Um ein Videospiel zu bauen, braucht es vor allem eines: Eine Engine, die dafür sorgt, dass all meine guten Ideen auch das machen, was sie sollen. Eine dieser Engines ist Unity. Unity hat schon in den letzten Jahren immer mal wieder beweisen müssen, dass sie neben anderen Engines bestehen kann, nun hat das Unternehmen Preisänderungen bekannt gegeben, die das Ende der Engine bedeuten könnten.
Einige Engines kommen mit einem Abomodell daher, das die Möglichkeit bietet, auf Assets oder Plugins in einer großen Bibliothek zugreifen zu können. Auch Unity hat so eine Abomöglichkeit, doch schon bald wird es da einige Änderungen geben, wie das Unternehmen nun bekannt gab. Bereits ab November werden Änderungen unter anderem bei Unity Personal, die entwickelnden Personen werden einen ständigen Zugang zum Internet benötigen, sofern sie mit Unity arbeiten. Sollte das Internet nicht funktionieren, kann drei Tage offline weitergearbeitet werden. Danach ist dann zunächst Schluss, bis das Internet wieder verfügbar ist. Immerhin: Unity Personal bleibt weiterhin kostenlos.
Was ist die Unity Runtime Fee?
Ab Januar 2024 greift dann jedoch ein weiteres Modell, das auf den Namen Unity Runtime Fee hört. Unity Runtime Fee bezeichnet dabei eine Gebühr, die Studios oder Personen (je nachdem, auf wen die Unity Lizenz läuft) monatlich an Unity zahlen müssen, wenn das Spiel installiert wird. Wichtig zu wissen: Das Spiel muss zunächst eine Hürde von mindestens 200.000 Installationen hinter sich und mindestens 200.000 $ innerhalb der letzten 12 Monate eingespielt haben. Wenn also ein kleineres Spiel mit Unity veröffentlicht wird, das nie über diese Hürde kommst, wird – zumindest zum aktuellen Zeitpunkt – weiterhin nichts in Rechnung gestellt. Wenn das zu unsicher ist, so kann auf Unity Pro oder Unity Enterprise gewechselt werden, dann liegt die Hürde bei einer Million Installationen. In der folgenden Tabelle werden die Preise pro Installation dargestellt.
Unity hat zwar mittlerweile ein FAQ zur Verfügung gestellt, die viele Fragen beantworten sollen. Unter anderem wurden Gedanken laut, wie es sich mit Piraterie verhält oder mit zu vielen Installationen, die bewusst erzwungen sind: Hier greift ein Anti-Fraud-Tool, das genau solche Methoden erkennen soll. Wichtig für alle ist zu wissen, dass es sich bei der Runtime Fee um die reinen Installationen handelt, egal, ob sich das Spiel im Game Pass, in einem großen Charity Bundle befindet, eine Demo ist, die später zum vollen Spiel geupgradet werden kann, oder ob es eine reine Anwendung im Browser ist. Auch Installationen von Beta Anwendungen werden bereits reingerechnet. Dennoch stellt Unity klar, dass es sich dabei um Erstinstallationen handelt, die gezählt werden.
Welche Auswirkungen wird das die Spiele haben?
Viele Entwickler:innen zeigen sich bestürzt und verunsichert. Für einige wie Matt T. Wood von Little Kitty Big City ist klar, dass es der letzte Titel mit Unity sein wird. Auch Jennifer, die hinter Love, Ghostie steckt, ist sich unsicher. Die Entscheidung, auf Unity zu gehen, wurde schon vor Jahren getroffen. Die Frage steht auch schon jetzt im Raum: Werden Spiele von den einzelnen Plattformen verschwinden, wenn die Studios schließen, weil niemand mehr die Fee bezahlen kann, sollten die Games mehr als 200.000 Mal mindestens verkauft wurden sein? Einige meinen nun, vermutlich nur halb im Spaß, dass sie ihr Spiel aus dem Verkehr ziehen wollen, wie beispielsweise Cult of the Lamb – nur dass das ab Januar 2024 vermutlich trotz allem Gebühren nach sich zieht, wenn jemand den Titel neu installiert.
