Papers, Please (Steam) im Test – Dystopische Geschichte mit Kontrollzwang

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“Herzlichen Glückwunsch, Sie wurden in der staatlichen Oktoberlotterie ausgewählt! Sie dürfen nun an der Grenze nach Arstotzka dafür sorgen, dass nur berechtigte Personen Eintritt in unser schönes Land erhalten! Sollten Sie Ihrem Job nicht nachkommen, erwartet Sie das Gefängnis! Wir wünschen viel Vergnügen.” Etwa in der Art werdet ihr im Steam-Spiel Papers, Please gleich zu Beginn begrüßt, doch was genau erwartet euch? Wir haben einen Blick auf das kleine Spiel mit Kontrollzwang geworfen und verraten euch im Test, was wir davon halten.

Es lebe Arstotzka!

Papers, Please spielt in einem fiktiven Land namens Arstotzka, das beschloss, die Grenzübergänge zu öffnen und das Reisen auch in andere Länder zu erlauben. Ihr selbst schlüpft dabei in die Rolle des Grenzbeamten und dürft den ganzen lieben langen Spieltag nichts anderes machen, als Leute entweder durchzulassen oder abzuweisen. Langweilig? Einfach? Pah! Ihr habt die Rechnung auf jeden Fall ohne das sehr kreative Studio 3909 gemacht, denn Papers, Please ist weder langweilig noch wirklich einfach, sofern man sich darauf einlässt.

Das Ganze hat nämlich einen Survivalaspekt, von dem sich andere Spiele noch eine Scheibe abschneiden können. Jeder Tag steht nämlich auch unter Zeitdruck, da ihr eine bestimmte Anzahl an Bittstellern abfertigen müsst, sodass ihr am Ende des Tages auch genügend Geld verdient habt, um eure vierköpfige Familie mit Nahrung und Heizung zu beglücken – die Miete will auch täglich bezahlt werden. Somit müsst ihr nicht nur darauf achten, dass ihr alles richtig macht, sondern auch, dass ihr schnell genug seid. Aber keine Panik, das pendelt sich nach einer Weile der Übung ein.

BildZu Beginn jeden Tages erhält man eine Agenda

Die Probleme des Grenzbeamten

Wer dachte, es wäre einfach, an einem Grenzübergang zu sitzen, der täuscht sich. Zunächst ist es einfach, denn ihr dürft nach Arstotzka nur Leute lassen, die auch aus dem tollen Heimatland stammen, doch das ändert sich. Es wird schwieriger – und kniffliger. Manche beispielsweise sehen aus wie Männer, doch im Pass steht, dass es sich um Frauen handelt. Also müsst ihr einen Ganzkörperscan machen und staunt manchmal, was euch da dann unter die Augen kommt. Papers, Please arbeitet übrigens komplett mit Nacktheit, wer das nicht will, kann das im Menü ausstellen.

Doch nicht nur das. Man muss wirklich beim Überprüfen der Dokumente aufpassen, da sich manchmal auch Kleinigkeiten ändern. Am “nettesten” ist es, wenn die auszustellende Stadt mit nur einem Buchstaben vom Protokoll abweicht und man das als Spieler nicht gleich sieht, da landet die erste Verwarnung schon mal schnell auf dem Tisch. Aber der dritten pro Tag wird übrigens etwas von eurem Gehalt abgezogen, also Vorsicht!

Ach, übrigens: Shooter-Freunde kommen auch ab und an auf ihre Kosten, denn nach einigen Tagen im Dienst erhaltet ihr den Schlüssel um Waffenstand und könnt dann bei einem Überfall auf den Grenzübergang auch direkt zur Waffe greifen, um den Angreifer entweder zu töten oder zu betäuben, das ist ganz euch überlassen. Wer hier richtig zielt, darf sich auch über einen kleinen Bonus freuen. Apropos, freuen: Papers, Please hat einige äußerst amüsante Geschichten parat. Beispielsweise werdet ihr sehr häufig auf Gorki treffen, der es mit allerlei Mitteln versucht, über die Grenze zu kommen.

BildDas muss man unter anderem alles überprüfen.

Drama, Baby

Doch Papers, Please bietet nicht nur Grund zur Freude. Es hat eine tiefgehende und ergreifende Geschichte, auf die man sich einlassen muss. Gleichzeitig muss man auch viele Entscheidungen treffen: Helfe ich der bösen Geheimorganisation? Lasse ich den Kindermörder durch? Unterstütze ich das Ehepaar, auch wenn ihr Pass ungültig ist? Weise ich den Zuhälter ab, obwohl mich eine Prostituierte gebeten hat, der er sie sonst umbringt? Es stellen sich viele Fragen, doch es gibt keine richtigen Antworten. Entscheidet man sich, den Leuten zu helfen, winken oft Verwarnungen. Hilft man ihnen nicht, kann man das Ergebnis sehr oft am nächsten Tag in der Zeitung lesen.

