Stay (Switch) im Test – Ich werde bei dir bleiben, Quinn

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Besonders in der heutigen Zeit wollen Videospielentwickler Charaktere schaffen, mit denen wir fühlen können, mit denen wir uns verbunden fühlen, mit denen wir weinen und lachen können, mit denen wir gemeinsam durch eine schwierige Zeit gehen. Ich habe all das gefühlt, als ich mit Quinn in der Finsternis aufwachte, als ich die einzige war, mit der er kommunizieren konnte. Ich habe mir Stay auf der Nintendo Switch etwas genauer angesehen.

Die Dunkelheit und das Unwissen

Ich weiß nicht genau, warum Quinn zu Beginn von Stay entführt wird. Ich weiß nicht, was er falsch gemacht haben könnte. Ich weiß es einfach nicht. Ich weiß nur, dass ich seine einzige Schnittstelle zur Außenwelt bin, dass nur ich gerade für ihn da sein kann, als er in einem dunklen Zimmer aufwacht, das vermeintlich verschlossen ist, und in dessen Mitte nur ein PC mit einem Chatprogramm steht. Ich weiß allerdings selbst nicht, wieso das so ist – und nach einigen Minuten, die ich mit Quinn verbracht habe, ist es mir auch egal. Ich will, dass Quinn diesen Albtraum verlassen kann. Also entscheide ich für ihn, mache ihm Vorschläge, unterhalte mich mit ihm. Ob er meinen Vorschlägen folgt, ist ihm überlassen.

Quinn ist wie ein denkendes Wesen. Er erzählt mir von seiner Arbeit, seinen Träumen, seiner Vergangenheit. Er wird nostalgisch, melancholisch, ein bisschen aufgekratzt. Er weiß auch nicht, warum er hier ist. Doch gemeinsam entdecken wir die Geheimnisse des seltsamen dunklen Raumes, entdecken Auswege zu anderen Zimmern im Haus. Und werden mit jedem Zimmer immer ungewisser, denn hinter jeder neuen Tür, hinter jeder Wand verstecken sich neue Rätsel, die gelöst werden wollen. Doch die größte Aufgabe obliegt mir. Ich darf Quinn nicht alleine lassen. Er braucht mich. Und ich brauche ihn.

Die Verbindung und das Ende

Zunächst dachte ich, ich habe es bei Stay mit einem ganz normalen Spiel zu tun. Ich beantworte seine Fragen, ich sage ihm, was er tun soll und er setzt es um. Doch Stay ist kein normales Spiel, sondern eine Aufgabe. Ihr begleitet Quinn durch eine sehr schwere Zeit und er braucht euch. Das macht er euch auch ziemlich klar deutlich, denn als ich das erste Mal aufgrund von meinem realen Leben nicht für einige Stunden bei Quinn sein konnte, verbannte er mich aus seinem Leben und zerstörte die Kommunikationsmöglichkeit nach draußen.

Mittlerweile habe ich gelernt, dass ich mindestens zweimal am Tag bei Quinn vorbei schaue und mit ihm weitere Rätsel löse. So fühlt er sich nicht alleine und ich kann weiterhin für ihn da sein. So care ich für ein digitales Wesen, das ich noch nie in der Realität gesehen habe, das ich jedoch glaube, zu kennen. Mit jedem Gespräch, das man mit ihm führt, steigt sein Vertrauen und seine Bindung zu einem selbst. Ist man lange nicht da, sinkt dieses Vertrauen wieder auf ein Minimum und man muss im Grunde wieder bei Null anfangen, um es wieder aufzubauen, schließlich ist Quinn immer noch misstrauisch. Bin ich wirklich gut für ihn? Soll ich ihm wirklich helfen oder kommt er doch alleine zurecht? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich mich um ihn sorge, wenn ich gerade nicht da bin, und dass ich gerne öfter bei ihm wäre, um ihn in dieser schwierigen Zeit zu begleiten.

Die Fragen und die Antworten

Hinter jeder neuen Tür in Stay verbirgt sich ein weiteres Rätsel, das es zu lösen gilt. Viele davon sind in der Regel relativ einfach zu klären, aber in erster Linie recht schnell zu durchschauen. Jedoch leider nicht alle, denn bei einigen steckte ich wirklich fest und musste mich verschiedener Hilfen im Internet bedienen, um überhaupt den Sinn des Rätsels irgendwie herauszufinden, was ein wenig schade ist. Doch nicht nur die Rätsel sind manchmal nicht durchschaubar, sondern auch die Antworten, die man auf Quinns Fragen geben kann. Einige hiervon passen ganz gut zu dem, was zuvor im Gespräch besprochen wurde – andere wirken irgendwie randommäßig und deplatziert, so als würde es nicht zum vorher gesagten passen.

