Digimon Survive (Switch) im Test – Agumon entwickelt sich zu…

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Es ist nun etwas mehr als vier Jahre her, dass Bandai Namco bestätigte, dass Digimon Survive auch seinen Weg in den Westen finden wird. Damals hieß es noch, dass der Titel im Jahr 2019 erscheinen soll. Nun, vier Jahre, einige Krisen und Herausforderungen später, ist das Spiel aus digitalen Welt tatsächlich erschienen und lässt uns ein strategisches Abenteuer, in der es wohl ums Überleben geht, entdecken. Ich habe mir die Switch Version von Digimon Survive einmal genauer angesehen und erzähle dir in meiner Review, was ich gut finde und was mich stört. !B

Ein Junge mit schwarzen Haaren schaut neugierig zurück in die Ferne.

Willkommen in einer neuen Welt

Digimon Survive erzählt die Geschichte einer Gruppe Jugendlicher, die auf Klassenfahrt ist und gemeinsam zu einem Denkmal wandern möchte. Wie es der Zufall so will, ist der Weg versperrt, die Gruppe sucht einen Umweg und landet vor einem großen Tunnel, der so ein bisschen an Chihiros Reise ins Zauberland erinnert. Bevor sie den Tunnel – auf der Suche nach anderen Klassenkamerad:innen – betreten, beginnt es zu schneien, und plötzlich befinden sich die Jugendlichen in einer anderen Welt, in der es keine Menschen gibt.

Diese Beschreibung klingt fast wie ein Remake des Original Digimon Anime, geht dabei jedoch auf weitaus tiefere Sachen ein. Unter anderem haben sich die Kids der Serie selten um das Überleben an sich Gedanken gemacht. Dies spielt jedoch in Digimon Survive eine große Rolle, sodass ich besonders Teile am Anfang damit verbringe, Wasser und Nahrung zu suchen. Wer jetzt jedoch denkt, dass man sich hier durch eine 3D Welt arbeitet, um Kisten zu durchsuchen oder Büsche zu plündern, irrt. Digimon Survive wird wie eine Visual Novel erzählt, was bedeutet, dass ich nicht viel steuern kann, sondern immer nur beobachte, wie irgendwelche Bilder irgendwas tun und sehr hübsch gezeichnete Charaktere auf meine Aussagen reagieren.

Daneben habe ich Einfluss auf die Geschichte und die Beziehung zu den anderen Charakteren, da ich mit meinen Entscheidungen den Lauf der Dinge teilweise ändern kann. Das ist ganz nett, wird aber vor allem zu Beginn nicht wirklich erklärt, und so sammle ich mit meinen Entscheidungen erstmal Harmonie und Inbrunst, was das Zeug hält. Dabei hält sich Digimon Survive finde ich an vielen Kleinigkeiten viel zu lang auf, die vor allem Teile der Tutorials sind. Wie die Steuerung funktioniert zum Beispiel, obwohl die Funktionen der einzelnen Knöpfe auch dauerhaft am unteren Bildschirmrand angezeigt werden. Doch die Idee der Geschichte und deren Aufbau an sich finde ich gelungen und es motiviert, das Ganze im TV Modus zu spielen.

Etwas sehr schade finde ich jedoch die teilweise zusammenhangslosen Unterhaltungen und Handlungen. Ein beliebter Kniff in Videospielen findet nämlich auch hier Anwendung: Ich befinde mich im ersten Bosskampf, mache den Gegner eigentlich platt, weil ich durch den freien Kampf überlevelt bin, doch plötzlich kommt eine Cutscene. Meine Digimon liegen am Boden, Takuma – seines Zeichen Protagonist – ist den Tränen nahe, weil er denkt, gleich sterben zu müssen. Alles nur, damit wir einen Storykniff einbauen können. Ich hätte den Gegner auch ohne diesen Kniff erledigen können.

Oder die Sache mit dem Essen. Ich wanderte durch die verschiedenen Räume der Schule in der Digiwelt, als ich auf zwei Geister treffe, die mir sagen, dass es in der Turnhalle Nahrung gibt, die sich in einem kleinen Lager befinden. Also denkt Takuma noch, dass es gut wäre, zur Turnhalle zu gehen, so schreiten wir voran. Wir treffen dabei Aoi, fragen sie, ob sie was zu essen gefunden hat, sie sagt nein. Kurz darauf findet sie das Lager in der Turnhalle und Takuma tut plötzlich total überrascht. Leider gibt es so ein paar Szenen relativ häufig. !B

Koromon entwickelt sich zu…

Ich glaube, dass ganz vieles in der Übersetzung von Digimon Survive verloren gegangen ist, anders kann ich mir sonst die oben beschriebenen Dinge nicht wirklich erklären. Ebenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass es notwendig ist, dass Takuma immer nochmal hinterher die Szene zusammenfasst. Das ergibt irgendwie keinen Sinn. Was mich jedoch am meisten stört, ist die Übersetzung an sich. Plötzlich ist wieder von Einsteiger statt Rookie die Rede, ebenso von Entwicklungen statt von Digitationen, und die Digimon selbst wissen nicht mal, dass sie Digimon sind.

