil es am Ende gut ausgeht). Die Kundin fand das gar nicht gut und hat das Buch nicht genommen. Woher will sie das denn wissen, dass es kein Happy End ist, wenn sie es nicht kauft? Generell fehlen bei solchen Empfehlungen auch die Buchtexte nicht weiter.

Gamer's Palace Score: 68 / 100

Tiny Bookshop schafft es, mit seinem gemütlichen und stressfreien Konzept zu punkten. Es lädt mich dazu ein, abzuschalten, sich mit liebenswerten Charakteren zu umgeben und ins Dorfleben einzutauchen. Mit einem entspannten Soundtrack und der Möglichkeit, den Bauwagen frei zu dekorieren, bietet es eine charmante Grundlage, die Fans von Cozy Games grundsätzlich begeistern dürfte.

Allerdings wird diese ansprechende Atmosphäre regelmäßig durch einige Mängel getrübt. Als Managementsimulation ist das Spiel zu seicht, da es wichtige Funktionen wie die Preisgestaltung vermissen lässt. Die teilweise unlogische und fehlerhafte Genre-Einteilung, in Kombination mit unpräzisen Kundenwünschen, macht es für Spieler:innen ohne großes literarisches Wissen zur echten Hürde. Hinzu kommen unglückliche und teils verwirrende Übersetzungen sowie inhaltliche Fehler wie die schwammige Darstellung der Buchdicken.

Tiny Bookshop ist eine Indie-Perle, die durch ihre liebevolle Gestaltung besticht, aber in zentralen Gameplay-Aspekten schwächelt. Wer diese Schwächen in Kauf nimmt und einen Fokus auf die gemütliche Atmosphäre legt, findet hier ein Spiel, das Spaß macht. Gerade absolut Buchfans werden auf ihre Kosten kommen. Und trotz der vielen negativen Punkte, erstappe ich mich regelmäßig dabei, wie ich noch einen weiteren Tage spiele.

ProContra
+ Entspanntes und gemütliches Gameplay: Ideal zum Abschalten– Es fehlen grundlegende Funktionen wie die Preisgestaltung, was das Management-Element untergräbt
+ Charmanter Setting und liebevolle Charaktere– Fehlerhafte Buchzuordnungen, unzureichende Beschreibungen der Bücher und fehlende Genre (Horror, Romance)
+ Stimmungsvoller Soundtrack– Verwirrende Wünsche der Kundschaft, die nicht nachvollziehbar sind
+ Umfangreiche Anpassungs- und Dekorationsmöglichkeiten– Literarisches Wissen sollte großflächig vorhanden sein
+ Motivierendes Gameplay– Die physikalische Dicke der Bücher entspricht nicht der Realität
– Unglückliche deutsche Übersetzungen bei den Empfehlungen

Wir haben einen Review Key zu Tiny Bookshop vom Publisher erhalten.

Wie gut hat dir der Beitrag gefallen?

Durchschnittssterne: / 5. Bisher abgegebene Sterne:

Bis jetzt gibt es noch keine Sterne! Sei dier erste, dier einen abgibt.

Du findest uns nützlich?

Dann folge uns doch in den sozialen Netzwerken!

Entschuldige, dass dieser Beitrag nicht ganz deinen Vorstellungen entsprach.

Lass uns unseren Artikel gemeinsam verbessern! Was können wir tun, damit der Artikel ansprechender wird?

Erzähl anderen von diesem Beitrag
Beatrice Eichhorn
Neugierig?
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
älteste
neueste meiste Bewertungen
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen