Truck Driver (PS4 Pro) im Test – Einsamer Trucker mit wenig Freiheit

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Als die Triangle Studios Truck Driver für Konsolen ankündigten, wollte man gar nicht mit den gestandenen Genregrößen aus dem Hause SCS Studios in Konkurrenz treten, obwohl die Versionen für PS4 und Xbox One schon mal ein großer Vorteil sind. Stattdessen möchte man den Spaß in die digitale Truckerkarriere zurückbringen und ein zugängliches und spaßiges Spiel abliefern. Ob das geklappt hat, erfahrt ihr im Test.

Im Rahmen meiner Testphase zu Truck Driver habe ich zwangsläufig mal wieder zu den beiden Titeln Euro Truck Simulator und American Truck Simulator von SCS Software rübergesehen und bin erstaunt, was dort alles passiert. Nach und nach werden die beiden Titeln mit immer mehr Erweiterungen versehen, um wirklich ganz Europa und die ganze USA abzubilden, zudem werden die LKW Fahrer mit den Aufgaben vertraut, verschiedenste Frachten über beide Kontinente zu transportieren.

Von der schieren Größe und dem Anspruch dieser beiden Spiele muss man sich doch ein gutes Stück verabschieden, wenn man sich Truck Driver ansieht. Doch allein schon der Titel macht deutlich, dass das Spiel das auch gar nicht wirklich will. Auf den Zusatz Simulation im Titel hat man komplett verzichtet, und auch die Beschreibung des Titels im PlayStation Store macht deutlich, wohin die Reise geht: „[R]ase die Straßen entlang“ steht dort unter anderem. Ist das wirklich das erste Ziel eines „angesehene[n] Lastwagenfahrer[s]“?

Zum Einstieg ins Spiel gibt es eine sehr überschaubare Charaktererstellung.

Questbasierte Karriere in einer müden Welt

In der Kurzbeschreibung von Truck Driver ist auch die Rede von einer riesigen offenen Welt – geboten wird diese einem aber nicht. In Wahrheit bietet die Welt bislang erschreckend wenig, und es ist irgendwie kein Wunder, dass die Entwickler direkt nach dem Launch von Erweiterungen für die Spielwelt sprachen. Im Wesentlichen besteht die fiktive Welt in Truck Driver aus einigen Autobahnen, ein paar Überlandstrecken und mehreren kleinen Orten – allein schon Städte sucht man vergebens.

Durch die Kompaktheit der Spielwelt und die Lage der Auftraggeber fährt man sämtliche Straßen schon in den ersten Spielstunden gleich mehrfach ab. Das bleibt dann auch in Erinnerung, zumindest die wenigen Spots, die sich optisch wirklich abheben. Viel Abwechslung gibt es dahingehend leider nicht – die Rettung der Spielwelt sind allerdings dennoch ihre hübschen Panoramen und vor allem die tollen Lichteffekte, wenn wir in die Nacht hineinfahren oder einen Sonnenaufgang erleben. In Verbindung mit Elementen wie den Windrädern, den beleuchteten Gebäuden oder dem Wasser, an dem wir entlangfahren können, spielt Truck Driver hier doch noch eine Stärke aus, obwohl die Spielwelt unbedingt eine Erweiterung braucht und zudem auch ein funktionierendes Wettersystem. Laut den Entwicklern ist zwar Regen im Spiel, doch den habe ich – wie viele andere Spieler offenbar auch – auch nach unzähligen Spielstunden und mehreren abgeschlossenen Questreihen noch nicht gesehen.

Mit diesen Aufträgen der Auftraggeber versuchen die Entwickler, in Truck Driver eine etwas spannendere Karriere als die Konkurrenz zu bieten – und das klappt auch ziemlich gut. Für jeden der gut eine Handvoll Auftraggeber zieht sich eine kleine Geschichte durch die verschiedenen Aufträge durch, was doch die Motivation etwas steigert, als wenn man nur eine anonyme Fracht irgendwo abholt und genauso anonym wieder abliefert. Schade: Zwei der Geschichten stehen in Verbindung miteinander, wobei der Fortschritt der einen natürlich nicht den der anderen berücksichtigt, was etwas schade ist.

Auch die Umsetzung der Auftragsannahme hat mir insgesamt nicht komplett gefallen, denn man hat versucht, diesen mit einer Art Nachrichtenverlauf darzustellen. Unser Gegenüber „schreibt“ immer, während wir „zuhören“, bevor die Antwort von uns kommt. Wie das zusammenpasst, sei mal dahingestellt, allerdings entstehen dadurch auch immer unnötige Wartezeiten, bis die Dialoge abgeschlossen sind. Außerdem: Wenn wir schon nur über Nachrichten kommunizieren, warum müssen wir dann dennoch immer zum Auftraggeber fahren, um einen Auftrag anzunehmen, nur um dann doch wieder weggeschickt zu werden, weil die Fracht eigentlich woanders steht? Müssen wir unsere Aufträge in einer bestimmten Zeit erledigen, ist hier keinerlei Herausforderung mit verbunden: Die Zeiten lassen sich auch bei bequemem Fahren immer einhalten.

