On the Road (Steam) im Test – Nicht jede Fracht findet ihren Weg

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Im Bereich der Truck Simulatoren ist SCS Software längst nicht mehr alleine unterwegs – aber dank der riesigen Spielwelten und langem Support für die Games immer noch führend. Nun versuchen das Chemnitzer Studio toxtronyx interactive und Publisher aerosoft mit On the Road – Truck Simulator und einem Fokus auf deutsche Straßen die Fans anzusprechen. Ob die Rechnung aufgeht, verrät unser Test.

Etappe 1: Firmengründung und ein Transport von Leipzig nach Berlin

Wenig überraschend lässt einen On the Road in die Rolle eines Jungunternehmers schlüpfen, der den Traum von der eigenen Spedition verfolgt. Zunächst geht es im Ein-Mann-Betrieb mit einem LKW los, später kann man mehr Fahrzeuge kaufen und Mitarbeiter anstellen. Letzteres ist aber im Wesentlichen ein Rumgeklicke im Menü, der Wirtschaftsaspekt fällt wirklich eher klein aus, zumal einem der erste LKW ja geschenkt wird – der Kern von On the Road findet – wie der Name schon verrät – definitiv auf der Straße statt.

Tutorials gibt es nur zum Durchklicken im Menü, während des Spieles werden immer die gleichen Hinweise an den entsprechenden Stellen angezeigt. On the Road gibt sich hier zum Einstieg erst einmal wahnsinnig bockig und unnachvollziehbar – die Standardtastenbelegungen sind nicht wirklich durchschaubar und orientieren sich auch kein Stück an anderen Genrevertretern. Freilich darf man alle Tasten selbst zuweisen, aber das muss man eben erst einmal tun, ebenso, wie man den Controller auch selbst einstellen muss, weil On the Road zwar ein entsprechendes Steuerungsschema anbietet, dieses von Haus aus aber nicht bestückt ist. Gut, dann muss man sich als LKW-Fahrer eben erst mal einrichten, muss man im echten Leben ja auch.

Nachdem ich in den ersten 30 Minuten meiner Zeit mit On the Road dachte, das Spiel sei definitiv ein Totalausfall, war dann auch meine erste Etappe von meinem Unternehmenssitz in Leipzig hin nach Berlin nicht gerade erheiternd: Positiv fällt zwar auf, dass es halbwegs realistischen Verkehr und auch andere Trucker gibt, jedoch rammelt die KI vor allem beim Spurwechsel einfach rücksichtslos, und ein Stück Autobahn zwischen Leipzig und Berlin führt einfach nur über Wiese, weil anscheinend das Asphaltieren vergessen wurde… Ich habe für den Test nochmal ein Video aufgenommen, was das Ganze unter anderem auch zeigt. Doch zum Glück stecken irgendwo doch noch Qualitäten in On the Road, auch wenn diese keinen vollwertigen Release rechtfertigen.

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Lektion: Wer aufs Navi vertraut, verliert

Vielleicht wisst es bereits: On the Road kommt mit seinem Release aus dem Early Access, das heißt die Entwickler hatten schon Zeit, Features einzubauen und das Feedback der Community einzuholen. Definitiv ist das Spiel kein Totalausfall, aber es fühlt sich einfach nicht so an, als sei der Early Access vorbei – sondern eher so, als sei es gerade gestartet.

On the Road funktioniert und trotz der etwas schwammigen Steuerung (wobei sich der Scania Truck wesentlich besser steuert als der von MAN) macht das Fahren im Großen und Ganzen Spaß – doch On the Road fühlt sich wie ein Grundgerüst an, auf dem die Entwickler aufbauen werden und müssen und nicht wie ein fertiges Spiel: Es ist wie eine leblose Kulisse, der noch Leben und Features fehlen, die bei der Konkurrenz selbstverständlich sind.

Es gibt keine Fußgänger, keine Polizei, keinerlei Verkehrsdelikte werden geahndet, in voller Fahrt kann man seine Ruhepausen einlegen, Geschwindigkeitsbegrenzungen sind manchmal falsch hinterlegt, rote Ampeln darf man ohne Konsequenz überfahren – und obwohl On the Road nur das Allernötigste eines Truck Simulators bietet, schleichen sich schnell Bugs ein, wie, dass die Autobahn nur aus Wiese besteht, die KI sich irre verhält oder dass das Navi eine falsche Route ausspuckt.

