Life is Strange 2 Episode 3: Wastelands (Xbox One) im Test – Verborgenes Amerika

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Am Ende der zweiten Episode von Life is Strange 2 spitzte sich die Lage für die beiden Brüder ziemlich schnell zu: Grund genug, als blinde Passagiere auf einem Güterzug die Reise in neue Gefilde zu wagen. Ob das Abenteuer ebenso gekonnt weitererzählt wird wie zuvor, erfahrt ihr in unserem Test zur dritten Episode Wastelands.

Die Schattenseite Amerikas

Erneut ist ein guter Monat vergangen, wenn die dritte Episode von Life is Strange 2 einsetzt. In der Zwischenzeit hat ein Wiedersehen mit Finn und Cassidy stattgefunden – „Punks“, die in Beaver Creek nicht gern gesehen wurden. Doch für Sean und Daniel ist es genau richtig, mit ihnen und einigen anderen jungen Menschen, die nicht ins System passen, weiterzuziehen – mit ihnen im Camp leben ist ein sozialer Gewinn, den die beiden dringend brauchen, und die Arbeit auf der Drogenplantage bringt zudem das nötige Geld für die Weiterreise in die Kasse.

Life is Strange 2 Episode 3: Wastelands widmet sich weiter den schwierigen und spannenden Themen des Erwachsenwerdens, doch diesmal werden die Geschehnisse aus der behüteten Umgebung Beaver Creeks direkt ausgesiedelt in ein Setting, das durchaus auch eine der Schattenseiten Amerikas darstellt: Nur harte Arbeit wird belohnt. Den Besitzer und den Aufpasser der Plantage sollte man lieber nicht verärgern. Das Setting ist ein krasser Gegensatz zu Episode 2, der Life is Strange 2 allerdings auch sehr gut tut: Die Abwechslung ist sogar für ein Episodenspiel phänomenal.

Seans und Daniels Geschichte wird weiter sehr nachvollziehbar erzählt. Zwischen den beiden Brüdern schwelt ein Konflikt, den Daniel hat eine neue Bezugsperson gefunden und entfernt sich von seinem „Aufpasser“ und Regelmacher Sean, während Sean mit seiner Unsicherheit kämpft, ob er wirklich alles richtig macht. Sean dagegen freut sich nicht nur über seinen ersten Bartwuchs, sondern findet im Camp auch seinen ersten Crush, mit dem er optional mehr als nur Blicke tauschen kann.

Vom Gameplay her nicht spannend, aber ein realistischer Teil der Episode.

Alles inszeniert?

Ich habe zu Life is Strange 2 und seinen ersten Episoden ein paar Mal gelesen, dass vor allem das Politische sehr bemüht und inszeniert wirkt – bei den ersten beiden Episoden konnte ich da gar nicht mitgehen. Dieses Mal irgendwie schon – ich finde die Themen, die Dontnod anspricht, zwar erneut enorm wichtig, allerdings gelingt es diesmal kaum, Bindung auch nur zu irgendeiner der Figuren aufzubauen. Außer Daniel und Sean bleiben die anderen Figuren eher blass und gefühlt prototypisch – was sehr schade ist.

Leider gelingt es Life is Strange 2 Episode 3: Wastelands nicht, mehr Spannung aufzubauen, als die vorherige Episode – obwohl eigentlich für die beiden Brüder alles nur viel schlimmer wird und am Ende auf einen riesigen Konflikt hinausläuft. Dennoch saß ich am Ende der Episode 2 den Tränen nahe und sehr angespannt vor der Konsole, während das Ende diesmal nicht nur sehr vorhersehbar war, sondern irgendwie auch den Eindruck verstärkte, dass das Drama nur des Dramas willen da ist. Grenzwertig finde ich zudem die Entscheidung, dem Spieler ansatzweise Entscheidungsfreiheit über Seans Sexualität zu geben, während es offenkundig eigentlich gar nichts zu entscheiden gibt.

