Chorus (PS5) im Test – So, wie wir es (nicht) vermissten

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Chorus hat bei seiner Ankündigung viel Aufsehen erregt – ganz zu recht, denn es handelt sich um ein in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen Titel, vor allem aus heutiger Sicht. Warum mein Testprozess zum Spiel etwas Besonderes war, warum das Spiel auch etwas Besonderes ist, im Positiven wie im Negativen, verrät meine Review zur PS5 Version.

Hier geht’s irgendwie nicht weiter

Der Ablauf meines Tests zu Chorus war wohl aufregender, als irgendein anderer Test der letzten Monate. So circa eine gute Stunde im Spiel und bis dato eher mäßig beeindruckt, kam ich einfach nicht weiter. Direkt die zweite gespielte Hauptmission forderte von mir, in einem bestimmten Gebiet eine „heikle Fracht“ zu finden. Das Ritual der Sinne, Assassin’s Creed Spieler kennen es als Adlerauge, sollte mir dabei helfen. Doch ich fand die heikle Fracht einfach nicht – das „Ritual der Sinne“ brachte mir immer nur entfernte Questziele auf den Bildschirm, nicht aber das, was ich finden musste. Einmal hatte ich etwas ausgelöst und hatte anscheinend das richtige Objekt gefunden, ohne dieses gesehen zu haben. Doch danach musste ich ein zweites finden. Pustekuchen.

Zum ersten Mal seit Ewigkeiten schrieb ich meinen Pressekontakt an und fragte nach Unterstützung. Am Tag danach erreichte mich ein Discord Link zu einem Chat mit den Entwickler:innen – für den Austausch rund um den Fortschritt und auch technische Probleme. Da hatte ich dann so einen leicht faden Beigeschmack im Mund, was den Zustand des Spieles anging, da ich auch in dieser ersten Stunde schon ein paar Dinge entdeckt hatte, die nicht so rund waren. Im Endeffekt lernte ich in dem Chat, dass es nicht nur mir mit der heiklen Fracht so ging – und ich lernte auch, dass Chorus an diesem Tag einen Patch erhalten hatte.

In der Folge konnte ich die Fracht finden, das Ritual der Sinne kennt nämlich zwei Modi, langes Drücken der X-Taste oder kurzes Drücken, das kurze Drücken dient für Objekte in der Nähe. Plötzlich gab es auch keinen Zielmarker mehr, der an einer unnützen Stelle verweilte, sondern ich wurde durch Symbole auf dem Bildschirm korrekt auf die Position der zu findenden Objekte aufmerksam gemacht. Was ich lernte: Durch all die Partikel auf dem Bildschirm sind die gesuchten Objekte beinahe unmöglich mit dem bloßen Auge zu erkennen. Doch endlich konnte ich die Reise in Chorus richtig beginnen. !B

Ein Kampf in Chorus.

Chorus, ein Mysterium

Ich steckte nicht nochmal so im Spiel fest – zumindest nicht so, dass ich nicht gewusst hätte, wie es weiterging. Mehrere Male kam ich dennoch nicht weiter, doch dazu gleich mehr. Erst mal konnte ich nun nach und nach lernen, was mich mit Chorus erwartet, immerhin vertritt es ein Genre, das man heutzutage nicht so oft spielt: Es handelt sich um einen Weltraumshooter. Ein Weltraumshooter, der vollen Nutzen von den Möglichkeiten der PS5 und der Xbox Series machen möchte.

Tatsächlich fühlt sich das Spielerlebnis ungeahnt flüssig und gut an: Optisch beeindruckt mich Chorus nicht immer, in den Außenbereichen nämlich weniger als in ausgestalteten Gebieten, aber alles fühlt sich flüssig an und auch ziemlich groß, obwohl wir es nur mit einer halboffenen Spielwelt mit ein paar getrennten Gebieten zu tun haben.

Doch mehr als die Spielwelt und die Umgebungen an sich holt mich die Story ab und wie die Protagonistin Nara in dieser repräsentiert wird. Neben den kleinen Geschichten in Chorus gibt es eine große, bestimmt von Naras Vergangenheit, von der sie gequält wird. Deshalb gibt es auch zwei Stimmen in ihr. Leider konnte ich während der Action nicht immer allem komplett folgen, aber die Inszenierung und Erzählung von Chorus finde ich durchaus gelungen. Die Dramatik einzelner Dinge ging mir manchmal etwas verloren, doch man trifft Geschichten und Personen, die einem durchaus in Erinnerung bleiben. !B

Auf der Suche nach Objekten in einem recht dunklen Raum.
Das Suchen von Energiezellen zum Spielbeginn hat gut geklappt.

