Da stehe ich nun also und überblicke das weite Land. Die Karawane hinter mir wartet darauf, dass ich ihr sage, wo sie sich niederlassen soll. Hier ist unser neuer Rastplatz, das Wasser ist noch viele Wochen entfernt, die Reise zum Auge wird immer kürzer. Werden wir es schaffen? Solche Gedanken verbinde ich mit As Far As The Eye, zu dem ich euch heute eine Review mitgebracht habe. Ob sich die Nomadensimulation lohnt, erfahrt ihr hier.
Auf der Suche
In As Far As The Eye geht es nicht nur darum, dass ich eine Nomadensiedlung aufbaue und meinen Zöglingen einen neuen Wohnort biete, sondern viel mehr bin ich auf der Flucht. Während mein Ziel darin besteht, zum Auge zu reisen und dort in Sicherheit zu sein, naht hinter mir die Flut, vor der ich fliehe und die mich nicht erreichen darf. Dafür habe ich in einigen Spielrunden die Möglichkeit, Ziele zu erfüllen und weiter zu kommen.
As Far As The Eye ist in erster Linie ein Ressourcemanagementspiel und weniger eine Aufbausimulation, denn statt mich wirklich auf die Belange meiner Zöglinge konzentrieren zu können – die ohnehin weder eigenen Willen noch eigene Wünsche haben – sammle ich bestimmte Ressourcen, um meine Reise fortsetzen zu können. Mal sind das fast 400 Holz, mal brauche ich 10 mal Wolle. Hierbei variieren die Ziele je nach Gebiet und auch die unterschiedliche Gebiete passen sich an, sodass es nicht wirklich langweilig werden kann. Dennoch baue ich selten etwas, was wirklich nach Siedlung aussieht. Meistens bleibe ich um meine Karawane oder baue Sammelzelte, damit meine Zöglinge ihre Rohstoffe nicht so weit tragen müssen.
Normalerweise liebe ich es, frei über solche Konzepte zu schreiben, doch irgendwie regt mich As Far As The Eye an, einmal analytischer vorzugehen und das Ganze doch ganz trocken zu betrachten. Ich habe mir hier einfach mehr Tiefgang gewünscht. Ziele, die die einzelnen Zöglinge haben. Bedürfnisse, auf die ich eingehen muss. Stattdessen ist das einzige, was passiert, dass ich hin und wieder Herausforderungen gegenüber stehe: Je weiter die Flut steigt, desto wahrscheinlicher ist es, dass etwas passiert. Mal werden alle meine Zöglinge krank und sterben, wenn ich nicht weiterkomme. Mal schlägt ein Blitz ein und brennt vieles in der Umgebung nieder – ach, und meine Zöglinge sterben im Feuer. Mal verschwindet mein Essen und meine Zöglinge verhungern. Das ist der einzige Tiefgang, der mich erwartet – und der vorhersehbar ist, weil er einige Runden zuvor angekündigt wird.
Immer auf dem Weg nach vorn
As Far As The Eye hat an sich eine ziemlich coole Story, doch irgendwie kann ich sie nicht ganz greifen, eben weil die Zöglinge kein Eigenleben haben. Weil sie nicht selbst denken. Und weil sich alles ein bisschen leer und sinnlos anfühlt. Und weil einem das Spiel manchmal selbst Steine in den Weg legt. Allein während der Testphase gab es mehrere Situationen, an denen ich As Far As The Eye nicht testen konnte, einmal waren keinerlei Texte mehr hinterlegt, sodass es unspielbar wurde.
Dafür kann man sagen, dass das Spiel immerhin auf Deutsch verfügbar und die Übersetzungen gut gelungen sind. Auch der Soundtrack ist super und ich liebe den Grafikstil! Ich liebe es, wenn sich mein Bauarbeiterzögling während der Bauphase in einen Vogel verwandelt oder wenn die Sammler zu Bären werden. Hier sieht man wirklich die Liebe zum Detail, denn jedes Gebäude, jeder Zögling sind liebevoll ausgearbeitet. Oder auch die Flüstergeräusche, die die Zöglinge machen, wenn man sie anwählt oder ihnen eine Aufgabe gibt. Das ist großartig und haucht dem zum Teil leblosen Spiel wirklich Leben ein! Wäre doch nur alles so.
Nicht nur, dass die Testphase ein bisschen sehr buggy war, auch sonst gab es Momente, die nochmal überarbeitet werden sollten. Ich weiß nicht, wie häufig ich im Tutorial Opfer der Flut wurde. Einmal sollte ich 100 Stein sammeln, blöderweise hatte die Steingrube nur 80 Steine dabei und es gab keine weiteren Steine auf der Karte. Ein anderes Mal akzeptierte das Spiel einfach nicht, dass ich bereits etwas gebaut hatte, was ich bauen sollte. Die Flut kam. Schon wieder. So etwas frustriert ungemein und hat bei mir ordentlich am Spielspaß genagt.
