The Longing (Switch) im Test – 400 Tage Einsamkeit

()

Vor etwas mehr als einem Jahr erlebte ich mit dem Schatten aus The Longing bereits einige düstere Tage in der Einsamkeit des Berges, um auf des Königs Erwachen zu warten. Nun steht der Titel, der das Sinnbild von Einsamkeit ist, auch auf der Nintendo Switch zur Verfügung. In meiner Review erzähle ich, warum es noch immer ein toller Titel ist und warum der damalige Veröffentlichungszeitpunkt an sich ein Vorbote war.

Ich werde in dieser Review nicht auf alles eingehen, da ich bereits viele Aspekte im PC Test ansprach. Wenn du Interesse daran hast, wie sich The Longing auch auf dem PC anfühlt, empfehle ich dir einen Blick.

Die Einsamkeit nagt an mir, und doch fühle ich mich beheimatet

Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich meinen Schatten auf dem PC besucht habe, obwohl dort meine 400 Tage vermutlich schon rum sind. Und doch fühle ich mich so, als hätte ich die Höhlen nie verlassen. Als ich mit meinem Schatten auf der Switch umher wanderte, kannte ich viele Wege noch. Beispielsweise habe ich direkt auf Anhieb den Weg zu den Hallen der Ewigkeit oder der Karte gefunden. Ja, ich habe einen guten Orientierungssinn, aber ich hatte nicht gedacht, dass er so gut ist.

The Longing fühlt sich für mich an, als hätte ich einfach nur eine Pause gemacht und bin jetzt wieder dabei. Doch so fühlen sich viele Spiele für mich an, die ich sehr mochte. Man verlernt nicht. Hier passt wunderbar der Spruch, der auf meinem Shampoo steht: „Was dich berührt, wird ein Teil von dir“ und genau das hat The Longing. Damals und auch heute fühle ich mich so sehr verbunden mit dem kleinen Schatten, dem ich so gerne Gesellschaft leiste, obwohl er so viele negative Gedanken äußert. Ich möchte, dass es ihm gut geht und bin deswegen bei ihm.

Und doch ist es im Nachhinein ein sehr interessanter Zeitpunkt gewesen, als The Longing damals für den PC veröffentlicht wurde: Keine zwei Wochen später saßen wir alle im ersten Lockdown, durften nur noch wenige Leute treffen und sollten so viel wie möglich zu Hause bleiben. Und heute? Am 22. März 2020 wechselten wir alle in den ersten Lockdown. Heute ist der 397. Tag mit Corona Maßnahmen. Doch mit großer Wahrscheinlichkeit werden wir nicht in drei Tagen vom großen Erdkönig gerettet, der aus seinem Schlaf erwacht.

Ich kann auch in der Switch Version verschiedene Dinge erledigen, um die Zeit zu beschleunigen, doch auch jetzt sind die beigefügten Bücher beispielsweise nicht auf Deutsch vorhanden. In der PC Version konnte das umgangen werden, denn mittlerweile kann man dort eigene Texte hochladen und sie im Spiel lesen.

Ist die mobile Umsetzung gelungen?

Ich war erst ein wenig skeptisch, als The Longing im Zuge der IndieWorld Direct angekündigt wurde. Wie sollte sich das spielen? Am PC kann ich den Titel einfach nebenbei laufen lassen, so wie ich es beim Schreiben der PC Review getan habe. Theoretisch kann ich das bei der Switch auch, doch da muss ich auf zwei Geräte gleichzeitig achten. Außerdem war ich neugierig, wie die Steuerung umgesetzt wurde und ob man die Achievements von Steam übertragen hat.

Letzteres hat man nicht getan. Und so, finde ich, fehlt The Longing ein bisschen der Reiz. Die Spieler:innen wissen gar nicht so genau, was sie erwartet – andererseits: Macht das nicht den Reiz aus? Wenn ich den Schatten alleine lasse und er plötzlich etwas anderes erlebt, ohne dass ich es weiß? Mir persönlich fehlen sie ein wenig, da ich mich nicht mehr an alles erinnere, was ich erleben kann.

Dabei ist die Steuerung gut umgesetzt wurden. Ich steuere meinen Schatten einfach mit dem linken Stick und kann sogar auf die Touchsteuerung zugreifen, wenn ich das möchte. Dabei folgt der Schatten immer mit den Augen meinem Stick. Lenke ich ihn also nach unten, schaut auch mein kleines Kerlchen nach unten. Das ist ein ziemlich cooler Effekt, den ich auch schon in der PC mit der Maus beobachten durfte. Ich bin mir nur noch nicht ganz sicher, wie ich auf den Rest der oberen Navigation zugreifen kann. Dort kann ich beispielsweise die Musik ausschalten. Glücklicherweise hat die Switch im Handheldmodus einen Touchscreen, sodass ich mir hierüber keine Gedanken machen muss.

