Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripper (PS4) im Test – Eine Episode zum Schreien

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Assassin’s Creed kam in diesem Jahr ins Viktorianische London – Welcher Teil der Geschichte von Englands Hauptstadt würde sich denn besser für ein Assassinen-Abenteuer anbieten als die Ereignisse rund um den Serienmörder Jack the Ripper? Ubisoft hob sich seine Interpretation für einen DLC zu Assassin’s Creed Syndicate auf. Für 14,99€ erhält man eine zwar ins Spiel integrierte, aber de facto völlig eigenständige Episode. Wir sagen im Test, ob sich’s lohnt.

What’s the point?

Als bei uns nach ungefähr drei Stunden der Abspann der Jack the Ripper Episode über den Bildschirm flimmerte, hatten wir zwar einerseits eine spannende Rückkehr nach London hinter uns, waren uns aber andererseits sicher, dass Ubisoft das Potential des Szenarios nicht mal ansatzweise ausgenutzt hat – Im Grunde setzt sich mit Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripper genau das fort, was mit dem Hauptspiel schon begonnen hat.

Irgendwie ist alles da, doch es mangelt Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripperan vielen Stellen nicht nur an echter Atmosphäre, sondern die einzelnen Elemente, von denen viele wie fix zusammengeschustert wirken, wollen in diesem DLC so absolut nicht zusammenkommen. Die Story indes ist dermaßen wenig überraschend, dass es die Entwickler nicht mal hinbekommen, einen auf eine falsche Fährte zu locken, geschweige denn, irgendwelche Wendungen oder Wirrungen abzuliefern. Am Ende fragt man sich, ob tatsächlich alles so offensichtlich war und ob Evie Frye, in deren Rolle man zum größten Teil in diesem Abschnitt schlüpft, die Umstände tatsächlich erst ungefähr zur Hälfte des Spieles begriffen hat.

Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripper bastelt sich Haupt- und Nebenaktivitäten zum größten Teil aus bereits bekannten Spielelementen zusammen, neu ist lediglich der „Angst“ bzw. „Panik“ Faktor, mit dem NPCs besetzt werden können, beispielsweise durch den Einsatz von Angstbomben, die schreckliche Geräusche verursachen, oder durch das Ausführen neuer Takedowns, die gewöhnliche Attentate spielerisch um weniger gut funktionierende QuickTime-Events erweitern. Alle Aktivitäten weisen aber ziemlich viel Abwechslung auf, sodass sich Dinge zwar durchaus wiederholen, aber wenigstens nicht zu schnell hintereinander.

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Der Angst-Faktor ist neu und vertreibt Gegner.

Einmal in Jacks Haut

Zwischendurch schlüpft man sogar mehrfach in die Rolle von Jack the Ripper selbst, wobei Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripper nicht nur in diesen Abschnitten, sondern auch in einigen Evie-Missionen auf abgrenzte Levels außerhalb der Open-World setzt. Jacks geistiger Zustand wird über Texteinblendungen auf dem Bildschirm und Animus-Bildstörungen inszeniert, die eher nervend denn nervenaufreibend sind.

Die Nebenaktivitäten, die zahlreich vertreten sind, ausschließlich mit Evie absolviert werden können und versuchen, auch aus dem recht kurzen Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripper ein kleines Open-World Abenteuer zu machen, sind indes zu völligem Beiwerk verkommen und spielen im Prinzip keine Rolle. Es gibt eigentlich nur eine nennenswerte Belohnung für ein erhöhtes Loyalitätslevel, ansonsten bieten die Belohnungen für die einfach gehaltenen Hauptmissionen den größten Fortschritt.

Auf eine umfassende Charakterentwicklung wie im Hauptspiel muss man Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripper freilich verzichten – Einige Upgrades dürfen durchgeführt werden und die oben erwähnten Belohnungen ausgerüstet werden, beispielsweise neue Waffen oder Handschuhe. Neue Monturen für die sichtlich gealterte Evie gibt es aber nicht, da müssen neue Farben ausreichen.

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Evie sieht man an, dass diese Episode 20 Jahre nach Syndicate spielt.

Kleineres Spiel, größerer Technikfail

Hat man sich bei Assassin’s Creed Syndicate noch darüber gefreut, dass Ubisoft das Fehlerpotential zumindest etwas zurückfahren konnte und im Prinzip nur die Steuerung so richtig nervte, haben es die Entwickler bei dieser sehr kleinen Episode hinbekommen, dass es unheimlich viele spielerische und technische Fehler durch die „Qualitätskontrolle“ geschafft haben – Und so bestätigt sich insgesamt der Eindruck, dass Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripper husch husch für die Veröffentlichung fertig gemacht wurde.

