Ein Appell an die Macher künftiger Open-World Spiele

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Der Trend in diesem Jahr ist deutlich erkennbar: Videospiele versprechen größere Welten und vor allem eins: Freiheit! Beinahe jeder Entwickler spricht davon, dass man in seinem Spiel genau das tun kann, was man möchte. Längst ist das nicht mehr auf Rollenspiele begrenzt: Mit erwerbbaren Häusern und mehreren Möglichkeiten zum Spielfortschritt springt in diesem Jahr beispielsweise auch Forza Horizon 4 auf den Zug mit auf. Ein, zwei Anliegen habe ich aber noch, damit der ultimativen Freiheit auch wirklich nichts mehr im Weg steht.

Nach fast 50 Spielstunden habe ich aktuell endlich einmal zumindest die Story von Assassin’s Creed Origins beendet. Sicherlich unterliegt der Titel ohnehin noch ein paar (storybedingten) Restriktionen, die Ubisoft spätestens mit dem bereits in den Startlöchern stehenden Nachfolger Assassin’s Creed Odyssey auflösen möchte, allerdings sind mir trotzdem ein paar Dinge aufgefallen, die sich genauso oder so ähnlich auch auf andere Open-World Titel übertragen lassen, die ich in den letzten Monaten und Jahren gespielt haben. Und spätestens, wenn sich die Entwickler hier auf die erweiterten Möglichkeiten der nächsten Konsolengeneration freuen, die auch nur noch maximal zwei Jahre auf sich warten lässt, möchte ich, dass sich da etwas ändert.

Grundsätzlich sind Open-World Spiele mittlerweile sehr gut darin, einem von Anfang an deutlich zu machen, dass einem eine riesige Spielwelt zu Füßen liegt – am besten in einer epischen Eröffnungssequenz, in der der Protagonist seinen Blick über das malerische Panorama schweifen lässt. Sie sind durchaus auch gut darin, einen zum Erkunden einzuladen – mittels der Weltkarte, die interessante Orte wie eine Oase mitten in der Wüste zeigt oder interessante Formen, die sich schon am Horizont abzeichnen. Was ich jetzt noch möchte: Dass das alles ein wenig natürlich ist.

Ich will weniger auf der Map nach Fragezeichen oder Symbolen suchen und weniger das Adlerauge benutzen, um zu sehen, ob irgendwo was glitzert. Ich will mich auf eigene Faust auf die Welt einlassen und dann gerne auch mal eine Kiste mit neuen Gegenständen finden, ohne dass irgendetwas darauf hinweist. The Witcher III: Wild Hunt kann das ganz gut, oder auch Diablo III – da bin ich manchmal wirklich überrascht, was ich da gerade Episches gefunden habe und stolz, dass ich diese oder jene Ecke aufgesucht habe. Vor allem in Genrevetretern aus dem Hause Ubisoft bleibt dieser Wow-Effekt häufig aus – selbst, wenn man mal etwas abseits markierter Orte findet, kann es meist auch gleich wieder wegschmeißen.

Eine offene Welt sollte nur so vor Geheimnissen strotzen und wenn wir schon dabei sind, die Stimmigkeit der Welt und des gesamten Spieles zu betrachten, gilt für mich auch das folgende: Eine offene Spielwelt sollte offen bleiben! Mittlerweile sehen wir, dass man auch ohne Restriktionen großartige Geschichten erzählen kann. Dabei wird man sicherlich nicht ohne Skripts auskommen, aber ansonsten hat schon Grand Theft Auto V aus der letzten Generation gezeigt, wie man beispielsweise Gesprächsunterbrechungen großartig wiederaufnehmen kann – das Ganze ist halt eben nur mit einem riesigen Produktionsaufwand verbunden, und Kosten. Die scheuen manche Entwickler noch, aber nicht unbedingt, weil’s am Budget mangelt.

Dazu gleich noch mehr, was ich vorab aber auch nicht mehr sehen möchte, ist, vor allem gegen Ende des Spieles plötzlich in ein lineares Korsett gezwängt zu werden. Mir ist klar, dass manches Mal ein linearer Abschnitt mitunter bei Atmosphäre und Aussagekraft helfen kann, aber mit entsprechender Mühe kriegt man es auch ohne hin. Zum Spielabschluss aber nochmal, so wie in Assassin’s Creed Origins, durch einen eng begrenzten Teil von Rom gezwängt zu werden, finde ich nicht gerade cool. Geht es dagegen um abgetrennte Dungeons wie beispielsweise in Final Fantasy XV, ist das Ganze dagegen weniger schlimm – und ergibt auch spielerisch wie inhaltlich Sinn.

Mein letztes, großes Anliegen, hat nun wirklich etwas mit dem Produktionsaufwand zu tun – und bezieht sich nicht unbedingt nur auf Open-World Spiele, aber vor allem auf diese, weil sich hier besonders schnell Logiklücken und Widersprüche einschleichen. Vielleicht wisst ihr schon, wovon ich spreche: Macht es euch nicht auch wahnsinnig, wenn bestimmte Aussagen eures Helden oder anderer Figuren einfach nicht mehr zu dem passen, was schon längst in der Geschichte und Welt passiert ist?

Bayek hat sich mittlerweile längst aus seiner Rolle des Medjaj verabschiedet und Rache für seinen Sohn genommen – dennoch erzählt er jetzt aber bei jeder Gelegenheit, dass er seine eigenen Dämonen jagen muss und Rache nehmen muss. Wir wäre es mit: „Ich habe schon selbst Erfahrung damit, eigene Dämonen zu jagen?“, oder „Ihr kennt mich als Medjaj“, anstatt „Ich bin ein Medjaj“.

Origins ist längst nicht das einzige Spiel, in dem solche Dinge zu beobachten sind. Auch Vampyr aus diesem Jahr zeichnet sich durch solche aufkeimenden Logiklücken aus und sogar in Die fantastischen Abenteuer von Captain Spirit lassen sich welche provozieren, wenn man denn möchte – aber vor allem, wenn man so viel Wert auf Freiheit des Spielers legt und ständig betont, dass die eigenen offenen Welten auf jede Aktion des Spielers reagieren, sollte man vermeiden, dass solche Fehler offensichtlich sind. Kleinigkeiten dieser Art werden sich nie vermeiden lassen, aber für mich bedeuten solche Dinge, dass ich aus meinem Abenteuer und der Schönheit der Spielwelt rausgerissen werde und darauf aufmerksam gemacht, dass ich eben doch nur ein Videospiel spiele. In der Zukunft möchte ich offene Welten, die mehr als nur Blender sind.

 

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Manuel Eichhorn
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