Platinum Games Spiele waren für mich immer schon seltsam. Mit Bayonetta konnte ich nichts anfangen, Nier: Automata habe ich abgebrochen und dann wurde irgendwie Astral Chain angekündigt, auf das eigentlich eher Manuel gehypet war. Wie ich über den Titel auf der Switch denke, verrate ich euch in meinem Test zu Astral Chain.
Du bist DIE Einzige
Die Story in Astral Chain war für mich fast schon zu banal, um sie überhaupt in meinem Test zu erwähnen. Doch kurz zusammengefasst: Du bist Teil eines Zwillingspaares, entscheidest dich zwischen Junge und Mädchen. Hier ist für mich schon der erste unlogische Schritt in der Erzählung: In der Vorschau handelt es sich um eineiige Zwillinge, natürlich kann ich jedoch meinen Protagonisten vollkommen verändern, von Hautfarbe über Haar- und Augenfarbe. Ein kleines Detail, auf das man vielleicht in einem detailverliebten Spiel achten sollte. Aber, sei’s drum.
Ich entscheide mich als für die Protagonistin, die mit ihren Ohren auch Dumbo Konkurrenz machen könnte, aber vielleicht sind große Ohren auch nur ein Platinum Games Ding. Jedenfalls werde ich mit meinem Bruder zusammen zu einer besonderen Abteilung geholt und wir gehen natürlich zu einem Einsatz und, oh Wunder, wir werden schlimm angegriffen und in ein Portal gezogen. In Astral Chain steuert man übrigens sogenannte Legions, die mit einer Kette an mich gebunden sind, jeder in meiner Abteilung hat so eine Legion mit unterschiedlichen Fähigkeiten. In besagtem Portal passiert also das Unvermeidbare, ich spoiler jetzt nicht, aber ich verrate so viel: Natürlich bin ich die einzige, die ihre Legion behalten darf, natürlich habe ich besondere Verbindungen zu meiner Legion und natürlich bin ich die einzige, die die Menschheit retten kann. Astral Chain erfindet das Rad der Geschichte definitiv nicht neu und birgt für mich auch keinerlei Überraschungen.
Was mir unschön auffiel, war die Tatsache, dass ich direkt nach der Anfangsszene, in der ich bereits gelernt habe, wie ich mich bewege und dergleichen, erst einmal in den Trainingsraum musste, um nochmal zu lernen, wie man angreift oder läuft. Das habe ich nicht verstanden und ergab auch keinen Sinn, da ich dort kaum Neues gelernt habe. Ebenso verstehe ich nicht, wieso ich bei jedem Laden des Spielstands gefragt werde, ob ich meinen Schwierigkeitsgrad beibehalten will. Das nervt ein wenig sehr.
Ich sammle Legions und Augenzeugen
Astral Chain ist im Grunde eine Art Polizeispiel: Jede Mission beginnt damit, dass ihr Augenzeugen befragt und Informationen zum Aufenthaltsort der Chimäre sammelt. Das sind die Bösen im Spiel, neben den bösen Antagonisten menschlicher Form versteht sich. Hierzu kann ich mein Adlerauge benutzen, das hier auf den Namen IRIS hört. So kann ich beispielsweise Dinge erforschen oder Abläufe sehen, oder ich benutze meine Legion, um Leute zu belauschen, die vielleicht was gesehen haben. Ziemlich cool ist hierbei, dass ich nicht der Hauptstory folgen muss, sondern mich auch erst einmal auf die NPC konzentrieren kann. Das heißt, ich fasse einen Handtaschendieb dort oder ich schaue, dass ich einen Müllgeist enttarne. Das ist wirklich ziemlich cool und kenne ich so nicht aus anderen AAA Spielen. Platinum Games hat sich hierbei auch definitiv nicht lumpen lassen und bietet wirklich abwechslungsreiche kleine Quests dieser Art.
Auch bei den Hauptquest ist ein wenig Abwechslung geboten, jedoch eher in der Art der Gegenden und weniger in anderen Dingen. Herausragend, weil anders, war die Quest in der Tube, da man dort Verletzte retten musste, aber das war auch irgendwie das gröbste Highlight für mich. Ansonsten folgt in Astral Chain doch alles dem gleichen Muster: Ich sammle Legions. Das bedeutet, ich gehe beispielsweise mit Alicia, der die Tier-Legion gehörte, zu einer Mission und treffe in einem Portal die Tier-Legion, um diese dann zu besiegen und mir Untertan zu machen. So funktioniert das auch mit den anderen Legions, was wirklich ein wenig einschläfernd ist. Neben meiner Schwert-Legion, mit der ich das Spiel beginne, gibt es dann noch die Arm-, Bogen-, Axt- und Tier-Legion, die natürlich auch alle unterschiedliche Fähigkeiten haben.
