Man hätte fast gedacht, dass die Digimon ihre Schaffensphase längst hinter sich gelassen haben und sich niemand mehr um die digitalen Monster scheren würde, doch weit gefehlt: Im Hinblick auf Digimon Tri, das uns wieder mit den Tamern aus der ersten Digimon-Staffel zusammenbringt, beschert uns auch Bandai Namco den einen oder anderen Titel mit den beliebten Wesen namens Agumon, Gabumon und all den anderen -mons. Im Jahr 2017 möchte man nun die Digimon World Reihe fortsetzen, die früher bereits auf der PlayStation 1 auch im Westen erschienen ist. Nun liegt uns der neueste Teil der Reihe, nämlich Digimon World: Next Order für die PlayStation 4 vor und wir verraten euch, ob sich der Titel lohnt oder ob nur eingefleischte Digimon-Fans auf ihre Kosten kommen werden.
Zurück in die Digiwelt
Digimon World: Next Order beginnt ein wenig wirr: Ihr wollt euer DigiVice mal wieder an euren PC anschließen, doch plötzlich werdet ihr mitten in die Digiwelt gezogen und findet euch einem gigantischen Machinedramon gegenüber. Kein netter Start, hm? Doch genau hier beginnt die Geschichte und im Grunde ist hierbei dann auch schon alles geklärt, denn ihr als Tamer werdet gebraucht, um die Welt zu retten. Zur Seite stehen euch dabei gleich zwei Digimon-Partner, deren Entwicklung ihr mehr oder weniger selbst steuert und mit denen ihr euer Abenteuer beginnen werdet. Doch es gibt noch viel mehr zu tun als nur das Böse aus der Digiwelt zu verbannen: Ihr müsst ein ganzes Dorf aufbauen und es mit willigen und interessanten Digimon füllen.
In Floatien – Das ist der Ort, an dem ihr in der Digiwelt herauskommt – erwartet euch ein weises Jijimon, das euch über die aktuellen Geschehnisse informiert, denn die Machinedramon nehmen keine normale Digitation vor. Viele kleinere Digimon werden in früheren Vorstufen dazu gezwungen, sich in Machinedramon zu entwickeln und dies macht vielen Digimon Angst, sodass sie einen Rückzugsort suchen und genau dieser Rückzugsort wird Floatien werden. Eure Aufgabe besteht nämlich nebenbei auch noch darin, verschiedene Digimon davon zu überzeugen, wieder in die Stadt zurückzuziehen und diese voranzubringen. Die meisten Digimon stellen euch hierbei eine Aufgabe: Manche Digimon müsst ihr besiegen, für andere müsst ihr bestimmte Items finden und wieder andere kommen erst in die Stadt, wenn ihr ganz andere Digimon zuvor gefunden habt. Hierbei wurde sich viel Mühe gegeben, auch wenn es nach einigen vielen Spielstunden doch eher lästig wird, die Digimon in die Stadt zu bringen. Wir fanden es jedenfalls eine sehr gute Abwechslung, der wir fast lieber nachgingen als der Hauptstory.
Leider ist jedoch das Verhältnis zwischen Hauptstory und Nebenaufgaben nicht sonderlich gut ausgewogen. Während wir uns eher darauf konzentriert haben, Digimon in die Stadt zu bringen und somit schon ziemlich stark waren, kamen wir in der Story nur bedingt weiter, weil unser erster Kampf gegen ein Machinedramon irgendwie nicht so klappen wollte, wie es sollte. Aber sei’s drum. Eines können wir euch jedenfalls sagen: Ihr könnt in Digimon World: Next Order sehr viele Stunden verbringen, ohne überhaupt einen Satz in der Hauptstory zu lesen. So haben wir beispielsweise knappe 20 Stunden gebraucht, um Kapitel 1 durchzuspielen, da wir uns lieber mit allem anderen statt mit der Hauptstory beschäftigt haben. Doch auf diese Weise kann man auch sehr leicht die eigentliche Geschichte aus den Augen verlieren. Was uns jedoch sehr auf die Nerven fiel, waren die ersten paar Spielstunden. Wir haben uns wirklich gefragt, was Bandai Namco uns hier vorgesetzt hat. Doch bei Digimon World: Next Order gilt: Man muss sich erstmal durch 500 Seite Lanzenpflege quälen, danach wird’s spannend.
