Jonas Fisch: „Es stinkt furchtbar, aber es spielt sich super!“

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Willkommen zurück zu unserem zweiten Teil des Interviews mit Jonas Fisch, dem Schöpfer hinter der creepy-but-cute Prim, die derzeit die Herzen der Adventurewelt im Sturm erobert. Vielleicht wunderst du dich über den seltsamen Titel des zweiten Teils unseres Interviews, das wir im Vorfeld der gamescom 2022 mit Jonas geführt haben, doch wenn du weiter liest, wirst du den Sinn sicherlich verstehen. Prim wartet auf der gamescom derzeit darauf, dass du sie kennenlernst. Besuche Jonas ganz unbedingt am Indie Arena Booth. Und wenn du den ersten Teil des Interviews verpasst hast, kannst du hier nochmal nachlesen.

Auf zum nächsten und letzten Teil unseres Interviews. An der Stelle möchte ich mich nochmal ganz herzlich bei Jonas bedanken, dass er die Zeit gefunden hat, sich mit mir zu treffen und ein bisschen über Prim zu sprechen.

Werden die Schallplatten ein echter Soundtrack?

Bea: Ihr habt eine Aktion laufen, dass man Schallplatten designen kann und habt ja auch ein paar Namen für Songs gesammelt. Habt ihr geplant, daraus echte Songs zu produzieren und es später als Soundtrack anzubieten?

Jonas: Das wäre schon geil, aber ich glaube, das würde den Rahmen sprengen. Wir brauchen für dieses Rätsel, was damit zusammenhängt, eine bestimmte Anzahl an Plattencovers und da hatten wir gedacht, dass es viel cooler wäre, wenn die möglichst verschieden aussehen würden. Es sind ja auch keine richtigen Plattencover, sondern diese runden Teile in der Mitte der Platte. Und dann haben wir uns überlegt, wen wir denn da kennen. Wir haben dann ein paar Künstler rausgesucht, die quasi fest gesetzt sind, also ein paar befreundete Game Künstler zeichnen auf jeden Fall eins. Dann haben wir gedacht, wir öffnen das aber auch nochmal für die Community, weil die schon ganz tolle Fanart gezeichnet hat und ganz tolle Beiträge brachte. Ich bin gespannt, was am Ende bei rauskommt. Was bisher kam, ist sehr schön.

Bea: Glaube ich dir, dass das ganz cool ist, ist ja auch eine schöne Sache. Ihr habt doch bestimmt Easter Eggs im Spiel versteckt, oder?

Jonas: Wenn ich’s dir verraten würde, wäre es ja kein Geheimnis mehr.

Bea: Kannst du mir von einem erzählen, was dein absolutes Lieblings-Easter-Egg ist?

Jonas: Also ich kann dir, was sagen, was in der Demo schon ist, dann kann man es selber mal nachvollziehen. In der Demo selbst sind unglaublich viele Details versteckt. In dem Regal von Prim in ihrem Zimmer, und ein paar sind auch Referenzen zu irgendwas. Da muss man sich das angucken und ein bisschen überlegen. Es gibt ein Easter Egg in der Demo und ich glaube, das hat fast keiner gefunden. Eines der wenig spektakulären Items in ihrem Raum ist ihr Tisch. Es gibt vorne links einen Tisch, da liegt dieses Buch über die Pflanzenkunde drauf und den kannst du dir angucken. Aber den kannst du dir auch nochmal angucken und wenn du das tust, dann passiert etwas. Wo ich mir dachte, dass das irgendwie voll lustig wird, aber es hat irgendwie kaum jemand gefunden. Also, das kann man mal probieren und dann wird etwas passieren.

„Jonas Fisch über Prim: Es stinkt furchtbar, aber es spielt sich super!“ (sorry, das musste sein)

Bea: Okay, das werde ich mal probieren. Ich hole das nach, die Demo ist derzeit noch bei Steam, richtig?

Jonas: Ja, genau. Und ansonsten im Spiel verstecken wir natürlich auch so was, was wir auf verschiedene Weisen machen wie in der Demo auch. Du kannst so ein Visual Easter Egg verstecken, also etwas, wo es gar keine Interaktionsmöglichkeit gibt, wo du einfach nur genau hingucken musst und dann siehst du was und erkennst es vielleicht wieder. Und natürlich auch Sachen, wo du draufklicken kannst und dann wird etwas passieren. Wobei wenn man ein Spiel entwickelt, dann geht man hierarchisch vor und versucht „Was ist das Wichtigste, was machen wir zu erst?“ und am Ende lässt man sich dann Zeit für all die Sachen, die so nice to have sind, aber die man nicht unbedingt braucht. Machen wir erstmal das Fleisch des Spiels. Den fleischigen Unterbau.

Bea: Aber dann der verwesende fleischige Unterbau.

