Verdorrte Welten retten zählten normalerweise zu den Ideen, die hinter einigen Teilen der Atelier-Reihe das japanischen Entwicklerteams GUST steckten. Doch alten Einheitsbrei aufzuwärmen ist auch für ein japanisches Studio keine Lösung, weswegen GUST mit Atelier Sophie: Alchemist of the Mysterious Book einen anderen Weg geht. Wir entdecken die Alchemie mithilfe eines Mädchens, das in einem Buch feststeckt – und das auch noch auf der PlayStation 4. Was sich hinter dem Titel verbirgt und ob sich das Spiel wirklich lohnt, verraten wir euch in unserem Test zum PlayStation 4 Spiel Atelier Sophie: Alchemist of the Mysterious Book.
Ein sprechendes Buch!?
Atelier Sophie lässt euch die Geschichte der jungen Alchemistin Sophie erleben, die ziemlich mies in ihrem Fach ist und kaum auch nur das einfachste Rezept auf die Reihe bekommt. Ihr Alchemistenatelier hat sie von ihrer Großmutter geerbt und somit auch sämtliche Bücher, die die gute Dame so besessen hat. Selbstverständlich befindet sich unter eben diesen mysteriösen und alten Büchern auch ein ganz besonderes Buch, das sprechen kann und auf den Namen Plachta hört. Im Laufe der Zeit erfahrt ihr, dass Plachta keinerlei Erinnerungen mehr hat und es ist eure Aufgabe, diese Erinnerungen mit verschiedenen Tätigkeiten hervorzulocken. So cool wie das Ganze klingt, so „nervig“ entpuppt es sich.
Atelier Sophie gibt euch im Grunde freie Hand, schreibt euch aber vor, was ihr tun müsst. Ihr könnt euch entscheiden, ob ihr nun lieber Sachen für eure Rezepte sammelt, oder euch ganz bewusst in verschiedene Kämpfe stürzt. Eure Entscheidung hat aber auch Auswirkungen auf das jeweilige Gebiet: Sammelt ihr nur Dinge, erscheinen mehr Monster und umgekehrt. Zudem müsst ihr dann doch bestimmte Dinge tun, um Plachtas Erinnerungen freizuschalten oder um neue Rezepte zu erhalten. Einige dieser Dinge sind dabei logisch erklärt und auch leicht zu lösen, doch bei anderen fragt man sich wirklich, was die Entwickler nun eigentlich genau möchten.
Dieses offene Konzept ist auf den ersten Blick ganz schön, lässt aber dann doch ganz schön den Überblick verlieren, was man nun eigentlich genau machen sollte. Beim Vorgänger Atelier Shallie war es beispielsweise der Fall, dass man bei den verschiedenen Gebieten, die auf der Map zugänglich waren, einen Hinweis darauf bekommen hat, ob es dort mit der Geschichte weitergeht. Dies fehlt bei Atelier Sophie leider gänzlich und somit fehlen auch irgendwie der rote Faden und der Sinn hinter dem Ganzen. Das ist sehr schade, da das Konzept an sich doch interessant ist und auch das Basteln mit der Alchemie ist ansprechend, aber leider fehlen eben dieser rote Faden und die Motivation, wirklich weiterspielen zu wollen.
Eine Kriegerin mit Brille?
Was Atelier Sophie ganz gut kann, sind die verschiedenen Charaktere in den Vordergrund zu rücken. Wir haben beispielsweise Monika, die wie eine gelehrte Kriegerin wirkt, aber auf dem Schlachtfeld ordentlich austeilen kann. Und wir haben Sophie, die vom Charakter her ganz gut in ihre Rolle passt. Sie ist weder nervig unbeholfen noch nervig fortgeschritten, sondern bildet ein sinnvolles Mittelmaß und ist somit ein ganz angenehmer Hauptcharakter. Neben den Charakteren, die ihr auch im Kampf einsetzen könnt, werdet ihr aber noch viele andere kennenlernen. Zum Beispiel Logy, der nicht nur ganz nett aussieht, sondern auch noch einen eigenen Laden für Waffen eröffnet und euch somit beim Bauen von Waffen unterstützt. Auf diese Weise werdet ihr viele verschiedene Figuren kennenlernen, die sich irgendwie im kleinen Örtchen Kirchen Bell niederlassen, um euch zu unterstützen. Das ist ziemlich cool, vor allem weil sich so das Spiel im Laufe der Zeit noch weiter entfaltet und euch viele Möglichkeiten bieten, um neue Utensilien für eure Alchemie zu kaufen.