Hier geht’s wirklich nicht weiter

Während Chorus den Weltraumshooter technisch modernisiert, bringt die „halboffene Spielwelt“ eine Spielstruktur zurück, die ich als längst überwunden angesehen hatte. Eine Spielstruktur, die bei mir für viel Frust sorgt. Chorus bietet mir nicht den Vorteil, dass ich „einfach“ etwas anderes machen kann, wenn ich an einer Stelle nicht weiterkomme.

Ich kann das schon, bedeutet dann aber, dass ich die Mission abbrechen und wirklich woanders weiter machen muss. Beginnt man nämlich erst mal eine Mission, steckt man dort fest und darf das Gebiet nicht mehr verlassen, sonst wird die Mission abgebrochen. Dann verliert man aber auch den kompletten Missionsfortschritt.

Warum das ärgerlich ist: Manchmal war mir ein bestimmter Teil einer Mission zu schwer oder ich hatte keine Lust mehr, es wieder und wieder zu probieren, sei es ein Kampf oder eine bestimmte Geschicklichkeitseinlage. Doch in derselben Mission lagen schon ähnliche Situationen hinter mir. Es gibt dann also nur die Wahl, an diese eine Stelle gebunden zu sein und es immer und immer wieder zu probieren, bis man es schafft, oder aber abzubrechen und beim nächsten Mal dann alles nochmal zu spielen. Ich finde das nervig – und da Chorus an vielen Stellen echt frustrierend sein kann, hat es meinen Spielspaß dauerhaft ziemlich gedrückt. !B

Screenshot aus einem Rennen in Chorus.
Hier wurde ich vom anderen Raumschiff von der Strecke gestoßen.

Pass auf die anderen auf

Das ist schade, denn die Spielelemente von Chorus sind wirklich vielfältig, die Missionen auch und noch dazu spannend. Auch meine Befürchtungen wegen der Technik haben sich insgesamt nicht bestätigt, meistens spielt sich das Ganze gut. Doch wie Chorus mir viel mehr Spaß gemacht hätte: In einer komplett offenen Welt, in der ich mir wirklich aussuchen kann, was ich als Nächstes tue und in der ich auch während eines Auftrags etwas anderes machen kann. An einer bestimmten Stelle wäre ich nämlich zum Beispiel mit einem Upgrade aus einer anderen Nebenquest gut weitergekommen, denn die belohnen öfter mit neuen Teilen fürs eigene Raumschiff. Doch darauf, die andere Mission komplett nochmal zu spielen, hatte ich keine Lust.

Manche Dinge in Chorus sind jedoch unnötig frustrierend. So zum Beispiel einzelne Rennen gegen andere oder generell, wenn man gemeinsam mit anderen Raumschiffen unterwegs ist: Wird man nämlich von einem anderen Raumschiff gerammt, fliegt man ganz schnell komplett von der Strecke oder sogar aus dem Missionsgebiet. Dadurch und durch viele andere Dinge: So oft Kontrollpunkte neugeladen wie in Chorus habe ich noch in keinem anderen Spiel 2021. Auch einige der Kämpfe haben es in sich, ich habe hier oft gewonnen, in dem ich erst mal weggeflogen bin und auf Regeneration des Schiffes gewartet habe. Doch das klappt auch nicht immer.

Was auch zu erwähnen ist: Barrierefrei ist Chorus aus meiner Sicht so gar nicht. Vor allem optisch kann das Spiel schnell überfordernd sein, da man durch unzählige Partikel viele Elemente gar nicht richtig erkennt und auch das Ritual der Sinne eben nur bedingt weiterhilft. Auch mit der Helligkeitseinstellung gibt es eine Herausforderung: Wie gewünscht konnte ich das Spiel gar nicht einstellen, selbst mit höchster Helligkeit sah ich das bekannte „kaum noch sichtbare“ Symbol überhaupt nicht. Mit dieser Einstellung wirkte das Bild dann dennoch einigermaßen natürlich, sowas hatte ich mit der PS5 in Verbindung mit meinem Fernseher aber noch bei keinem anderen Spiel. Mit einem normalen Gamma Wert war das Spiel viel zu dunkel. !B

Ein Screenshot des "Spiel einrichten" Bildschirms, in dem man eine Permadeath Option wählen kann.
Man kann Chorus sogar mit Permadeath spielen.

Stolz auf dich

Was Chorus durch seine Spielstruktur auch wieder zurück bringt: So eine gewisse Freude, wenn man etwas geschafft hat, mit einem neuen Upgrade belohnt wird, einen Teil der Story neu entdeckt oder ein neues Gebiet entdeckt und so weiter. Das ist durchaus auch eine Qualität, die ich an vielen anderen Spielen vermisse: Vor allem in Open Worlds tut man viel, was am Ende für sich genommen keine Rolle spielt. In Chorus ist das etwas anders, hier hat tatsächlich fast alles einen Sinn, da man Belohnungen erhält und in Verstecken auch nützliche Dinge findet.

Die Elemente an sich sind auch schön durchdacht und wirken gut integriert. Das Boosten und Driften mit dem Schiff zum Beispiel sorgt für gute Geschicklichkeitseinlagen – ich bin hier zwar kein Fan und komme eben auch nur in der Mission weiter, wenn ich genau diese Einlage nun schaffe, doch letztlich kommt es der gelungenen Atmosphäre der Welt und der Geschichte, die erzählt werden soll, irgendwie auch zu Gute.

Übrigens gibt es im Spiel nur eine englische Sprachausgabe, die Texte sind jedoch vollumfänglich auf Deutsch. Die Texte empfinde ich an vielen Stellen als zu klein, vor allem in den Menüs. Es ist aber nicht grenzwertig. !B

Flug durch Gestein mit vielen Partikeln, der Sonne entgegen.
Hin und wieder belohnt auch einfach die Aussicht.

Fazit: Nicht meins, aber vielleicht deins

Mein Verhältnis zu Chorus ist unterm Strich kein gutes, im besten Fall pflege ich so etwas wie eine Hassliebe für das Spiel. Ich erkenne die Qualitäten von Chorus und es bringt für mich viele Elemente aus Spielen von früher zurück, die ich wirklich vermisst habe, genauso aber auch solche, die ich gern nie wieder gesehen hätte. Die halboffene Welt mit einer festen Struktur sorgt dafür, dass jede Handlung einen Sinn hat und man sich nicht in unnötigen Nebenaktivitäten verliert. Sie bewirkt aber auch, dass Vieles unnötig frustrierend ist und man an Pfade gebunden bleibt, wenn man gern etwas anderes tun würde. Technisch hinterlässt Chorus einen gemischten Eindruck: Die vielen Details und das flüssige Bild überzeugen, doch manche Bereiche und die Bildeinstellungen bleiben hinter den Erwartungen zurück. Wenn du Weltraumshooter magst und heutzutage eben auch vermisst, bist du bei Chorus an der richtigen Adresse: Die 39,99€ UVP halte ich für das hier Gebotene auch für absolut fair. Für mich persönlich war die Reise aber eher holprig.

ProContra
+ Flüssige Optik– Hohes Frustpotential
+ Gelungene, gut integrierte Gameplayelemente– Nur kompletter Abbruch von Missionen möglich
+ Sinnvolle Nebenaktivitäten– Relativ kleine Texte
+ Ausgeprägtes Erfolgsgefühl– Seltsame Bildeinstellungen
– Optisch schnell überfordernd
Das Bild zeigt einen Score von 70 an.

Technik: 79
Grafik: 83
Sound: 83
Umfang: 85
Gameplay: 65
KI: 77

Spielspaß: 62

  • Story: Chorus erzählt ziemlich gelungen und atmosphärisch seine Geschichte, mit einer komplexen Protagonistin.
  • Design/Stil: Gelungen, aber die Außenbereiche wirken manchmal etwas generisch.
  • Musik und Sound: Gut und atmosphärisch, aber auch nicht außergewöhnlich.
  • Preis-Leistungs-Verhältnis: Der Preis von 39,99€ ist angemessen.
  • Langzeitmotivation: In Ordnung, sofern es nicht zu frustrierend wird zwischendurch.

Offenlegung

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Manuel Eichhorn
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