Hunger und Klos – Tamagotchi lässt grüßen
Zu Beginn des Spiels dürft ihr aus einer ganzen Handvoll Eiern zwei Digipartner auswählen. Es liegt an euch, ob ihr zweimal mit demselben Digimon starten möchtet oder ob ihr ganz andere Partner wählt. Ganz gleich, wie ihr euch entscheidet, die ersten paar Stunden im Spiel werden eine wahre Tortur. Eure Digimon sind nämlich nicht irgendwelche digitalen Monster, die ihr mal eben mit euch mitschleppen könnt, wie das beispielsweise bei Pokemon der Fall ist. Nein, eure Digimon sind Wesen, die Hunger verspüren, schlafen möchten und hin und wieder auch mal das stille Örtchen aufsuchen müssen. Das bedeutet, dass besonders in der ersten Zeit, wenn eure Digimon noch sehr klein sind, alle Nase lang jemand auf die Toilette muss oder Hunger hat. Das ist sehr anstrengend und nervig und hält einen von seiner eigentlichen Mission ab, die Welt zu erkunden. Zum Glück gibt es in vielen Gebieten in der Digiwelt Klohäuschen und wenn einmal keines in der Wildnis steht, kann man immer noch mobile Toiletten mitnehmen. Hierdran wurde also gedacht.
Neben den natürlichen Elementen müsst ihr auch noch dafür sorgen, dass euch die Digimon mögen und dass sie sich untereinander leiden können. Beides erleichtert das Spielgeschehen untereinander sehr. Mögen sich beispielsweise eure Digimon, so verteidigen sie sich manchmal im Kampf gegenseitig und wenn sie zu euch als Tamer eine gute Bindung aufgebaut haben, so ist der Befehlswert prinzipiell zu Beginn eines Kampfes höher und ihr habt es nicht mehr ganz so lange bis ihr eine mächtige Attacke ausführen könnt, doch zum Kampfsystem gibt es später mehr.
Wenn ihr eure Digimon zu mächtigen Wesen digitieren lassen wollt, so müsst ihr mit ihnen trainieren und ganz bestimme Voraussetzungen erfüllen, aber ganz so einfach wie beispielsweise in Digimon Story: Cyber Sleuth ist das allerdings nicht. Ihr seht zwar, welche Voraussetzungen ein Digimon hat, um die nächste Stufe zu erreichen, doch nicht immer tut es das dann auch und macht das, was ihr wollt. Das ist ganz wie in der ersten Staffel Digimon als Taichi unbedingt wollte, dass sich Agumon in Greymon entwickelt und dann Agumon jedoch zu SkullGreymon wurde, weil Taichi das Ganze zu sehr erzwungen hat – so ähnlich könnt ihr euch die Digitation in Digimon World: Next Order vorstellen. Das ist manchmal ganz schön frustrierend, wenn ihr vielleicht wirklich auf ein tolles Digimon hingearbeitet habt und dann doch nur Veggiemon erhaltet. Spaß macht es uns trotzdem, die einzelnen Digitationen herauszufinden, auch wenn unsere Digimon bisher immer dazu neigten, am Ende doch dasselbe Digimon zu sein.
Jo, ihr macht das super!
Wie schon geschrieben, habt ihr auf die Entwicklung eurer Digimon nur bedingt Einfluss, doch noch viel geringeren Einfluss habt ihr im Grunde auf das Kampfgeschehen: Wenn ihr in einen Kampf kommt, so steht ihr als Tamer außerhalb des Rings und eure Digimon kämpfen im Grunde automatisch. Dies ist jedoch nicht rundenbasiert, wie es noch bei Digimon Story: Cyber Sleuth der Fall war, sondern jedes Digimon greift je nach Geschwindigkeitswert an. Was ist hierbei eure Aufgabe? Nun, im Grunde habt ihr zwei Möglichkeiten: Ihr könnt entweder aktiv in den Kampf eingreifen, sodass ihr eure Digimon „steuert“ und ihnen Befehle gebt, sodass sie ihre Angriffe ausführen oder ihr steht nur passiv daneben. Erste Möglichkeit klingt zwar super spannend, ist aber im Grunde nicht sonderlich sinnvoll, da ihr zwar so eure Digimon steuern könnt, diese jedoch sofort den Angriff ausführen, den ihr ausgewählt habt. Dem Vieh ist es dabei vollkommen egal, ob es mit diesem Angriff gerade einen Gegner trifft oder eben nicht. Deswegen raten wir von dieser Variante eher ab.
