Entwickler und das schwache Geschlecht: Dontnod Entertainment

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Es gefällt mir, wenn ich in einem Videospiel die freie Wahl habe und auch einen weiblichen Charakter spielen darf, denn auf diese Weise habe ich ein bisschen Einfluss darauf, wie sich mein Charakter selbst darstellt. Von vornherein gefallen mir jedoch diese Spiele besonders gut, in denen der Protagonist bereits eine starke weibliche Hauptrolle verkörpert. Das gefällt mir gut, da ich mich auf diese Weise besser mit der Story identifizieren kann, denn der Charakter erlebt oft Dinge, die einem möglicherweise selbst auch passieren kann.

Was ich nur nicht mag, sind Entwickler, die sich selbst von ihrer eigenen Philosophie abwenden. Mein aktuell liebstes Beispiel ist hierbei Dontnod Entertainment. Als im Juni 2013 das Spiel Remember Me auf den Markt kam, wurden auch Gerüchte laut in denen es hieß, dass es Dontnod Entertainment schwer hatte, überhaupt einen Publisher für den Titel zu finden. Das Problem hierfür war relativ schnell gefunden: Im Jahr 2013 sah das mit den emanzipierten Hauptrollen noch ein wenig mau aus, zwar hatte auch Lara Croft ihr Comeback, doch Miss Croft ist bereits eine etablierte Größe.

So erkämpfte sich Dontnod Entertainment das Recht, dass Nilin als Protagonistin in Remember Me bestehen durfte und der Titel im Hause Capcom das Licht der Welt erblickte. Ein mutiger Schritt, wenn man bedenkt, wie oft der Titel zuvor abgelehnt wurde, weil es eine weibliche Hauptrolle gab. Doch Dontnod gab nicht locker und schuf eine für mich starke Figur, die ich mir auch heute gerne für ein Remake wünsche. Und Nilin solle nicht die einzige starke weibliche Person aus dem Hause Dontnod Entertainment bleiben.

Zwei Jahre später trumpfte das Studio mit einem Episodenspiel namens Life is Strange auf, das viele Spieler begeistert feierten und das nicht nur mit einer tiefgehenden Story um sich warf, sondern auch mehrere sehr starke weibliche Hauptrollen vorzuweisen hatten. Die männlichen Charaktere in dieser Reihe traten eher in den Hintergrund und überließen Max und Chloe das Feld. Trotz der weiblichen Figuren schlug Life is Strange ein wie eine Bombe und erschien im Hause Square Enix, die für gute Geschichten bekannt sind. Ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Im Jahr 2017 erschien dann Life is Strange: Before the Storm, das jedoch nicht mehr aus der Feder von Dontnod stammte, aber auch eine starke weibliche Hauptrolle im Life is Strange Universum darbot. Doch nun scheint Dontnod Entertainment eine Kehrtwende gemacht zu haben – oder sich doch mehr auf die Publisher eingelassen haben. Ich weiß es nicht.

Mit Vampyr verließ man die Riege der weiblichen Hauptfiguren und schuf einen männlichen Vampir, der sich mehr schlecht als recht in einem London des Jahres 1918 rumschlagen muss. Keine Vampirin, obwohl es im Spiel auch einen starken weiblichen Vampir gibt, doch dieser wirkt für mich nur wie ein netter NPC von nebenan. Wenn man der Historie von Dontnod Entertainment folgt, hätten wir im Grunde als weiblicher Vampir durch London ziehen müssen. Auf diese Weise hätten wir nicht nur das Vampirsein gelernt, sondern uns vielleicht gleich mit den Nachteilen beschäftigen können, die einen als Vampirin so erwarten. Möglich ist jedoch auch, dass Publisher Focus Home Interactive keinen weiblichen Vampir wollte – oder dass Dontnod einfach mal einen Wechsel vollziehen wollte.

Ich bin der Meinung, das beide Gründe zutreffen, denn im Zuge der E3 2018 kündigte das Studio gleich zwei neue Spiele an: Einmal Twin Mirror, das zwar wieder in die Richtung der Gedankenexperimente und Erinnerungen schlägt, aber einen Mann als Protagonisten hat, und zum anderen Die fantastischen Abenteuer von Captain Spirit, das schon einmal einen Vorgeschmack auf Life is Strange 2 geben soll. Auch dieses Spiel hat einen männlichen Protagonisten. Beide Spiele lassen mich daran zweifeln, ob wir jemals wieder eine starke weibliche Hauptrolle aus dem Hause Dontnod Entertainment zu Gesicht bekommen werden oder ob wir jetzt mit den langweiligen 08-15 Männern Vorlieb nehmen müssen.

Ich liebe Spiele, in denen die Frauen und Mädchen eine wichtige Rolle spielen und in denen sie nicht nur als schicke Dekoobjekte betrachtet werden, so wie es in anderen Spielen üblich ist. Momentan scheint sich der Großteil der Videospiele in diese Richtung zu entwickeln, doch Studios, die für mich der Inbegriff von weiblichen Protagonisten sind, tanzen plötzlich aus der Reihe.

Ich bin sehr gespannt, als was sich Life is Strange 2 entpuppen wird, denn zum aktuellen Zeitpunkt gibt es noch keine weiteren Informationen zum Spiel selbst. Vielleicht bekommen wir wieder eine weibliche Hauptrolle, vielleicht wird auch eher ein Mann diesen Part übernehmen. Und wenn dem so ist, so hoffe ich bitte auf entsprechenden Tiefgang. Möglich ist durchaus auch, dass die Spiele mit männlichen Figuren keinen narrativen Tiefgang haben, denn mit Jonathan konnte ich beispielsweise nicht so wirklich mitfühlen, während ich mit Chloe und Max ganze Tränenbäche geweint habe.

Ich bin wirklich gespannt, wie sich das Studio noch entwickeln wird.

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Beatrice Eichhorn
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