Ich weiß nicht, was genau hier vorgefallen ist, aber ich kann mich an keinen Moment erinnern, in dem Digimon nicht wussten, dass sie Digimon sind. Generell scheinen die kleinen Monster sehr wenig über ihre Welt zu wissen, dafür kennen sie aber einige der anderen Digimon und wissen, ob diese gut oder böse sind. Aber dass es nicht heißt „Koromon digitiert zu Agumon“ nehme ich ihnen sehr, sehr übel. Es wird zwar später im Laufe der Zeit aufgeklärt, das ändert jedoch nichts daran, dass ich den Kniff nicht gut finde und er mich gewaltig stört.

Was ich Digimon Survive dafür weniger übel nehme, ist die Art und Weise, wie du neue Digimon in dein Team integrieren kannst. Prinzipiell erstmal: Jede:r Jugendliche hat im Spiel ein eigenes Digimon, das zu ihm/ihr gehört. So hat Takuma, natürlich, Agumon, während Aoi zum Beispiel Labramon an ihrer Seite hat. Zusätzlich kannst du in den Kämpfen mit den gegnerischen Digimon ins Gespräch gehen, gibst du die richtige Antwort, hast du die Möglichkeit, die Digimon in dein Team zu integrieren, ohne mit ihnen zu kämpfen. Das finde ich eine nette Abwechslung zu zum Beispiel Digimon Story Cyber Sleuth, und das motiviert mich auch, manchmal eher zu reden, statt zu kämpfen. Zudem auch jeder Kampf, in dem ich nur rede, Erfahrungspunkte bringt, also win/win für alle. !B

Zu sehen ist Agumon (eine mittelgroße orangefarbene Echse mit großen weißen Klauen), erschrocken guckt und sagt "ICH HAB KEIN LEGUANGESICHT!!!!"

Ein strategisches Abenteuer

Neben dem Visual Novel Teil in Digimon Survive, über den sich die Geschichte selbst erzählt, gibt es auch noch strategische Kämpfe. Wenn du dich auf die Story vorbereiten möchtest, empfehle ich dir die freien Kämpfe, die dich gegen zufällige Gegner kämpfen lassen, die übrigens je nach Kapitel unterschiedlich sein können. Bei den freien Kämpfen hast du nicht nur die Möglichkeit, neue Digimon für dein Team zu sammeln, sondern auch zu trainieren und somit die Gegner in der Story alt aussehen zu lassen. Ziemlich gut finde ich auch, dass ich auf viele Kämpfe großen Einfluss habe: Ich kann die Schwierigkeit vor jedem Kampf ändern und die Digimon fast komplett aus meinem Team selbstständig auswählen. Nur manche Kämpfe erfordern festgelegte Digimon, aber das ist nicht weiter tragisch.

Die Kämpfe in Digimon Survive funktionieren alle strategischer Natur: Jedes Digimon hat ein Bewegungsraster, in dem es sich bewegen kann. Manche können gleich ganz viele Felder laufen wie Falcomon zum Beispiel, andere nur ganz wenige wie Kunemon. Bist du mit deinem Digimon in der Nähe eines Gegners, kannst du einen Angriff anwenden, der auch unterschiedliche Reichweiten haben kann. Jedes Digimon hat dabei einen normalen Angriff und einen Spezialangriff, was die Kämpfe nochmal ein bisschen auflockert. Und ganz nebenbei ist es auch noch relevant, zu schauen, in welcher Richtung dein eigenes oder das gegnerische Digimon steht, um so vielleicht einen gefährlichen Seitenangriff zu wagen.

Ebenso kannst du in diesen Kämpfen auch mit den Gegnern reden und kommst so vielleicht ums Kämpfen drum herum, dann hast du nur sehr viel Zeit im Ladebildschirm verbracht. Denn obwohl an sich nicht viel Sichtbares zu laden ist in Digimon Survive, sind die Ladebildschirme auf der Switch, die übrigens auch fast immer gleich mit speichern, recht lange sichtbar. Das frustriert ein bisschen, da auch die Kämpfe an sich sehr lange dauern, weil sich die Charaktere teilweise sehr langsam bewegen und so. alles. ein. bisschen. zäher. ist. Zumal man auch nicht vorspulen kann, um etwas zu beschleunigen. !B

So eine schöne Melodie

Eines meiner Lieblingsdinge an Digimon Survive ist tatsächlich der Soundtrack – zwar nicht unbedingt die japanische Synchro – aber die Musik an sich. Besonders das melodische Klavierstück findet sehr häufig Anwendung und wird sogar stellenweise von einigen Charakteren im Spiel gesungen. Das gefällt mir richtig gut und hat mir mal wieder einen Ohrwurm verpasst. Danke dafür. Doch auch sonst passen die Musikstücke sehr gut zu den Szenen und untermalen die Dramatik teilweise sehr passend.