Meine Zöglinge – die Biester
Hinzu kommt noch, dass As Far As The Eye ohnehin einen sehr knackigen Schwierigkeitsgrad hat und dass ich, obwohl ich auf dem ganz einfachen Grad spielte – die anderen muss man sowieso freispielen – nur ganz selten über die zweite Rast hinaus kam. Schlichtweg aus dem Grund, dass ich mit meinen drei Zöglingen nichts anfangen konnte.
Zwei von ihnen sind prinzipiell Sammler. Das bedeutet, sie können nur Rohstoffe und Nahrung sammeln, mehr nicht. Der dritte wiederum kann nur Gebäude bauen – eine zwar praktische, aber über große Teile des Spiels hinweg unbrauchbare Fähigkeit. Und so jonglierte ich im Grunde hin und her: Einer sammelte durchweg Nahrung, einer sammelte alle anderen Rohstoffe und mein Baumeister chillte seine Base, außer er baute mal etwas.
Klar, sammeln die Zöglinge durch ihre Aufgaben auch Erfahrungspunkte und steigen auch im Level ihrer Tätigkeit auf, doch neue Fähigkeiten konnten sie noch nicht lernen. Und das frustrierte noch viel mehr, wenn ich da theoretisch drei brauchbare Figuren habe, aber nur einen wirklich nutzen kann, um voranzukommen, ist das gelinde gesagt, ziemlich doof. Noch dazu haben die Zöglinge keinen eigenen Willen und sind somit nur angewiesen, dass ich ihnen sage, worum es geht. Das finde ich 2020 nicht mehr zeitgemäß und hätte mich hier über mehr Möglichkeiten gefreut. Vielleicht, dass sich ein Zögling von alleine weiterentwickelt oder selbst Wünsche äußert, was er gerne möchte.
Es ist frustrierend, denn As Far As The Eye könnte so ein schönes Spiel sein, eines, dass mich stundenlang an den PC fesselt, doch es ist leider nicht das. Es sieht zwar wunderschön aus, bleibt aber im Gameplay und vor allem bei den Zöglingen zurück und das macht mich fertig. Ich möchte dieses Spiel mögen.
Fazit: Ich möchte dich mögen…
Liebes As Far As The Eye, ich möchte dich mögen. Ich möchte stundenlang mit dir und meiner Karawane durch die Gegend ziehen, der Flut entkommen und das Auge erreichen, aber du lässt mich nicht. Du bist wunderschön und hast diese Liebe zum Detail, das ich in großen Spielen vermisse, du klingst auch wie ein Traum, doch du lässt mich vor allem im Gameplay im Stich. Du stehst dir einfach selbst im Weg mit deinen bockigen Tutorials, deinen Zöglingen, die so festgefahren in ihren Tätigkeiten sind und mit der Flut, die mein Dorf verschlingt, obwohl ich nichts dafür kann. Du wirfst mir einen Strohhalm hin und lässt mich eiskalt ertrinken.
Es könnten so viele Kleinigkeiten sein, die dich besser machen: Fehlerfreie Tutorials. Zöglinge mit einem eigenen Willen und einer kreativeren Lernkurve. Einem Schwierigkeitsgrad, der mich trotzdem das Ziel erreichen lässt und bei dem ich nicht deinetwegen mein Volk verliere. Vielleicht war es für dich auch zu früh, vielleicht hättest du noch mehr Zeit gebraucht. Ich weiß es nicht.
Ich möchte mit dir bis zum Auge reisen, As Far As The Eye, aber ich werde auf dem Weg dorthin sterben und keine Schuld daran tragen. Und das macht mich unendlich traurig.
Pro | Contra |
---|---|
+ Unglaublich schönes Design | – Verbuggte Tutorials |
+ Toller Soundtrack | – Zöglinge ohne eigenen Willen, viel zu fest gefahren |
+ Klasse Soundkulisse | – Aufgrund vieler Fehler im Gameplay kommt die Flut schneller als erwartet |
+ Deutsche Übersetzung | – Schwierigkeitsgrad viel zu knackig angesetzt |
– „Nur“ Sammeln von Rohstoffen, um Ziel zu erreichen | |
– Fehlender Tiefgang |
Technik: 59
Grafik: 86
Sound: 84
Umfang: 60
Gameplay: 30
KI: 36
Spielspaß: 43
- Story: Deine Karawane flieht vor der Flut, um das Auge zu erreichen.
- Nachhaltigkeitswert: As Far As The Eye wird im aktuellen Zustand vermutlich nur wegen der Grafik in Erinnerung bleiben.
- Frustpotential: Dank jeder Menge Fehler, die ich hatte, durchaus vorhanden.
- Design/Stil: Ein wunderschöner Grafikstil, die Liebe zum Detail ist einzigartig und das Design der Zöglinge verzaubernd.
- Musik und Sound: Hammer! Nicht nur der Soundtrack ist gut, auch die Geräusche, die die Zöglinge machen, sind hervorragend.
Offenlegung
Wir haben einen Reviewkey zu As Fas As The Eye vom Future Friends Games erhalten.