RIDE 4 (PS4) im Test – Evolution auf der Strecke

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Ich kann mich noch gut an das erste RIDE erinnern, das Milestone im Jahr 2015 auf den Markt brachte: Mit der ersten eigenen IP brachte man eine Motorradsimulation heraus, die viel Passion für den Rennsport bewies: Nicht alles war rund, aber eine neue Reihe war geboren, die es immerhin zu vier Ablegern in einer Generation und innerhalb von fünf Jahren geschafft hat. Mit RIDE 4 hat die Reihe doch eine lange Weiterentwicklung unterlaufen – doch ob die Evolution der Reihe auch gewogen ist, erfahrt ihr in der Review zur PS4 Version, gespielt auf PS4 Pro.

Gemacht für Enthusiasmus

RIDE 4 ist auf einer neuen Evolutionsstufe angekommen: Das erste RIDE war irgendwo noch ein recht zugängliches Rennspiel, mit einer Mischung aus detailreichen Fantasierennstrecken und „echten“ Kursen – mittlerweile hat Milestone die Reihe auf Simulation getrimmt. An ihrem Detailreichtum hat die Reihe indes nichts eingebüßt: Bikes wie auch Strecken wurden mit wachsamen Auge fürs Detail nachgebildet, die Anzahl an Bikes und ihre Anpassungsmöglichkeiten sowie die Auswahl von Teilen ist wahrlich beeindruckend.

So viel Passion im Rennsport steckt, so wenig Passion steckt im Spiel drumherum: Eine wirklich ansprechende Karriere zu inszenieren, hat Milestone auch 2020 nicht gelernt. Durch die Menüs navigiert man zwar nun wesentlich flüssiger, aber dennoch bestimmen viele Ladebildschirme das Spielvergnügen. Mal sehen, wie das mit der PS5 Version von RIDE 4 sein wird, für die man sich immerhin Zeit nehmen möchte und die deshalb erst im Januar erscheint.

In der Karriere wird alles recht trocken aneinandergereiht, weder die Menüs, noch die Karrieredarstellung ist besonders übersichtlich oder motivierend – RIDE 4 ist etwas für Spieler*innen, die sich voll und ganz auf das Geschehen auf der Strecke, auf die Bikes in ihrer Garage und deren technische sowie optische Anpassung konzentrieren wollen, aber nicht viel Wert legen auf eine ansprechende Präsentation oder sonstigen Schnickschnack, den Rennspiele heutzutage mit sich bringen könnte: Levelaufstiege für den Fahrer, die Marken- und Modellaffinität gibt es zwar, aber auch das ist recht trocken inszeniert. Ein System mit Sponsoren oder ähnlichem sucht man indes weiter vergebens.

Bikes und Strecken – Vielfalt und Passion sind da.

Gemacht für frustresistente Spieler*innen

Schon in meinem Test zum ersten RIDE, der es leider nicht auf den aktuellen Palace geschafft hat, den ich aber noch als Word Dokument gespeichert habe, habe ich den lieblosen Karrieremodus bemängelt – was ich auch bemängelt habe: Die nutzlosen Einstellungen des KI Schwierigkeitsgrades. Auch diesen Punkt möchte ich diesmal wiederholen, nur, dass die Evolution der Reihe der Gegner KI so gar nicht gewogen war.

RIDE 4 ist ein knallhartes Spiel, eine Simulation, ja, das merkt man, aber auch ein Spiel, das euch den Erfolg nicht gönnt. Dass euch den Erfolg nicht gönnen will, sondern euch von Misserfolg zu Misserfolg schubsen will – im wahrsten Sinne des Wortes. Einen großen Einfluss darauf hat die KI, die rempelt und stürzt, was das Zeug hält – nur, dass sie gefühlt immer mit einem Vorteil aus den Crashes herausgeht.

Viele Rennen in RIDE 4 starten so, dass dich in der ersten Kurve irgendso ein Idiot von deinem Bike schubst – du kannst einfach machen was du willst. Das wiederholt sich auch in den kommenden Kurven, doch wenn du Glück hast, hast du dich dann weit genug abgesetzt. Funact: Wenn du die KI (nach wie vor in Prozenten ab 25% einstellbar) auf ganz einfach stellst, fahren sie dir noch schneller davon, als wenn du höhere Schwierigkeitsgrade einstellst.

Ich habe Rennen mit einer KI Schwierigkeit von etwa Mitte 60% am leichtesten gewonnen – die Fahrer hier rempeln zwar noch viel schlimmer als die leichteren Kontrahenten, sind aber aus irgendeinem Grund viel langsamer auf der Strecke unterwegs als die angeblich leichteren Gegner. Ja, ich habe mich wieder mal gefragt, ob meine Version von RIDE 4 kaputt ist. Doch da sich die KI Krankheit durch beinahe alle vergangenen Milestone Spiele zieht, denke ich, dass sie genauso funktioniert, wie sie eben funktioniert.

Das Spielerlebnis ist grundsätzlich schon geil.

Präzision wird belohnt

Ich sage es ganz direkt: Noch mit keinem Spiel im Jahr 2020 habe ich so viel Frust verspürt wie bei RIDE 4. Es ist einfach ein unfaires Spiel und ich war froh, als ich genug gesehen hatte, um die Review zu schreiben – dabei überzeugt mich der Kern des Spieles ja. Denn grundsätzlich ist RIDE 4 eine gelungene Simulation, die gelernt und beherrscht werden will.

