Persona 5 – Der Realismus der Zeit

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Tatsächlich gibt es heutzutage wenige Spiele, die mich wirklich beeindrucken und lange fesseln können. Die meisten Spiele sind doch eher kurzweiliger Natur, ohne einen wirklichen Nutzen zu haben und ohne wirklich anspruchsvoll zu sein. Und dennoch verbirgt sich hinter manchem Titel eine Spielmechanik, von der „große“ Entwickler und Publisher noch lernen können. Ein solches Spiel ist für mich immer noch Persona 5, auch wenn der Titel demnächst seinen zweiten Geburtstag feiert.

Persona 5 erzählt die Geschichte eines Jungen, der von der Polizei gesucht und gefunden wird, weil er Menschen „Herzen stiehlt“. Doch neben der Geschichte, die so viel Tiefgang und menschliche Abgründe zeigt, punktet der Titel für mich auf einer ganz anderen Ebene. Viele Spiele wollen heutzutage „realistisch“ sein und „ganz besonders echte“ Spielerlebnisse liefern, bleiben aber doch nur auf der Strecke und an der Oberfläche zurück, während die Persona Reihe hier schon immer einen Schritt weiter war und Persona 5 für mich das Sahnehäubchen aufsetzt.

Angefangen hat es bei mir mit der Story, die mich vom ersten Augenblick an gefasst hat. Und immer wieder bin ich in der Welt von Persona 5 gefangen, denn wenn ich dann mal wieder vorbei schaue, bin ich mehrere Tage darin verwickelt. Das schaffen wirklich nicht viele Spiele bei mir. Zwar habe ich bei einigen solche Comebacks, aber das ist dann mal für eine Stunde und nicht wirklich für viel länger. Persona 5 löst bei mir dasselbe Gefühl wie ein guter Anime oder eine hervorragende Serie aus: Ich muss wissen, wie es weitergeht. Ich muss den NPC helfen, ich muss die Welt retten. Ein solches Gefühl fehlt mir ganz oft bei anderen Spielen, die wirklich nur für kurzweiligen Spielspaß sorgen.

Was ich jedoch sehr faszinierend finde, ist der Aufbau des gesamten Spiels. Man schlittert nicht von einer Quest zur nächsten. Hat man einmal einen Endgegner besiegt, wartet nicht gleich die nächste Herausforderung hinter der nächsten Ecke. Nein. Persona 5 lässt sich Zeit und lässt den Spieler auf diese Weise wirklich einmal seine Figur und die Beziehungen zu den anderen Charakteren aufbauen. Eure Aufgabe besteht darin, böse Menschen wieder lieb zu machen und ihnen den wahren Wert des Lebens zu zeigen. Doch nicht jeder Mensch, den ihr auf der Straße trefft, ist böse, nicht wahr? Demnach ist es vollkommen logisch, dass es zwischen den Aufträgen auch einfach einmal nichts zu tun gibt.

Das hat für mich auch was mit Nachhaltigkeit zu tun. Wenn Spider-Man zum Beispiel von einem Erzfeind zum nächsten hetzt, fühlt es sich einfach nur so an, als wäre keiner dieser Gegner wirklich eine Herausforderung oder gar eine Bedrohung. Kaum hat man einen in die Schranken gewiesen, steht eben schon der nächste in der Schlange bereit. Es fühlt sich nicht so an, als hätte man wirklich etwas geschafft. Ich fühle mich von solchen Spielen nicht gefordert, sondern eher in eine durchaus vermeidbare Stresssituation katapultiert – was dazu führt, dass ich ein solches Spiel eher auslasse. Sicher, ein Spider-Man bietet auch die Möglichkeit, dass ich nicht unbedingt von Quest zu Quest schwinge, dann sammle ich eben nutzlose Dinge, die in der Stadt verteilt sind. Das macht es für mich nicht wirklich besser.

In Persona 5 habe ich jedoch beides: Ich habe zum einen Stress, wenn ich gerade einen Palast infiltrieren und ein Herz stehlen muss, denn hier sitzt mir wirklich oft ein Zeitlimit im Nacken (das sehr großzügig bemessen ist). Zum anderen habe ich jedoch auch jede Menge Zeit. Gerade eben hatte ich in Persona 5 Sommerferien und war mit meinen Freunden am Strand oder habe die Zeit genutzt, um zu arbeiten, zu lernen oder die Beziehungen zu meinen Freunden zu stärken. Ich hätte aber genauso gut auch nichts Sinnvolles in dieser Spielzeit machen können. Es lag ganz an mir, was ich tat, um die Zeit herumzubringen. Und nun stehe ich vor der nächsten Aufgabe.

Persona 5 gibt mir auf diese Weise vielmehr den Freiraum, den mir andere Spiele versprechen. Spiele, die einem vorgaukeln, dass man ganz nach seinem eigenen Stil spielen kann, dass man eigene Entscheidungen trifft – am Ende folgt man aber doch nur einem festgelegten Muster, das am Ende vielleicht sogar eiskalt in einem Quicktime-Event endet. Persona 5 gibt einem hingegeben wirklich das Gefühl, selbst entscheiden zu können, was man tut. Beispielsweise habe ich nach der Schule die Wahl, ob ich in der Bibliothek lerne, arbeiten gehe oder einfach in Mementos nach Gegnern jage. Es liegt wirklich an mir, solange ich den vorgegebenen Zielen folge und natürlich pünktlich zur Abschlussprüfung in der Schule erscheine.

Genau hiervon sollten sich viele große Titel eine Scheibe abschneiden. Wenn ich gestresst sein will, kann ich mich auch das normale Leben außerhalb der Konsole oder des PCs konzentrieren, denn dort wartet jede Menge Stress und Zeitdruck auf einen. Einfach mal eine Runde chillen würde uns allen gut tun, egal ob im Spiel oder in der Wirklichkeit.

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Beatrice Eichhorn
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