Die zweite Variante spielen auch wir aktiv, mehr oder weniger: Ihr steht am Rand und feuert eure Digimon nur an. Für jedes Anfeuern sammelt ihr Befehlspunkte, mit denen ihr wiederum später im Kampfverlauf einen mächtigen Angriff starten könnt. Allerdings macht ihr, wie gesagt sonst nichts, außer warten, dass der Kampf vorbeigeht. Natürlich könnt ihr eure Digipartner mit entsprechenden Items unterstützen, doch einen echten Kampf wie ihr ihn aus anderen Spielen gewohnt seid, werdet ihr nicht wirklich erleben können. Aber am Rand stehen, kann auch ganz nett sein. Ein wenig nervig ist ebenfalls, dass der Schwierigkeitsgrad der Gegner doch stark schwankt. Die Gegner haben zwar in der Regel eine Levelanzeige über ihrem Kopf stehen, doch das bringt uns überhaupt nichts, da wir nicht wissen, welche Stufe unsere eigenen Digimon eigentlich haben. Man merkt es nur daran, dass man wohl zu stark ist, wenn die gegnerischen Digimon vor einem zurückweichen.
Autsch, Partikel mögen wir gar nicht
Widmen wir uns dem wichtigsten Thema dieses Tests zu Digimon World: Next Order: Der Grafik. Kleiner Scherz, natürlich ist dies nicht der wichtigste Teil des Spiels, aber man sollte ihn doch erwähnen. Grafisch gesehen bleibt Digimon World: Next Order natürlich im japanischen Stil und ist somit weder sonderlich realistisch, aber auch nicht gar so farbenfroh oder abgedreht, wie andere Spiele. Neben der Darstellung der verschiedenen Digimon, die wirklich sehr schön dargestellt sind, fielen uns vor allem die Landschaften positiv auf. Diese sind zwar in der Regel recht texturenarm präsentiert, aber haben ein sehr gutes Flair und schöne Details, die doch jedes einzelne Gebiet zu etwas ganz Besonderem werden lassen. Besonders gut haben uns hierbei die Ebenen gefallen, die sogar über einen Regenbogen verfügen. Das war sehr hübsch, doch im Gegensatz dazu gibt es auch düstere Gebiete wie das Kap oder aber heiße Gebiete wie den Logik-Vulkan.
Apropos Vulkan: Erinnert ihr euch, was passiert, wenn etwas verbrennt? Richtig, es fliegen Funken umher. Diese Funken gibt es jedoch nicht nur im Vulkan, sondern es gibt auch so etwas Ähnliches in der Wüste, hier heißt das allerdings Sand. Und fast immer, wenn diese sogenannten Partikel in der Luft schweben, kommt die normale PlayStation 4 damit nicht zurecht und die Framerate bricht teilweise zusammen, sodass ihr immer wieder Momente haben werdet, in denen sich alles ein wenig langsamer und ruckelnder bewegen wird. Doch, keine Sorge, das ist nicht unbedingt schädigend für den Spielverlauf, nur ein wenig seltsam für den Moment. Wir sind jedoch der Meinung, dass das nicht sein müsste.
Der Ton macht die Musik
Wusstet ihr, dass Digimon World: Next Order eine englische Tonspur und deutsche Untertitel hat? Das macht es um Einiges leichter, der Story zu folgen, auch wenn sich Tutorials immer noch sehr leicht wegklicken lassen und man so doch den einen oder anderen Hinweis möglicherweise überlesen könnte. Dennoch ist es gut und man kann der Story so sehr viel leicht folgen als noch bei Digimon Story: Cyber Sleuth, das leider nur mit einer japanischen Tonspur und englischen Untertiteln daherkam und wo es doch eher schwieriger war, herauszufinden, worum es nun ganz genau geht innerhalb der Story, vor allem war es da ermüdend, wenn doch viele Storysequenzen nacheinander kamen. Doch bei Digimon World: Next Order braucht ihr euch da soweit keine Gedanken zu machen. Wer im Übrigen vielleicht zu japanischen Tonspur wechseln möchte, wird enttäuscht. Man kann zwar innerhalb der Einstellungen die Lautstärke und die Stimmen anpassen, aber die Sprache kann man nicht wechseln.
Was uns an Digimon World: Next Order auch richtig gut gefallen hat, war die Musik. Normalerweise habe ich Schwierigkeiten damit, die Musik in Videospielen zu hören. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber ich höre sie einfach nicht. Bei Digimon World: Next Order ist das jedoch anders, denn hin und wieder dringt die Musik zu mir durch und dann wippe ich mit dem Fuß mit und trällere die Musik leise vor mich hin. Wenn ich ganz genau hinhöre, so ist die Musik typisch Japanisch, aber nicht übertrieben, sondern eingängig. Besonders gut gefällt uns die Musik in den Ebenen und während der ExE-Digitation. Bei dieser besonderen Art der Digitation wird ein Musikstück mit Gesang eingespielt, was wirklich ganz cool ist.