Ebenfalls gut hat uns das Kampfsystem gefallen, das rundenbasiert abläuft. Ihr wählt dabei immer erst alle Aktionen für all eure aktiven Charaktere aus. Aufgrund eurer Auswahl platzieren sich die Figuren dann in der linken Spalte zwischen den Gegnern. An welchem Platz sie sich jedoch befinden, hängt ein wenig von der Art des Angriffs oder der Tätigkeit aus, die ihr ausgewählt habt. Erst wenn ihr alle eure Charaktere ausgewählt habt, entscheidet der Gegner und dann werden die ausgewählten Elemente in die Tat umgesetzt. Also, recht klassisch, aber trotzdem irgendwie dynamisch und abwechslungsreich.
Aber wenn wir einmal bei den Kämpfen sind: Die Erfahrungspunkte, die man bekommt, sind stellenweise lachhaft. Für viele Kämpfe bekommt man nur sehr wenige Erfahrungspunkte, sodass man – vor allem am Anfang – wirklich gezwungen ist, immer und immer wieder Kämpfe zu absolvieren, weil man am Ende vielleicht zwei Erfahrungspunkte bekommt. Später dann gibt es selbstverständlich auch Kämpfe, die einem mehr Erfahrungspunkte bieten, dafür sind die Kämpfe dann aber fast schon wieder lachhaft schwierig. Auf diese Weise nimmt einem Atelier Sophie dann doch wieder die Freiheit, da man ums Kämpfen nicht drum herum kommt, was wiederum nervig ist. Bis man nämlich mehr oder weniger ein sinnvoller Angreifer ist, muss man sehr viele Kämpfe absolvieren – oder sehr viele Tode in Kauf nehmen. Das ist wiederum sehr ärgerlich, besonders da die Story darauf ausgelegt ist, dass man bestimmte Gegner besiegen muss – gehört zwar zum normalen Konzept des Spiels, nimmt aber doch den Spaß, wenn man ewig trainieren muss, um dann doch nicht wirklich voranzukommen.
Ein großes Highlight von Atelier Sophie ist das Herstellen von Gegenständen. Wie es in der Reihe üblich ist, besteht eure Hauptaufgabe im Grunde darin, in der Alchemie besser zu werden. Hierfür benötigt ihr in erster Linie verschiedene Rohstoffe, die ihr zum Beispiel von Monstern oder Pflanzen in den offenen Gebieten erhalten könnt. Doch zu Beginn könnt ihr nur sehr wenig herstellen. Um weitere Rezepte freischalten zu können, müsst ihr bestimmte Dinge erledigen, wie beispielsweise Items sammeln, Gegner besiegen oder Gebiete erkunden. Mit der Zeit schaltet so dann neue Rezepte frei, die ihr wiederum an einem Kessel im Atelier anwenden könnt.
Seid ihr einmal an eurem Kessel, könnt ihr aus verschiedenen Rezepten wählen, was ihr herstellen möchtet. Und wenn ihr euch für ein Rezept entschieden habt, müsst ihr nur noch die richtgien Zutaten auswählen. Hierbei hat jede Zutat eine bestimmte Punkteanzahl. Diese Punkte dienen dazu, dass euer Endprodukt über verschiedene Fähigkeiten verfügt. Also dass beispielsweise die Medizin mehr heilt oder die Kekse eine Füllung haben. Habt ihr euch einmal dazu entschieden, welche Objekte ihr nun genau verwenden wollt, so geht es ans Brauen. Dieses Mal gestaltet sich das Brauen wie ein Puzzle: Ihr müsst die verschiedenen Items, die über unterschiedliche Formen verfügen, so auf dem Brett anordnen, dass am Ende auch noch einige Bonuspunkte erwischt werden, die sich ebenfalls auf dem Feld befinden. Wenn ihr dann alle Items auf dem Brett platziert habt, werden die Bonuspunkte zusammengefasst und euch wird angezeigt, wie gut euer Endprodukt wird. Das ist wirklich ziemlich cool, weil man so einmal richtig ins Grübeln kommt, welche Items denn nun wie miteinander harmonieren und womit man die besten Ergebnisse erzielt.
