Wylde Flowers (Apple) im Test – Ein Jahr der Magie

()

Wylde Flowers gibt es seit Februar bei Apple Arcade, im Laufe des Jahres sollen Versionen für den PC (Steam) und für Nintendo Switch folgen. Ich habe im Februar schon mal darüber geschrieben, wie gut mir das Spiel vom Anspielen her gefallen hat. Mehr als 40 Spielstunden später habe ich Fairhaven sehr gut kennengelernt – und berichte in unserer Review zu Wylde Flowers, welcher Eindruck am Ende bleibt.

Willkommen in Fairhaven

Vielleicht denkst du dir beim Blick auf Wylde Flowers so etwas wie: „Noch ein Farming- und ‚du hast die Farm deiner Großeltern geerbt‘ Titel? Das dachte ich beim ersten Blick aufs Spiel auch. Und irgendwie dachte ich erst auch, dass wir es mit einem eher kurzen Spiel zu tun bekommen würden. Da habe ich mich getäuscht, und auch, was die Farmingsache anbelangt, hält Wylde Flowers ein paar erfrischende Kniffe bereit.

Der größte Kniff ist natürlich die Magie. Auch wenn man es ganz am Anfang vielleicht noch nicht erahnt, so findet die Protagonistin Tara nach ihrem Umzug nach Fairhaven recht schnell heraus, dass sie eine Hexe ist und zum Hexenzirkel gehört. Die Großmutter, deren Gesundheit eigentlich der Anlass für den Umzug ist, gehört da natürlich auch dazu.

Der zweite Kniff ist Fairhaven selbst, eine der wohl inklusivsten und vielfältigsten Kleinstädte, die man so finden kann. Für die Spielwelt in Wylde Flowers gilt: Klein, aber sehr fein. Langweilig wird es in Fairhaven nie, manche Dinge wiederholen sich zwar durchaus, aber es ist nie so, dass einem irgendwas auf den Geist geht.

Farmarbeit & Magie

Die Farm am Tag, die Magie bei Nacht … ganz so stark trennen kann man das nicht, denn oft geht alles Hand in Hand. Denn noch mehr gibt es in Wylde Flowers zu tun: Angeln, kochen, Beziehungen zu den Dorfbewohner:innen aufbauen, die Welt erkunden, Rohstoffe sammeln, Tränke brauen, die Felder bewirtschaften, die Tiere pflegen…

Wylde Flowers hat seine Momente, in denen es stressig werden kann: Manchmal sind die Tage im Spiel fast etwas zu knapp für alles, was man sich vornimmt. Ich hatte zwischendurch manchmal das Gefühl, etwas überwältigt zu sein von all dem, was ich grade machen könnte. Da ist es wichtig, dass man in Wylde Flowers hier und da etwas priorisiert und sich überlegt, was grade wirklich sinnvoll ist. Es gibt bestimmte Dinge, wie den Strand ablaufen um nach angespülten Dingen zu suchen, die man regelmäßig tun sollte, aber eben auch nicht an jedem Spieltag machen muss.

Manches steht in Wylde Flowers auch unter einem Zeitlimit: Jeweils zum Beginn der Jahreszeiten gibt es meistens etwas, das in einer bestimmten Zeit erledigt sein muss, zum Beispiel das Kochen eines Gerichts für das Winterfest oder das Organisieren eines Geschenks. Meistens ist das ohne Weiteres schaffbar, vor allem dann, wenn man ohnehin schon alle verfügbaren Pflanzen für den Zeitraum angepflanzt hat. Oder man nimmt die Magie zur Hilfe: Mit etwas Zauberei lässt sich nämlich das Pflanzenwachstum oder die Erträge nämlich aufbessern.

Verglichen mit dem „Stress“ zwischendurch hat sich für mich das Ende von Wylde Flowers eher gezogen. Hier hatte ich gefühlt zu wenig zu tun, während es mehrere Aufgaben gab, für die man mehrere Spieltage rumbringen musste. Obwohl die Handlung hier nochmal Fahrt aufnimmt und durchaus spannend ist, hinkt das Spiel etwas hinterher, da man mit den angebauten Sachen nur noch recht wenig machen kann, und letztlich einfach nur der Kontostand durch die Verkäufe steigt.

Eine Sache unterscheidet Wylde Flowers vom einen oder anderen weiteren Farmingspiel: Nach einem Jahr „endet“ zumindest die Haupthandlung, wobei man durchaus noch weiter spielen kann, um weitere Dinge zu erledigen. !B

Tara beim Pflegen eines Erdbeerfelds, um sie herum weitere Blumenfelder und zwei Bienenstöcke zwischen Sonnenblumen.
Um die Pflanzen muss man sich täglich kümmern, solang es nicht regnet oder man später magische Unterstützung erhält.

Ich fühle mich zu Hause in Fairhaven

Die letzten zwei bis drei Spielstunden sind für mich tatsächlich die größte Schwäche an Wylde Flowers, hier hatte ich doch das eine oder andere Mal gehofft, dass das Spiel gleich zu Ende geht – das hatte ich in den knapp 40 Stunden zuvor nicht ein einziges Mal. Außerdem rückt die eigentliche Farmarbeit mit dem späteren Spielverlauf immer mehr in den Hintergrund. Man hat dann zwar endlich die Mittel, jede Menge Felder zu bauen und zu bewirtschaften, doch wirklich nötig ist das nicht. Ebenso kann man dann zwar einen Stall bauen, doch auch das Halten und Pflegen von Tieren ist eigentlich nur optional – irgendwie schade, hier hätte ich mir gewünscht, dass sich mehr Möglichkeiten öffnen, wenn man sich tatsächlich dazu entscheidet, Tiere zu kaufen und diese zu pflegen.