Die kleinen Details, zu denen man gezwungen wird…
Ich habe Astral Chain zuvor wirklich auf Twitter bewundert, da ich Videos sah, wie Spieler die Toilette im Spiel benutzen oder Eis essen gehen. Ich dachte, dass Astral Chain hier wirklich auf Details achtet und die Welt lebendig werden lässt. Ja, ich dachte das. Bis ich mich durch die Ingameachievements gearbeitet habe: Die Toiletten und auch das Eis essen gehören natürlich dazu, wenn man alle Errungenschaften im Spiel haben möchten. Sogar das Wegwerfen von Dosen wird gesondert belohnt. Ich hätte es irgendwie cooler gefunden, wenn das eben einfach nur nette Gimmicks wären, die ich nicht unbedingt machen muss. Tja, wenn jemand aber quasi 100 % haben möchte, so wird er wohl mal müssen müssen. Das finde ich schade, denn ich dachte, dass Platinum Games mit Astral Chain irgendwie andere Wege gehen wird.
Übrigens: Ich erwähnte bereits, dass jede Legion in Astral Chain unterschiedliche Fähigkeiten hat. Diese sind natürlich nicht nur für das aktuelle Level relevant, sondern auch für vorherige, da man dann die Fähigkeiten nochmal nutzen kann, um wirklich 100 % zu bekommen. Das kenne ich bereits aus Spielen wie LittleBigPlanet oder den LEGO Spielen und schon da hat mich das genervt. Definitiv cool für Perfektionisten, für mich eher mau.
Grafisch, grafischer, am grafischsten?
Ich habe mittlerweile viel über Astral Chain gelesen und kann mich einigen Meinungen hierbei anschließen: Der Titel sieht ganz nett aus und vor allem das futuristische Zukunftsbild hat es wirklich in sich. Hier sieht man viel, vor allem hat mich die Werbung im Spiel inspiriert, weil sie so normal und gleichzeitig so futuristisch aussieht. Irgendwie schön. Auch sonst gefällt mir das Design ganz gut, also von den meisten Dingen. Von den beiden Protagonisten kann ich das jedoch leider nicht sagen. Mir gefällt das Design der beiden irgendwie nicht und ich kann es nicht so wirklich festmachen, aber beide wirken für mich wie irgendwelche 08-15-NPCs, die zufällig eine wichtige Rolle innehaben. Das ist vielleicht mal gut, dass die beiden nicht gleich wie Superstars aussehen, aber irritierend ist es für mich sehr. Vor allem am Anfang, wenn man das erste Mal auf Jin trifft, war ich sehr irritiert, weil Jin und mein Bruder irgendwie fast gleich aussehen – ich dachte erst, dass wir irgendwie mit Jin verwandt sind, aber wohl nicht.
Was mir jedoch in Astral Chain richtig gut gefällt, sind die Anpassungsmöglichkeiten. Ich kann meinen Charakter von oben bis unten immer wieder neu einkleiden oder die Haar- und Augenfarbe ändern. Das ist sooo cool, das ich es wirklich mindestens einmal nach jeder Mission mache, wenn ich zurück im Hauptquartier bin. Mir fehlt zwar ein kleines bisschen die Abwechslung in der Art der Kleidungsstücke, aber an sich bin ich wirklich sehr zufrieden damit. Ebenso kann ich auch meine Legions farblich anpassen und habe gleich erstmal eine Hufflepuff Farbpalette geschaffen. Astral Chain kann sich schon sehen lassen, hat jedoch auch einige grafische Hürden wie beispielsweise Clippingfehler und auch Kantenflimmern. Doch ist mir bisher nie die Framerate eingestürzt – ich spiele im Übrigen im Handheldmodus.
Geschwindigkeit im Kampfsystem kombiniert mit Fallübungen
Astral Chain hat ein ganz interessantes Kampfsystem, da ich mit mir selbst und der Legion kämpfe, die ich gerade ausgerüstet habe. Korrekt, ich steuere im Grunde zwei Charaktere gleichzeitig, auch wenn die Legion alleine kämpfen kann. Ich gebe zu, dass ich zu Beginn ein bisschen gebraucht habe, um das System zu verstehen und auch jetzt noch nicht ganz eingefleischt in der Steuerung bin, sodass ich doch hin und wieder einfach in Abgründe stürze oder irgendwelchen Murks mache, aber genau das macht mir Spaß. Besonders die Möglichkeit, innerhalb der Kämpfe meine Legion zu wechseln, macht es für mich unheimlich dynamisch und vielfältig. Bin ich zum Beispiel mit der Schwert-Legion ausgestattet, merke jedoch, dass ich hier nicht weiterkomme, so wechsle ich – wie auch meine normale Waffe – einfach entsprechend.