So funktioniert beispielsweise der Seilwerfer generell beim Anvisieren von Hausecken nicht korrekt, manchmal aber auch bei anderen Zielorten, sodass Evie in der Luft hängen bleibt. Zu Beginn des Spieles war die Polizei dauerhaft auf Konfrontationskurs, dann, als uns das Spiel erklärte, die Polizei würde uns nun bei Widrigkeiten angreifen, ließen sie uns einfach in Ruhe, auch wenn wir Unsinn anstellten. Im Spielverlauf (d.h. in rund vier Stunden!) sind uns noch viele weitere ärgerliche Bugs begegnet, die meistens mit der KI oder der Steuerung zu tun hatten – Da fragen wir uns, ob Ubisoft die Qualität seiner Spieler überhaupt am Herzen liegt.

Peinlich ist auch, dass das Spiel beim Fahren einer Kutsche regelmäßig freezt, nämlich dann, wenn Texturen nachgeladen werden oder der Stadtteil gewechselt wird. Da lief sogar das wesentlich größere Syndicate deutlich flüssiger, geblieben sind jedoch die zwischendurch die langen Ladezeiten. Ansonsten haben wir ohnehin den Eindruck, es mit einer zurückgeschraubten Metropole zu tun zu haben. Zwanzig Jahre später zur Ripper-Ära hätten wir uns deutlich mehr Atmosphäre gewünscht… Aber so einen ähnlichen Kritikpunkt hatten wir ja schon beim Hauptspiel.

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Hmpf… Passiert ständig…

Fazit: Eine verpatzte Chance

Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripper ist keine wirklich schlechte Episode, doch bei gerade Mal knapp drei Stunden Spielzeit zum Beenden der Hauptgeschichte und einiger Nebenaktivitäten überwiegt sowohl inhaltlich als auch spielerisch der Eindruck, dass diese Erweiterung husch husch auf den Markt geschmissen wurde. Es mangelt an echter Atmosphäre, an kleinen Details, an Überraschungen, an spielerischem Feinschliff… Obwohl Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripper wesentlich kleiner ausfällt als das Hauptspiel, hat es viel mehr technische Fehler bis hin zu ärgerlichen Bugs, zudem wollen die ohnehin zusammengeklauten Spielelemente hier nicht so richtig ein rundes Gesamtbild ergeben. Nachdem Ubisoft schon das großartige Potential für das Setting in Syndicate nicht ordentlich genutzt hat, finden wir, dass man auch diese Chance ziemlich in den Sand gesetzt hat. Assassin’s Creed Syndicate: Jack the Ripper ist trotzdem solide Unterhaltung – Vor allem durch die kurze Spielzeit und die völlig überflüssigen Nebenaktivitäten aber nur für echte Fans wirklich zu empfehlen.

Pro Contra
+ Haupt- und Nebenmissionen mit genügend Abwechslung – Technisch sehr unrund, mehr Bugs als im viel größeren Hauptspiel
+ Man schlüpft auch in die Rolle von Jack – Umfang eher knapp, auch dadurch fehlende Atmosphäre
+ Evie ist gealtert – Nebenaktivitäten im Prinzip komplett überflüssig
+ Tolle Synchronisierung – Es fehlt wieder an Glaubwürdigkeit und Flair in der Spielwelt
+ Tolles Synchronsprecher-Aufgebot – Lange Ladezeiten

Technik: 63

  • Grafik: 59
  • Sound: 85
  • Umfang: 58
  • Gameplay: 57
  • KI: 55

Spielspaß: 60

Singleplayer:

  • Story: Einerseits spannend, andererseits fehlen Überraschungen, Tiefe und ganz einfach auch Atmosphäre.
  • Frustfaktor: An sich ist der Schwierigkeitsgrad niedrig – Frust entsteht durch nervige Bugs und KI-Patzer.
  • Wiederspielwert: Die Story ist kurz, die Nebenaktivitäten nur für Trophäenjäger oder echte Fans interessant.
  • Design/Stil: Noch mehr als im Hauptspiel fehlt der echte Wow-Effekt – Auch wenn sich vieles ganz hübsch ansieht.
  • Musik: Tolle Synchro, die Musik ist weniger aufdringlich als Hauptspiel und gut gelungen.

Informationen zum Testgerät
Plattform: PlayStation 4 500GB
Hardware: Standard, ohne ausgetauschte Hardware
Alter des Geräts zum Testzeitpunkt: 2 Jahre (PS4 Launchkonsole)

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Manuel Eichhorn
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