Dafür hat Fairhaven nach dieser Zeit diesen Status erreicht, dass man sich einfach wohlfühlt. Wylde Flowers liefert eine dieser Spielwelten, mit denen ich mich am besten identifizieren kann, und es stört mich gar nicht, dass ich immer wieder dieselben Wege laufe. Es fühlt sich einfach wholesome an, in dieser Kleinstadt seinen täglichen Aufgaben nachzugehen und die Bewohner:innen besser kennenzulernen. Übrigens gibt es auch noch Ravenwood Hollow, der magische Teil des Orts, der hinter einem Schleier verborgen liegt und eigene Aufgaben und Bewohner:innen mitbringt.

Beeindruckend ist der Detailreichtum, mit dem studio drydock Fairhaven, Ravenwood Hollow und seine Leute umgesetzt hat: Unmengen an Dialogen wurden von exzellenten englischen Sprecher:innen vertont, um die Interaktionen realistisch zu machen. Die Persönlichkeiten sind alle vollkommen realistisch und fühlen sich kaum wie Spielfiguren an – ich vermute, der Dank geht hier an die exzellente Leistung der Sprecher:innen. Natürlich darf man auch seine Liebe in Fairhaven finden, und selbstverständlich sind auch hier (unter den noch nicht vergebenen Leuten) keine Beschränkungen gesetzt.

Das Einzige, was ich hier doof finde: Erfolge gibt es in Wylde Flowers fürs Heiraten jeder verfügbaren Person. Es ist zwar möglich, sich zu trennen, anschließend jemand anderes zu daten und zu heiraten, was als Feature völlig ok ist, aber es sollte nicht so sein, dass man dafür mit Errungenschaften belohnt wird bzw. bewusst diesen Weg gehen muss, wenn man 100% der Erfolge haben möchte. !B

Tara beim Trinken eines Trankes in der Dämmerung, einer magischen Umgebung. Um sie herum wachsen verschiedene Pilze und sie steht neben einem Fluss.
Die „Dämmerung“ ist ein besonderes Gebiet, indem die Magie zu Hause ist.

Viel Liebe zum Detail

Was mir an Fairhaven und Wylde Flowers einfach richtig gut gefällt: Du kannst fast immer sein, wer du willst, es wird (fast) nichts verurteilt, es ist einfach erfrischend anders zur Realität. Nur, als dann die Magie öffentlich wird, gibt es einige Konflikte, und auch der Bürgermeister scheint die eigentlich in Fairhaven vorherrschenden Ideale nicht so sehr zu berücksichtigen, doch das lässt sich in realistischen Konflikten klären.

Ich habe Wylde Flowers durchgehend auf dem Apple TV 4K (2021) gespielt und war von der technischen Qualität größtenteils beeindruckt – nur mit Regen im Stadtkern Fairhavens kam das Apple TV etwas an seine Grenzen, aber davon abgesehen ließ sich Wylde Flowers in Verbindung mit einem DualSense Controller hervorragend spielen.

Auch der Soundtrack rundet das Spielerlebnis schön ab, störend fand ich hier manchmal nur, dass bestimmte Musikstücke nach dem Ende einer Szene, zu dem sie gut passten, noch weiter abgespielt wurden, obwohl sie dann nicht mehr so richtig die Stimmung repräsentieren. !B

Tara im Diner am Tresen im Gespräch mit Sophia, der Inhaberin des Diners.
Das Sozialleben zu pflegen ist in Fairhaven auch wichtig … und angenehm.

Fazit: Einer meiner Lieblingsorte

Das Bild zeigt eine Wertung mit einer 90.

Wylde Flowers konnte mich so richtig an Fairhaven fesseln und ist bisher eines meiner Lieblingsspiele 2022. Ich hatte zwar zwischendurch eine größere Spielpause, doch danach brachte mich das Spiel wieder Stunden an den Bildschirm. Trotz einiger stressiger Episoden und ein wenig Langeweile zum Ende bleibt Wylde Flowers ein richtiges wholesome game für mich. Es ist gewaltfrei, inklusiv und vielfältig. Auch Fairhaven und seine Aufgaben beschäftigen auf vielfältige Weise, während man regelmäßig etwas neues entdeckt oder sich mit den Bewohner:innen anfreundet. Das alles bei einer schönen, bisweilen magischen Atmosphäre. Wenn du Apple Arcade abonniert hast, empfehle ich dir Wylde Flowers auf jeden Fall. Und wenn du PC Spieler:in bist oder auf Nintendo Switch unterwegs, dann, auf die entsprechenden Versionen von Wylde Flowers zu warten!

ProContra
+ Tolle Atmosphäre– Farmarbeit tritt später etwas in den Hintergrund, Tiere halten quasi optional
+ Vielfältige Tätigkeiten in einer bunten Stadt– Ende des Spieles zieht sich etwas
+ Schöne Musik…– … aber nicht immer ganz passend
+ Klasse vertonte Dialoge
+ Kleine, aber sehr feine Spielwelt
+ Spannende Geschichte

Offenlegung

Wir haben Wylde Flowers im Rahmen von Apple Arcade gespielt.

Wie gut hat dir der Beitrag gefallen?

Durchschnittsdaumen: / 5. Bisher abgegebene Daumen:

Bis jetzt gibt es noch keine Daumen! Sei dier erste, der einen abgibt.

Du findest uns nützlich?

Dann folge uns doch in den sozialen Netzwerken!

Erzähl anderen von diesem Beitrag
Manuel Eichhorn
Folge mir
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
1 Kommentar
älteste
neueste meiste Bewertungen
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen