Ich habe schon viel von Eastshade gehört, einem Spiel, in dem man in die Rolle einer Künstlerin schlüpft, die das geheimnisvolle Eastshade, das sie nur aus den Erzählungen ihrer Eltern kennt, selbst zu erkunden. Ich habe mir den Titel im Zuge des Xbox Game Pass angesehen und auf der Xbox One X getestet. Ob mich das Erlebnis wohl einfangen konnte?
Wir kentern!
Eastshade beginnt mit einem Schiffbruch. Ich weiß nicht, wer ich bin oder was genau ich da möchte. Das erschließt sich erst einige Spielminuten später, dennoch weiß ich nicht, wer genau ich bin. Ich weiß auch nicht, dass ich eine weibliche Spielfigur bin, was die Namensfindung vermutlich kreativ gestaltet. Ich erfahre, dass ich Eastshade besuche, einen Ort, den ich nur aus den Erzählungen meiner Eltern kenne, und den ich nun selbst kennenlernen möchte.
Laut Beschreibung bin ich eine Malerin, was mich daran am meisten faszinierte. Ich mag Spiele, in denen ich selbst malen kann – so wie Paspartout zum Beispiel. Auf ein ähnliches Intermezzo hatte ich mich hier auch eingestellt: Ich wandere einfach über Eastshade und suche nach schönen Motiven, die ich auf die Leinwand bannen kann. Stattdessen besteht meine Aufgabe darin, mit allen zu sprechen, die ich auf meiner Reise treffe und Quests anzunehmen. Das Malen selbst ist eher zweitrangig und mit zwei Knopfdrücken erledigt. Obwohl ich also eine Malerin in Eastshade bin, ist das nicht meine Hauptaufgabe. Irgendwie seltsam.
Doch einiges mehr noch ist merkwürdig in Eastshade. So darf ich nachts nicht draußen sein, denn dann erfriere ich und wache wenige Augenblicke später wieder im Gasthaus auf. NPC scheint das aber nichts auszumachen, denn die springen des nachts weiterhin fröhlich umher und gehen der immer gleichen Aufgabe nach. Lediglich die NPC in den Ortschaften wie Nava oder Lynwod haben offensichtlich einen Tagesplan bekommen.
Die Entwickler:innen haben versucht, eine lebendige Welt zu schaffen, doch wirklich lebendig ist hier nichts. Die Welt lebt einfach nicht. Klar, immer wieder finde ich gut inszenierte Dinge, die sich malen lassen, wie beispielsweise NPC, die auf Decken picknicken, aber lebendig sind die nicht. Ich kann nicht mit ihnen reden, sie reden auch nicht untereinander, sie sitzen einfach nur vor sich hin. Erfrieren nachts vermutlich und tauen mit den ersten Sonnenstrahlen wieder auf, um wieder nur zu sitzen. Schade.
Was mache ich hier eigentlich?
Ich finde es schade, dass ich nichts Klares zu tun habe. Dadurch, dass die Welt nicht lebt, bin ich auch kein wirklicher Teil von ihr. Ich spreche nur NPC an, lasse mir Aufgaben geben, und arbeite diese ab. Einen richtigen Flow gibt es dabei nicht, denn die Quests hängen nicht zusammen, und ich habe keinen klaren Faden. Das kann gut sein in bestimmten Dingen – und wäre auch super im ursprünglichen Konzept, dass ich eine Malerin bin, die einfach vor sich hin malt. Eastshade versucht, eine Art Story und Welt aufzubauen, doch es scheitert an der Übertragung.
Dann wandere ich eben einfach nur durch Eastshade und schaue mir die verschiedenen Landschaften an. Diese sind zwar leblos, dennoch finde ich die eine oder andere Stelle, die mir ganz gut gefällt. Allerdings fällt mir ziemlich schnell auf, dass auch die Landschaften teilweise ein wenig zusammenhangslos wirken. Es gibt Stellen, da schneiden sich die einzelnen Elemente richtig ab. Das sollte so nicht passieren – und da es ganz normale Wege sind, hätte das den Entwickler:innen auffallen sollen. Allerdings werden das vermutlich eher Kleinigkeiten sein, die normalen Spieler:innen nicht sonderlich auffallen.
Bei vielen Szenen im Spiel wurde sich dennoch sehr viel Mühe gegeben, sodass es Spaß macht, auch mal den Trampelpfaden abseits des Weges zu folgen und herauszufinden, wohin das eigentlich alles führt. Gerade das hat meinen Entdeckerdrang sehr angeregt. Nur schade, dass Eastshade in der first-person Sicht gehalten ist – eine Sicht, mit der ich einfach nicht warm werde, weil es sich anfühlt, als würde ich einfach nur eine Kamera auf Schienen beobachten und nicht wirklich laufen. Hier fehlen mir einfach Laufbewegungen – obwohl teilweise versucht wurde, auf so etwas einzugehen. Klettere ich beispielsweise irgendwo herunter, geschieht das deutlich langsamer. Ich habe die leise Hoffnung, dass mein Charakter dann wirklich klettert, aber beweisen kann ich es nicht.
