Lost Sea (Xbox One) im Test – Oberflächliches Survival-Abenteuer im Bermuda-Dreieck

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Die TV-Erfolgsserie LOST ist schon seit einigen Jahren abgeschlossen, aber der Gedanke, auf einer Insel zu stranden und ums Überleben kämpfen zu müssen, ist mittlerweile freilich der Gedanke vieler Survival-Videospiele geworden. In der hauseigenen Entwicklung Lost Sea wählt eastasiasoft nicht irgendeine x-beliebige Insel, sondern verfrachtet euch in ihre Interpretation des Bermuda-Dreiecks – Auf bis zu fünf Inselkomplexen könnt ihr dementsprechend ums Überleben kämpfen. Ob das die versprochene Tiefe und Vielfalt erreichen kann, klärt der Test.

Vorhersehbares Bermuda-Dreieck

eastasiasoft konnte für Lost Sea eine Featureliste zusammenstellen, die den Zeitgeist der (Indie-)Titel trifft: Survival, prozedurale Generierung, Permadeath. „Millionen von Inseln“ soll man im Bermudadreieck unsicher machen können, und wer tot ist, ist tot. Letzteres trifft auch absolut zu und ist gleichwohl ein ziemlich schwacher Aspekt von Lost Sea, doch dazu später mehr. Die Sache mit den vielen verschiedenen Inseln ist nicht ganz so, wie man es sich hätte vorstellen können.

Lost Sea hat insgesamt fünf verschiedene Inselkomplexe die jeweils über zehn Inseln umfassen. Nun müsst ihr euch nicht über jede dieser Inseln kämpfen, sondern eure einzige echte Aufgabe besteht darin, auf jeder besuchten Insel mindestens eine Navigationstafel zu sammeln, die euch den Weg zu einer weiteren Insel weist. Die Tafeln verfügen über verschiedene Reichweiten, sodass ihr euch dann entscheiden könnt, welche Insel ihr als nächstes ansegelt. Am Ende jedes Komplexes steht dann ein Bosskampf gegen einen jeweils fieser werdenden Piraten, bevor ihr zum nächsten Komplex aufbrechen dürft.

Nun erwartet euch in mehreren Durchgängen tatsächlich nie exakt die gleiche Insel zweimal, sondern sie unterscheiden sich in Größe und Aufbau, aber: Die Versatzstücke, aus denen die prozedural generierten Inseln gebaut sind, erkennt man sehr schnell wieder – An in Erinnerung bleibenden Levelstrukturen gibt es leider zu wenig, und so bekommt man bestimmte Lager von wilden Ureinwohnern, Flugzeugwracks oder andere Schauplätze viel zu oft zu Gesicht. Gleichwohl fehlen aber sonst echte Hingucker auf der Insel, die die Navigation erleichtern würden. Somit arbeitet man oft mit der Karte, wobei man mit der Zeit den Dreh raus hat und dann alleine mit dem Kompass, der einem jeweils die Richtung zum Schiff anzeigt, seinen Weg ganz gut zum Dock zurückfindet.

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Auch diesen Levelabschnitt seht ihr wirklich, wirklich oft.

Oberflächliches Gameplay

Lost Sea steuert ihr aus der Vogelperspektive und bisweilen fühlt man sich wie in einer abgespeckten Version von Diablo: Eure wichtigste Waffe ist die Machete. Mit dieser stückelt ihr die Gegner (Erfahrungspunkte für neue Fertigkeiten) auf der Insel ebenso kurz und klein wie Kisten (Münzen für Schiffsupgrades) und Büsche (ggf. Beeren für Heilung). Dieses grundsätzliche Gameplay spielt sich recht rasant und größtenteils auch gut. In Schatzkisten, die nur von Begleitern geöffnet werden können, die die entsprechende Fertigkeit beherrschen, gibt es weitere Items. Alle davon sind nur ein einziges Mal anwendbar, wobei einige ziemlich nutzlos sind (Bombe), andere wenigstens für ordentlich Schaden sorgen (Revolver) oder das Spiel etwas vereinfachen (kurzzeitiger Erfahrungsbonus, Unverwundbarkeit oder sofortiger Teleport zum Dock).

