Hach ja, die Sache mit Ubisofts The Crew und mir war ja eher so eine Hassliebe – ganz einfach standen zu viele vermeidbare Schwächen und eine veraltete Technik nur wenigen echten Stärken gegenüber. So eine kleine Weile habe ich mir dann geschworen, es mit Ubisoftspielen einfach zu lassen – bis Assassin’s Creed Origins kam. Und dann landete vor ein paar Tagen eine Betaeinladung zu The Crew 2 in meinem Postfach. Also hieß es für mich: Ab hinters Steuer. Die ersten Eindrücke und warum ich mich jetzt aufs Spiel freue, lest ihr hier.
Ein echter Nachfolger
The Crew 2 ist seit langem wieder mal ein Spiel, das bei mir dieses Gefühl auslöst, das viel mehr Nachfolger auslösen sollten: Zum einen, dass das Spiel zwar durchaus mit dem Vorgänger verwandt ist und einige Parallelen aufweist, aber zum anderen, dass alles irgendwie schöner, größer und besser ist. Ja, es ist auch richtig: Schöner als The Crew zu sein, ist gerade dreieinhalb Jahre später auch keine Herausforderung und war es auch schon damals nicht. Aber dadurch, dass der Erstling grafisch eher in der letzten Konsolengeneration steckengeblieben war, wirkt Ivory Towers neues Spiel jetzt erst wie ein Sprung um eine ganze Konsolengeneration.
Ob The Crew 2 wirklich größer ist, kann ich noch nicht abschließend beurteilen. Ein komplettes Gefühl für die Größe der Spielwelt hat sich noch nicht entwickelt – auch, weil man mit den in der Closed Beta zur Verfügung stehenden Events doch recht schnell durch ist. Beim Herauszoomen aus der Map oder wenn man mit seinem Flugzeug unterwegs ist und mal von irgendwo in der Pampa nach Seattle fliegt, entwickelt sich ein allmählich ein Gefühl für die Spielwelt. Übrigens geht es wie im Vorgänger wieder einmal quer durch die USA – allerdings ist optisch nun alles anders.
Und besser? Oh ja, zumindest fühlt es sich bisher so an. Besser geht irgendwie in diesem Fall auch mit größer einher, denn auch seinen ganzen Genrekollegen hat The Crew 2 ganz einfach eine Sache voraus: In welchem Open-World Rennspiel hat man denn bitteschön neben seinem Auto auch noch ein Boot und ein Flugzeug zur Verfügung, mit denen man nicht nur Events absolvieren, sondern gleich noch nahtlos zwischen den Fahrzeugen wechseln kann? Das ist einfach sowas von genial, und ja, der Wechsel ist tatsächlich (fast) jederzeit möglich, außer, das Spiel beschließt, es ist nicht genug Platz. Wasser in der Nähe? Also fix mit dem Auto drauf zu fahren und dann rechtzeitig über das einfache Menü zum Boot wechseln und mit einem Platsch im Wasser landen. Oder mit dem Boot an den Strand und fix zum Auto wechseln, oder einfach mitten in der Luft zum Auto wechseln und sanft auf dem Boden aufsetzen … einfach Wahnsinn!
Ein Spielplatz voller Potentiale
In der Beta hat die Spielwelt teilweise noch etwas leer gewirkt und an vielen Stellen gab es rein gar nichts zu tun – allerdings ist hier natürlich davon auszugehen, dass das im fertigen Spiel ganz anders aussieht. Ubisoft hat zwar in den letzten Spielen schon deutlich dazu gelernt und weiß, dass es nicht auf jedem Quadratmeter vier verschiedene mit Symbolen markierte Aktivitäten geben muss, allerdings bieten sich die frei befahrbaren USA in The Crew 2 natürlich dafür an, jede Menge Rekordjagden, Sprünge, Radarfallen und sonstiges zu bieten. Davon waren in der Beta nicht allzu viele sichtbar, wovon absurderweise die meisten auch nicht spielbar waren, weil man den nötigen Rang in der Beta gar nicht erreichen konnte – schade.
Unter Beweis gestellt hat das Spiel auf jeden Fall schon, dass auch die normalen Events sehr abwechslungsreich sind. Mit Landfahrzeugen gibt es neben normalen Straßenrennen natürlich auch Offroad-Events, bei denen man sich die Strecken sogar selbst suchen darf. Mit Zweirädern darf man ebenso unterwegs sein wie mit Buggys und vielem mehr. Dass The Crew 2 mehr Abwechslung bieten wird als die Konkurrenz, steht jetzt schon fest. Beweisen müssen sich für mich noch die Events in der Luft. Es gab vielversprechende, noch nicht spielbare Missionen, die spielbaren Stuntshows fand ich eher stumpf, wenn man auf Kommando immer wieder die gleichen Aktionen wie Loopings oder Rollen ausführen muss. Das Ganze einfach frei in der Open-World zu machen und so Follower zu sammeln oder die sonstigen Aktivitäten abseits der Events zu nutzen (z.B. Tiefflug in Yosemite), hat mir da wesentlich mehr Spaß gemacht.