Nicht jeder kann warten

The Longing ist ein Spiel, das mit der Zeit spielt. Es ist kein Spiel, das man einlegt und bei dem man nach einigen Stunden durch ist – oder dass man wirklich viel geleistet hat. Spieler:innen müssen sich darauf einstellen, dass The Longing viel Zeit in Anspruch nimmt – oder eben nicht, ganz wie der jeweilige Spielstil ist. Es ist ein Spiel, das entschleunigend wirkt, da der Schatten beispielsweise recht langsam läuft. Man muss sich darauf einstellen, dass man auch mal spielt, ohne etwas zu erleben, oder dass man auch mal zwei Wochen warten muss, bis ein Stein von der Decke gefallen ist, um einen neuen Weg zu schaffen.

Man muss sich auch darauf einstellen, dass nicht viel passiert und man sich die Geschichte nebenbei selbst zusammenreimen muss. Denn man darf nie vergessen: The Longing lässt dich 400 echte Tage mit einem Schatten tief unter der Erde ausharren. Das muss jeder für sich wissen, ob es das richtige Spiel ist, für mich ist es das auf jeden Fall.

Auch wenn ich mir manchmal wünsche, dass mein Schatten schneller läuft oder dass ich mehr zu tun habe oder dass nicht alles so negativ gesehen wird. Klar, hat The Longing auch Schattenseiten, doch welches Spiel hat die nicht? Hier geht es eher um die Erfahrung an sich, 400 Tage zu warten. 400 Tage Einsamkeit zu erleben.

Fazit: Ich kann das gut mit meinem Schatten

Ich liebe meinen Schatten, das war auch das Fazit nach der PC Review. Auch auf der Switch ist es ein sehr experimentelles Spiel, das mit der Zeit spielt und die Spieler:innen auffordert, sich die Zeit zu nehmen. The Longing ist kein Spiel, das man an einem Nachmittag durchspielt. Durch die drückende Atmosphäre empfehle ich sogar, eher jeden Tag nur in kleinen Portionen zu genießen, denn der kleine Schatten im Spiel äußert sich immer wieder stark deprimierend.

Auf der Nintendo Switch wurde The Longing sehr gut umgesetzt, sodass ich den Schatten mit dem Stick steuern kann. Hier gibt es kaum Einbußen, sodass auch du das Erlebnis ganz normal entdecken kannst. The Longing ist kein Spiel für jeden. Für manches muss man wirklich tagelang warten, damit etwas passiert, und genau das ist der Sinn des Ganzen: Hier geht es um Entschleunigen, um Durchatmen in einer stressigen Welt. Es geht darum, die Einsamkeit zu erleben, eine Beziehung zum Schatten aufzubauen und gemeinsam die Zeit zu überbrücken. Und was sind schon 400 Tage Einsamkeit in der Gesellschaft eines Schatten und eines guten Buches?

ProContra
+ Interessantes, experimentelles Konzept…– … das jedoch abschreckend wirken kann
+ Guter Soundtrack– Keine Trophäen, die einen Anreiz geben
+ Überwältigung der Einsamkeit– Überwältigung der Einsamkeit, depressive Gedanken
+ Man kann echte Bücher lesen– Bücher nicht auf Deutsch
+ Sehr gute Atmosphäre
+ Sehr gute Umsetzung auf der Switch

Technik: 84
Grafik: 89
Sound: 90
Umfang: 87
Gameplay: 76
KI: 80

Spielspaß: 84

  • Story: Du hast 400 Tage Zeit, die du irgendwie rumbringen musst, bis du den König tief unter der Erde wieder aufwecken kannst.
  • Frustfaktor: Am Anfang vielleicht, um sich mit der Geschwindigkeit von The Longing vertraut zu machen, danach nicht mehr.
  • Nachhaltigkeitswert: The Longing hat es auf die Switch geschafft, was zeigt, dass es einen gewissen Einfluss erlangt hat.
  • Design/Stil: Super düster, aber super passend zum gesamten Setting.
  • Musik und Sound: Ein melancholischer Soundtrack, der die Stimmung im Spiel sehr gut und passend untermalt.
  • Preis-Leistungs-Verhältnis: The Longing kostet 14,99 €, was für mich ein sehr angemessener Preis ist. Jedoch kann ich verstehen, wenn das für einige zu teuer ist. Ich denke, dass man vielleicht mit 10 € mehr Spieler:innen erreichen würde.

Offenlegung

Ich habe mir The Longing für die Nintendo Switch selbst gekauft.

Wie gut hat dir der Beitrag gefallen?

Durchschnittsdaumen: / 5. Bisher abgegebene Daumen:

Bis jetzt gibt es noch keine Daumen! Sei dier erste, der einen abgibt.

Du findest uns nützlich?

Dann folge uns doch in den sozialen Netzwerken!

Erzähl anderen von diesem Beitrag
Beatrice Eichhorn
Neugierig?
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen