Ciel Fledge (Switch) im Test – Die Erziehung der Zukunft

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Das indonesische Studio Namaapa bringt mit Ciel Fledge einen wahrlich interessanten Titel heraus: Die Erziehung einer Tochter über einen Zeitraum von zehn Jahren in einer Welt der Zukunft ist eure Aufgabe. Wie bei echten Eltern liegt dabei jede Entscheidung der Erziehung bei euch, bis die Tochter irgendwann groß genug ist, das Nest zu verlassen. Ob das spannende Konzept auch in der Umsetzung auf der Nintendo Switch überzeugt, verrät unser Test zu Ciel Fledge.

Eine Welt der Zukunft

Ciel Fledge erzählt seine Geschichte in einer Zukunft, in der die Menschen längst nicht mehr den Ton angibt. Sie leben mittlerweile auf sogenannten Arks, Städten, die hoch über den Wolken errichtet wurden. Doch einer dieser Arks wurde durch eine außerirdische Bedrohung zerstört – als Flüchtige vor der Zerstörung findet unsere neue Tochter ihren Weg vor eure Haustür. Es ist nun eure Aufgabe, sie zu erziehen.

Im Rahmen der Charaktererstellung in Ciel Fledge wählt man seine eigene Herkunft vollkommen selbst: Ob man selbst an der Oberfläche gewohnt hat, wo die Tochter später Erkundungen durchführt, oder ob man unterirdisch in den eigentlichen Städten gewohnt hat, bleibt einem selbst überlassen und sorgt für bestimmte Boni und Mali für die Tochter: Das wirkt sich auf ihre Eignung für bestimmte Tätigkeiten aus und beeinflusst auch ihre Werte bzw. die mögliche Weiterentwicklung dieser Werte.

Noch größere Auswirkungen hat die Auswahl unseres Berufs: Dieser beeinflusst direkt bestimmte Werte wie Stärke, Kreativität oder Intelligenz und ebenso die mögliche Entwicklung in diesem Bereich – oder bremst sie aus. Eine mögliche „Spezialisierung“ der Tochter wird ihr also bereits durch den Beruf des Elternteils „in die Wiege gelegt“. Ob das in dem Maß realistisch ist, sei mal dahingestellt, es macht allerdings deutlich, was Ciel Fledge ist: Ein Spiel der Entscheidungen.

Die Charaktererstellung verlangt euch Einiges ab: Werte bleiben hier undurchsichtig, beeinflussen jedoch direkt eure Tochter. Und ja, Ciel Fledge gibt’s nur auf Englisch.

Manchmal bist du einfach ein Loser

Eindrucksvoll führt einem Ciel Fledge in diesem Zusammenhang vor Augen, dass man einfach nicht in allem gut sein kann. Ich hatte mich am Anfang für einen kreativeren Weg entschieden und meine Tochter in diesen Bereichen mit einem hohen Level an den Start geschickt. Doch dadurch war und bin ich in vielen Bereichen chancenlos: Stärke und damit Angriffskraft meiner Tochter sind niedrig, sodass ich in Kämpfen gegen „echte“ Gegner einfach keinerlei Chancen habe.

Kämpfe in Ciel Fledge werden immer über ein Drei-gewinnt-System ausgetragen, allerdings gibt es darunter „Quiz Battles“ in denen es einfach nur um das Ausspielen der „Karten“ in der angezeigten richtigen Konstellation geht, also wirklich nur um Drei-gewinnt, es gibt allerdings auch Kämpfe, zum Beispiel gegen Monster an der Oberfläche, in denen man mithilfe dieser Karten Fertigkeiten auflädt und so die Monster beseitigen kann – doch da gehe ich einfach völlig chancenlos raus.

Die Quiz Battles sind hauptsächlich mit Zeitdruck verbunden – auch hier können Fertigkeiten oder Boni wie für fast alles in Ciel Fledge weiterhelfen, allerdings sind diese in der Hauptsache immer gut – wenn auch möglicherweise knapp – schaffbar. Für alle Kämpfe, zumindest außerhalb der Expeditionen, die bereits innerhalb des ersten Spieljahres eingeführt werden, gilt, dass sie optional sind: Absolviert man die Kämpfe, winken Boni, Items und ein schnellerer Aufstieg zum Beispiel des Stärkewertes, absolvieren muss man sie jedoch nicht.

Fast in jedem Kampf dasselbe…

Was machen wir diese woche?

Im Laufe der zehn Jahre, die man seine Tochter erzieht, plant man jede einzelne Woche für sie durch und absolviert das vorher festgelegte Programm. Vieles davon läuft automatisch, wird aber durch Begegnungen oder Kämpfe unterbrochen, wobei die Begegnungen im Stil eines Visual Novels erzählt werden und ebenso übersprungen oder automatisch abgespielt werden können. Entscheidungen gibt es nur in Gesprächen zwischen unserer Tochter und der eigenen Spielfigur.

Ciel Fledge macht grundsätzlich keinerlei Vorgaben, was man wann erledigen sollte. Es gibt allerdings Focus Trees, an denen man sich orientieren und die Woche planen kann: Sie verraten einem, welche Werte wann man steigern kann. Nebenbei ist es auch ratsam, das Freundschaftsleveln zu den zahlreichen Figuren zu steigern, die unsere Tochter im Spielverlauf trifft. Das Level steigt durch die zufälligen Begegnungen unter der Woche automatisch, wir können aber auch durch geplante „Dates“ nachhelfen, die wir ausschließlich auf den siebten Tag der Woche legen können, ebenso wie zum Beispiel das Shopping.

Für jede Woche wählt man auch, ob man selbst arbeiten geht, im normalen Rahmen oder in Überstunden und welches Essen es für die Tochter geben soll: Normal, wenig oder reichlich, sodass das Wachstum beschleunigt wird. Es gibt also immer genug zu tun in Ciel Fledge und das Spiel löst wirklich schnell das „nur noch fix eine Woche!“ Gefühl aus, denn eine Woche spielt sich schnell und es ist spannend zu sehen, wie sich alles entwickelt. Dennoch fehlt es manchmal etwas am übergeordneten Ziel.

Chancengleichheit gibt es nicht

Für mich hat sich Ciel Fledge über weite Strecken so angefühlt, dass ich am besten gefahren wäre, wenn ich eine Tochter mit Fokus auf Stärke großgezogen hätte und auch selbst einen passenden Beruf gewählt hätte – zum Beispiel Soldat. Denn für mich als Kreativen oder meine Tochter, die auch häufig meditiert hat oder Erfahrung im Schreiben hat, gab es leider kaum etwas zu tun: Die erste Expedition scheiterte nach wenigen Sekunden und weitere Expeditionen gehen spätestens beim ersten Kampf schief, weil ich einfach nicht genug Stärke aufbringen kann, trotz der Freunde, die meine Tochter begleiteten.

Man schaltet in Ciel Fledge zwar ständig neue mögliche Tätigkeiten frei, zum Beispiel einen Musikkurs zusätzlich zum Schreibkurs, allerdings ist das letztlich ziemlich belanglos. Echte Ziele setzt einem Ciel Fledge nämlich oft mit Dingen, die man gar nicht schaffen kann: Für die erste Expedition sollte ich beispielsweise Stärke und Intelligenz auf ein unschaffbares Niveau steigern, jedoch blieb es auch völlig ohne Konsequenz, dass ich es nicht geschafft habe. Lediglich ein paar Items gingen mir durch die Lappen.

Es ist Woche für Woche in Ciel Fledge spannend, die Woche zu planen und zu sehen, was passiert: Die Sequenzen beispielsweise halten manchmal interessante Geschichten bereit, doch insgesamt stellt man nach ein, zwei gespielten Jahren fest, dass es für die meisten Tätigkeitszweige einfach viel zu wenig zu tun gibt und man nicht einmal die Boni nutzen kann, die einem theoretisch zur Verfügung stehen. Das ist schade und viel ungenutztes Potential: Für Ciel Fledge und sein Entwicklerteam wäre es vielleicht besser gewesen, sich auf weniger mögliche Berufe und Charakterzüge zu konzentrieren und hier dann wirklich etwas Nützliches anzubieten.