An dieser Stelle hat es sich On the Road irgendwie für mich beinahe erledigt: Ich war in Frankfurt und habe Aufträge nach Nürnberg angenommen. Dummerweise habe ich mich auf das Navi verlassen – welches mich kurzerhand von Frankfurt über Kassel und Leipzig nach Nürnberg schickte – hier im Anschluss ein Screenshot aus Google Maps, wie man die Strecke eigentlich zurücklegen sollte.

Das soll Leipzig sein?

Der Fehler ist vor allem deshalb so frustrierend, weil die Spielwelt in On the Road wirklich groß ist – das gilt sogar für die Städte und damit hat der Truck Simulator der Konkurrenz doch auch Einiges voraus. Sogar von Leipzig nach Berlin fährt man hier und gut gerne 20 echte Minuten, wenn man sich an die Verkehrsregeln hält, sogar noch mehr. Insofern ist On the Road etwas für echte Simulatorenfreunde.

Auch die Städte sind groß, aber die Entwickler haben sich bestenfalls bemüht, ein klein wenig optisch Einflüsse der Städte einzufangen, doch keineswegs repräsentiert Leipzig das echte Leipzig oder Berlin das echte Berlin. Häufig sehen die Städte gleich aus und Sehenswürdigkeiten wie das Völkerschlachtdenkmal sind nur als Matschtexturen in den Hintergrund gepappt worden – peinlich und einer Simulation oder generell eines Videospieles in 2019 einfach nicht mehr würdig. Hier ist dann auch die Konkurrenz wieder kilometerweit voraus.

Ansonsten geht die Spielwelt meines Erachtens in Ordnung, sie ist so spannend, wie es neben deutschen Autobahnen eben spannend ist, aber optisch gibt es immerhin Einiges an Vielfalt und auch die Effekte wissen zu überzeugen. Umso mehr hätte ich mich eben aber gefreut, wenn nach Leipzig zu fahren wirklich auch bedeutet hätte, erkennbar über den Augustusplatz oder andere bekannte Schauplätze zu navigieren. Schade!

Leipzig mit dem *hust* wunderschönen *hust* Völkerschlachtdenkmal.

Logistische Aufgaben

Stark: In On the Road spielt das Planen von Frachten und Routen eine größere Rolle als in anderen vergleichbaren Spielen, denn ihr nehmt nicht einfach nur irgendeine Fracht auf, sondern müsst und könnt euch an den zuladbaren Gewichten eures LKW orientieren. So rechnet man fix durch, was man wo mitnehmen und wieder abliefern kann. Das ist zwar auch keine große Herausforderung, hat mir aber wirklich viel Spaß gemacht, weil man sich dann auch die Reihenfolge der anzufahrenden Stellen einfach zurecht zieht.

Frachten werden durch Unfälle auch beschädigt – bei jedem Crash wird die Beschädigung in Prozent angezeigt, Schäden werden am Ende von der Geld- und Reputationsbelohnung abgezogen. Keine Gedanken dagegen müsst ihr euch um Beschädigungen und Verschließ am Truck machen: Das gibt es in On the Road einfach nicht.

So sieht die Routenplanung in On the Road aus.

Technischer Mischmasch

Technisch ist On the Road nicht furchtbar, aber eben auch nicht gut. Grafisch hängt es noch irgendwo da herum, wo Simulatoren offenbar herumhängen müssen, bietet aber einige nette Lichteffekte und auch Regen und Pfützen können überzeugen – immerhin. Abstürze gibt es immerhin nicht, aber die Stabilität und Bildraten dürften gern besser sein.

Beim Sound geht es sehr konservativ zu, während Effekte der LKW und des Verkehrs in Ordnung gehen, überzeugen lahme Overlays wie die für Regen aber nicht. Dass es regnet, bekommt man immer schon ein paar Sekunden vor den ersten Tropfen mit, weil dann einfach der Regensound eingespielt wird.