Fazit: Wir sind uns ein bisschen unsicher
Digimon World: Next Order ist ein Spiel, das euch wieder einmal in die Digiwelt schickt, denn diese ist wieder einmal in Gefahr und wird dieses Mal von bösen Machinedramons und einer seltsamen Macht heimgesucht. Eure Aufgabe besteht dabei darin, gemeinsam mit euren beiden Digipartnern wieder Frieden in die Digiwelt zu bringen und einen Weg nach Hause zurückzufinden, ganz nebenbei müsst ihr noch andere Digimon davon überzeugen, dass sie in das Dorf Floatien ziehen wollen und die Welt wieder ein Stück in Ordnung bringen. Klingt viel und das ist es auch. Wenn ihr Digimon World: Next Order spielt, solltet ihr mit einer sehr langen Spielzeit rechnen. Wir haben etwa 20 Stunden gebraucht, um Kapitel 1 abzuschließen, weil wir uns die Welt und die verschiedenen Digitationen anschauen wollten. Außerdem haben wir uns sehr schnell von den Digimonaufgaben ablenken lassen, damit wir das Dorf befüllen können.
Die Welt ist dabei im Grunde übrigens fast von Anfang an offen. Zwar werden einige Gebiete erst später frei, doch das ist auch gut so, denn so habt ihr Stück für Stück mehr von der großen Digiwelt. Etwas unangenehm stießen uns die Digimonpartner auf, die doch sehr an Tamagotchi erinnern, denn sie haben sehr häufig Hunger und müssen das stille Örtchen aufsuchen. Das macht mitunter keinen Spaß, allerdings lassen die Bedürfnisse nach, je weiter eure Partner digitiert sind. Nervig ist es dennoch ganz schön. Ebenfalls nervig ist das Kampfsystem, auf das wir nur bedingt Einfluss haben, aber bei dem wir den größten Teil doch eher daneben stehen und unsere Digimon anfeuern. Hier hätten wir uns eher ein aktives Kampfsystem wie in Digimon Story: Cyber Sleuth gewünscht.
Digimon World: Next Order ist kein schlechtes Spiel und vor allem für Fans der Digimon-Reihe bestens geeignet. Auch Neueinsteiger, die auf der Suche nach einem Pokemon-Ersatz sind, werden mit Digimon World: Next Order auf ihre Kosten kommen. Einziger Nachteil: Das Digitieren ist eine Wissenschaft für sich und nicht immer digitieren die Digimon so, wie ihr es gerne hättet. Seid hier also auf einiges gefasst. Uns hat Digimon World: Next Order dennoch Spaß gemacht, auch wenn es einige Gameplay-Entscheidungen gibt, die wir sehr gern hinterfragt hätten.
Pro | Contra | ||
+ Zurück in die Digiwelt | – Kampfsystem eher passiv denn aktiv | ||
+ Toller Soundtrack | – Tamagotchi-Verhalten der Digipartner nervt sehr | ||
+ Viele verschiedene Digitationen… | – … die nicht immer so geschehen wie man es sich wünscht | ||
+ Viele, viele Stunden Spielspaß mit Nebenaufgaben | – Manche Aufgaben sind nervig und lästig | ||
+ Man hilft die Stadt aufzubauen | – Schwierigkeitsgrad sehr schwankend | ||
+ Schöne Grafik | – Keine Levelanzeige der eigenen Digimon | ||
– Geschichte auf Dauer eher lahm | |||
– Erste Spielstunden sind langwierig |
- Grafik: 76
- Sound: 86
- Umfang: 87
- Gameplay: 53
- KI: 42
Spielspaß: 73
- Story: Ganz nette Story, die jedoch keine wirklichen Überraschungen parat hält.
- Frustfaktor: Relativ hoch, vor allem wenn die Digimon nicht so digitieren wie sie sollen. Außerdem ist der Schwierigkeitsgrad nicht eindeutig und die Digimon müssen viel zu oft so tun als sein sie nervige Tamagotchis. Schade.
- Wiederspielwert: Recht hoch, wir verbringen viel Zeit im Spiel, allerdings wird man es vermutlich nicht noch einmal komplett neu anfangen – dafür fehlt die Spannung.
- Design/Stil: Schöner japanischer Stil, auch wenn es mit Partikeln Schwierigkeiten gibt.
- Musik: Sehr schöne Musik im japanischen Stil mit Ohrwurmgefahr.
Information: Vielen Dank an Bandai Namco für das Pressemuster von Digimon World: Next Order.