Solche hübschen Momente gibt es und durch diese begeistert die Spielwelt wenigstens etwas.

LKW Raser!

Was in der Geschichte unlogisch ist, ist letztlich gar nicht so dramatisch, denn das Fahren in Truck Driver ist ja immerhin die Königsdisziplin und macht auch richtig viel Spaß. Das Handling des Trucks fühlt sich nachvollziehbar an, die Bewegungen des Führerhauses wurden gut eingefangen und hin und wieder kommt man auch mal in Bedrängnis mit den Bremswegen.

Trotzdem merkt man aber, dass der Simulationsaspekt in Truck Driver keine allzu große Rolle spielt, teilweise aber eben auch nicht konsequent. So hat man sehr gut simuliert den Reifenabrieb und dadurch verbundene Konsequenzen fürs Fahrverhalten, denn mit verschlissenen Reifen sind Bremswege deutlich länger – und zwar wirklich deutlich länger. So ist mir dann doch auch mal ein Auffahrunfall passiert.

Frachten dagegen – und das finde ich wirklich schade – wirken sich dagegen überhaupt nicht spürbar auf das Fahrverhalten aus. Ich hab mir immer wieder einzubilden versucht, dass da ein Effekt ist, zumal es in den Gesprächen zwischen uns und Auftraggeber häufig um das Gewicht von Frachten geht, allerdings wirken sich diese weder auf die Beschleunigung des Trucks noch auf Bremswege aus. Nur bei besonders langen Anhängern eckt man irgendwo in der Kurve mal eher hinten an, aber das war’s auch schon an Auswirkungen. Und das obwohl man den Reifenabrieb in Truck Driver so toll simuliert hat. Für mich sind die unterschiedlichen Frachten immer ein wesentlicher Aspekt von Spielen wie Truck Driver, doch hier sind die Unterschiede beinahe rein optisch, was man nicht mal richtig sieht, wenn man – wie jeder halbwegs ernsthafte Spieler – in der Cockpitansicht fährt.

So brettert man dann unabhängig von der Fracht durch die Landschaft, und das geht größtenteils auch wirklich, denn Verkehrsdelikte werden in Truck Driver kaum geahndet. Die Handvoll Blitzer hat man irgendwann auf dem Schirm, Gesetzeshüter gibt es ansonsten keine. Vor allem die Landstraßen kann man daher ebenso wie die Autobahnen unbehelligt entlangbrettern, Verkehr ist meist auch wenig genug, damit man die KI Teilnehmer überholen kann. Bestimmte Kurven zum Abbremsen bleiben in Erinnerung. Wirklich gefährlich werden nur die wenigen Autobahnabschnitte mit der Geschwindigkeitsbegrenzung 80, denn hier kann man auch mal in den Blitzer fahren, die anderen Straßen stellen kaum eine Gefahr dar. Und: Auch das Wenden auf der Autobahn bleibt ungesühnt.

Die KI hält sich unterdessen nicht immer an die Verkehrsregeln. Hin und wieder passieren auch Unfälle, was ich gut finde, allerdings vermute ich bei einer Sache mittlerweile doch eher einen Bug. Mit generellen Vorfahrtsstraßen hat die KI nämlich kein Problem, sobald jedoch eine einzelne Vorfahrtsberechtigung für euch auftaucht, solltet ihr euch in Acht nehmen – trotz „Vorfahrt gewähren“ auf ihrer Seite fahren die KI Wagen nämlich einfach weiter, wenn ihr euch nähert. Vielleicht wollte man hier unachtsame Fahrer oder Verkehsrowdies einbauen – ein guter Ansatz, doch in der Häufigkeit eben doch nicht gut.

Texten am Steuer? Ja. Oder zuhören. Keine Ahnung.

Ja, ist das PS4 Pro?

Von Simulatoren oder Spielen wie Truck Driver sollte man grafisch nie Höchstleistungen erwarten, das ist mir durchaus bewusst. Die tatsächliche Leistung des Titels bleibt aber deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die tollen Licht- und Spiegelungseffekte sind so ziemlich die einzige Stärke, die sich Truck Driver anrechnen lassen kann.

Ansonsten flimmert nämlich alles, wohin das Auge reicht – und zwar so sehr, dass sich Verkehrszeichen ab einer bestimmten Geschwindigkeit nicht mehr ablesen lassen und auch im Cockpit alles verschwommen ist. Die Spielwelt im Rückspiegel baut sich wenige Meter hinter uns ab und erinnert damit an lange vergangene Konsolengeneration.

Die gute Nachricht: Die Bildrate in Truck Driver ist fast immer stabil, allerdings halten nach einigen Spielstunden nervige Aussetzer Einzug, bei denen auch der Ton kurz aussetzt.