Mehr Tiefe wäre nicht nur hier, sondern auch bei den schon erwähnten Begleitern wünschenswert gewesen: Andere Überlebende tummeln sich recht zahlreich auf den Inseln. Sie kämpfen leider nicht mit euch, sondern laufen euch nur stur hinterher, was teilweise auch für Ärgernis sorgt: Insbesondere wenn man mal vier Begleiter dabei hat (mehr geht nicht), verhaken sie sich gerne an Kanten, weil sie euch eben einfach nur in einer geraden Linie folgen, aber nicht selbsttätig agieren. Ebenso wird es dann chaotisch, wenn ihr im Kampf mit mehreren Gegnern seid – Dann könnt ihr kaum verhindern, dass die Begleiter in den Angriffen der Gegner stehen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sie im späteren Spielverlauf reihenweise wegsterben. Frustrierend und ärgerlich.

Ihre Fertigkeiten sind indes nützlich, aber auch an einer Hand abzuzählen – Man braucht sie eben, um Kisten zu öffnen oder ggf. Brücken zu bauen, wobei nichts davon essentiell ist. Nicht missen möchten wir einen Begleiter mit Heiligenschein, denn er belebt uns einmalig wieder, falls wir sterben sollten. Ebenso nützlich sind die Begleiter, die unsere Angriffe stärker machen oder dafür sorgen, dass wir mehr Erfahrungspunkte bekommen. Bahnbrechend ist das Erlebnis mit den dümmlichen Mitläufern aber nun keineswegs.

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Begleiter gibt es viele – Ihre möglichen Eigenschaften sind von der Anzahl her überschaubar, aber teils durchaus nützlich.

Pause? Kannste knicken!

Lost Sea fehlt ganz eindeutig die Tiefe, Abwechslung und Vielfalt, die man von dem Abenteuer hätte erwarten können. Das zeigt sich auch mit Voranschreiten durch das Bermuda-Dreieck: Die verschiedenen Inselkomplexe unterscheiden sich nur optisch, meist sogar nur farblich, und durch ihre zahlreicher und schwieriger werdenden Feinde. Spätestens ab dem dritten Levelkomplex wird das Erlebnis ziemlich frustrierend, zumindest dadurch, dass die Begleiter pausenlos wegsterben. Richtig sinnvolle Upgrades für die Spielfigur oder das eigene Schiff gibt es dann auf Dauer, wenn man endlich genügend Erfahrungspunkte und Münzen hat, leider auch nicht mehr. Auch weitere interessante Ansätze im Gameplay sind leider ungenutzt geblieben: Tag- und Nachtwechsel gibt es zwar, ist aber eine ebenso rein optische Angelegenheit wie so vieles andere in Lost Sea, inklusive der Charakterauswahl zum Spielbeginn. Nachts regnet es auf den Inseln übrigens immer!

Lost Sea bietet sich so eher für eine Runde zwischendurch an, und irgendwo merkt man, dass eastasiasoft bisher nur Mobilegames entwickelt hat – Wie ein solches fühlt sich Lost Sea vom Tiefgang und der Komplexität her nämlich an. Der rasant steigende Schwierigkeitsgrad/Frustfaktor passt auch dazu, und auch technisch wie optisch fügt sich Lost Sea hier problemlos ein. Leider haben die Entwickler aber einen ärgerlichen und nicht nachvollziehbaren Kniff beim Gameplay gemacht: Euren kompletten Spielfortschritt verliert ihr nämlich nicht nur beim Tod der Spielfigur, sondern auch beim Beenden des Spieles.

Kurz gesagt: Lost Sea hat kein Speichersystem. Beendet ihr das Spiel oder kehrt bloß zum Hauptmenü zurück, fangt ihr wieder ganz von vorne an. Das Spiel verlangt also von euch, in einer einzigen Sitzung durchgespielt zu werden. Dass man sich direkt zu den einzelnen Inselkomplexen teleportierten kann, hilft da nur bedingt: Zwar bekommt man Münzen und Erfahrungspunkte auf Basis der im letzten Durchgang gesammelten Navigationstafeln, aber schon ab dem dritten Level reicht das nicht mehr aus, um einen halbwegs flüssigen Start hinlegen zu können.