Jonas: Ja, richtig, der stinkt furchtbar, aber er spielt sich super.

Bea: Ach, großartiges Zitat!

Jonas: Ich freue mich bereits jetzt auf dieses Interview! „Jonas Fisch über Prim: Es stinkt furchtbar, aber es spielt sich super!“

„Wir sind so in der Mitte der Produktion“

Bea: Wenn du einschätzen könntest: Wie weit ist denn die Entwicklung von Prim?

Jonas: Es ist ganz unterschiedlich, wenn du dir so die Departments anguckst. Weil verschiedene Aufgaben verschieden lange brauchen und das merken wir jetzt immer wieder. Es gibt Tasks, die sind sehr schnell und da wir ja mit verschiedenen Freelancern auch zusammenarbeiten, gibt’s Leute, die haben dann in dem Monat viel Zeit und dann gibt’s Leute, die haben in dem Monat weniger Zeit, weil sie noch ein anderes Projekt haben. Ich kann dir so ein Überblick über die Departments geben. Was das Zeichnen der Hintergründe angeht, was auch eine sehr aufwendige Arbeit ist, da sind wir schon ziemlich weit. Da haben wir uns sehr gut eingegroovet, da gab’s am Anfang so zwei, drei wichtige Grundpfeiler, die für uns da sein mussten für die Hintergründe und seit dem die uns klar waren, geht’s ziemlich flockig voran.

Was die Animationen angeht, da sind wir noch nicht so weit, aber nur weil das super aufwendig ist. Und dann fällt uns immer mal wieder so eine Idee ein „Komm, die Figur könnte da noch die Bewegung machen, und das wäre doch lustiger, wenn wir da eine Custom Animation hätten und die Figur nicht nur mit was interagiert.“ Das ist doch aufwendiger, als wir es geplant hatten. Wir zeichnen die meisten Animationen Frame by Frame, wie man es so aus den alten Disney Filmen kennt. Jedes einzelne Bild wird gezeichnet und das dauert sehr lange, damit’s dann auch so ist, wie es sein soll. Und das ist auch was, was später nochmal überarbeitet werden kann, wenn man merkt, dass es doch nicht so gut passt, weil zum Beispiel Animationen Hinweise geben sollen, wenn aber niemand den Hinweis versteht, müssen wir es nochmal anpassen. Das ist aber in der Spieleentwicklung so, denn erstmal ist nichts in Stein gemeißelt. Super on Schedule sind wir bei der Musikproduktion. Da komm ich mir super überflüssig vor, weil die Susanne, die bei uns gerade aktuell die Musik für die Demo gemacht hat, die schickt mir was, und ich sag immer nur „Ja, super, nehmen wir so“ und bei den anderen sag ich immer so „Ja, aber guck mal hier könnte noch das und das hin“.

Ich selber schreibe den ganzen Tag Designdokumente für alle und die andere Hälfte der Zeit sitze ich am Projekt mit Alex zusammen, der das hauptverantwortlich programmiert. Wenn ich inspiriert bin, schreibe ich Dialoge, aber das kann ich auch nicht immer mal, weil man manchmal nicht motiviert ist, man dann alles blöd findet und es wieder verwirft. Deswegen habe ich so auf die Therme nachher gehofft, dass ich da einfach so eine Stunde im Café sitze und in mein Notizbuch ein paar Dialogfetzen aufskribbeln kann. Ich versuche dann die Stimme für die Figur zu finden, die ich gerade schreibe und wie sie redet, wie es ihr gerade geht, ob sie freundlich ist oder nicht. Und dafür musst du die Umwelt ausblenden können und das kann man nicht jeden Tag. Man kann aber auch so stupide Sachen machen, also wenn ich mal von gar nichts inspiriert bin, dann mache ich mir so eine txt-file auf und geh durch meine Emails und kopiere, was die Kickstarter Backer für das Book of the Dead geschrieben haben. Da mach ich so eine Stunde lang Copy & Paste, wie eine Maschine, das muss ja auch gemacht werden. Bei manchen Sachen sind wir schon weit und bei anderen noch nicht so und dadurch, dass unser Sound Effects Mensch, den wir ursprünglich geplant hatten, leider aus Russland kommt und dementsprechend nicht arbeiten kann für uns gerade, weil wir ihn nicht bezahlen könnten. Wir haben zum Glück jemand Neues gefunden, aber der kann erst nächstes Jahr anfangen. Das heißt, bei den Sound Effects sind wir noch gar nicht weit. Wir sind so in der Mitte der Produktion, ehrlich gesagt.

Bea: Ich drücke die Daumen, dass die Entwicklung weiterhin so gut klappt und ihr den Release in Q3 2023 schafft.