Jedes Endprodukt verfügt in der Regel über mehrere Fähigkeiten, die man noch freischalten muss, in dem man eben die Anzahl der Punkte steigert oder senkt. Klar ist, dass ihr nicht jede Fähigkeit zu Beginn erreicht, da ihr für einige auch sehr viele Punkte braucht, die ihr jedoch erst später im Spiel anhand von besseren Items finden könnt. Das Probieren und Herstellen macht wirklich Spaß und fordert, zudem man mit einigen Rohstoffen nahezu überrannt wird und somit sehr vieles ausprobieren kann. Das alchemistische Herstellen macht wirklich sehr viel Spaß und ist mit das stärkste Element in Atelier Sophie.
Und technisch?
Das japanische Entwicklerstudio GUST macht in der Regel schöne Spiele, die vor allem fesseln können. Allerdings hatten diese Spiele meistens mehrere technische Haken: Nights of Azure auf der PlayStation 4 beispielsweise hatte Probleme mit der Framerate und geriet immer mal wieder ins Ruckeln, während auch Atelier Shallie auf der PlayStation 3 von Rucklern nicht vollends verschont blieb. Atelier Sophie hingegen weist keinerlei Ruckler auf der PlayStation 4 auf, sondern läuft sehr flüssig, was sehr gelungen ist. Zudem gibt es auch sonst wenige Fehler, hin und wieder fällt im Grunde leichtes Kantenflimmern und auch Tearing auf, aber das ist an keiner Stelle wirklich nervig oder belästigend. Also hier kann man sagen, dass sich GUST wirklich einmal richtig Mühe gegeben hat.
Ebenfalls überzeugen kann der Soundtrack, der zu wahren Ohrwümern führen kann, vor allem wenn man die Kampfmusik immer wieder hört. Die Musik ist an keiner Stelle nervig, sondern plätschert ganz ruhig im Hintergrund, ohne zu nerven. Aber dennoch kann man sich an sie erinnern, wenn man sie wieder hört. Ein gelungener Soundtrack, wie wir finden, der wirklich einmal das tut, was er soll, nämlich Situationen sinnvoll untermalen, ohne dabei zu nerven oder die Situation ins Lächerliche zu verzerren. Passend sind auch die einzelnen englischen Synchronstimmen, die ganz gut zu den einzelnen Figuren passen. Auch hier gibt es keine schlimmen Stimmen, was ja bei japanischen Spielen manchmal zu enormen Ohrproblemen führen kann, aber auch hier beweist Atelier Sophie eine gute Figur.
Und wenn wir einmal beim technischen Bereich sind, können wir auch gleich noch über die Steuerung sprechen. GUST hat nicht versucht, den lustigen DUALSHOCK 4 Controller irgendwie in den Vordergrund zu rücken. Weder belästigt einen die Leuchteleiste, noch wird man gezwungen, wie blöd auf dem Touchpad herum zu malen oder zu drücken. Der DUALSHOCK 4 Controller funktioniert einfach wie ein ganz normaler Controller, ihr steuert Sophie mit dem linken Stick, dreht die Kamera mit dem rechten Stick und macht in der Regel ganz viel mit dem X-Knopf, also eine stinknormale Steuerung, die sich aber doch recht frisch anfühlt.