Ein Ziel, das ich nicht schaffen konnte.

Die Erziehung läuft nicht immer rund

Technisch ist Ciel Fledge auf der Nintendo Switch ein zweischneidiges Schwert: Einerseits begeistert der niedrige Akkuverbrauch auf meiner Switch vom Launch: In einer Stunde werden ungefähr 20 Prozent Akku verbraucht, es ist also auf jeden Fall möglich, über vier Stunden zu spielen.

Technisch dagegen läuft nicht immer alles ganz rund: Beim Abspielen der Wochen oder nach Tutorials und Dialogen hängt Ciel Fledge immer mal und man wundert sich, warum man nichts bedienen kann. Das ist etwas schade – Abstürze sind mir aber nicht untergekommen.

Der Soundtrack des Spieles ändert sich mit dem Erwachsenwerden der Tochter, allerdings ist er mir leider nicht besonders in Erinnerung geblieben. Die Untermalung passt zum Spiel und eher kurzweiligen Spielerlebnis, aber mehr auch nicht. Die Soundeffekte – zum Beispiel beim Schwimmen – sind dagegen teilweise wirklich schlimm.

Fazit: Ein Kind ist eine große Entscheidung

Ciel Fledge ist ein recht kurzweiliges Spiel mit interessantem Konzept. Definitiv für das Spiel spricht das Suchtpotential, denn sehr häufig habe ich mir gedacht: Los, nur noch die nächste Woche. Schade ist aber, dass Ciel Fledge sein Potential dabei längst nicht nutzt. Es wirft zwar mit Werten und Charakterzügen nur so um sich und jede Handlung beeinflusst Attribute der Tochter und auch der gewählte Beruf des selbst erstellten Elternteils gibt ihr schon etwas mit auf den Weg, doch für die meisten dieser Charakterzüge gibt es einfach gar nichts zu tun. Am meisten Spaß hat man, wenn man sich eine Tochter mit Fokus auf Stärke erstellt: Sonst bleibt man in echten Kämpfen über den Großteil des Spieles chancenlos und die Erkundungen, eigentlich ein zentrales Spielelement, sind ziemlich nutzlos. So vergeht Woche für Woche in Ciel Fledge mit Abenteuern und netten Dialogen und der Hoffnung, dass etwas Spannendes passiert – was letztlich aber leider kaum der Fall ist.

Hinweis: Ciel Fledge ist nur auf Englisch spielbar und man sollte der Sprache definitiv mächtig sein, um alles zu verstehen.

ProContra
+ Interessantes Spielkonzept– Vom Spiel gesetzte Herausforderungen mit vielen Figuren nicht schaffbar
+ Viele verschiedene Charakterwerte und Tätigkeiten…– … die beide häufig nutzlos sind
+ Viele interessante Figuren– Schwache Performance
+ Passendes Setting– Frustrierende Kämpfe
+ Niedriger Akkuverbrauch– Überraschungen bleiben aus

Technik: 69
Grafik: 68
Sound: 55
Umfang: 77
Gameplay: 67
KI: 80

Spielspaß: 60

  • Story: Das Setting ist interessant und im Spielverlauf ergeben sich viele kleine Geschichten.
  • Frustfaktor: Teilweise sehr hoch, vor allem durch die Kämpfe.
  • Nachhaltigkeitswert: Ciel Fledge kann eine Weile beschäftigen und bietet sich auch für mehrfache Durchgänge an, allerdings wird es vermutlich die meisten Spieler nicht besonders lang motivieren.
  • Musik und Sound: Die Musik ist gut, bleibt aber nicht in Erinnerung, die Soundeffekte sind teils schrecklich.
  • Preis-Leistungs-Verhältnis: Die abgerufenen 20€ sind okay, wenn einen Ciel Fledge in dieser Form begeistern kann und man es auch mehrfach spielt.
  • Akkuverhalten: Großartig! Eine Stunde verbraucht nur rund 20 Prozent Akku – mehr als vier Stunden Spielzeit sind drin, eher fünf.

Offenlegung

Wir haben Ciel Fledge vom Publisher kostenlos erhalten.

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Manuel Eichhorn
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