Jonas: Besonders schön wird nächstes Jahr dann die Aufnahme der Voice Over Artists, also der Sprecher. Da darf ich auch Regie führen, da freue ich mich und das wird richtig cool. Aber das macht man logischerweise erst, wenn der Text final feststeht, weil du ja nicht alle dreimal einladen willst.

Bea: Wenn ich mich richtig erinnere, soll es ja auch deutsche Voice Overs geben. Hast du da schon jemanden im Kopf, der Prim sprechen könnte?

Jonas: Also in der Demo macht es ja die Friedel Morgenstern, die auch in Modern Family die Alex spricht oder aus Ich, einfach unverbesserlich spricht sie eines von den Kindern. Margo heißt sie, glaube ich. Man kennt sie auf jeden Fall aus Stream und Fernsehen. Mal gucken, ob sie es am Ende dann macht. Für die Demo hat sie es sehr schön gemacht, für so ein Großprojekt muss man wieder neu sprechen. Ich fänd’s ganz toll und wenn’s nicht klappt, finden wir sicher jemand anderes, der es auch ganz toll macht. Da werden wir Sorge dafür tragen, dass es jemand macht, der es richtig macht.

„Ich hab schon Ideen, die schiebe ich aber erstmal weg“

Bea: Da drücke ich da auf jeden Fall die Daumen. Jetzt habe ich noch eine Frage. Ich weiß, ihr steckt noch mitten in der Entwicklung und Planung, aber manchmal hat man auch schon Ideen für andere Spiele. Wird Prim dein letztes Spiel sein oder existieren in deinem Kopf schon Tausend Ideen für Prim Nachfolgerspiele?

Jonas: Also ich hab schon immer wieder kurz eine Idee, die ich dann auch skizziere, damit sie nicht verloren geht, aber ich drücke das alles so weg. Normalerweise, wenn ich jetzt nicht in Produktion wäre, würde ich sagen, dass ich einen Prototyp baue aus Spaß. So zwei, drei Wochen lang und hab dann damit ein bisschen Spaß. Ich kann aber nicht noch mehr Zeit für Spieleentwicklung investieren als ich es gerade tue. Deshalb bleibe ich dann auch gerne bei der Prim. Ich habe mir ja bewusst ein Projekt ausgesucht, das mich so viele Jahre bei der Stange halten kann und wo ich nicht irgendwann sage „Das finde ich jetzt soo ätzend“. Heißt nicht, dass es nicht auch Tage gibt, an denen ich keine Lust drauf habe, aber an denen mach ich dann auch nichts, weil’s dann auch nicht gut wird. Ob’s das letzte Spiel werden wird, weiß ich nicht. Ich glaube, es hängt so ein bisschen von zwei Faktoren ab. Der erste Faktor ist, wie es mir nach der Produktion geht, bin ich dann super ausgebrannt und sage „nie wieder“. Oder geht es mir gut und ich sage, jetzt geht’s mir gut, weil ich dieses Produkt in die Welt gesetzt habe, was ja auch immer ein sehr tolles Gefühl ist. Natürlich aber auch, wie die Annahme ist. Wie es sich verkauft, wie es ankommt, ob die Leute das volle Spiel auch so gerne spielen wie die Demo, ob es überhaupt Bedarf für eine Fortsetzung gibt. Ich lass es mir offen. Ich bin da in der glücklichen Lage, dass ich mein Wasser und Brot nicht mit der Spieleentwicklung verdienen muss und kann das weitermachen, solange ich das möchte und es mir Spaß macht. Und so lange ich das fühle, werde ich das weitermachen.

Bea: Sehr cool. Ich meine, das ist ja auch das wichtigste, dass es Spaß und man es fühlt, wie du gerade gesagt hast. Sehr gut, ich hab auf jeden Fall sehr viel Spaß mit dir gehabt. Ich war ehrlich gesagt ein bisschen aufgeregt, weil mein letztes Interview schon drei oder vier Jahre her ist, aber du bist so eine offene Person, so eine superfreundliche Seele, das war super.

Jonas: Und ich konnte jetzt schon super üben für die gamescom, da ich ähnliche Gespräche wahrscheinlich 8.000 Mal führen werde, insofern habe ich doch jetzt schon einmal schön üben können.

Bea: Genau, ich kann dir ja die Aufzeichnung auch einfach zukommen lassen und die lässt du dann einfach am Stand die ganze Zeit laufen.

Jonas: Genau, und ich steh nur daneben, mit meinem Bier in der Hand, und zeige immer auf den Bildschirm „that’s what he said“. Oder „Gucken Sie auf den Bildschirm!“ Wenn du noch Fragen hast, schreib mir einfach.

Bea: Das mache ich auf jeden Fall. Ich danke vielmals für deine Zeit und wünsche dir dann viel Spaß auf der gamescom und gute Reise dahin.

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Beatrice Eichhorn
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