Wie hoch könnten die Kosten werden?
Rami Ismail hat auf X ein spannendes Experiment gemacht. Vielleicht erinnerst du dich noch an das Bundle for Racial Justice and Equality, welches im Sommer mehr als 840.000 Mal auf itch.io verkauft wurde. Rami spinnt den Gedanken mit der neuen Runtime Fee weiter: Angenommen, dein Spiel hat schon alles erreicht, was es erreichen muss und du teilst dir die Einnahmen zu 50 % mit dem Publisher, dann nimmst du an diesem Bundle teil. Jede:r installiert dein Spiel und schon bist du rund 60.000 $ im Minus, weil dir das Unity in Rechnung stellt.
"Fun" thought experiment with Unity's new pricing model: If you made a game that just reached $200K in revenue at a 50/50 publisher split, and you decided to support say, this charity bundle for Racial Justice, you'd end up up to $60K in debt.https://t.co/zpMd4OroLA
— Rami Ismail (رامي) (@tha_rami) September 12, 2023
Ein anderes Beispiel wurde von einem weiteren X-Nutzer aufgezeigt. Angenommen, du bietest dein Spiel für $1 an. Ein Spieler – in unserem Beispiel Klaus – kauft das Spiel via Paypal. Laut des Nutzers zieht Paypal schon mal 30 Cent + 2,9% pro Transaktion ab. Anschließend freut sich Klaus so sehr über das Game, dass er es gleich auf drei seiner Geräte installiert. Umgerechnet auf den gezahlten Dollar bleibt für dich als entwickelnde Person dann noch 7 Cent übrig, und das auch nur, wenn du keinen weiteren Cent an itch.io abgibst. Das kann bei anderen Storefronten wie Steam zum Beispiel sogar so aussehen, dass du als entwickelnde Person Minus machst.
Unity selbst stellt im FAQ ein Rechenbeispiel auf. In diesem hat ein Team mit Unity Pro ein Spiel entwickelt, das 2 Mio US Dollar Umsatz in den letzten 12 Monaten generiert und bereits 5 Mio Installationen seit der Veröffentlichung erzeugt hat. Mit Unity Pro braucht es mindestens 1 Mio US Dollar Umsatz innerhalb von 12 Monaten und 1 Mio Downloads, das ist hier erreicht. Angenommen im letzten Monat wurde das Spiel in verschiedenen Märkten 300.000 Mal installiert, dann wird Unity rund 23.5000 US Dollar in Rechnung stellen. Und zwar mit der folgenden Kalkulation:
(100K x $0.15 (first tier for standard fee countries)) + (100K x $0.075 (second tier for standard fee countries)) + (100K x $0.01 (fee for emerging market countries)) = $23.5K USD
Immerhin: Die Unity Runtime Fee greift erst ab Januar 2024 und wird nicht die Installationen in Rechnung stellen, die zuvor für den Titel angefallen sind. Hat ein Titel jedoch vor 2024 bereits die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, kann es bereits ab dann zur Rechnung kommen. Dennoch nicht auszudenken, was mit kleineren Studios und deren gehypten Titeln geschieht, die beispielsweise nächstes Jahr ihr Game zum Game Pass bringen, wo es mehr als 50 Millionen Abonnenten ausgesetzt ist. Nur um ein Beispiel zu nennen: Das gefeierte Sea of Stars läuft auf Unity.
Ich selbst ziehe hierbei auch meine Konsequenzen, sollte Unity tatsächlich dieses Modell durchsetzen, für dass sie gerade auch durch viele Medien kritisiert werden, werde ich bei allen zukünftigen Artikeln auf die Engine achten. Trotz all der Aufregung bleibt dennoch abzuwarten, was passiert: Unity gibt selbst an, dass „nicht viele Studios“ betroffen sind, doch auch hier bleibt die Frage im Raum, was in Zukunft passieren wird. Ich bin gespannt, wie es sich wirklich entwickelt oder ob Unity in einigen Tagen doch wieder zurückrudert.