Schade ist es dabei nur, dass man selbst keine Antworten geben kann, sondern alle Ereignisse gescriptet sind. Auch die Reihenfolge der Ereignisse variiert nicht, sodass man theoretisch jeden Tag auswendig lernen könnte, um am Ende erfolgreich zu sein. Das ist schade und nimmt dem Ganzen wiederum die Realität. Hier hätte man sich etwas mehr Freiheit gewünscht. Ebenso ist manchmal nicht ganz klar, was man machen soll. Zum Beispiel wenn sich der Grund der Einreise nicht mit dem deckt, der im Gespräch angegeben wurde. Soll man die Leute trotzdem durchlassen, auch wenn sie im Prinzip das erste Mal gelogen haben? Man kann lediglich auf Nachfrage die richtige Antwort erhalten.

Untermalt wird das Ganze übrigens von einer sehr bedrückenden Melodie, die einem auf die Nieren gehen kann und für die richtige Stimmung sorgt. Aber nicht nur die Musik trägt dazu bei, sondern auch die Grafik, die in bedrückenden Farben daherkommt, obwohl sich manchmal ein bisschen mehr Mühe hätte gegeben werden können.

BildDies ist eine der Entscheidungen.

Vielfalt der Enden

Papers, Please greift auf eine Vielzahl verschiedener Enden zurück: Erhaltet ihr viele Verwarnungen, könnt ihr eingesperrt werden. Helft ihr der bösen Geheimorganisation, winkt möglicherweise die Todesstrafe. Seid ihr ein guter Beamter, erhaltet ihr eine Belohnung. Um nur einmal ein paar zu nennen, es gibt noch viel mehr Enden, für manche müsst ihr jedoch vorsichtig sein, da sie sich nur geringfügig von anderen unterscheiden. Allerdings ist es etwas blöd, dass sich viele Enden wiederum kaum voneinander unterscheiden, da viele einfach mit Gefängnis oder Todesstrafe enden, nur die Auslöser sind dann andere.

Übrigens können eure Familienmitglieder auch sterben, wenn ihr nicht genügend Geld verdient. Es ist also nicht alles schön in Arstotzka. Ihr solltet also immer sehr genau überlegen, was genau ihr macht und ob ihr beispielsweise bestimmte Bonuszahlungen von anderen annehmt oder nicht.

Papers, Please steht übrigens auch auf Deutsch zur Verfügung, was wir euch sehr ans Herz legen, es sei denn, euer Vokabular umfasst Dinge wie “Einreisegenehmigung” oder “Impfpass” oder dergleichen. Einstellen könnt ihr das gleich zu Beginn in den Einstellungen, zuvor ist das Spiel auf Englisch eingestellt – was wir im Übrigen übersehen hatten und gleich am dritten Tag ins Gefängnis wanderten, weil wir einfach nicht genau wussten, was man von uns will. Das Deutsch ist gut und verständlich, uns sind keine gravierenden Fehler aufgefallen.

BildVorsicht beim Kontrollieren!

Es lebe Arstotzka?

Papers, Please ist eine kleine dystopische Survivalgeschichte mit Kontrollzwang, die zwar ihre Macken hat, dafür aber mit einer sehr dichten Atmosphäre und sehr gelungenen Nebengeschichten daherkommt. Auch wenn sich der Spieler manchmal Antwort- oder andere Entscheidungsmöglichkeiten wünscht, so punktet Papers, Please vor allem mit den vielen kleinen Geschichten, die man als Grenzbeamter anhören muss. Untermalt wird das Ganze durch einen tiefgehenden Soundtrack, der hervorragend zur Atmosphäre beiträgt.

Wir können dieses Spiel wärmstens all denen empfehlen, die gern mal eine etwas andere Geschichte erleben würden, bei denen sie mehr oder weniger selbst Herr über das Leben selbst sind, auch wenn sich die Ereignisse jedes Mal wiederholen. Gleichzeitig sind vor allem diejenigen gefragt, die von sich behaupten, auf jedes Detail zu achten, denn genau diese Fähigkeit ist wichtig, um in Papers, Please dafür zu sorgen, dass die eigene Familie überlebt.

Pro Contra
+Vielfalt an Enden… -… die sich jedoch kaum unterscheiden
+Mitdenken ist erforderlich – Man kann Dinge zu schnell übersehen, wenn der Zeitdruck zu groß wird
+ Sehr dichte Atmosphäre – Tiefgehendere Entscheidungsfreiheit wäre gut
+ Interessante Geschichten – Manchmal weiß man nicht recht, wie man reagieren soll
+ Gelungener Soundtrack – Realistischer Wandel der Ereignisse wäre gut gewesen
+ Faszinierender Survivalaspekt – Zum Teil unschöne Grafiken

Technik: 76

  • Grafik: 83
  • Sound: 87
  • Umfang: 70
  • Gameplay: 82
  • KI: 60

Spielspaß: 82

  • Story: Papers, Please weist mehrere Geschichten auf, die allesamt nicht sehr nett sind, aber sie sind auf keinen Fall zu verachten.
  • Wiederspielwert: Da man verschiedene Entscheidungen treffen und unterschiedliche Enden freischalten kann, wird man dieses kleine Spiel immer und immer wieder spielen.
  • Design/Stil: Alles ist in eher bedrückenden Farben gehalten, was sehr zur Atmosphäre beiträgt. Etwas mehr Liebe hätte in den Zeichnungen aber schon stecken können.
  • Musik: Apropos Atmosphäre: Papers, Please hat einen sehr bedrückenden Soundtrack.

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Beatrice Eichhorn
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