Auch vom Gameplay her ist die dritte Episode nicht so spannend wie die vorherigen: Es gibt kaum überraschende Interaktionen und auch bei den Entscheidungen habe ich diesmal leider nicht den Eindruck, dass sich wirklich etwas ändert – oder dass auch Kleinigkeiten sich später noch auswirken. Auch die Auflistung der Pfade am Ende entlockt mir nicht viel mehr als ein müdes Lächeln, echte Aha-Effekte bleiben aber aus. Hauptsächlich lenkt die Episode eben auf die nächste, die unbedingt mit einem bestimmten Szenario anfangen muss.

Ich fand es etwas grenzwertig, diese Auswahl anzubieten, aber später nicht weiter durchzuziehen.

Solide Technik

Dontnod liefert immerhin technisch mit der dritten Episode von Life is Strange 2 eine solide Performance ab – alles andere wäre angesichts des diesmal eher schwächeren Auftritts aber auch enttäuschend gewesen. Erfreulich ist, dass man diesmal unnötige Unterbrechungen von Interaktionen und Konversationen nicht so oft beobachten muss. Das Spielerverhalten hat man dieses Mal besser einbezogen.

Auffällig sind allerdings auch diesmal in Life is Strange 2 das teils hakelige Figurenverhalten. Sie kommen sich manchmal in die Quere, zum Beispiel in Sequenzen im Hintergrund oder führen Aktionen nicht so aus, wie sie sollten – doch da war die vorherige Episode auffälliger.

Großes Lob hat erneut der Soundtrack: Er passt einfach perfekt, und auch die englische Vertonung kann sich weiterhin hören lassen.

Erneut bietet Life is Strange 2 wunderschöne Szenen.

Fazit: Ich erwarte mehr

Ich bin zum ersten Mal enttäuscht von Life is Strange 2: Die dritte Episode schafft es einfach nicht, zu zünden: Sowohl der Inhalt, das Setting, wie auch die neu eingeführten Figuren bleiben blass. Das Ende ist zwar beeindruckend und gleichwohl spannend, allerdings absolut vorhersehbar – und zum ersten Mal habe ich nicht wirklich den Eindruck, als spielten meine Entscheidungen eine Rolle. Exzellent dargestellt ist auch weiterhin Seans Coming-of-Age Geschichte und der Konflikt, der zwischen den beiden Brüdern schwelt – doch der Rest des Dramas wirkt diesmal etwas übertrieben und so, als müsste es einfach nur des Dramas willen da sein. Episode 3 schließt so ab, dass Episode 4 eigentlich nur spannend werden kann – und ich hoffe, dieses Versprechen löst sie auch ein.

ProContra
+ Toller Soundtrack– Zentraler Konflikt wirkt aufgesetzt
+ Technisch solide umgesetzt– Figuren bleiben blass
+ Gute Coming-of-Age Geschichte (Sean)– Vom Gameplay her nicht besonders spannend
+ Gut dargestellter „Konflikt“ zwischen den Brüdern– Hakeliges Verhalten der Figuren
– Ende sehr vorhersehbar

Technik: 77
Grafik: 86
Sound: 90
Umfang: 88
Gameplay: 52
KI: 68

Spielspaß: 59

  • Story: Eine fesselnde Geschichte, die die Rolle von Regeln erstaunlich gut darstellt – vor allem von gesellschaftlichen.
  • Frustfaktor: Nicht vorhanden.
  • Nachhaltigkeitswert: Life is Strange 2 ist ein wichtiges Spiel mit einer guten Story – Wiederspielwert ist auch da und zumindest die erste Episode hat es verdient, beachtet zu werden.
  • Design/Stil: Stimmig und wunderschön.
  • Musik und Sound: Musikuntermalung, Sound und Synchro sind top! Es gab kleine Probleme mit einigen Tonspuren, die zu laut waren.
  • Preis-Leistungs-Verhältnis: Der Preis von 7,99€ für die Episode ist angemessen.

Offenlegung

Wir haben Life is Strange 2 im Rahmen des Game Pass auf der Xbox One heruntergeladen. Wir haben das Spiel auf einer Xbox One X getestet, installiert auf einer externen Samsung SSD.

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Manuel Eichhorn
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