Das kann man allerdings nicht von allen Soundeffekten sagen. So kann ich den Hüpfsound in den Kämpfen nicht mehr hören. Wenn die Digimon irgendwo runter- oder hochspringen, erinnert mich das Ganze eher an einen nassen Sack, der irgendwie landet, statt unterschiedliche Digimon. Das finde ich ein wenig schade, da doch auch hier Abwechslung möglich gewesen wäre, so ein bisschen wenigstens.

Ebenso gefällt mir der grafische Stil sehr gut. Zum einen sind die Charaktere in den Kampfsequenzen eher so chibimäßig, also kleiner und gestauchter, während sie in den Cutscenes wirklich gut und detailreich gezeichnet wurden. Am liebsten gefällt mir Aois Schreckanimation, wenn ihre Haare im wahrsten Sinne des Wortes zu Berge stehen. Im Gegenzug dazu gibt es manchmal jedoch Bilder und Szenen, die unscharf sind und wodurch ein bisschen die Schönheit der dargestellten Situation verloren geht. Doch das ist nicht weiter dramatisch.

Ein bisschen mehr habe ich mich jedoch darüber geärgert, dass nicht immer alle Knöpfe direkt beim ersten Mal funktionieren. Ganz oft ist es bei mir auf der Switch so, dass ich A drücke. Dann erfolgt auch das Geräusch für die Bestätigung des Knopfes, aber es passiert nichts. Erst beim zweiten Auslösen des Buttons geschieht dann etwas und die gewünschte Funktion wird ausgelöst. Das nervt manchmal ein bisschen in Digimon Survive. !B

Zu sehen ist ein rosafarbener Vogel (Biyomon), der eine Art graues Katzen-Hasen-Tier  (Gazimon) mit einem grünen Neonwirbel angreift.

Fazit: Wieder mal in die Digiwelt

Gamer's Palace Score: 68 von 100

Digimon Survive versucht sich an einer dunkleren und tieferen Umsetzung der Ursprungsdigimongeschichte und versetzt mich in eine düstere Visual Novel mit strategischen Kämpfen. Nicht immer kann mich dabei die Geschichte catchen, manchmal bin ich ob der verwendeten narrativen Logik eher verwirrt, denn zufrieden. Auch die strategischen, rundenbasierten Kämpfe haben ihren ganz persönlichen Charme, der durch den chibiähnlichen Grafikstil gut umgesetzt wird, generell bin ich fasziniert vom Grafikstil.

Unabhängig davon glaube ich jedoch, dass durch die deutsche Übersetzung einiges verloren gegangen ist und dass sich Koromon zu Agumon „entwickelt“ werde ich dem Übersetzungsteam vermutlich noch lange vorwerfen, trotz dass es zur Story gehört. Vermutlich hat mich dabei auch teilweise die Geschichte abgehangen. Digimon Survive* bringt viel Lesestoff als Visual Novel mit, auf den man sich einlassen muss. Unterstützt wird das Ganze von einem tollen Soundtrack, der nur hin und wieder durch plumpsende Sackgeräusche getrübt wird. Es ist ein interessanter strategischer Wurf, bei dem man sich definitiv auf die Art und Weise des Spiels einlassen muss, ich bin mit einigen spieltechnischen Entscheidungen nicht immer ganz so zufrieden wie erwartet. Aber vielleicht ist es ja genau das richtige Spiel für dich, dann wünsche ich dir super viel Spaß.

ProContra
+ Sehr schöner Soundtrack mit Ohrwurmgefahr– Kampfsystem teilweise viel zu langsam, Gegnerparts können nicht beschleunigt werden
+ Sehr schöner Anime und „Chibi“ Zeichenstil– Sound der Hüpfanimation bei allen Digimon gleich
+ Digimon durch Reden zum Team hinzugewinnen– Übersetzung sorgt teilweise für zusammenhangslose Gespräche, Narrativ nicht immer logisch und nachvollziehbar
+ Deutsche Übersetzung mit japanischer Tonspur– Teilweise lange Ladezeiten zu den Kämpfen, obwohl an sich nicht viel geladen wird
– Knöpfe reagieren nicht immer
– Zeichnungen an manchen Stellen unscharf
– Übersetzungen nicht angepasst

Offenlegung

Ich habe mir Digimon Survive* für die Nintendo Switch selbst gekauft.

*Als Amazon Partner verdienen wir unter Umständen an qualifizierten Einkäufen.

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Beatrice Eichhorn
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