Letztlich fragt man sich, für welche Spieler Lost Sea gemacht ist: Anspruchsvollen Spielern, die sich durchbeißen wollen, dürfte ebenso schnell die Puste ausgehen wie denen, die sich einfach für eine bequeme Runde mit Lost Sea auf der Couch niederlassen wollen. Für beide gibt es wenig Abwechslung, wenig Vielfalt, und vor allem wenig Belohnung. Lost Sea ist vielleicht einfach zu kurzweilig. Die Lösung des Problems wäre ein ganz simples Speichersystem gewesen, sodass man einfach mal Pause machen und später doch wieder weiter spielen kann!

Fazit: Viele vergebene Chancen

Lost Sea möchte ein großes Survival-Abenteuer für Konsolen sein, bietet aber zu wenig Tiefgang, Komplexität und Anspruch, um nachhaltig über das Niveau eines kurzweiligen Mobilegames hinauszukommen. Lost Sea hat viele gute Ansätze, aber die meisten werden nur oberflächlich genutzt oder sind rein optische Angelegenheiten. Ärgerlich sind dazu Dinge wie die Begleiter, die nur wenige wirklich nützliche Fertigkeiten haben, dafür aber als dümmliche Mitläufer viel zu oft in Attacken von Gegnern stehen oder sich an Ecken festhaken. Größtes Ärgernis: Permadeath ist schön und gut, aber Lost Sea verfügt nicht einmal über ein Speichersystem innerhalb eines Durchgangs, sodass ihr allen Fortschritt verliert, wenn ihr das Spiel beendet. Der kleine Startbonus beim nächsten Spielstart hilft da auch nicht weiter. Lost Sea ist wirklich kein schlechtes Spiel und ihr werdet wohl für einige Runden zurückkehren, aber viele mittelmäßige Teile ergeben eben auch nur ein mittelmäßiges Spiel. Eine große Aufwertung im Spielspaß würde das Spiel bekommen, wenn man unterwegs speichern und so den kurzweiligen Charakter nutzen könnte!

Pro Contra
+ Sehr kurzweilig… – … muss aber in einem Durchgang durchgespielt werden
+ Viele interessante Gameplayansätze… -… die selten ausgebaut werden
+ Viele verschiedene Begleiter… – … die sich als dümmliche Mitläufer entpuppen
+ Fertigkeitenausbau und Schiffsupgrades kosten viel – Tag- und Nachtwechsel rein optisch
+ Interessantes Navigationstafel-Konzept – Inselkomplexe ohne spielerische Besonderheiten
+ Brauchbare deutsche Übersetzung – Versatzstücke der prozedural generierten Inseln wiederholen sich zu oft

Technik: 61

  • Grafik: 67
  • Sound: 75
  • Umfang: 77
  • Gameplay: 58
  • KI: 28

Spielspaß: 64

Einzelspieler

  • Story: Gestrandet im Bermuda-Dreieck. Mehr Story gibt (und braucht) es in diesem Fall nicht.
  • Wiederspielwert: Durchaus hoch – Lost Sea überzeugt durch Kurzweil, bestraft euch aber für kurze Spielrunden.
  • Frustfaktor: Stellenweise sehr groß. Stichwörter: Dümmliche KI, Fortschrittsverlust beim Beenden des Spieles.
  • Design/Stil: Gelungen. Technisch keinesfalls herausragend, aber immerhin flüssig. Insgesamt nett anzusehen
  • Musik/Sound: Die Musikuntermalung ist passend und dudelt dauerhaft im Hintergrund vor sich hin. Nichts Großartiges, aber auch nicht schlecht.

Informationen zum Testgerät (Xbox One)
Plattform: Xbox One
Edition: Standard (500GB), ohne ausgetauschte Hardware
Hardware: Titel auf externer Festplatte (2TB, USB 3.0)
Alter des Geräts zum Testzeitpunkt: 1 Jahr, 8 Monate

Wir bedanken uns bei eastasiasoft für das Pressemuster zu Lost Sea!

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Manuel Eichhorn
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