Videospiele und das schwache Geschlecht: Lara Croft (Tomb Raider)

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Seit ich denken kann, gibt es für mich eine Videospieleheldin schlechthin. Das erste Mal Kontakt zu ihr hatte ich in der Grundschule, als eine meiner Mitschülerinnen als Lara Croft ging. Damals hatte ich noch keine Ahnung, wer das eigentlich war – mittlerweile weiß ich es. Und seitdem Square Enix beschloss, diese uns bekannte Lara Croft zu verändern, wollte ich schon immer einen Artikel darüber schreiben.

Schon einmal habe ich mich mit dem Thema auseinandergesetzt, da war Lara jedoch eine Überlegung wert, ob sie nun ein Symbol des Feminismus‘ oder des Sexismus‘ ist. Kann man sehen, wie man möchte. In diesem Artikel möchte ich mich jedoch über den Wandel der Figur auslassen. Lara Croft gehört für uns alle zum Urgestein der Videospiele: Wir erklommen mit ihr Berge, flohen vor Tigern (ich zumindest) und sammelten interessante Artefakte. Begleitet wurden wir dabei von Lara Croft, deren Vorzüge definitiv nicht nur in ihren ansehnlichen Kurven lagen. Sie war eine tolle Figur, die sich nicht beschwert hat, die einfach das gemacht hat, was wir von ihr wollten.

Doch schon bevor wir es mit dem Reboot der Reihe zutun bekamen, haben die Entwickler an unserer altbekannten Heldin experimentiert. Mal gab man ihr einen männlichen Partner zur Seite (Lara Croft and the Angel of Darkness), mal hatte sie ein kleineres Team an der Hand und doch blieb sie immer ein wenig unter sich. All diese Änderungen waren nicht schlecht und gaben der unnahbaren Heldin ein wenig mehr Menschlichkeit, sie fühlte. Sie war nicht mehr nur ein Sexobjekt für all jene, die Tomb Raider nur aufgrund der Kurven spielten. Sie wurde zu einer richtigen Figur, die immer noch gegen Gegner kämpfte. Für mich war sie zu diesem Zeitpunkt eine noch viel größere Heldin als jemals zuvor. Doch alles hat irgendwann ein Ende und so hat auch unsere Lara Croft, die seit 1996 in die Fußstapfen von Indiana Jones trat, irgendwann eine Neuauflage verdient.

Ob man diese Neuauflage, diese neue, junge Lara, jedoch mag, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier. Ich selbst werde einfach nicht mit ihr warm. 2013 schickte Square Enix Tomb Raider als Reboot ins Rennen, das zu einer Reihe wird und Lara dabei begleitet, wie sie mit jedem Teil wieder zu der Schatzjägerin wird, die wir kennen. Doch man hat aus ihr keine schlichte Tochter eines reichen Archäologen gemacht. Besonders in Rise of the Tomb Raider konnten wir sehen, dass sie mit ihrer Familie nicht sonderlich gut kann, wo sie für mich eigentlich immer nur eine junge Dame war, die ihr Familiengeheimnis lüften wollte (bspw. in Tomb Raider: Legend). Doch im DLC zu Rise of the Tomb Raider ist das allseits beliebte Croft Manor verfallen und müsste eigentlich abgerissen und neugebaut werden. Das ist sehr schade, denn Croft Manor war für mich in den früheren Teilen fast immer der Ort, an dem ich mich am liebsten aufhielt.

Doch nicht nur diese Änderung wurde an Lara vorgenommen. Sie wurde auch zu einer Überlebenskünstlerin, die in Tomb Raider von 2013 auf einer Insel strandet und zunächst um ihr Überleben kämpfen muss. Hier wurde versucht, eine Spur Realismus einzubauen, denn natürlich kennt sich die gute Lara nicht aus und hat noch nie getötet – weswegen vor allem zu Beginn des Spiels einige jammervolle Stunden über mich ergangen sind. Im Laufe des Spiels wurde das ein wenig besser, aber dennoch komme ich mit der neuen Lara nicht klar. Sie ist so unerfahren, so verweichlicht. Nicht einmal Lara in Tomb Raider IV: The Last Revelation war so schwach, obwohl wir dort zu Beginn mit einer 16-jährigen Protagonistin spielen. Ich möchte einen Charakter, mit dem ich wachsen kann oder der mich führt, doch Lara ist in ihrer Neuauflage für mich keines von beiden mehr.

Die alte Lara war für mich jemand, zu dem ich aufsehen konnte, doch der neuen Lara fehlt es erstaunlicher Weise an Tiefgang, obwohl sie diesen zu haben scheint. Doch durch die ganzen Änderungen, die ganzen neuen Hintergründe, wirkt sie für mich viel platter als in den ursprünglichen Spielen. Ob es daran liegt, dass ausgerechnet, Lara Croft überarbeitet wurde, weiß ich nicht. Vielleicht wäre es auch besser gewesen, wenn man einfach ein ganz neues Spiel geschaffen hätte.

Doch nicht nur charakterlich hat man Lara verändert, man hat ihr auch ein anderes Aussehen verpasst. Die Entwickler wollten keine Lara mehr haben, die auch das Cover der Playboy zieren könnte, so haben sie versucht, möglichst bei den üblichen Farben meiner Heldin zu bleiben, haben sie aber dennoch angepasst – vor allem vom geflochtenen Zopf ist man weggegangen und hat ihn in einen offenen Zopf verwandelt, der eine eigenständige Engine bekommen hat, die die Haare „lebendig“ werden lassen. Über das neue Aussehen kann man streiten, doch es passt zu ihr, zu einer jungen Lara, die noch zum Tomb Raider wird. Lediglich mit den offenen Haaren kann ich mich nicht anfreunden, da diese zunächst als Stock vorhanden waren (Tomb Raider auf der PlayStation 3) und später eine lebendige Engine bekommen haben und sich … kreativ verhalten (Rise of the Tomb Raider, PlayStation 4).

Ich weiß nicht, ob sich Lara für mich je wieder wie eine echte Lara spielen wird, ich hege aber große Zweifel, da die Entwickler immer mehr Survivalaspekte hinzufügen und es nicht mehr nur darauf ankommt, sich durch Gegner zu schießen und Artefakte zu finden, sondern auch in der Wildnis zu überleben. Dennoch bin ich gespannt und hege leise Hoffnungen, dass es irgendwann wieder besser wird. Irgendwann, wenn der Hype um Survival- und Stealthspiele nachgelassen hat.

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Beatrice Eichhorn
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