Fazit: Nicht ganz das Wahre
Atelier Sophie: Alchemist of the Mysterious Book ist ein Atelier-Spiel, wie es schon einige davor gab. Es legt weder Wert auf eine wirklich gute Story, der man auch noch folgen mag, noch ist das Gameplay wirklich so, dass man sich daran erinnern wird. Die Geschichte gibt euch zwar viele Freiheiten, die jedoch im Grunde nur vorgegaukelt sind. Viele Dinge müsst ihr einfach tun und euch so zum Beispiel durch verdammt viele Kämpfe arbeiten, bei denen ihr am Ende nur mit sehr wenigen Erfahrungspunkten belohnt werdet. Die Story selbst braucht sehr lange, um wirklich in Fahrt zu kommen, wo dann doch die Frage offen bleibt, ob ein Spieler wirklich so lange am Ball bleibt, oder ob er nicht doch nach einigen Stunden wieder ein anderes Spiel einlegt. Für Atelier Sophie muss man wirklich bereit sein und es ist definitiv kein Spiel für jeden. Sogar Fans der Reihe sollten sich überlegen, ob sie das Spiel spielen, da es kaum Neues anbietet.
Allerdings gibt es dann doch noch ein paar Punkte, die sich lohnen und die wir euch ans Herz legen können. So zum Beispiel das Herstellen von Gegenständen am Kessel. Das Ganze ist eher ein Puzzle und macht somit wirklich viel Spaß, da man verschiedene Möglichkeiten ausprobieren kann, um am Ende das beste Ergebnis erzielen zu können. Auch das Kampfsystem an sich macht Spaß, weil es doch ein klassisches Rundensystem ist, und wenn das noch nicht hilft, dann können wir euch verraten, dass sich Atelier Sophie technisch sehr gut spielt und eine fantastische Figur auf der PlayStation 4 hinlegt, da auch Soundtrack und Charaktersystem überzeugen kann.
Ihr merkt, dass wir hin und her gerissen sind bei Atelier Sophie. Es hat seine Vorteile, aber es hat auch seine Nachteile, die leider nicht dafür sorgen, dass wir unseren GUST-Siegeszug fortsetzen können. Schade, ein wenig enttäuscht waren wir schon vom Titel, obwohl wir uns doch sehr gefreut haben, aber dennoch ist Atelier Sophie kein Spiel, das man abschreiben sollte. Eine Chance sollten waschechte Fans dem Spiel schon geben und selbstverständlich auch all jene, die noch nie ein Atelier-Spiel in der Hand hatten. Für Einsteiger bestens geeignet.
Pro | Contra | ||
+ Interessante Idee… | – … die leider eher mau ist | ||
+ Cooler Soundtrack | – Vereinzelt Kantenflimmern und Tearing | ||
+ Gelungenes Herstellen von Produkten in der Alchemie | – Gegner sehr schnell überfordernd | ||
+ Passendes Charakterdesign | – Leveln nicht so einfach möglich | ||
+ Flüssige Steuerung mit DUALSHOCK 4 Unterstützung | – Spielfluss eher irrelevant und fast schon langweilig | ||
+ Technisch sehr flüssig | – Freiheit nur vorgegaukelt |
- Grafik: 87
- Sound: 92
- Umfang: 90
- Gameplay: 62
- KI: 73
Spielspaß: 73
- Story: Die Geschichte ist leider recht langweilig und nimmt erst sehr viel später wirklich Fahrt auf. Der Spielfluss ist zudem eine Farce, weil im Grunde eine Freiheit vorgegaukelt wird, die so nicht existiert. Sehr schade.
- Frustfaktor: Einige Gegner sind gleich zu Beginn sehr stark, doch wenn man leveln möchte, muss man sich auf viele Kämpfe gegen kleinere Gegner mit wenigen Erfahrungspunkten einstellen.
- Wiederspielwert: Eher gering.
- Design/Stil: Wir befinden uns in einem sehr schönen Anime-Stil, der zu den üblichen Spielen passt, die GUST veröffentlicht.
- Musik: Der Soundtrack ist sehr gelungen. Er ist nicht nervig, sondern plätschert passend im Hintergrund und sorgt somit sogar für eine Ohrwurmgefahr.
Information: Vielen Dank an Koch Media für das Pressemuster von Atelier Sophie: Alchemist of the Mysterious Book.