Spaß ist generell ein gutes Stichwort, denn um nicht mehr und nicht weniger geht es in The Crew 2 – dazu hat man sich auch von einer dieser typischen Rachestorylines, wie sie der Erstling noch bot, verabschiedet und bietet diesmal einfach das riesige Event an, an dem ihr als neuer Rennfahrer teilnehmt und ganz nach oben wollt – deshalb auch das Followersammeln für quasi jede Aktion. Eine Story mit persönlichen Kontakten gibt es natürlich dennoch – die Frage wurde schon aufgeworfen, wie man solche Rennen beispielsweise legal machen kann. Inwieweit man diesmal hier eine auf Dauer annehmbare Story bietet, muss sich noch zeigen.
Zum Spaß in einem Rennspiel gehört natürlich auch das Anpassen der Fahrzeuge. Auch hier scheint The Crew 2 gut aufgestellt zu sein – sowohl, wenn es um die technische, als auch die optische Seite des Tunings geht. Sehr cool: Neue Teile sammelt man als Loot, und zwar als echten Loot. Nach den Rennen landet einfach ein kleines Paket vor euch auf der Straße oder im Wasser (fahrt nicht zu schnell, sonst rauscht ihr eventuell vorbei), das ihr einsammeln könnt. Ebenso gibt es immer wieder „Lootboxen“ bzw. Belohnungskisten, die einfach in der Welt herumstehen. Diese kann man mit einem Radar aufspüren und dann die Belohnung daraus kassieren. Das ist gut gelungen und in dieser Form auch was Neues.
Alte Schwächen blitzen durch
Ich bin bislang wirklich angetan von The Crew 2 und glaube beispielsweise auch, dass es Forza Horizon 4, das ebenfalls noch in diesem Jahr erscheinen wird, ziemlich schwer haben wird, außer, es macht auch einen bedeutenden Schritt nach vorn – und das soll schon was heißen. Auch technisch machte The Crew 2 auf der Standard-PS4 eine extrem gute Figur. Abseits von einigen Objekten, die sich in der Ferne gut erkennbar aufbauten, gibt es wenig zu meckern und es ist wirklich ein deutlicher Schritt nach vorn, vor allem wenn es um die Darstellung von Wetter- und Lichteffekten geht.
Dennoch bin ich bei einigen Dingen noch skeptisch, denn in manchen Momenten ließ sich erahnen, dass Ivory Tower an einigen Schwächen des Vorgängers eben doch nicht gearbeitet hat. Ein Punkt, der mir noch etwas Sorgen bereitet ist die KI, denn hier zeigten sich in manchen Events deutliche Gummibandneigungen – und zwar immer an den gleichen Stellen, an denen ein Großteil des Feldes plötzlich einfach aufholte. Ziemlich nervig, aber dadurch auch ausnutzbar. Sollte so allerdings nicht sein.
Auch die Kollisionsabfrage erinnerte mich in weiten Teilen an den Vorgänger. Während die Fahrphysik top ist, ebenso wie das Verhalten der Boote und Flugzeuge, sind Kollisionen an Land teils spaßig, weil einen sowohl Verkehrsteilnehmer als auch Hindernisse wie Bäume manchmal gut gemeint ablenken, sodass es nicht kracht, oder aber die Kollision ist ziemlich stumpf. Ein richtiges Schadensmodell scheint es auch nicht zu geben. In manchen Situationen ist dieses Verhalten hilfreich, zum Beispiel auf Offroadstrecken, denn manches Mal kann man einfach weiterfahren, obwohl man seinen Wagen eigentlich gerade um einen Baum gewickelt hat – ich kenne das Verhalten schon aus dem Vorgänger und fand es schon damals ziemlich lächerlich. Hier glaube ich leider kaum, dass noch nachgebessert wird, ebenso könnte sich das Thema KI also doch noch als Schwäche von The Crew 2 erweisen.
Fazit: Lust auf mehr – und eine Portion Skepsis
Auf dem Papier hat The Crew 2 alles, um das Rennspiel des Jahres zu werden. Eine riesige Spielwelt und drei verschiedene Arten, Rennen zu bestreiten – zu Wasser, am Land oder in der Luft. Definitiv könnte Ivory Towers Interpretation der USA ein Traumspielplatz für alle Rennspielfreunde werden und mitunter auch dem kommenden Forza Horizon 4 das Leben wirklich, wirklich schwer machen. Voraussetzungen: Die Potentiale auch auf Dauer gut nutzen, eine bessere Onlinekomponente als im Vorgänger anbieten (hier war ein ausführlicher Eindruck in der Beta noch nicht möglich) und dafür sorgen, dass noch durchblitzende Schwächen wie die KI und das Kollisionsverhalten nicht allzu stark negativ auffallen. Ich hoffe, dass die Entwickler doch auch noch aus dem Vorgänger gelernt haben, denn sonst scheint The Crew 2 – auch technisch – auf einem sehr guten Weg zu sein.
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