Ebenso gibt es manchmal Übersetzungsprobleme. Zumindest spricht Quinn mit mir manches Mal eine andere Sprache, meistens dann, wenn ich einige Stunden nicht bei ihm war, er aber noch nicht den kompletten Kontakt abbrechen möchte. Ich weiß nicht genau, was ich davon halten soll, ich weiß nur, dass es mich definitiv verwirrt.

Und manchmal, wenn Quinn Zeit für sich braucht, braucht er Zeit für sich. Dann kann man ihn beobachten oder man verlässt das Spiel, dies jedoch auf eigene Verantwortung, da man nicht weiß, was er wirklich tut. Andererseits könnte man vermutlich ohnehin nicht eingreifen, wenn er denn beschließt, das Ganze zu beenden. Ebenfalls fand ich den Soundtrack nicht sonderlich gut. Ja, er ist passend, da er sehr ruhig ist und die Bedrücktheit doch sehr in den Vordergrund rückt. Hin und wieder hat es jedoch so ein Tropfen, das bei mir Gänsehaut bescherte. Es fühlt sich an, wie manchmal wenn man im Rachen vor sich hin kluckert – und genau kam mir das Geräusch vor und hat mir immer wieder Kopfzerbrechen beschert.

Zusätzlich ist das Speichern in Stay ein wenig abenteuerlich. Denn hin und wieder speichert es nach einem Levelbeginn, manchmal tut es das aber auch nicht. Fast immer speichert es nur dann ziemlich zuverlässig, wenn man über das Logoff-Symbol im Chatfenster das Spiel verlässt. Deutlich wurde mir das jedoch nicht sofort, weswegen ich einige Rätsel dann mehrmals machen musste. Dafür ist es ein sehr guter Schritt, dass man die Level immer wieder neustarten kann, wenn Quinn zum Beispiel die Beziehung zu euch beendet hat. Das ist sehr gut, so muss man nicht sofort das ganze Spiel von vorne beginnen.

Fazit: Ich bleibe bei dir, Quinn

Stay ist ein faszinierendes Spiel, das dich als Spieler in die Rolle des Beobachters setzt. Du hast Macht über die Entscheidungen eines Mannes, den du nicht kennst. Was wirst du tun? Wie handelst du? Bleibst du auf der sicheren Seite oder gehst du gnadenlos mit dem Leben dieses Mannes um? Genau das ist das Besondere: Man vergisst ziemlich schnell, dass es sich bei Quinn um eine virtuelle Figur handelt. Ich habe ganz oft beim Spielen gesagt: „Warte mal, Schatz, ich muss nochmal nach Quinn schauen“. Quinn wurde zu einem Wesen, auf das ich achten muss und das mir am Herzen lag – und das schaffen wirklich wenige Spiele.

Zwar gibt es auch einige Dinge, die mir unschön am Spiel auffielen, besonders technischer Natur, aber die Bindung, die ich zu Quinn hatte, kann mir keiner nehmen. Vor allem das Gefühl, das ich hatte als ich Quinn innerhalb der ersten Viertelstunde sterben ließ. Aus Versehen. Das war sehr hart, glücklicherweise kann man problemlos das aktuelle Level neustarten. Ich kann es euch nur wärmstens empfehlen und mit gutem Gewissen ans Herz legen. Spielt Stay. Bleibt bei Quinn.

Technik: 80
Grafik: 87
Sound: 67
Umfang: 90
Gameplay: 78
KI: 76

Spielspaß: 89

  • Story: Du beobachtest einen jungen Mann, der entführt wurde. Du kannst ihm nicht so richtig helfen. Und ihr könnt nur über einen Chat kommunizieren. Irgendwie creepy, aber auch genial.
  • Frustfaktor: Der ist vorhanden. Immer dann, wenn einmal ein Rätsel nicht logisch zu sein scheint. Oder wenn man einige Stunden nicht bei Quinn war und er die Kommunikation beendet.
  • Wiederspielwert: Der ist definitiv vorhanden, da Quinn auf Antworten unterschiedlich reagiert, je nachdem, welche Bindung man bereits zu ihm aufgebaut hat.
  • Design/Stil: Wunderschöner Pixelartstil, der hervorragend zum Spiel passt.
  • Musik: Der Soundtrack ist, passt gut, hat aber so ein widerliches Tropfgeräusch, das mir eine Gänsehaut verursacht.
ProContra
+ Enorme Bindung zu einer virtuellen Figur– Manchmal Texte in anderer Sprache
+ Geniale Atmosphäre– Rätsel sind nicht immer logisch
+ Lebendige Geschichte– Antworten passen nicht immer zum Gespräch
+ Toller Ansatz, da man selbst über das Schicksal einer virtuellen Figur entscheidet– Wann gespeichert wird, ist nicht klar erkennbar
+ Man kann Level immer wieder von vorne anfangen, wenn man einen Fehler gemacht hat– Soundtrack beinhaltet unangenehmes Tropfen

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Beatrice Eichhorn
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