Ich weiß, ihr könnt es langsam nicht mehr hören, doch ich bin von Jessika fasziniert, als ich den Titel mit seinen Entwicklern auf der EGX 2019 in Berlin kennen lernte. Nun ist das Werk, in dem ich mehr über Jessika herausfinden darf, endlich erschienen und ich kann euch in meiner Review zum Spiel mehr verraten, über Jessika, über Abgründe und warum ihr unbedingt einen Blick riskieren solltet.
Meine Aufgabe
Dass meine Aufgabe in Jessika nicht leicht wird, war mir von Anfang an klar: Die junge Frau Jessika hat sich das Leben genommen und ihr Vater, zu dem sie schon einige Jahre keinen Kontakt mehr hatte, will wissen, warum sich sein kleines Mädchen umgebracht hat. Also durchforste ich ihre Festplatte nach allem Möglichen, was mir helfen könnte. Ich stoße dabei auf eine Art digitales Tagebuch, in dem Jessika über ihre Kindheit und ihre Jugend spricht. Und über ihren Hund Waldi.
Ich entdecke hierbei Dinge, die ich nicht entdecken möchte. Die ich niemals von einem Menschen hören wollte. Ohne euch sonderlich viel vom Inhalt zu verraten, kann ich euch sagen, dass Jessika durch wahre Begebenheiten inspiriert wurde, die unter anderem mit der NSU zusammenhängen.
Jessika ist eines der ersten Spiele, das mich wirklich, wirklich wütend gemacht hat. Ich musste ein paar Mal unterbrechen und tatsächlich eine Runde ums Haus gehen, weil ich so fassungslos war. Und versteht mich nicht falsch: Das liegt nicht, daran dass Jessika so schlecht ist, sondern dass das Spiel, die Geschichte und vor allem die Schauspielerin Lisa Sophie Kusz einen wahnsinnig guten Job machen und all die Emotionen richtig gut rübergebracht werden.
Lisa Sophie ist eine fantastische Schauspielerin, die sich für die Story von TriTrieGames vor die Kamera begeben hat. Ich nehme ihr jede Emotion auf, jedes „Ich finde mich selbst“. Ja, Jessika ist mein erstes Spiel mit echten Menschen, aber ich bin froh, dass es das ist, denn es hat mir Seiten an Menschen gezeigt, die ich nicht sehen wollte, aber sehen musste, um mehr zu verstehen.
Ich werde mehr über dich herausfinden
Natürlich kann ich nicht einfach nur mehr über Jessika herausfinden, in dem ich mich wild durch Dateien klicke: Viele der Dateien muss ich erst finden, denn sie sind mit einem Passwort geschützt und genau dieses Passwort muss ich herausfinden. Das bedeutet, dass ich ziemlich viele Begriffe einfach so in die Suche haue und hoffe, damit was zu finden. Sinnvollerweise höre ich Jessika in ihren Videos zu und benutze die Keywords, die sie verwendet, um mehr zu finden.
Am Anfang funktioniert das wirklich gut, doch später muss ich ganz schön kreativ werden. Doch es lohnt sich. Jedes Wort, das mir weitere Partikel zu Jessikas Vergangenheit und all dem bringt, das sie zu dem gemacht hat, die sie war, hilft mir weiter. Während sie mir am Anfang wirklich noch leid tat, habe ich sie fast angefangen zu hassen. Doch nicht unbedingt wirklich für den Menschen, zu dem sie wurde. Ich habe diese Menschen angefangen zu hassen, die sie in diese Situation gebracht haben. Die sie zwangen, so zu werden, wie sie wurde. Und dass ihr keiner geholfen hat, weil alle selbst in ihrer eigenen Misere festhängen. Uns fällt selten auf, wenn jemand unsere Hilfe braucht. Geschichten wie Jessikas sind keine Einzelfälle, es kommt nur immer darauf an, wie wir damit umgehen.