Durch die Bugs im Bereich KI und Navi wird von On the Road auch hier das Bild geschaffen, dass man eine funktionierende Basis erstellt hat, die in den kommenden Wochen und Monaten noch ausgebaut werden soll – doch ob das im nötigen Umfang erfolgt, bleibt abzuwarten.

Spielerisch hätte ich mir neben den fehlenden eigentlich selbstverständlichen Features vor allem noch Anpassungen fürs eigenes Unternehmen und die LKW gewünscht, doch die sind nur über Steam Workshop möglich – immerhin gibt es die entsprechende Integration aber.

Regen und Pfützenbildung wissen zu gefallen.

Fazit: Das ist Early Access, oder?

Dieser Artikel sollte mit Early Access Preview überschrieben sein und nicht mit Review bzw. Testbericht. Dann würde ich On the Road: Truck Simulator nämlich eine vorsichtige Empfehlung aussprechen – für die große Welt, das grundsätzlich gelungene Fahren und die Logistik- und Routenplanung, die es so nicht in vielen anderen Spielen gibt. Dass technisch und spielerisch nicht viel mehr als eine immerhin funktionierende Basis geschaffen ist, würde mich beim Early Access Launch nicht beunruhigen, nur, dass die Entwickler so peinliche Umsetzungen deutscher Städte eingebaut haben, die sich kaum am echten Vorbild orientieren, würde ich ankreiden. Nur leider ist das hier eben schon die „fertige“ Version von On the Road – mit vielen übriggebliebenen Bugs, Autobahnen, die nur aus Wiese bestehen, und einem Sammelsurium fehlender Features wie Blitzer oder Schäden am Truck, die bei anderen Spielen selbstverständlich sind. Mit viel Nacharbeit kann hier ein gutes Spiel entstehen – doch ich sehe keinen Grund, warum man nicht zur Konkurrenz greifen sollte, die um ein Weites voraus ist.

ProContra
+ Großes Straßennetz– Ärgerliche Bugs (fehlende Straßen, Wiese auf dem Asphalt)
+ Große Städte…– … denen es an Persönlichkeit und Nähe zum Vorbild mangelt
+ Frachten und Logistiksystem– Ruhepause in voller Fahrt nutzbar
+ Nette Licht- und Regeneffekte– Keinerlei Ahndung von Verkehrsdelikten und dadurch kaum realistisch
+ Steam Workshop Integration– Kein Schaden und Verschleiß am LKW
– Rücksichtslose Verkehrsteilnehmer
– Handling eher schwammig
– Soundkulisse nur solide, Regeneffekte fragwürdig

Technik: 52
Grafik: 58
Sound: 56
Umfang: 76
Gameplay: 48
KI: 24

Spielspaß: 38

  • Story: Der Aufbau der eigenen Spedition ist nicht furchtbar cineastisch, aber immerhin als Handlungsrahmen vorhanden.
  • Frustfaktor: Manchmal vorhanden – nur dann, wenn die KI mal wieder ohne Rücksicht irgendwo rumrammelt.
  • Nachhaltigkeitswert: On the Road kann Truckerfreunde eine Weile beschäftigen, denn es bietet ein großes Straßennetz. Um in positiver Erinnerung zu bleiben, ist aber noch viel Arbeit nötig.
  • Design/Stil: Insgesamt stimmig, auch wenn die peinlich umgesetzten Städte in negativer Erinnerung bleiben.
  • Musik und Sound: Brauchbar, aber nicht mehr. Manche Effekte (Regen) sind weit unter Durchschnitt.

Offenlegung

Wir bedanken uns bei aerosoft für das Pressemuster von On the Road!

Infos zum Testsystem

On the Road getestet auf einem Shadow Rechner mit folgender Hardwarekonfiguration:

  • Intel Xeon E5-2678 Zwölfkernprozessor mit je 2,5 Ghz.
  • Nvidia Quadro P5000
  • 12 GB RAM
  • 256 GB SSD
  • 1 Gbit/s Internetverbindung

Einen Erfahrungsbericht zu Shadow findet ihr hier. Wenn ihr Shadow einmal ausprobieren wollt und auf der ersten Rechnung 10€ sparen wollt, gebt einfach den Code MANWE34F ein (Ja, ich bekomme damit auch 10€ gutgeschrieben).

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Manuel Eichhorn
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