Die Steuerung haben die Entwickler sehr gut an die PS4 und den DualShock 4 angepasst. Obwohl die möglichen Interaktionen mit den Trucks in Truck Driver eher überschaubar sind, hat man nicht alles auf den Controller gepackt. Somit ist zum Beispiel das Licht über ein Schnellmenü erreichbar, das sich auch während der Fahrt bedienen lässt, dabei allerdings die Lenkung lahmlegt und die Unfallgefahr steigert. Gewünscht hätte ich mir die Möglichkeit, verschiedene Kameraansichten aus dem Raster auszuschließen. Ich habe im Wesentlichen immer nur die Cockpitansicht und eine Außenansicht fürs präzisere Anhalten und Aufladen verwendet, muss dafür aber immer alle Ansichten mit Druck auf R3 durchklicken. Hier wäre es besser, wenn man direkt festlegen kann, welche Ansichten man überhaupt nutzen will.

Die Soundkulisse von Truck Driver ist insgesamt in Ordnung. Die Soundeffekte sind okay, aber auch bei allen Trucks ähnlich – was nicht so dramatisch ist, da es sich ausschließlich um fiktive Modelle handelt. Echte Trucks lizenziert hat man für Truck Driver nicht, was Simulatorenfreunde klar abschrecken dürfte und nochmal die Ausrichtung auf Spaß deutlich macht. Bei der Musik gibt es einige recht generische, aber doch passende Stücke, die im Hintergrund automatisch vor sich hin dudeln. Diese Begleitung braucht man auch, denn nach einer Weile stellt man fest, dass man tatsächlich der einzige LKW Fahrer ist, der in der gesamten Spielwelt unterwegs ist…

Das Schnellmenü ist in Ordnung.

Der beste Fahrer aller Zeiten

Der beste Fahrer zu werden, ist damit auch nicht allzu schwierig, wenn man irgendwie eh der einzige ist. Dennoch haben die Entwickler einige nette Aspekte in der Charakterentwicklung von Truck Driver untergebracht. Grundsätzlich gut: Geld gibt es nicht im Überfluss, wodurch man sich Upgrades für den Truck sowie neue Trucks erst mal verdienen muss. So ganz passen dabei lediglich die Dimensionen nicht: Während die Belohnungen für Aufträge eher knapp sind, kostet einen Truck in den meisten Fällen unter 20.000 Euro. Aber nun gut.

Truck Driver hat eine Charakterentwicklung. „Fertigkeiten“ werden durch das Erfüllen von Aufträgen freigeschaltet oder einfach nur durchs Fahren, die passiven baut man dann mittels verdienter Erfahrungspunkte aus. Das System finde ich grundsätzlich gelungen und es arbeitet gut im Hintergrund mit und gibt uns auch noch abseits der Strecke was zu tun.

Nach und nach kann man die Fertigkeiten ausbauen.

Fazit: Hoffentlich kommt noch was…

Die Entwickler von Truck Driver haben eine ganze Liste von Updates für die Zukunft versprochen. Die braucht das Spiel auch. Mit einem nachvollziehbaren Handling und einer questbasierten Karriere, die die Motivation und den Spaß im Vergleich zu üblichen Simulatoren deutlich steigern, hat man schon mal eine solide Basis. Doch die Spielwelt von Truck Driver ist viel zu klein und eintönig sowie kaum belebt, und sogar an den Grundlagen sollte man noch feilen: Während sich Reifenabrieb bedeutend auf das Bremsverhalten des Trucks auswirkt, bedeuten die unterschiedlichen Frachten allenfalls einen optischen Unterschied und haben keinerlei spielerische Relevanz. Auch technisch ist Truck Driver überhaupt nicht mehr zeitgemäß und fällt trotz einiger hübscher Momente in die PS3 Ära. Spaß macht das Lastwagenfahren dennoch, aber als hochwertiger Vertreter des Genre bleibt Truck Driver im aktuellen Zustand nicht in Erinnerung.

ProContra
+ Geld ist ein knappes Gut– Keine Städte, unbelebte Spielwelt
+ Questbasierte Karriere steigert Motivation– Keine Auswirkung der Frachten auf das Fahrverhalten
+ Ordentliches Handling– Frachten völlig irrelevant
+ Hübsche Licht- und Spiegeleffekte– Optisch schwach: Unscharf, Kantenflimmern und geringer Weitsicht
+ Reifenabnutzung gut simuliert– Kaum Sanktionen für Verkehrsdelikte
– KI hält sich zu oft nicht an Verkehrsregeln
– Zeitaufträge sind keinerlei Herausforderung

Technik: 51
Grafik: 38
Sound: 61
Umfang: 62
Gameplay: 57
KI: 35

Spielspaß: 68

  • Story: Truck Driver versucht in der Truckerkarriere eine Geschichte zu erzählen und tut das auch mit Erfolg, was die Motivation deutlich steigert.
  • Frustfaktor: Nur vorhanden, wenn die KI mal wieder nicht die Verkehrsregeln kennt.
  • Wiederspielwert: Vorhanden – genug Aufträge gibt es, dennoch lechzt man nach einer Weile nach mehr Abwechslung in der Spielwelt.
  • Design/Stil: Insgesamt stimmig, aber trotz hübscher Moment durch die schwache Technik ausgebremst.
  • Musik und Sound: Unauffällig und auch nichts besonders hochwertig – aber zweckmäßig.

Wir haben Truck Driver auf PS4 selbst gekauft.

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Manuel Eichhorn
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