Damit ich als Profiler nicht zerbreche, bin ich übrigens permanent mit meinen Kollegen per Chat verbunden und kann auf diese Weise bestimmte Dinge bereits weitergeben. Auch wenn mich das manchmal ein bisschen sehr nervt, da es den Suchfluss stört. Doch, was mich auch wütend macht, ist mein Job. Ich bin ein Profiler mit Schweigepflicht. Ich darf nicht zur Polizei gehen, sondern muss darauf warten, dass Jessikas Angehörige das machen. Dass ihr Vater erkennt, welche Geschichte sich hier offenbart. Ich fühle mich so machtlos, obwohl ich all diese Informationen habe. Mir sind die Hände gefunden.
Jessikas Weg
Lisa Sophie Kusz spielt hierbei die Jessika im gleichnamigen Spiel und verleiht dem virtuellen Charakter eine richtige Persönlichkeit. Das macht sie nicht nur auf deutsch hervorragend, sondern auch auf Englisch. Hier wurde wirklich eine grandiose schauspielerische Leistung abgeliefert.
Jessika ist TriTrieGames‘ erstes Videospiel und dafür ist es ziemlich gut. Man merkt die Passion, die in jeder Ecke des Spiels steckt und das ist wirklich herausragend. Ein bisschen schade finde ich, dass jedoch das Notizbuch, das im Spiel integriert ist, nicht immer gut funktioniert. Manchmal ignoriert es, dass ich schreibe, manchmal bleibt es im Hintergrund. Das ist das einzige, was mich technisch wirklich an Jessika stört.
Ansonsten ist meine Maus noch ein bisschen bockig und es mag Touchpads nicht so richtig, aber das kann auch einfach an meinem Shadow liegen, der ohnehin manchmal mit Touchpads seine Herausforderungen hat. Andererseits könnte Jessika ein bisschen länger sein, bzw. ein kleines bisschen mehr Abwechslung bieten, aber das ist nicht weiter dramatisch, mir kam es nur trotzdem ein bisschen kurz vor.
Fazit: Bitte mehr solcher Spiele
Jessika und ich haben jetzt schon eine recht lange Beziehung hinter uns und ich habe jede Sekunde genossen. Auch wenn mich Jessika manchmal mehr als wütend gemacht hat, so lag das nicht am Spiel selbst, sondern an der Idee dahinter, dem wahren Kern der Story. Jessika selbst liefert eine hervorragende Story, eine grandiose Darstellung und ein wunderbares Gameplay, das es wert ist, sich anzusehen. Tatsächlich hatte ich nur wenige technische Herausforderungen, die kaum der Rede wert sind.
Jessika zeigt uns, was passiert, wenn wir nicht hinsehen. Wenn wir andere Menschen mit ihren Herausforderungen alleine lassen und ihnen nicht zur Seite stehen. Nicht immer muss jemand sagen, dass er uns braucht, viel häufiger müssen wir aufmerksam sein und die Zeichen richtig deuten, um rechtzeitig einschreiten zu können.
Ein hervorragendes Debüt eines neuen Studios, von dem wir hoffentlich noch weitaus mehr erwarten dürfen. Für Jessika gibt es deutlich mehr als nur eine Empfehlung.
Pro | Contra |
---|---|
+ Grandiose Umsetzung durch herausragende Schauspielerin | – Notizbuch funktioniert nicht immer |
+ Spricht wichtige Themen der aktuellen Geschichte an | – Chats zwischendrin reißen mich immer wieder raus |
+ Hervorragende Story | – Leichte Bugs |
+ Tolle Idee, tolles Setting |
Technik: 87
Grafik: 93
Sound: 92
Umfang: 81
Gameplay: 86
KI: 82
Spielspaß: 95
- Story: Jessika lässt euch erforschen, warum sich Jessika das Leben genommen hat und zeigt euch dabei, was passiert, wenn wir nicht aufmerksam genug sind.
- Frustfaktor: Nicht wirklich vorhanden.
- Nachhaltigkeitswert: Jessika hat nachhaltig zu sein. Es ist ein Spiel, das unbedingt verbreitet werden muss.
- Design/Stil: Hervorragende Umsetzung.
- Musik und Sound: Grandioser Sound.
- Preis-Leistungs-Verhältnis: 12,49 € sind für Jessika mehr als angemessen.
Offenlegung
Einen Review Key zu Jessika haben wir direkt vom Publisher erhalten.