Wer frustriert ist, kann sich auch mit der Gestaltung von Bikes beschäftigen.

Genügend Einstellungsmöglichkeiten im Bereich der Fahrhilfen und -physik gibt es, diese sind für verschiedene Gruppen von Spieler*innen zugeschnitten. Ich finde, das passt wunderbar. Doch auch die anderen Modi sind knallhart: Die Karriere verlangt einem quasi schon von der ersten Mission an alles ab.

Ich denke, Einsteiger*innen werden mit RIDE 4 nicht besonders glücklich werden. Vor allem Streckentests und Zeitrennen bedeuten eins: Immer auf der Strecke bleiben. Fährt man auch nur einen Millimeter über den Streckenrand, wird man sofort disqualifiziert, auch die Rewind Funktion bringt in dem Zusammenhang rein gar nichts. Leider sind die Streckenbegrenzungen nicht immer komplett richtig gesetzt – manches Mal wird man auch disqualifiziert, wenn man auf die erlaubten Randstreifen fährt.

Als wäre das Fahren nicht schon schwer genug, sind auch die Zielzeiten von Anfang an recht knackig gesetzt. Silber lässt sich meist auch für ungeübte Spieler*innen wohl noch halbwegs holen, aber auch nur bei den ersten Events – bald wird es schon schwer, überhaupt eine Medaille zu holen – und somit in der Karriere weiterzukommen.

Hier bin ich mal auf Erfolgskurs – mit „schwieriger“ KI am einfachsten.

Saubere Technik mit wenig Stocken

RIDE 4 tut irgendwie viel, um den Spielspaß klein zu halten – was eigentlich verdammt schade ist, denn technisch hat Milestone dieses Mal auf der PS4 (Pro) eine wirklich saubere Arbeit geleistet. Die Kulisse überzeugt größtenteils, vor allem Wettereffekte machen Einiges her, und auf der Pro läuft das alles auch größtenteils flüssig über den Bildschirm. Zu kleineren Rucklern kommt es aber noch immer, wenn mehrere Gegner auf einmal mit auf dem Bildschirm sind. Etwas Optmierungsarbeit hätte dem Ganzen also noch gutgetan.

Bei der Soundkulisse und Steuerung gibt es dagegen nichts auszusetzen – das Auge für Details der Entwickler*innen macht sich hier bezahlt. Hätten sie selbiges doch nur auch für den Spielspaß…

Beim Umfang braucht sich RIDE 4 definitiv nicht zu verstecken, Bikes gibt es wirklich genügend und auch die Anzahl an Rennstrecken kann überzeugen. Aber: Milestone legt jetzt einen großen Fokus auf offizielle Rennstrecken, eben ganz passend zur Simulation. Ich persönliche vermisse Strecken durch Städte oder wunderschöne Landschaften auf der ganzen Welt, wie sie in den vergangenen Ablegern noch vertreten waren. Mal sehen, was hier die Zukunft noch bringt.

Fazit: Beim Spielspaß auf die Bremse getreten

RIDE 4 ist nur etwas für absolute Enthusiasten und Enthusiastinnen: Milestone beweist erneut große Passion, wenn es um Motorräder, ihre Anpassung und die Rennstrecken geht. Umfang und Vielfalt überzeugen hierbei absolut – doch die Passion, die für den Rennsport erbracht wird, lässt das Spiel drumherum komplett vermissen. Der Karrieremodus ist auch in RIDE 4 nur sehr trocken und wenig motivierend inszeniert, doch insbesondere kommen nur absolut frustresistente Spieler*innen auf ihre Kosten: Die KI rempelt und stürzt, wie es nur geht, wobei die Einstellungen für ihre Schwierigkeit völlig absurd sind. Auch sonst sind die Events von Anfang knallhart und verzeihen keine Fehler – da bringen auch die Zugänglichkeitseinstellungen wenig. Die saubere Technik wird von der unbrauchbaren KI überschattet und diese erstickt den Spielspaß an vielen Stellen im Keim. RIDE 4 ist zwar wohl immer noch das beste Angebot einer Motorradsimulation auf Konsolen – der Hauptgrund dafür liegt aber in der fehlenden Konkurrenz.

ProContra
+ Viele Details– Furchtbar unfaire KI mit unbrauchbaren Einstellungen
+ Große Passion für den Rennsport– Events quasi von Anfang an knallhart
+ Größtenteils saubere Kulisse– Immer wieder kleinere Ruckler
+ Umfang kann sich sehen lassen– Sehr frustrierendes Spielerlebnis
– Liebloser Karrieremodus
– Nur noch „offizielle“ Rennstrecken

Technik: 64
Grafik: 83
Sound: 92
Umfang: 85
Gameplay: 48
KI: 10

Spielspaß: 39

  • Story: Ride 4 erzählt keine Geschichte – gibt sich aber auch keine Mühe, euch in den Motortsport abzuholen.
  • Nachhaltigkeitswert: Der Frust ist so ziemlich das Einzige, was mir in Erinnerung bleibt.
  • Frustpotential: Fangt bitte nicht an.
  • Design/Stil: Realistisch und detailreich, im Menü aber dennoch lieblos.
  • Musik und Sound: Die Soundkulisse überzeugt.
  • Preis-Leistungs-Verhältnis: Der Vollpreis ist grundsätzlich angemessen.

Offenlegung

Ein Reviewkey zu RIDE 4 wurde uns zur Verfügung gestellt. Getestet haben wir auf PS4 Pro.

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Manuel Eichhorn
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