Eine ganz nette Welt
Ich bin ein bisschen geprägt durch Titel wie Death Stranding, die eine fantastische Welt dargestellt haben, weswegen mir die Schönheit in Eastshade zwar auffällt, aber genauso auch die vielen Fehler. Die platten Assets zum Beispiel, die von vorne vorgaukeln, dass es wunderbare Hyazinthen sind, von der Seite betrachtet, sind sie jedoch nur ganz dünne Elemente, die dort eingesetzt wurden. Und so sind auch Bäume und Büsche gestaltet. So was finde ich schade, denn nur auf den ersten Blick wirkt es schön. Ich bin mir sicher, hier wären auch andere Assets drin gewesen. Spannend finde ich zudem auch die schwebenden NPC, die ich über dem Meer gesehen habe. Je näher ich kam, desto mehr verschwanden sie wieder im Ozean. Ob das ein Feature war?
Dennoch gibt es Orte, die einfach schön sind. Diese Orte gepaart mit dem wunderschönen Soundtrack sorgen dafür, dass ich wirklich einmal abschalten kann. Das sind Momente, in denen ich das Spiel wirklich genießen kann und ich mich einmal nicht darüber ärgere, wie platt die Welt ist oder wie sehr es teilweise auf der Xbox One X ruckelt. Manchmal ruckelt es so stark, da friert das Bild für einige Augenblicke ein. Dafür lerne ich sehr viel über die Welt an sich, in dem ich verschiedene Bücher und Texte lese und so etwas über Flora, Fauna und Gesellschaft lerne. Schade, dass diese Elemente nicht auch durch echte Fauna im Spiel sichtbar werden.
Ich hätte mir auch als Malerin mehr gewünscht, damit ich die Welt noch besser einfangen kann. Aber ob ich einen Screenshot mache oder ein Bild male, macht nur bedingt einen Unterschied, was ich wirklich sehr schade finde. Hier hätte ich mir ein bisschen mehr gewünscht. Vielleicht sogar, dass ich den Stil wähle, dass ich Farben mische, dass diese Bilder auch eine Bedeutung haben, dass sie wirklich entstehen.
Und das finde ich schade, denn so bleibt mir an Eastshade vermutlich nur die auf den ersten Blick hübsche Spielwelt, denn dem Rest fehlt es ein bisschen an Tiefgang und Weltverständnis.
Fazit: Nur ein flüchtiger Besuch
Eastshade bleibt für mich nur eine flüchtige Erinnerung an etwas, das auf den ersten Blick ganz nett und kreativ wirkt, doch bei genauerem Hinsehen immer mehr zu einer platten Welt versinkt. Das finde ich schade, denn Potential ist definitiv da: Ich bin Malerin und könnte meine Staffelei überall aufstellen – doch das Malen ist mit zwei Knopfdrücken erledigt und wird nicht zur wichtigsten Tätigkeit im Spiel. Stattdessen erfülle ich eine Quest nach der anderen, beobachte eine teilweise leblose Welt und sehe, wie scheinbar dreidimensionale Hyazinthen zu eindimensionalen Blättern werden.
Immerhin hat Eastshade Momente, die zum Verweilen einladen. Stellen, die wirklich, wirklich schön sind und bei denen ich die technischen Mängel, das Einfrieren des Bildschirms und die unsterblichen NPC, denen die nächtliche Kälte nichts ausmacht, vergessen und mich vollends auf die Umgebung und den wirklich gelungenen Soundtrack konzentrieren kann. Eastshade könnte ein schönes Spiel auf der Xbox One X sein, wenn es nicht so viele Macken hätte. Ich drücke die Daumen, dass die PC Version runder ist und dort Fans von first-person Walkingsimulatoren auf ihre Kosten kommen können.
Pro | Contra |
---|---|
+ Ich lerne über die Welt aus Büchern/Texten | – Dennoch ist die Welt teilweise leblos |
+ Wunderschöner Soundtrack | – Ständiges Einfrieren der Framerate |
+ Hübsche Stellen laden zum Verweilen ein | – NPC schweben oder clippen irgendwo rum |
+ Nette Idee mit der Malerei | – Malerei leider mit zwei Knopfdrücken erledigt |
– Während ich nachts erfriere, bleiben NPC unversehrt | |
– Grafik nur auf den ersten Blick schön, Assets oft platt | |
– Grafische Übergänge oft plump und hart |
Technik: 67
Grafik: 69
Sound: 92
Umfang: 76
Gameplay: 54
KI: 43
Spielspaß: 45
- Story: Eastshade lässt dich im gleichnamigen Ort viele Quests erledigen, hin und wieder malst du auch.
- Frustfaktor: Aufgrund der technischen Mängel gibt es bei mir doch einigen Frustfaktor.
- Design/Stil: Das Design ist nur auf den ersten Blick schön, bei näherem Hinsehen ist es jedoch sehr platt und wirkt lieblos (ist es bestimmt nicht, wirkt nur so).
- Musik und Sound: Der Soundtrack ist einer der stärksten Elemente im Spiel.
Offenlegung
Eastshade ist Teil des Game Pass Ultimate auf der Xbox, weswegen ich den Titel auf diese Weise testen konnte.