Ich selbst bin mit einer ziemlich coolen Waffe ausgestattet, die ich mal als flinken Schlagstock, mal als Pistole und mal als kräftiges, aber langsames Schwert führen kann. Jede Art hat unterschiedliche Vorteile, so wie es auch meine Legion hat, und das finde ich ziemlich cool. Vor allem, weil man in Astral Chain auch leichte Sprung- und Rätselpassagen hat und dann mit Hilfe der Legion Abgründe überwinden oder Schalter umlegen kann. Das gefällt mir wirklich gut. Was mir jedoch Astral Chain viel mehr bietet als andere Spiele ist, dass ich einen Gefährten an meiner Seite habe, der mich unterstützt, wenn ich es brauche und den ich so lenken kann, wie ich es will. Es ist keine dumme KI, die irgendwas Sinnfreies tut, sondern mein Freund – oder sagen wir, mein Astralsklave, der an einer Kette mit mir verbunden ist, aber zumindest mir gibt es das Gefühl, nicht mehr alleine zu sein.
Fazit: Mit der Kette verbunden sein?
Uff, so viel Gemeckere um Astral Chain, da kann es doch gar nicht gut sein, oder? Zwar hat Astral Chain viele Aspekte, die mich persönlich nerven, doch es ist am Ende ein recht solides Spiel, das eben vorgaukelt, auf Details zu achten und dann Kleinigkeiten vergisst. Das ist okay, das passiert bei AAA Titeln schnell mal. Ich mag das Kampfsystem, auch wenn viele es vielleicht eher verteufeln, doch für mich macht es genau den Reiz aus. Die unterschiedlichen Legions sind meine Kameraden geworden, mit denen ich gegen die Bösen kämpfe. Mir gefällt dahingegen der Ablauf der Story nicht, sie hält keinerlei Überraschungen für mich bereit, keine Tiefen, keine Höhen, stattdessen bin ich mal wieder die Einzige, die die Welt retten kann. Das Storyrad erfindet Astral Chain definitiv nicht neu. Und auch sonst bleibt der Titel irgendwie ein bisschen hinter allem zurück, die Grafik ist zwar okay und es ist auch cool, dass ich ein Eis essen gehen kann, jedoch werden vor allem diese Details zu einem Zwang, wenn ich das Spiel zu 100 % schaffen möchte. Nette, kleine, lebendige Details der Welt hätten mir besser gefallen. Ich bin bei Astral Chain ein wenig überfragt, wem man das Spiel empfehlen kann. Es ist schon ein nettes Actionspiel, und wer nicht unbedingt auf eine sensationelle und neue Story hofft, der ist auf jeden Fall gut beraten. Ich habe keine Ahnung, ob Fans von Platinum Games auf ihre Kosten kommen, es ist jedoch ein ganz „okayer“ Zeitvertreib.
Pro | Contra |
+ Interessanter Grafikstil | – Storyrad wird nicht neu erfunden |
+ Individueller Charakter | – Animationen mitunter eher kreativ |
+ Gutes Kampfsystem | – Tutorial nach Intro sehr albern, wird immer wieder eingeblendet |
+ Viele kleine Details, die die Welt fast lebendig machen… | – … die jedoch durch Achievements eher aufgezwungen sind |
– Ablauf immer identisch | |
– Beim Laden des Spielstands wird immer wieder gefragt, ob ich den Schwierigkeitsgrad beibehalten will | |
– Kantenflimmern und seltsame Schatten |
Technik: 77
Grafik: 80
Sound: 83
Umfang: 71
Gameplay: 74
KI: 79
Spielspaß: 68
- Story: Du rettest die Welt. Mal wieder. Mal wieder ganz allein. Nichts Besonderes, keine sonderlichen Tiefen.
- Frustfaktor: Zu Beginn aufgrund der Steuerung definitiv vorhanden, jedoch wenn man sich dran gewöhnt hat, geht es eigentlich.
- Wiederspielwert: Für mich nur bedingt vorhanden, für das Spiel jedoch schon, da man mit unterschiedlichen Fähigkeiten im Spiel an anderen Stellen in den Missionen weiterkommt.
- Design/Stil: Sehr interessanter Grafikstil. Eine passende Mischung aus ein bisschen Anime und normalem 3D.
- Musik und Sound: Sehr gut, passend auf jeden Fall zum Setting der Zukunft.
Vielen Dank an Nintendo für das Pressemuster zu Astral Chain.